Unterhaltung unö �Nissen
Die Neger von Cast London.
«Last London (Südafrika ). Man fährt einen Fluß hinaus, an dem Fabriken und Oellanks liegen, der braune Dampf großer Schornsteine legt sich über die Häuser der Stadt, die sich in spärlichen Straßen nach links und rechts an den Hügeln hinaufzieht. Im Hafen ist ein Gewirr von Kränen, die mit Spinncnarmen in die Bäuche der Schiffe greifen, hinter Schuppen stehen bepackte Automobile, Motorräder knattern über osphallierte Wege. Man steht, wie den Menschen die Arbeit Freude macht, die um- formierten Beamten haben im Getümmel ein« Haltung, die ihnen das Amt gibt, Arbeiter ziehen stch die Jacken aus, sie rufen einander zu, kaum, daß sie wissen, was sie sagen. In der Morgensonne arbeitet man bester, wenn man sich etwas zuruft. Die Neger, die als Kulis und Kohlenarbester schuften, machen«in gleichgültiges und trauriges Gesicht, kein Mensch weiß, ob es nicht nur ein gleichgültiges Gesicht ist, aber in der Stumpfheit der Züge, die durch die breiten Backenknochen und die tiesliegenden schwarzen Augen markiert wird, liegt etwas Melancholisches. Sie gehen langsam schlendernd; in der Hand halten sie den Sack. den sie sich über den Kopf stülpen, wenn sie an ihre staubige Kohlen- arbest gehen. Wenn st« ihre Arbest einen Augenblick unterbrechen und die Stimme des Aufsehers fern ist, strecken sie sich auf diesen Sack aus und schlagen sich die Zipfel mst einer Sorgfast um die Beine, als handele es sich um eine seidene Steppdecke. Man denkt sie sich melancholisch, weil man sich nicht vorstellen kann, daß sie sich bei ihrer Arbeit wohl fühlen: man weiß, daß sie für den Schweiß eines Monats 10 bis 15 Schillinge bekommen, man meint, sie müßten ein Gefühl dafür haben, daß sie nur armselige Sklaven sind. Man darf die Neger nicht unterschätzen, im Gefühl sind sie uns wahrscheinlich voraus, sie sind Gefühlsmenschen ersten Ranges. Warum sollten sie nicht ein Gefühl für die verlorene Frei- heit haben? Aber dann sieht man. wie sie sich balgen wie Schulknaben, sie laufend lachend hintereinander her und schlagen sich den Kohlensack um die Ohren, daß dicke Staubwolken daraus hervorquellen. Sie kichern mit einer ganz hohen kastratigen Stimme, unmelodiös wi« sie sinb Wer einmal einen Irrsinnigen hat lachen hören, weiß, daß das derselbe Dylophonton ist. Sie puffen stch in die Seite und werfen sich mit Kohlestücken, bis die Ankunft des Aufsehers, der die Nilpferd- peitsche verordnen kann, dem improvisierten Theater ein Ende macht. Als ich das Schiff verlaste, um mir East London anzusehen, das sich nicht viel von anderen aufstrebenden englischen Städten unter- scheidet, bin ich auf der Spur der Neger. Ich komme mir wie«in Expeditionsreisender vor; es v?äre ein� Aufgabe, hie ihren Lohn in sich trüge« die. materielle und geistige Lage der früheren Herren des Landes-unte? der jetzigem englischen Herrschaft zu untersuchen und zu schildern. Die Zulus waren ein kriegerischer Stamm, sie ließen sich nicht alles gefallen, sie hatten Anführer, die heute noch einem Dichter oben- teuerlicher Knabenbücher eine Menge Stoff geben würden. Ihre Speere und Pfeile machten sie an der ganzen Südküste das östlichen Afrika gefürchtet. Und heute? Kein Feind fürchtet sie mehr, aber sie selbst fürchten allerlei, nicht zuletzt die Hiebe, die ihnen die Eng. länder aufmessen lasten, wenn man mst ihnen unzufrieden ist. Aus der Zeit der Frecheit, als noch die Steppe ihnen gehörte, wo sich heute schon die Getreidespeicher erheben, ist ihnen eins ge- blieben: die körperliche Gewandtheit. Heute retten sie sich damit vorm Himgsrtode, als Rikschakulis laufen sie. Stunde um Stunde in der Deichsel, ohne zu ermüden, sie sind wie gut« Pferde, denen kein Tropfen Schweiß entquillt, auch wenn sie noch sp hart angestrengt wurden. Und ihr guter dummer Gesichtsausdruck bleibt immer der- selbe, ob sie sich in der Sonne ruhten oder ob sie sich in der Deichsel für ein« Lady heißliefen, die ihnen nach beendigter Fahrt, mst einer Geste, die den sozialen Unterschied streng betont, einige Pfennige hinwirft. Niemand soll sagen, daß sich die Engländer nicht um das Dolk bemühten, das sie unterworfen haben, sie haben ihnen auf dem«inen noch wenig bebauten Ufer der Stadt eine Kolonie gebaut, w der sie nach puritanischen Grundsätzen, wenn sie dazu Lust haben, wohnen und leben können. Bon weitem sieht die Kolonie, die auf den sanft aufsteigenden Hügel gepappt ist, wie eine Sammlung von Termitenhaufen aus, je näher man aber kommt, desto bester unterscheidet man, daß die Termitenhaufen steinerne Häuser sind, die ein englischer Baumeister den Negern in der Form ihrer uralten runden Wohnhütten baute. Was früher im Urwald und in der Steppe aus Lehm und Kuhmist war, ist hier aus Zement, es sieht merkwürdig aus. man muß sich daran gewöhnen und man bewundert die Kühnheit des Baumeisters. der tolerant genug war, eine fast sakrosankt gewordene Form zu schonen. Hier in East London hat man, kühn in die Zukunft schreitend, den willig arbeitenden Negern einen Zementkraal gebaut. Es gibt eine Hauptstraße, den späteren Broadway, etwa«in Dutzend Nebenstraßen, eine Polizeistation, einige Lebensmittelgeschäfte, eine Schule und ein Lichtspieltheater.
Em zivilisierter Neger ohn« ein Kino ist unmöglich, das Kino ist für ihn der beste Anschauungsunterricht, hier sieht er, wie sich die feinen weißen Leute, die es zu Geld gebracht haben, fein benehmen, hier prägt sich seinem einfachen dummen Niggerherzen ein, was Europäer gut und bös« nennen. Als ich durch den Zementkraal gehe, tritt mir ein schwarzer gut- gekleideter Schutzmann entgegen und fragt mich nach meinen Wünschen. Er schnauzt mich nicht etwa an, wie es mir mit Sicher- heit in einem Zementkraal von weißen Bewohnern passiert wäre. sondern er fragt nach meinen Wünschen, aber ich merk«, daß ich hier nicht gern gesehen bin. Ich erfahre, daß man eine Erlaubnis haben muß, wenn man den Zementkraal von East London besichtigen will. Ein paar gute Worte genügen, um den schwarzen Schutzmann seiner Würde zu entkleiden, er weiß gar nicht mehr, daß er Schutzmann ist, er locht wie ein Schulknabe, er jauchzt richtig und ich muß ihn beruhigen, indem ich ihm auf die Schulter klopfe. Ich habe wohl zu kompliziert gesprochen, er versteht mich nicht, er grinst mit einem tadellosen Pebccco-Gebiß und fragt mich, ob er mir den Telephonapparat vorführen solle. Offenbar glaubt er, daß ich in meinem Leben noch keinen Apparat gesehen habe. Ich tue ihm den Gefallen und stelle mich dumm; mit einer Würde, die zum Tot- lachen ist, nimmt«r den Hörer herunter und bläst in das Mikrophon, daß sich seine schwarzen Backen blähen. Dann lachen wir beide, ich habe das Gefühl, zwanzig Jahne jünger zu fein und in die Schule zu gehen. Wenn die Engländer ahnten, was sie sich hier für einen Erzentriker in die Zementkraaloffice gesetzt haben, sie würden staunen. Mein Schutzmann führt mich in dem Dorf umher, man sieht die Frauen vor den Hütten arbeiten, sie wringen Wäsche, schaben Töpfe aus, reiben Gegenstände blank. Sie sind das Arbeiten von früher her gewöhnt, als sie noch im Busch und in der Steppe saßen. Heute liegt der Fall so. daß die hohen Eheherren, die sich früher darauf beschränkten, beim Herum- gehen der Friedenspfeife über die Philosophie des Nichtstuns zu diskutieren, noch, schwerer arbeiten müssen als sie. Die Herren, die den Negern das Zementkraaldorf geschenkt haben, halten darauf, daß man sich ihre väterliche Zuneigung mit feiner Hände Arbeit verdient. Die Neger, die hier wohnen, schuften als Kulis zehn Stunden und werden nicht besi«r bezahlt als die anderen Kults, die vor der Stadt in Lehm und Erdhütten hausen. Sie haben nur den Borteil, in einer sicheren Siedlung zu wohnen, ihre Häuser sind aus Stein, sie wisien, wo sie hingehören, kein Regen, kein Zyklon wischt ihnen ihre Heimat weg. Wir stehen vor der Schule, alle Schüler und Schülerinnen sind vor dem Schulgebäude, das genau so rund wie die anderen Hütten gebaut ist, versammelt. Eine schwarz« Lehrerin sitzf auf einem Bänkchen und schaut in ein Buch, die Schüler stehen ohne sichtbare Ordnung in einem Raum, in dem ein Turnreck daran erinnert, daß etwas geübt wird. Plötzlich beginnt ein kleiner Negerknabe, der aussieht, als wäre er einer SchokoladenreNome entsprungen, mit plärrender Stimm« etwas auswendig herzusagen, er plärrt gleichmäßig und monoton, er scheint Gefallen an seiner Stimme zu finden, die sich nicht um Haaresbreite senkt oder hebt. Er sagt«in Gedicht auf, das die Lehre- rin in der Fibel mit kritischen Augen verfolgt, nach einiger Zeit merke ich erst, daß die englisch « Sprache malträtiert wird. Es sieht merkwürdig aus, wie die Neger-Lehrerin ein wissenschaftlich kritisches Gesicht macht, wo man doch das Gefühl hat, sie könnte sich jedm Augenblick die Kleider vom Leiber reißen und einen Kriegstanz auf- führen. Diese jung« Lehrerin ist sehr von ihrer Pädagogenwürd« überzeugt; als der plärrende Negerknabe verstummt, weil er seine Aufgabe vergesien hat, erhebt sie sich longsam, geht auf ihn zu und schlägt ihm mit der sicheren Geste eines Menschen, der mit seinem Handwerk vertraut ist, e-ne schallend« Ohrfeige herunter. Dieser Anstoß muß notwendig gewesen sein, denn sofort nach beendigter Exekution beginnt der Negerknabe ohne Veränderung des Tones sein Geplärr von neuem. Hundert Schritte«ntfernt, hör« ich noch immer seine ein- schläfernde Stimm«. Ich drücke d«m Schutzmann die Hand, die vor- her mit einem Trinkgeld versehen wurde, er schmunzelt mich zufrieden an, ich habe das Zementkraaldorf hinter mir. Vom Negerdorf ist man in einer Viertelstunde am Meer, es ist der große weite, von weißen Schaumbergen überflutete Indische Ozean , an dessen gegenüberliegender Seite Ceylon liegt. Ich setze mich in den Sand zwischen zerbrochene Muscheln und schaue einem schwarzen Fischer zu, der im Begriff ist, seine Netze auszuwerfen. Ein Negerjunge, der nur einen Lendenschurz um die Hüften gebunden hat, geht ins Wasser und sucht' Krebse. Es gibt hier große rote Krebse, man kann sie in dem einzigen Restaurant East London für billiges Geld hoben. Ich denke noch ein wenig an dos Zementkraaldorf, an die Lehrerin mst der wissenschaftlichen Würde und an den lustigen Schutz- mann. Ich denke, daß es«ine ganze Zeitlang dauern wird, bis bei allen diesen braunen Menschen das Gefühl ungebundener Freiheil durch das Gefühl wissenschaftlicher Würde ersetzt sein wird, wie es vorausschauend die Ohrseigen vertestende Lehrerin zur Schau trug.
Ein Totensonntag. Von E. p. Siesgen. Steht eine alle Mühle am Wege von Merseburg nach Beuna . Hundett Schrill von dieser Mühle war vor Jahren das Ge- iangenenlager. Der Stacheldraht wurde verschrottet, die Baracken wurden niedergerissen, als ich vor sieben Iahren doN Bergmann war. Absests der Straße, einem Waldstück zu, liegt ein Gefangenen- iriedhof, damals zwei Meter hoch von Stacheldraht umsäumt. Kein Eingang war--- auf allen vier Seiten nicht!— Feldsteine schleppten wir jungen Bergleute ran!— Herunter den Stacheldraht! Und ein Pfahl nach dem anderen umgestürzt! Wir zündeten die Pfähle und Stümpfe der verwanzten Baracken an!— Ein Feuer zum Totensonntag! Nie hat in uns ein reineres Feuer als in jener Nacht gebrannt! ... und auf Wegen, die fest Jahr und Tag kein Mensch betrat, schritten wir von Grab zu Grab, sprachen beim Schein des hell auf- lodernden Feuers jedes Toten Namen und Heimalland. Frankreichs. Englands. Rußlands und Amerikas Müttern und Kindern sandten wir mst stummen Tränen unsere Grüße. Schicksalshüllen voll Schmerz und Liebe war uns jede Krume Erde auf diesem Gefangenenfriedhof. Im Hintergrunde des lodernden Feuers stand die Mühle im Widerschein der hohen Flammen, die sich wie Arme in die Sterne reckten., Wie oft sähet ihr Toten mit unseren Augen die Mühle gehen. wenn die Scheinwerfer bei Nacht über das Lager blitzten! Wie oft sähet ihr hinüber zur Mühle— hungergequäll, bis ihr im Strome des Jammers versänket? Tote Brüder ihr, hier und überall in der Well— keiner von euch nahm die Qual mit hinab! Alle Qual gebt ihr uns tagtäglich zurück!— Seht, wie sie uns brennt!— Das Dasein, das in euch zertreten und zerstampft wurde, tritt und stampft heute auf uns Ueberlebenden erbarmungslos herum und läßt der Menschheit keinen anderen Ausweg, als den der Verbrüderung mit euch— den Toten— und mit euch— allen Lebendigen der ganzen Erde.
Ein neuer Till Eulenspiegel . Ein Zeitepos von Gerhart Hauptmann . Von Stich Kuttner. Cm Epos, angelehnt an die kerndeutsche mittelalterliche Schwankgestall. in die Form griechischer Hexameter gegossen, von gewaltigem äußeren Umfang und bestell von dem Drange, letzte Höhen und Tiefen aufzusparen. Ein Buch, das die Zell fein will, das Deutschland fem will und darüber hinaus noch All und Mensch- heil.. Ein Streben, das wir mit dem Goetheschen„Den lieb ich, der Unmögliches begehrt" achten, auch wenn wir fein Gelingen bc- zwe'seln. Denn das große, umfassende Werk unserer Zeit, dessen Verwirk- lichung Gerhart Hauptmann wohl vorschwebte, hat er nicht ge- schaffen. Es ist fett jeher Verhängnis deutscher Kunst, in der Grenzenlosigkeit des Vorwurfs das Höchste erzwingen zu wollen. Die Kunst der Franzosen ist umgekehrt« Wege gegangen: in ein paar Aepfeln hat Cezanne als Maler, in der kleinen Provinzdame Madame Booary hat Flaubert als Dichter höchste Gipfel erreicht. Aber der Deutsche strebt in dos Unendliche, Ungemessene, und wenn er es nicht erreichen kann, will er lieber in fruchtlosem Ringen ver- bluten als in we'ser Selbstbeschränkung triumphieren. Von der Alt solchen Deutschtums zeigt sich Gerhart Hauptmann , zeigt sich sein dichterisches Geschöpf Till Eulenspiegel , ein nur sehr entfernter Abkömmling des lebenstrotzenden mittelallerllchen Schalks- narren. Hauptmanns Till Eulenspiegel ist der unbezwungene Held der Lüfte, der mst dem Pour le rnerite dekorierte Flicgeroffizier, der 1314 begeistert in? Feld ging. Die große Wandlung vollzieht sich bei ihm in der Katastrophe der Niederlage von 1918, die ihm symbolisch die Fliegerkappe zur Rarrenkappe mst Eselsohren und Schellen wachsen laßt. Als Gaukler zieht er im Wägelchen, begleitet von seinem Pudel Prinz, gezogen von den Pferden„Gist" und „Galle ", auf die Märkte, wo er die Menschen foppt. Er erlebt das von inneren Fiebern und Kämpfen zerrüttete Nachkiiegsdeutschland, die Brutalität der neuen Soldateska bei der Ermordung Paasches, der als„Angler" austritt, und beim Kapp- Putsch , verbringt ein paar Tag« auf dem Schloß eines abgesetzten Menarchen, den er ewige bittere Wahrheiten erleben läßt, liegt gleich darauf mit den Letzten und Ausgestoßensten der menschlichen Ge- iellschast, mst Zigeunern und einem vei lumpten Geistlichen zusammen im Walde, erlebt zwischendurch zart burleske Liebesabenteuer. Aber der reale Hintergrund verflüchtigt sich mehr und mehr, bald sind es nur noch die phantastisck�n Visionen und Schauungen seines Hellen, die den Dichter beschäftigen. Eulenspiegel, schon.zu Beginn mit Narrhest recht karg ausgestattet, wandelt sich mehr und mehr zum Faust, feinem Goetheschen Bester auch darin ähnlich, daß er in die griechische Sagenwell flüchtet und sich der antiken Schönheit in G.'stall der Helena vermählen will. Aber damit gerät er aus der Gesellschaft lebendiger Menschen immer mehr in die mythologischer Atrappen und philologischer Symbole, die uns nicht warm werden lassen, weil sie des Menschlichen crmangeln. Bei agedem gestalten sich die Visionen des besessenen Helden oft zu Bildern von stärkster dichterischer Kraft. Aber diese Kraft, die im einzelnen immer wieder durchbricht, fehll dem Werk als ganzem. Trotz aller Anläufe, trotz dichterischer und satirischer Gr- sassung so mancher Begeheuhest, rundet es sich nicht zu dem großen Bild unserer Zeit, das wir erwoneii. Leider wird uns der Zugang noch besonders erschwert durch den unglückseligen Einfall Hauptmanns, das gesamte Werk fort- laufend"in Hexametern fließen oder vielmehr holpern zu lassen. Grausamst« Widersprüche zwischen Sprache und Metrik zerstören oft gerade in den dichterisch schönsten Partien den Genuß. Es geht einfach nicht, wenn man etwa in der Zeile„dieser Tropfen, er wünscht do thin wiederum sich, woher er..." zufammenfahreud ..wiederumsich" lesen muß. Und da bei einem Kunstwerk Form und InHall untrennbar sind, muh leider bekanm werden, daß Hauptmann den großen Schönbeiten seines Werkes in se nen Hexametern cineri Sarg gezimmert hat, aus dem sie nie für das Dolk zu Leben er- wachen werden. Immerhin, wenn ein Hauptmann sich mit seiner Zeit und ihren Problemen, westeftes Ausmaß suchend, auseinandersetzt, so geht
uns das In jedem Falle unendüch viel mehr an, als wenn Irgendein weltabgekehrter Aesthet prunkende Persgeböude errichtet, deren Geist und Inhalt uns fremd ist. Aber dem Pulsschlag seiner Zeit ist Hauptmann doch viel näher gewesen, als er den„Florian Geyer " und die„Weber" schrieb, obwohl der alte Ansorg« sich nicht in Hexametern ausgedrückt und etwa skandiert hat:„Nu ja ja, nu ne ne, a jeder Mcnscb hat o Sehnsucht." Wenn se'n Culenspiegel in die Zeiten und Ewigkeiten streift, so denken wir an ein anderes Goethe-Wort: Er stehe fest, und schaue hier sich um, dem Tüchtigen ist diese Well nicht stumm. Dem Hauptmann, der fest aus dem Boden seiner schlesischen Muttererde und inmitten des großen Kämpfens und Ringens seiner Zeit stand, ist d:c Welt nickst stumm gewesen. Das beste seines Till Eugenspiegels liegt in den Partien, die diesem Grundsatz treu" bleiben und Hauptmann auch heute als den dichterischen Menschen erweisen, de? sein Deutschland und fem deutsches Volk— nicht im Sinne eines hohlen Nationalismus— sondern im Geiste zukunfst-- gläubiger Menschlichkeit innerlichst liebt. < Hauptmann»„Till Evlenspiegel" erschien i» 0. Fischer verlas. Berlin .)
Aberglaube in wissenschaftlichem Gewand«. Der Professor der Theo- logle Bischer von der holländischen Universität Utrecht bat der Frage,, ob die Schlange im Paradiese wirklich gesprochen habe, ein umfangreiches Buch gewidmet. Er behandelt darin eingebend alles, was über Schlangen in den Kulten aller Zeiten und Religionen geschrieben worden ist. Dann weist er mit tteser Gründlichkeit nach, oaß die Schlange des Paradieses weder ein Schlangensymbol noch eine mythologische Schlange, sondern ein buchstäbliches S klangen- tier gewesen sei. Diese Schlange habe auch wirklich gesprochen. denn Moses habe das berichtet, und Moses lüge nicht. Di« NaturlKsfenschastler sagen freilich, daß die Tiere keine Organe .mm Sprechen hätten. Ms aufgeklärter Mann findet jedoch Professor Bischer«ine Deutung, die seiner Phantasie alle Ehr« macht. Eva habe nämlich die Schlange nicht deshalb verstanden. well die Schlange hörbar gesprochen habe, sondern weil Eva als Mensch des Paradieses der Natur viel näher stand als wir Kultur» menschen von heute. Auch die Naturmenschen unserer Zeit hätten eine Gememschaftlichkeit mit Noturwesen. die zuweilen die Grenzen, tue Menschen und Tier scheiden, aus dem Auge verlieren lasse. Di« Schlange wüßt« also nach Professor Bischer auch ohn« Svrach- a-gane von Eva verstanden werden. Der Retter des kirchlichen Wunderglaubens hat in seinem frommen Eifer wohl gar nicht bemerkt, daß er mit seiner Erklärung zugleich auch das eigenttlche „Wunder" hinwegdisputiert hat.