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Nach den Danziger Wahlen.

Bürgerblockbestrebungen trok Willensfundgebung der Wählerschaft.

Danzig , 19. November. ( D[ t- Expreß.)

Ungesichts des Wahlsteges der Sozialdemokratie in Danzig macht sich unter den Rechtsparteien das Bestreben bemerkbar, alle bürgerlichen Parteien des Freistaates zu einem gefoloffenen Borgehen gegen die Cinte zu gewinnen. Man berechnet, daß durch einen solchen Zusammenschluß immerhin 67 bürgerliche gegen 50 fozialdemokratische und kommunistische Stimmen aufzubringen wären. Es ist wohl faum anzuneh­men, daß eine solche Koalition zustandekommen fönnte. Ergebnis der Wahlen hat zu deutlich eine Abwendung der Wählerschaft von dem bisherigen Rechtsturs gezeigt und eine Reihe der fleineren bürgerlichen Parteien wird offenbar die Koalition mit der Sozialdemokratie einem Bürger­blod" vorziehen. Die Sozialdemokratie fühlt sich als die ausschlag­gebende Partei im neuen Senat, wenngleich fie fich der Erkenntnis wohl nicht entzieht, daß sie sich bei führender Beteiligung an der Regierung doch erhebliche Abstriche gegenüber ihren Wahlparolen wird gefallen laffen müssen.

Ebenso wie in Bremen versucht also auch in Danzig die Reaktion, sich über den Boltswillen hinwegzusehen. Auf den Bar­teien der Mitte, die jetzt in Danzig eine feste Linksmehrheit bilden fönnten, laftet eine schwere Verantwortung auch außenpoliti­scher Natur. Denn es ist kein Zufall, daß sich die Beziehungen 3 wifchen Danzig und Polen in der furzen Zeit, wo während des Jahres 1926 eine Linfsregierung die Politik der Freien Stadt bestimmte, bedeutend gebeffert hatten, während sie sich nach der Rückkehr der Deutschmationalen in den Senat wieder verschlechterten. Die Schuld daran wird zwar sicherlich zum Teil auf polnischer Seite liegen, aber es hatte zuweilen auch den Anschein, als ob es der Rechtsmehrheit im Senat darauf antam, die nationalen Gegensäge zu verschärfen und aus jeder leinigteit eine außenpolitische Sensation zu machen. Wenn auf der Septembertagung des Bölferbundrates nicht weniger als neun Danziger Anträge zur Beratung standen, so lag das nicht zuletzt daran, daß die Danziger Rechtsparteien offenbar bestrebt waren, ihre Wahlagitation mit außenpolitischen Er folgen in Genf zu bestreiten.

Diese Erfolge blieben aber größtenteils aus und dort, wo solche erzielt wurden, geschah dies nur durch ein energisches Auftreten des deutschen Außenministers, nicht allein auf Rosten der deutsch­polnischen Beziehungen, sondern auch zum Nachteil der gesamtdeutschen Interessen in Genf . Denn die Nach giebigkeit der Gegenseite in dieser oder jener Detailfrage zugunsten der Danziger Forderungen mußte schließlich mit der Nachgiebigkeit Deutschlands in anderen Fragen von allgemeiner Bedeutung erfauft werden. Wir befürchten tein Dementi, wenn wir behaupten, daß die deutsche Delegation es vorgezogen hätte, wenn Danzig etwas weniger Anträge vor den/ Rat gebracht haben würde, und zwar erst nach Erschöpfung aller Möglichkeiten, diese Streitigkeiten durch dirette Berhandlungen beizulegen. Diese Methode, die im Jahre 1926, als die Sozialdemokratie mitregierte, mit Erfolg angewendet worden war, ist später wieder verlassen worden. Man muß wieder zu ihr zurüdfehren und dies hat die Beseitigung des Rechtsturses zur Voraussetzung.

Bürgerblock- Krach. exstrovic

Kreuz- Zeitung gegen Guérard.

Je mehr den Blodparteien durch die Wahlen das unver meidliche Ende vor Augen geführt wird, um so mehr gewinnt für jede einzelne die Frage an Bedeutung: wo bleibe ich?

Man sucht nach Barolen für den Wahlkampf, mit denen man dem Blockbruder von heute Stimmen und Mandate ab­gewinnen fönnte. Von der Opposition ist natürlich nichts zu gewinnen, also bleibt nur der Kampf der Freunde von heute untereinander.

Mit den eigenen Taten fann man bei diesem Wettbewerb in sich nicht viel anfangen, bleibt also nur das zugträftige Schlagwort. Die Deutschnationalen wollen die schwarzweiß rote Agitationsfahne entrollen und nach der Melodie mar­schieren: Wir sind die einzig wahren Patrioten.

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Dagegen protestiert das Zentrum höchst energisch, und Herr von Guérard hat mit der Koalitionsfrise gedroht, falls die Deutschnationalen die schwarzweißrote Parole aus geben. Er hat wie die Zentrumspreffe berichtet- bei einer Rede in Aachen lange verhaltenem Groll freie Bahn gelassen und deutlich mit Regierungskrise und Auflösung des Reichstages gedroht. Willst du mir bei den Wahlen un­lauteren Wettbewerb machen, so spiele ich nicht mehr mit! Der Standpunkt des Herrn von Guérard ist verständlich, aber ist es nicht ein wenig gegen die Logit, wenn man eine fünftige Wahlparole durch die Drohung mit einer Sache ver­hindern will, die der kommenden Wahl jedenfalls vorangeht? Der lange verhaltene und nun freigelaffene Groll des Herrn von Guérard hat lediglich eine höhnische Antwort der Kreuz 3eitung" hervorgerufen:

"

Wenn das Zentrum und die Bollspartei immer wieder den Versuch machen, den Konservativen und Deutschnationalen den Ge. danken der schwarzweißroten Wahlparole auszureben, so tann uns das nur als eine Bestätigung dafür dienen, daß gerabe von ihnen die Wirtiamfeit dieses Wahlprogramms anerkannt wird. Wäre das nicht der Fall, so hätten die Parteien gar tein Interesse an dem Bersuch, uns zu einem Berzicht auf die schwarzweißrote Parole zu bewegen, bie bereits vom Stahlhelm und den Baterländischen Berbänden offen propagiert wird."

Die Freunde pon heute und Konkurrenten von morgen find auf dem besten Wege, fich zu entzweien. Nicht wegen einer Frage der fachlichen Politik, sondern wegen der fommenden Wahlparolen! Ob man im Zentrum fühlt, wie sehr man die eigene Bürgerblodpolitik verurteilt, wenn man die deutschnationale Wahlparole als unerträglich und das Ende der Koalition herbeiführend bezeichnet, nachdem man Keudell, Hergt und Schiele monatelang als Bundes­genoffen ertragen hat?

Die Blauifche Sozialdemokratie erklärt in ihrem Kownoer Zen­tralorgan, daß fie jeglichen Zusammenhang mit dem Rigaer litauischen Emigrantentongreß ablehnt, und daß der Rongreß Blesch faitis und fein Gehilfe aus der Partei ausge schlossen worden sind. Gegen diefe Personen war der Vorwurf Der Bertretung polnischer Intereffen erhoben worden.

Biez Hinrichtungen in 20 Minuten. Im Gefängnis von Trenton ( New Jersey ) wurden vier Männer, die vor einem Jahre den Raffierer eines Fabrifunternehmens ermordet hatten, in 3wischen räumen von je fünf Minuten hingerichtet.

Deutschnationale Werbewoche.

Der deutschnationale Parteisekretär: Die Wähler laufen in Scharen davon. es muß etwas geschehen... Halt, machen wir's der SPD . nach, veranstalten wir eine Werbe­woche!"

Tellen Sie der Belegschaft mit: wegen außergewöhn­licher geschäftlicher Berluste müssen die Löhne um 5 Prozent reduziert werden!"

Betriebsräte( unter fich): Die Sorte Berlufte tennen wir!"

Um eine Anleihe der Reichspost.

40 Millionen angelegte Gelder.

Don

Der Berwaltungsrat der Reichspoft ist am Sonnabend zu einer Sigung zufammengetreten, in der die Dedung des Anleihe­bebarfs von 174 millionen lebhaft erörtert wurde. Die Deffentlichkeit erfährt aus den Verhandlungen die interessante Tat­fache, daß von den Geldern der Reichspoft rund 400 Mil lionen außerhalb des Betriebes angelegt find: 238 Millionen in Wertpapieren, 95 Millionen bei den Staats­banten der Länder und 117 Millionen flüssig in Privatdistonten. Eine lebhaft diskutierte langfristige. Anleihe bei den Bost Ihed geldern wurde in bestimmtem Umfang von dem sozial­demokratischen Abgeordneten Steintopf für möglich gehalten. Nach seiner Meinung ist ferner die Reichsbant schon nach dem Bankgesez verpflichtet, der Boft Mittel vorzuftreden. Die Lombar­dierung der Wertpapiere der Reichspoft bei der Reichsbant ist denn auch beabsichtigt. Genosse Steintopf verlangte be­fondere Sparsamteit bei der Ausführung Bauten. Das Gebäude der Oberpostdirektion in Berlin zum Beispiel sei zu tostspielig. Insbesondere seien Ersparnisse durch Beeinflussung der Preisgestaltung bei den Be­fchaffungen der Reichspost möglich Dem Reich als dem größten Verbraucher müffe es im 3ufammenwirten mit dem Reichsspar­tommissar gelingen, die Preise zu drücken. Reichspost minister Schäßel erklärte, die Reichsbant habe einen Kredit auf Grund bes Bankgesetzes zugesagt. Das von der Reichspost festgelegte Bermögen fönne nicht flüssig gemacht werden, wenn die dafür geltenden Richtlinien nicht geändert werben. Von dem Vertreter Preußens wurde gefordert, daß die Reichspoft ihre Forderungen beim Deutschen Reich, die Staatssekretär Sautter auf 50 Millionen Dezifferte, taffieren solle. Nach den Vorschlägen des Arbeits­ausschusses wurden die Richtlinien für die vom Reichstag geforderte Durchprüfung der Deutschen Reichspost, der Entwurf einer Ber­ordnung zur Aenderung der Postscheckordnung, Vorschläge zur Ber­fraftung des Landpostwesens gutgeheißen.

" Fidelio."

( Staatsoper.)

Die Neuinszenierung von Fibelio" bedeutet in ihrer voll tommenen Gefchloffenheit und in der mit äußerster Ronfequenz durchgeführten Einheitlichkeit ihrer musikalisch- szenischen Idee ein Kunstereignis höchsten Ranges, und wir finden ben Mann, deffen Wert sie ist, Operndirektor Otto Klemperer , als Mufiterpersön lichkeit größten Formats bestätigt.

Amerikanische Juftigkomödie. 3m Deutschen Künstlertheater.

K. P.

In Chifago zieht die Autorin M. Batfins gegen die ftanda­Lösen Zustände der amerikanischen Justiz mächtig vom Leder. Uns interessiert die Chifagoer Angelegenheit blutwenig. Carola Neher fann in einer Bombenrolle ihre hübschen Augen und Beine zeigen und heimst einen Erfolg ein, der dem faden Stück sonst versagt Dgr.

bleibt.

T

" Herr Fabrikbefizer, wir wollen eine nationale Werbe­woche veranstalten, leider fehlt uns Geld."

Hm Geld... ich habe doch erft... na schön, Sie follen's bekommen, ich muß es halt andersrum wieder hereinbringen!"

Manu

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davon!"

Wählt

D.N.V.P.

HABEKIN6-27

jetzt laufen mir meine Wähler erst recht

Die Sowjetleute in Genf. 3weiter Delegierter der Unterrichtsminister.

Genf , 19. November.( Eigenbericht.) Aus der Zusammenseßung der Sowjetdelegation zur Vorbereiten­den Abrüstungskommiffion2itwin of, Lunaticharski und Boris Steinschließt man, daß die Sowjetregierung ihren Standpuntt umfassend darlegen lassen wird, doch wolle sie das offen­bar nicht nur in der diplomatischen Form tun, sondern mit starter Betonung des fulturellen Hintergrundes der Ab­rüstungsfrage, weshalb zweiter Delegierter der Unterrichts­minister Lunaticharsti ist. Die militärisch- technischen Arbeiten werden stellvertretender Generalstabschef Pugatscheff und der Admiral Behrens zu erledigen haben. Behrens hat in solcher Eigenschaft bereits an der( gescheiterten) Marineabrüstungstonferenz in Rom 1924 fomie an der Friedenskonferenz von Lausanne 1923 teil­genommen. Der Generalsekretär der Delegation, Boris Stein, ist Direktor der europäischen Abteilung des Außenkommissariats und war in gleicher Funktion auch bei der Weltwirtschaftskonferenz. Das vierte Mitglied der Delegation, Ugarof, der als Mitglied des Erekutivkomitees der Kommunistischen Partei und als Präsidial­mitglied des Zentralausschusses der Gewerkschaften bezeichnet wird, dürfte eine ähnliche Aufgabe haben, wie der Generalarbeitssekretär 2epie bei der Wirtschaftskonferenz, d. h. den Arbeitervertreter darzustellen.

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Frau Zoubkoff!

Die sonst trotz aller Richtlinien geführten Hofnachrichten der Kreuz- Beitung" enthalten diesmal eine mit so großer Sorgfalt Lüde. Es fehlt an ihrer Spitze eine Nachricht, die folgendermaßen hätte stilisiert sein müssen:

Ihre Königliche Hoheit, die Prinzessin Bittoria zu Schaumburg- Lippe , Schwester Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm II. hat am 19. Nopember in Bonn ihre Zivil­trauung mit Herrn 3oubt off vollzogen, der eine firchliche Trauung nach russisch- orthodoxem Ritus folgen wird.

Die Revolution nimmt ihren Gang mit Schrecken. Denn wenn eine Frau aus föniglichem Geblüt einen simplen Herrn 3oubtoff zum Altar folgt, so ist das nichts weniger als eine Revolution in allerhöchsten Kreisen, ja ein Dolchstoß in den Rüden der monarchi­stischen Front. Es ist eine dirette Auflehnung gegen den Willen des Kronenträgers und faiserlichen Chefs des königlichen Hauses, der sich ausbrüdlich, aber, wie man sieht, ganz ohne Erfolg, ben jungen Schwager verbeten hatte.

bekommen, so sieht das ganz anders aus, als wenn das bei jungen

Freilich, wenn alte Prinzessinnen revolutionäre Anwandlungen

Proletariern der Fall ist. Immerhin jedoch jeder auf seine Art!

Dr. Schacht und die Währung.

Börsenunterhaltung. A: Was fagen Sie zu Schachts Bemühun­gen um die Einführung der Silberwährung? B: Was ist das wieder für eine Neuigkeit? Wieso Silber­währung? A:... Schweigen ist Gold!

2: