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44. Jahrgang

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Der

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Donnerstag Total 17. November 1927

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

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Sinowjew  , der Verräter.

Silferding prophezeite ihm in Dalle sein Schicksal.

Jm Oftober 1920 tagte in Halle der Parteitag der Unabhängigen Sozialdemokratie, der mit der Spaltung der Partei endete. Hauptredner waren Sinomiem und Hilferding  . Die Russen hatten die Annahme der be­rüchtigten 21 Bunkte und die Ausschließung Kautskys, Hilfer­dings und anderer aus der Partei gefordert, die Sinowjew  furz zuvor in Mostau als Schurken und Sozialverräter" beschimpft hatte. In Halle änderte aber Sinowjem seine Tattit, er forderte den rechten Flügel des Parteitags auf, ihm die Punkte zu nennen, in denen nach seiner Meinung die 21 Bedingungen abgeändert werden sollten. Die Antwort Hilferdings geben wir nach dem stenographischen Protokoll

wieder:

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Und nun frage ich Sinomjem: Worin besteht Ihre Legitimation, ein solches Angebot zu machen?( Sehr richtig! rechts.) Sie sind Präfi dent der Erefutive. Hat das Eretutiotomitee Sie ermächtigt, diese Bedingungen abzuändern?( Hört, hört!) hat das Erekutivkomitee bas bielleicht in derselben Sigung getan? Ich nehme an, daß es die Sigung vor Ihrer Abreise mar morin Sie uns als be wußte Gauner", als Schur? en", als Verräter" bezeidy neten? Ich frage Sinomjem: Von wem hat er den Auftrag, mit dicsen bewußten Gaunern",„ Schurken" und" Berrätern" aufs neue zu verhandeln?( 3wischenrufe.) Ich habe diese Frage zu stellen. Meine persönliche Auffassung ist es, daß Sie diesen Entschluß erst gestern gefaßt haben, als Sie in der Atmosphäre einer weft- europäischen Partei einige Beit geweilt haben.( Buruf links: Wissenschaftlicher Schwäger!) Soll ich annehmen, daß die Berhand­lungen hier Sie überzeugt haben, daß wir doch nicht die Leute sind, als die Sie uns bezeichnen?( Sehr gut!) Ich glaube das nicht, und ich glaube das nicht, weil Sinomjer ja selbst etwas gesagt hat, was so außerordentlich charakteristisch ist für diese Methoden, mit ver­gifteten Waffen den Kampf innerhalb der Bartei zu führen. ( Sehr richtig! Widerspruch.) Er hat uns gefagt, seid doch nicht so empfindlich, das ist doch nur der Ton, das braucht man nicht so ernst zu nehmen.( Sehr richtig!) Ich glaube, daß Sinowlem es durchaus nicht ernst mein, wenn er uns bewußte Gauner" nennt, es gar nicht ernst meint, wenn er uns Schurken" und Sozialverräter" nennt. ( Zuruf: Die deutschen Arbeiter!) Aber Genoffen, wenn er es nicht fo ernst meint, wenn das nur ein Ton ist, ein schlecht gewählter Ton, dann um so schlimmer.( Sehr wahr!) Denn die Folgen find ver dammt ernst. Diese Folge sehen wir hier, wo die Partei vor ihrer Spaltung steht. Diese Folgen sehen wir draußen, wir sehen sie barin, daß die Arbeiter nach dieser Methode systematisch aufgehezt werden gegen alle Vertrauensmänner in der Partei.( Sehr richtig!) Was Sie heute gegen uns betreiben, werden morgen die fom­munistischen Arbeiter gegen Sie betreiben.

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( Sehr richtig! Händeflatschen rechts.) Das sind schimpfliche und verwerfliche Methoden, und deshalb sind diese Mittel zurüdzuweisen, deshalb ist es ein Verbrechen, wenn der Arbeiter. schaft Deutschlands   solche Kampfesmittel zugemutet werden.

tanen der Politik die Türe.

Die erzwungene Aussperrung.

Terror der Syndizi der Zigarrenfabrikanten.

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vorenthalten werden sollen. So stellte eine nicht unbedeutende Aber auch sonst passieren Dinge, die der Deffentlichkeit nicht Firma im Gießener   Bezirt an die Sortiererinnen ihres Be­triebes das Anfinnen, auch über den Aussperrungs. termin hinaus weiterzuarbeiten. Das Anfinnen ist jedoch von der übergroßen Mehrheit der Sortiere: innen abge lehnt worden. Ein Mitglied des Rd3. in Schlesien   beteiligte sich auch an der Aussperrung.

Nach der Anweisung der Aussperrungsleitung des Reichs: Ivember auf den 26. November gefündigten Arbeiter verbandes deutscher Zigarrenhersteller dürfen sich ab 14. No schon am 12. November entlassen, weil fie sonst vember teine Arbeiter mehr in den Betrieben 75 000 m. Konventionalstrafe hätte zahlen müssen befinden. In Wirklichkeit sieht es mefentlich anders aus; benn nicht wenige Bigarrenfabrikanten versuchen, mitunter auf sehr trummen Begen, ihrer Organisation ein Schnippen zu schlagen. So gibt es in Westfalen   Firmen, die alles weiterarbeiten laffen, was irgendwie mit den Angestellten und Wert meistern des Betriebes verwandt und verschwägert ift. Bei einer Firma mit mehr als 120 Arbeitern find z. B. knapp 40 aus: gefperrt worden. Alle übrigen gehören zur Berwandtschaft" und arbeiten weiter. Eine Firma in Westfalen   gibt ihren ausgesperrten Heimarbeitern 80 bis 100 Pfund Tabat mit nach Hause, ficher doch nur zum Aufbewahren. Andere Firmen haben auf ein­mal Dugende von betriebswichtigen Arbeiterinnen und Arbeitern u Bertmeistern und Hilfsmeistern avancieren laffen, während mieder andere durch eine auffallend große Bahl Don Lehrlingen" über die Aussperrung hinweg zu fommen von Lehrlingen" über die Aussperrung hinweg zu fommen hoffen. Am schlauesten hat es jedoch eine westfälische Firma gemacht, die ihre Arbeiter vorschriftsmäßig" aussperrte und dann einem Meister die Fabritation übergab. Dieser beschäftigt nun die ausgesperrten Arbeiter und verkauft" die fertiggestellten 3igar­ren an das aussperrende Mitglied des Nd3.

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Mit allen Mitteln werd also versucht, den Aussperrungsbeschluß des Rd3. zu umgehen, sicher ein Beichen dafür, daß viele Bigarrenfabrikanien nur der Not gehorend, nicht dem eigenen Triebe, die Aussperrung mitmachen. Ohne den grenzen­losen Terror des Ro3. würde sicher ein großer Teil der Bigarrenfabrikanten gar nicht aussperren. Das beweisen auch die vielen Kündigungen, die erst nachträglich durch Androhung hoher konventionalftrafen erzwungen worden find. So hat eine Firma im Rheinland   ihre am 11. No.

vom Rdz.

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bewilligte jedoch bald darauf die 15 Proz. Cohnerhöhung und stellte die Arbeiter wieder ein.

und das alles, weil die Firma auch noch eine Schnaps- und Litörfabrik besitzt und es nicht gern mit der Arbeiterschaft verderben möchte!... Auch eine Berliner   Firma, die ihre Be­triebe im Osten hat, möchte es nicht gern mit ihren Abnehmern verderben. Sie richtete an ihre Abnehmer ein Schreiben, worin es zum Schluß heißt:

„ Der Kampf ist uns aufgenötigt worden(?) und bringt uns unseren Herren Abnehmern gegenüber in die peinlichste Lage. Bir sind für den Augenblick außerstande, Ihnen anzugeben, was von den gütigst bestellten Waren für Sie versandt werden kann. Einen dies­bezüglichen Bescheid laffen wir folgen. Auss neue gegebene Auf­träge fönnen wir vorerst nicht für Sie vermerken, da nicht zu über­sehen ist, wie lange diese bedauerlichen Verhältnisse anhalten."

Zum Schluß sei dann noch die Frage gestellt, seit wann es zu ten Bigarrenfabritanten Bartei zu ergreifen. Sn den Aufgaben der Reichsbahn gehört, für die ausgesperr Berdau( Sachsen  ) sind nämlich beim Bahnbau beschäftigt ge­wesene ausgesperrte Tabafarbeiter auf Betreiben der Rd 3. wieber entlassen worden. Ist denn die Reichsbahn ver pflichtet, nach der Pfeife des Rd3. zu tanzen?

Hugenberg   und der Fronvogt".

Wandlungen eines Deutschnationalen  .

In der Scherl- Bresse prangt heute morgen der im ( Bravo  ! Händeflatschen rechts.) Mit dieser Hege gegen die Führer Borwärts" bereits besprochene Artifel des Herrn Hugenberg und Bertrauensmänner der Arbeiterschaft richten Sie mur maßlojes" So geht es nicht weiter." Bäßt man den Erguß als Unheil an und öffnen allen Abenteurern und CharlaGanzes auf sich wirten, so fann man nur ftaunen, in welch infamer Weise der rechtsradikale Führer und Putschfreund den Brief Barter Gilberts für seine eigenen politischen Zwede auszunußen sucht. Endlich, wohl unter dem Eindrud des Bußtags, hat Hugenberg   entdeckt, daß der von ihm bisher aufs schärffte bekämpfte Dawes Plan Deutschland nicht nur Zahlungen auferlegt, sondern ihm auch möglich tetten bietet. Natürlich nicht im Rahmen der Beimarer Verfassung denn Sozialisten dürfen nicht mit reden. Nur eine Dittatur der bürgerlichen Bar teien fann eine Finanzkontrolle vermeiden, wie sie Parker Gilbert freundlichst angekündigt hat.

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Jetzt hat sich Hilferdings Brophezeiung erfüllt, jetzt ist Sinomjem von demselben Schicksal ereilt worden. das er damals in Halle anderen bereiten wollte. Man hat ihn aus der Kommunistischen Partei hinausgejagt und man svart ihm nachgefchleuderten ungeheuerlichen Be Schimpfungen. Aber auch sonst waren die Wirkungen von Halle ganz anders. als man in Moskau   erwartete. Halle wurde das Vorspiel zum sozialdemokratischen Einigungs parteitag pon Nürnberg  . Die Kommunisten aber, Die damals glaubten, mit einem Schlage die Herrschaft über die deutsche Arbeiterbewegung gewinnen zu fönnen, brachten es nicht einmal forveit, auch nur ein Biertel der sozialistisch gefinnten Arbeiter unter ihren Fahnen zu vereinigen. Die Sozialdemokratie schreitet einig und gefchloffen vorwärts. während die KPD. feit Holle   unzählige Krifen durchgemacht hat. Ihr Sieg von Halle ist ihr sehr schlecht bekommen. Der Mann aber, der sie damals, 1920 zum Siege geführt hat, mie man jetzt aus der Roten Fahne" erfährt schon seit 1917 von Lenin   als ,, Streitbrecher" und ,, Berräter" gebrandmarkt.

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Der Anschluß des Rechtes.

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fondern er umtleibet es mit allerlei Bhrafen, die diese Ziel Das alles sagt Hugenberg nicht etwa einfach und offen, fegung als eine nationale" erscheinen laffen sollen. Rechtsbiftatur als Gerichtsvollzieher ber Entente das wäre doch etwas zu hart für die Ohren der frommen Hugenberg- Lefer. Aber der Sache nach will Hugenberg   nichts Geringeres.

Hugenberg   versteht es, überall Mittel zur Lobpreifung feiner Diftatur, und Helfer zu finden. 1920 war Rapp, 1923 Hitler, 1926 Claß die große Hoffnung. Heute ist es Barter Gilbert, der Beauftragte der Ententegläubiger, der den deutschnationalen Volksfeinden die Mittel zur

Die gemeinsamen Ausschußberatungen' n Berlin   fortgefeht. politischen Bormacht liefern soll.

Wien  , 17. November.

Die Delegierten bes Rechtsausschusses des Deutschen Reich  tags und des Sonderausfuffes des österrel his hen Nationalrats beendeten ihre diesmalige Konferenz über den Strafgefeßentwurf. Die Fortsetzung der Konferenz ist für einen Reitpunkt in Aussit genommen, an welchem der allgemeine Teil des Strafgesetz entwurfs in den Ausschüffen beider Parlamente erledigt feln wird, etwa in der zweiten Dezemberhälfte oder in den ersten Januartagen in Berlin  .

In der demagogischen Broschüre ,, Die Auszehrung Deutschlands  ", die Hugenberg   Anfang vorigen Jahres herausgereben hat, steht über den Dawes Kommissar fol­gendes zu lesen:

..Der Fronvost ist der Bollzieher eines neuen eher nen Gesezes der Berelendung, das der Dawes- Vertrag über uns verhängt hat.

Die Deuschen wiffen aber faum, daß er eristiert, und suchen sich untereinander die letzten Biffen vom Munde wegzuschlagen. Dieser fimple bürgerliche Herr Soundso ist ja so unscheinbar.

Altbewährtes angelsächsisches System, wohlausgebildet in Indien  ,

wohlerprobt in Aegypten   und anderswo. Der angelsächsische Sach­walter und Gewalthaber, persönlich stets ein tadelfreier Ehrenmann, hält sich im Hintergrund. Im Vordergrund müssen unsere Be. hörden agieren und das Ddium alle der angerichteten Berelendung tragen. Englisch ägyptisches System nach indischen Methoden. Wie machten sie es in Aegypten  ? Ein ägyptischer Rhei ive stand an der Spize, ein ägyptisches Kabinett regierte. Alle Gefeße ergingen im Namen des Khediven und seiner Minister. Aber in der Hinterstube des Minifteriums faß der schliche, bürgerliche, graugekleidete, unfchein­bare englische   Berater" Verantwortlich war der ägyptische Mudir; er trug alles üble Ddium und allen Haß, aber die Gewalt übte der fast unsichtbare, schlichte, englische Gentleman- tein Regent, fein Fürft, fein Vizekönig, fein großer repräsentativer Herr, ein simpler unscheinbarer englischer Generalfonful. Er blieb ohne Ber­das Obium und den sich häufenden Haß ägyptische Bollzugs antwortung im Hintergrund. Im Bordergrund agierten und trugen behörden; da war fogar um die ägyptisch- Deutsche   Parallele zu vollenden das Gehudel und die Gefchaftlhuberei eines Schein­parlaments. Aber der Herr war der uns heinbare, unsichtbare Gene­Wie genau das ägyptische Enftem auf ralfonful- Fronvort. Deutschland   übertagen ist, zeigt der ausdrücklich im Dawes Ab­aller Deutschen„ eine solche Art von Kontrolle wünschenswert, bei fommen formulierte Gruntsoß es sei für die Tätigkeit des Fronvogts welder ber Kommissar feine Verantwortung für die deutsche r waltung trägt".

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Keine Verantwortung, aber die ganze Gewalt. Wie war ein Land und Bolt so feiner Freiheit beraubt. nie so restlos durch unterschriebenen Vertrag in die Hand und Willkür seiner Feinde gegeben wie Deutschland  und die Deuts ten in die Hand des Fronvogts, den sie taum kennen obgleich er von jedem Bissen ihres Hungers mehr als eine aroquishen Zehnten nimmt."

Go ließ Hurenberg im vorigen Jahre über das Am und die Person Barker Gilberts fchreiben. Heute pro= pagiert derselbe Hugenberg   die nationale Diktatur, um den Wünschen dieses Barter Gilbert gerecht zu werden. Deutschnationale Wandlungen!