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Unterhaltung unö AAissen jzz*.

Wohin, bitte? Okizze von Kritz Müller-Partenkirchen. Ich bin ihm nie vorgestellt worden. Dennoch war er mir ver- trauter als hundert Vorgestellte. Wir haben uns nie miteinander unterhalten. Dennoch rmisste ich mehr von ihm als von Herrn Silber- schmilzt, dem unentwegten Schwätzer. Unsere Beziehungen waren rein äußerlich auf drei Wörter begrenzt, auf immer dieselben drei Wörter:.Wohin, bitte?' sagte er. Und ich.Oberstraße'. Das war olles. Und doch nicht alles. Dazwischen lag noch manches. Dazwischen lag sein freundliches Gesicht. Dazwischen lag die sonderbare vorgebengte Haltung, womit er sich über sein« messinggclb« Karenroll« neigt«. Dazwischen lag dann und toann ein flüchtiges Erkennungslächeln und noch ein« Menge anderer kleiner Dinge, die man nicht gut registrieren kann. Denn da würden die Leute gleich sagen:.Ach, so was Nebensächliches. Ist ja nicht der Mühe wert. Wie mag man nur davon erzählen.' Und es ist ja wahr die Art, wie er sich aus den müden Bein�r im Gleichgewicht erhielt, wenn der Wagen eine scharfe Kuyje nahm, ist wirklich kein bedeutendes Ereignis. Die Haltung der Mächte in der Minderheitenfrage ist erheblich wichtiger. .Ja, ja', so sagt ihr, und so steht es in der Zeitung. Das von den Minderheiten meine ich breit und lang und Tag für Tag steht das darin. Wogegen von meinem Trambahnschaffner nichts darin steht. Und wenn ich jetzt auch feierlich bekennen würde und mit tragischen Erzählergesten euch versicherte: Mir kann die ganze Politik für ein.Wohin, bitte?' mit einem freundlichen Er- kennungslächeln meines Trambahnschaffners glatt gestohlen werden nnd für die verstohlene Bewegung, womit er neulich einem kleinen Kind« über den Scheitel strich ich weiß ja schon, ihr würdet öffentlich lächeln über mich und mich insgeheim ein dreidoppeltes Kamel betiteln. Was mir aber wurscht ist. Ebenso wurscht wie meinem Schaffner Nummer Achtundsiebzig er hatte eine goldene Acht- undsiebzig auf der Mütze das große Weltgeschehen draußen wurscht war. Draußen, vor seinem Trambahnwagen, mochten Kanzler große Reden halten drinnen hörte Nummer Achtundstebzig niemals auf zu sagen:.Wohin bitte?' Draußen, vor seinem Trambahnwagen, mochten Königreich« stürzen drinnen klang es unablässig:.Wohin, bitte?' sieben- hundertmal im Tage. Die Ziffer siebenhundert weih ich. Nicht als hätte Ich ihn drum gefragt. Ich Hab« schon gesagt, wir wurden nie einander vorgestellt, und erst kürzlich Hab« ich gesehen, wie ein kleines Mädchen in der Trambahn dem Schaffner etwas von ihrer Puppe erzählen wollte, wozu die Mutter sagte:.Laß das, Paulm«, das gehört sich nicht.' Nein, was sich nicht gehört, gehört sich nicht. Und ich habe Nummer Astundsiebzig auch nicht gefragt, sondern in sein« messing- gelbe Lillettrolle habe ich hineingeblinzelt, in der die numerierten Karten lagen. Einmal ganz am Morgen vor der Arbeit Hab' ich hingesehen, und einmal spät am Abend. Dann zog ich die Heiden «spähten Ziffern voneinander ab, blieb siebenhundert etwa. Mso siebenhundertmal im Tage vor die Menschen hingetreten, siebenhundertmal im Tag« die Messingrolle aufgeklappt, sieben- hundertmal im Tage dieselbe Frage:.Wohin, bitte?' Dos war sein Beruf und sein« Arbeit. Ich habe früher manchmal auf die Trambahnschaffner ge­schimpft, wenn sie nicht immer freudlich waren, wenn sie nicht immer gleich den gemurmelten, den gelispelten oder den gebrummten Namen der Straße verstanden, wohin man wollt«, wenn sie die Karte nicht auf den Bahnhof lochten, wenn doch einer deutlich brummest«:Brrloo!' Seitdem ich aber die Ziffer Siebenhundert w«, seitdem ich weiß, daß das im Jahr zwetmalhunderttausend macht, halt« ich einen Augenblick ein, bevor ich glaube, einen Trambahnschaffner schimpfen zu muffen, und sage zu mir selber:.Bedenke mal, du müßtest zweimalhunderttausendmal im JahreWohin, bitte?' sagen, bedenk« mal. das wär' dein Beruf.. worauf ich wieder ganz manierlich bin und an keinem Trambahnschaffner der ganzen Welt irgend etwas auszusetzen Hab«. Aber eben fällt mir ein, ich tue immer so, als wenn mein Schaffner gar nichts anderes zu sogen hätte alsWohin, bitte?'. Das ist nicht richtig, und ich muß genau fein. Ich muß noch be- kennen, daß mein Schaffner auf einer Linie fuhr, wo er auch aus- zurufen hatte:Bohnhofplatz!',Bahnhofstraß«!',.Kreuzplatz!', Oberstraß«!' und außerdem noch siebzehn ander« Stationen. Ein- mal auf der Hinfahrt, einmal auf der Herfahrt. Immerzu, den ganzen Tag. Ich kenne dies« Strecke sehr genau. Muß ich doch jeden Tag viermal auf ihr fahren. Jede Schiene ist mir drauf vertraut. Und da sollte es der Schaffner nicht fein? Auch wenn ich niemals feinen Namen hörte? Eine Nummer tut es auch In unserer Zeit. Herr Achtundsiebzig' hätte ich sagen können. Aber ich sagte es nicht, ich dachte es nur. Einmal ab« war es es war nach vielen Jahren da stieg ich wieder in den Wagen meines Schaffners, setzte mich in«in« Ecke und wartete, ohne aufzublicken, aufWohin, bitte?' Und richtig tönte eine Stimme:Wohin/ bitte?' Aber diese Stimme tonnt« ich ja nicht. Das war doch nicht die Stimme des Herrn Achtundsiebzig. Ich sah auf ein anderer Schaffner stand an seiner Stelle. Nummer hundertsechsunddreißig hatte er. Ich war ärgerlich. Mir war. als hätt' ich Irgendeinen asten Freund erwartet, und der hätte einen gleichgültigen Ersatzmann hergeschickt. "21m nächsten Tage wieder Nummer hundertsechsunddreißig. Am dritten Tage nochmals hundertsechsunddreißig. Jetzt war ich nicht mehr ärgerlich, jetzt war ich besorgt. Du.' sagt« Ich zu meinem Freund, dem Doktor Kolberg, der aus der Plattform draußen neben mir stand,du, unser Nummer Achiundsiebzig sehst." Ja.' sagte er,ich weiß, den Hab« ich.' Den hast du?' Ja. in der Klinik liegt er.'s geht ihm schlecht.' Oh. dem Nummer Achtundsiebzig geht e« schlecht?' .Ja, er wird's nicht mehr lange machen ich will eben rüber*

Oberstraße!' rief der neue Schaffner aus. ..Sag' mal darf ich mit dir gehen?' fuhr es mir heraus. Ja, wenn du willst," sagte Dr. Kolberg ohne Verwunderung. Doktor Kolberg ist nie verwundert.Bevor ich Arzt war, war ich es noch dann und wann," sagte Dr. Kolberg,nachher nicht mehr.' Und'ch schritt mit Doktor Kolberg über lange Gänge in der Klinik. Ein« Tür gnig auf. Betten standen da in Reih' und Glied. Doktor Kolberg trat an eines. Nummer 78 stand über dem Bette. Doktor Kolberg war meinem Blick gefolgt. Es traf sich gerade so," flüsterte er. Dann traten ein Assistenz- arzt und eine Schwester aus die Seite. Da lag unser Schaffner, weiß auf weißen Kissen. Schweiß war ihm aus der bleichen Stirn eingetrocknet. Es geht mit ihm zu Ende,' sagte der Assistenzarzt halblaut zu meinem Freunde. Doktor Kolberg legte dem Verscheidenden die Hand aus die Sttrn«.Ich glaube, daß er nicht mehr zum Bewußtsein kommen wird,' sagte der Assistenzarzt. Aber da warf es ihn nochmals in die Höhe. Halb gingen feine allen Augen nochmals auf, feine Lippen murmelten«was. Ich kann es nicht verstehen,' sagt« die Schwester, die sich zu ihm beugte. Aber noch ein letztes Mal gingen diese Lippen auseinander, und war es eingebildet, war es wirklich? ich Höne, als er sagte: Wohin, bitte?' In die Oberstraße,' sagt« ich geschwind und leise und mußte an die weiße Zimmerdecke sehen.

Das waren zwar böse Zeiten... Von Karl Ulrich. E» war Mitte der siebziger Jahre. Allgemach ging unsere Agitation aus den Industriebezirken aufs Land. Wir in yffenbach mußten, wollten wir den Wahlkreis Offenbach-Dieburg erobern, den Kreis Dieburg , fast durchweg landwirtschaftlicher struktur, bearbeiten. Das war nicht leicht, doch es wurde gemacht. Sonnabends ging es über Darmstadt hinaus in den Odenwald , und der Sonntag galt' den Versammlungen. Oft hatten wir zwar am Sonnabend nach stunden- langem Suchen ein Lokal und wenn es euch nur eine kleine niedrige Wirtestube war gesunden. Wir hatten unsere Plakate selbst ausgefüllt und angeklebt und waren guten Muts. Aber am Sonntag war uns das Lokal durch den Gemeindediener, der im Auf- trag des Bürgermeisters gewirkt hatte, abactriebcn. Der Wirt, ein armes Geschöpf,' der sehr gern ein paar Glas Bier verkauft«, war breitgefchlagen worden und zog feine Zusage- für die Versammlung zurück. Doch das tat unserer Absicht keinen Abbruch Wenn die Armen des Dorfes hörten: Die Offenbacher Lassalleaner' sind in der oder jener Wirtschaft, so kamen sie ins Lokal, und wenn das gefüllt war, so redeten wir, und der Wirt hörte und sah nichts. Auch der

Polizeidiener hörte mit. Erst wenn ein Bauer kam oder wenn die Kriegervereinler vorrückten, wurde die Stimmung lebhafter, und häufig genug gab es auch Prügeleien. Schlimm wurde es häufig, wenn die Nacht kam und kein Mensch uns bei sich übernachten lassen wollte Dann mußten wir oft noch stundenlang laufen, um in irgendeiner Stube auf irgendeinem Lager oder direkt auf dem Fuß- baden auszuruhen. Das waren zwar böse Zeiten, allein sie wurden mit eisernem Willen und unerschütterlicher Begeisterung überwunden, und schließ- lich konnte auch der Wahlkreis Offenbach-Dieburg erobert werde».

Aicht rostender Stahl. Es gehen jährlich ungeheure Mengen von Metall durch Rost und Auflösung insolge des Einflusses der Atmosphäre und des Erdbodens verloren, und so ist der Metallschutz eine der wichtigsten Aufgaben der modernen Forschung und Technik, deren Förderung unter anderem eine besondere Zeitschrift dient, die vom Reichsverbaudc für Metall- schütz herausgegeben wird. Die Schaffung von rostbeständigen Metallen bzw. Metallegierungen ist für die deutsche Wirffcbast um so wichtiger, als unser deutscher Boden edle und halbedle Metalle, wie Platin, Gold oder Kupfer teils gar nicht, teils in nicht aus- reichendem Maße liefert. Es gelang vor kurzem, in dem Chrom- mckelstahl«in hervorragend beständiges Metall zu finden und nach langwierigen Untersuchungen in technisch wertvollen Sorten heraus­zubringen. Bereits im Jahr« 1910 wurde gefunden, daß Chromstahl und Chromnickelstahl ihre blanke Oberfläche auch bei sehr langem Liegen an der Luft beibehalten. Man erhält dies« Stahlsorten durch Zusatz von etwa 20 Prozent Chrom und 19 Prozent Nickel zu möglichst kohlenstosfarmem Stahl Im Anfang zeigt« es sich, daß derartige Stahlsorten kaum bearbeitbar waren, jedoci, ließ sich dieser Nachteil durch geeignete Wärmebehandlung beheben. Im Jahre 1914 stellte die Firma Krupp auf der Baltischen Ausstellung in Malmö die ersten nicht rostenden Chromnickelstahle, aus. Im Kriege wurden diese Stahlsorten im großen Maßstabe in der Salpetersäure- sabrikation verwendet, da sie von dieser Säure nicht angegriffen werden. Jetzt werden jährlich bereits Tausends von Tonnen nicht rostender Stahle produziert, und es finden sich immer neue Anwcndungs- Möglichkeiten dafür. Man verwendet sie zu Apparaten und Gesäßen in vielen Zweigen der chemischen Industrie, bei der Papierfabrikation und im Molkcreiwesen. Man macht neuerdings alich Bierfässer daraus. Wie Prof. S t r a u ß, der ssch auf diesem Gebiete besondere Verdienste erworben hat, vor kurzem in der Bunsengesellschaft mit- teilte, ist vor einiger Zeit das 19(XX). Bierfaß aus nickst rostendem Stahl hergestellt worden. Ferner beginnt sich dieser Stahl immer mehr als Metall für Tisch- und Taschenmesser, für Koch- und Tafel- geschirr einzuführen. Zur Verwendung als Baustahl kommt allerdings der nicht rostende Stahl infolge seines hohen Preises zurzeit nock, nicht in Frage, es besteht aber die Möglichkeit, seine Herstellung vielleicht nach wirtschaftlicher zu gestalten, und so eine höchst wünschenswerte Ersparnis an Eisen zu erzielen, das uns die Erde zwar in großer, aber keineswegs unerschöpflicher Menge liefert.

Oer Menschenleib als Urkunde. Erinnerungen an dasParadies" von R.H.Krance.

In den ruh'gen Zeiten, da Goethe im Silberglanze fein« Attersweisheit ihr in der Dollendung Fausts gleichsam selber das Denkmal fetzte, waren Enddeckungen und naturwissenschaftliche Neuerungen von ganz anderer Wirkung auf die Menschen als heute. wo auch das außerordentlichste nur mehr Tagesbedeutung hat und sofort wieder verdrängt wird von noch außerordentlicherem, in einer unabsehbaren Kette, in der kein Glied mehr im Gedächtnis des Kulturmenschen noch Eindruck machen und wirklich verstanden und durchdacht werden kann. Das war um 1839 und noch um 1869 ganz anders Jahrelang diskutierten und studierten die braven Männer, die den Bormärz erlebt hatten, über fo einenFortschritt des Menschengeistes', wie es etwa die damals ausgekommene Eisen- bahn oder die Entdeckung der Infusionstierchen oder die ersten großen Afrikareisen oder der Humboldtschc Kosmos oder sonst eine der zeit- genössischen Sensationen war. Unter ihnen ragt« um 1839 besonders ein« hervor, welche die wissenschaftlich Gebildeten ganz außerordent- lich in Wallung brachte und ein endloses Für und Wider herauf- beschwor. Das waren nämlich englische Nachrichten über eine ganze Familie von Haarmenschen, die man 1829 alsHoszwerge' an einem indischen Fllrstenyos auffand und deren kuriose Bilder bald von Hand zu Hand"ingen. Es handelte sich um ein« putzige Familie von Indern: Großrater, Tochter und zwei Enkel, die sich ein wunder- bares Haarkleid vererbten. Das Gesicht des GroßvatersShwe Maong" war mit feinen seidenartigen, sllbergrauen Haaren bedeckt, an Stirn und Wangen etwa zwanzig Zentimeter lang, am übrigen Körper, z. B. an den Vorderarmen eiwa die Hälfte so lang. Die Enkel waren sogar vollständig in einen Tierpelz gehüllt. Die Menschen waren sonst normal, bis aus die Taffache eines sehr mangelhaften Gebisses. Einmal aufmerksam geworden, fand man alsbald verschiedent- lich solch« Haarmenschen. So wurde in ganz Europa der russisch« .Fzaarmensch' Andrian Iestichew umhergezeigt, der am ganzen Körper so pudelartig anmutete wie sein Gesicht und ebenfalls, so wie sein Söhn im Oberkiefer völlig zahnlos war. Man sah, staunte, disputierte, und allmählich wurde es unseren Eltern zu ihrem Mißvergnügen klar, daß so etwas nicht gut möglich sei, wenn die Menschen nicht früher allgemeiner ein solches Haarkleid getragen hätten. Man nannte das etwas spöttisch eine Erinnerung ün den paradiesischen Zustand der Menschheit, oder später gelehrt: eine Rückschläger scheinung. suchte und fand auf einmal im ganzen Menschenkörper viele, Dutzende von solchen Erscheinungen, die darauf hindeuten, der Mensch habe Vorfahren gehabt, die anders aussahen. Die Hunde- oder Haarmenschen, die man dann auch in Tirol lAmbra») und volksstammäßig bei den Ainos auf der russischen Insel Sachalin fand, sind ein Ueberbleibsel aus der Zeit, als oll« Menschen«in Wollkleid, also ein richtige? Fell trugen, und wenn wjr uns nur richtig betrachten, so ist auch keiner unter uns, der nicht mit mehr oder minder vorhandenen Resten dieses Wollkleides bedeckt ist. Es gibt eine ganze Anzahl Frauen auch in Europa , die nicht zwei, sondern vier bis sechs Brustwarzen besitzen, als Zeichen, daß dies einmal zu den Normalzuständen der menschlichen Vorfahren gehört haben muß. Man hat wiederholt Menschen gefunden, die in der Verlängerung de« Rücken» mit einem artigen Schwänzchen geziert waren und steht man sich das Knochengrüst eines Normalmenschen an. wird man sich überzeugen, daß jeder von uns einen richtigen Schwanzreft besitzt, dessen knöchernes Skelett wohlerkennbar ist. Diele Menschen haben ein dreizehntes Rippenpaar und das läßt sich nicht ander» deuten, als daß dem Menschengeschlecht einstmals mehr Rippen zukamen als heute.

Eine ganze Anzahl glücklicher Menschen besitzt einen dritten» manche sogar einen vierten Zahnwechsel, was uns mit Neid erfüllen kann gegenüber den Vorfahren, die sich offenbar ganz nach Bedarf bei Mutter Natur ein neues Gebiß bestellen konnten, wenn das alte nichts mehr taugte. Der menschlich« Blinddarm besitzt eine Fortsetzung, die man ihrer Form halber den Wurmfortsatz nennt. Mit ihm wird nicht verdaut. Er ist ein Ueberbleibsel aus Zeiten, da des heutigen Menschen Borfahren einen längeren Darm besaßen. Im Gehirn ist ein Teil, die sogenannte Zirbeldrüse da und ein Hirnanhang, die im gegenwärttgen Menschenleib keine Tätigkeit mehr ausüben, also sicher Reste und Zeichen einer anderen körper- lichen Vergangenheit sind. Und so könnte man diese Liste viele Seiten weil fortspinnen und Erinnerungen an das Paradies häufen. Man hat das in be- sonderen gelehrten Werken auch getan und zweihundertr u d i- mentäre Organe' im Menschenleib gefunden. Mit dieser wissenschaftlichen Bezeichnung will man ausdrücken, daß es Teile im Körper gibt, die heute nicht mehr tätig sind und deshalb rudi- mentär, d. h. verkümmert wurden. Ueber die Rückschlagerscheinungen kann man verschiedener An- ficht sein und z. B. immerhin mit gewissen Gründen die Meinung oersechten, sie seien Abweichungen, die nicht notwendig auf«sn« üb«lebte Dergangenheit hinweisen. Die Kümmerorgane aber sind in keiner anderen Weise deutbar. Wenn gewisse Eigentümlichkeiten de» menschlichen Knochen- gerüstes sich schon bei Reptilien vor der Steinkohlenzeit finden oder wenn die Halbmondfalle, die jedermann an seinem eigenen Auge im innersten Winkel feststellen kann, bei den froschartigen Tieren und Schlangen ebenfalls vorhanden ist, nur daß sie dort als drittes Augenlid und sogenannt« Rickhaut üb« das Auge gezogen werden kann, dann muß die Zwcifelssucht verstummen. Es ist nicht ander» möglich, die verkümmerte Falte ist das Ueberbleibsel einer einstmals dagewesenen Nickhaut, und wir müssen Vorfahren gehabt haben, die ebenfalls gleich den Schlangen ein drittes Augenlid besaßen. Oder da ist die so viel befabelte Zirbeldrüse im Gehirn, in der naturtundige Philosophen allen Ernstes den Sitz der Seele gesucht haben. Der Naturforscher weiß etwas Besseres über sie zu sagen. Dieses in unserem Leib verkümmerte und untätig gewordene Organ ist auch bei den Tieren da. Nämlich bei vorweltlichen Fischen, die in der Schädcldecke, genau an der Stelle, wo die Zirbeldrüse sitzt. ein dritte» Auge besitzen. Bei den Neunaugen reicht diese beim jungen Tier bis zur Haut und ist mit dem Scheitelauge noch in Ver- bindung. D« bei uns nur manchmal wiederkehrende Zahnwechsel ist bei Fiscben, Amphibien und Reptilien wohlbekannt. Dort findet er un- beschränkt statt. Diese glücklichen Tiere kennen keine schadhasten Zähne: so oft ihnen welche ausfallen, wachsen andere nqch. So sind denn die rudimentären Organe eine gewaltige Stutze für die Abstammungslehre geworden und beweisen jedenfalls un- widerleglich, daß eine Umbildung stattgefunden hat und die Vor- fahren de» Menschen in vielen hundert Dingen anders gebaut waren als der Mensch. Sie müssen dementsprechend auch eine andere Leb«"-' we�.? petübtt haben. Die Erinnerungen an das Paradies bedeuten nichts anderes, als daß einst."er Mensch ein T'er war unter Tieren und sich aus diesem K''eii» w-a;'"!ea'-hcitet hat. Er schleppt diese Reste und Ueberbleibsel mit sich. Der Leib ist dem Wissenden eine Geschichtsurkunde,«in Denkmal ältester Vergangenheit. Geheim- nisvolle Runen sind in ihn eingezeichnet, und noch lange können wir sie nicht fließend lesen, wenn auch ihr« Hauptdeuttmg heut? schon über allen Zweifel erhaben ist.