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Freitag

25. November 1927

Kulturarbeit

Die Gewerkschaften.

Von Friz Fricke.

Anständiger Lohn, ausreichende Freizeit, gute Arbeits­bedingungen, Ergebnisse der Gewerkschaftsarbeit, schaffen die Möglichkeit einer fulturellen Entwicklung der Arbeiterschaft. Darüber hinaus wohnt aber den Gewerkschaften an sich, ihrer wirtschaftlichen und politischen Betätigung, ein sehr wichtiger und direkt wirkender tultureller Wert inne. Den

ftumpffinnigen Arbeitstieren

Beilage des Vorwärts

Vom neuen Bildungsgedanken.

Volksbücherei und volksbibliothekarischer Beruf.

Um die Jahrhundertwende begann eine Boltsbüchereibewegung, die, im wesentlichen durch englische und amerikanische Vorbilder angeregt, auch für Deutschland   gute öffentliche Bibliotheken zu schaffen suchte. Seit dieser Zeit sehen wir deutliche Spuren einer Beränderung des Bolfsbüchereiwmefens. Ihre volle Auswirkungs möglichkeit fanden diese Bestrebungen, als mit Krieg und Neu­der vorgewerkschaftlichen Periode, von denen Karl Legien   ordnung unseres staatlichen Lebens das Ringen um einen auf dem achten Gewerkschaftstongreß einmal sprach, ist eine neuen Bildungsgebanten allgemein einfegte. Dieses Lebensführung und Lebensgestaltung gemäß, die sich von Bildungsstreben hat einen besonders deutlichen Ausdruck in dem der des heutigen Lumpenproletariats nicht viel unterscheidet. gefunden, was der gegenwärtige preußische Unterrichtsminister in Knechtsdasein erzeugt Knechtsgesinnung und frechtisches feiner Schrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Preußen Leben. Der entwurzelte Abkömmling bäuerlicher oder hand( Quelle und Meyer, Leipzig  ) gesagt hat. Neben dem alten, in der werklicher Vorfahren führt als Fabrikarbeiter ein Dasein, das Universität gipfelnden Bildungstrieb der Vergangenheit, wird in von den einfachsten Trieben der Nahrung und des Geschlechts dieser Schrift ein neuer, aus ganz anderen Quellen gespeister, auf beherrscht wird. Daneben äußert sich noch der Geltungstrieb, ganz andere Ziele gerichteter Bildungsgedanke gestellt, der nicht er versucht, eine aus alter handwerksmeisterlicher Würde der mehr und nicht weniger bedeutet, als die geistige Grund. väterlichen Generation herübergerettete Lebenshaltung vorlegung der echten Demokratie. In diesen Zusammen zutäuschen, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Dieser hang fügt sich die neue Bolfsbüchereiarbeit organisch ein; aus diesem Trieb fann aber auch schon so verbogen sein, daß er sich erst ist sie in ihrem eigentlichen Sinn ganz zu verstehen. Sie ist gegenüber der Familie und dem Umgang als bloßes Kraft: meiertum darstellt. Im Arbeitsverhältnis jedoch wandelt nun nicht länger die Suppenküche, die den ungebildeten Schichten er sich ab und wird zur bedenkenlosen Streberei. Heim- läßt, damit auch das Bolt" gebildet werde; vielmehr ist der selbst aus der Fülle des bürgerlichen Bildungsgutes etwas zukommen tüde gegenüber den gleichgestellten Arbeitskameraden, verständliche Ausgangspunkt die Anerkennung der Tatsache, daß Kriecherei vor dem Vorgesezten. Das Ziel ist, eine Stufe mir alle Bolt sind, und daß es für uns tein größeres geistiges auf der sozialen Leiter höher zu kommen; Vorarbeiter oder Blüd gibt, als in nahe Berührung zu kommen mit den tragenden Meister zu werden. sittlichen Kultur und insbesondere im deutschen   Schrifttum Kräften unseres Boltslebens, wie sie sich in unserer geistigen und ausgeprägt haben.

Wie anders ist der Typ des Gewerkschafters. Wir finden ihn am besten ausgeprägt innerhalb derjenigen Arbeiter­schichten, bei denen die Gewerkschaftszugehörigkeit bereits zur Tradition geworden ist. Aus einem an sich nicht fultur bedeutenden Gemeinschafts- oder 3ufammen gehörigkeitsgefühl hat sich bei diesen Schichten ein Selbstbewußtsein

verpflichtet.

Leser und Buch herzustellen nicht leicht ist. Es bedarf der Führung Es liegt auf der Hand, daß eine lebendige Beziehung zwischen und Beratung, natürlich nicht im Sinne der Gängelung und Bevor munbung, sondern der verständigen Hilfe. Hier liegt die Aufgabe des Bibliothetars, der vor allem die Lage seiner

Er muß wissen,

eine Schrift erschienen, die Aufgabe, Beruf und Ausbildung des Volksbibliothekars nach den wichtigsten Seiten behandelt: Hans Hofmann  , Der Boltsbibliothekar". Führende Män­ner und Frauen der boltsbibliothefarischen Arbeit haben sich darin über ihre Berufserfahrungen ausgesprochen, und gerade aus diesem Buch fann man die Größe der hier vorliegenden Aufgaben und Möglichkeiten deutlich erkennen.

den ent:

waltungsmensch ist, auch genügt es nicht, daß er Lust und Liebe Es genügt nicht, daß der Beamte am Schalter nur ein Ver­zu dieser Arbeit hat, wenngleich das von großer Bichtigkeit ist. Entscheidend ist, daß er außer der persönlichen Willigkeit auch die erforderliche Borbildung genoffen hat, und da ist es erstaunlich, zu hören, daß es in dem größten deutschen   Staat bisher nicht gelungen ist, den volksbibliothetarischen Berufsanwärtern eine eigene Ausbildung zu geben. Es mutet wie ein Rückstand heute noch eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung besteht, die den aus längst vergangenen Zeiten an, wenn man hört, daß in Preußen voltsbibliothetarischen Berufsanwärter in scheidenden Ausbildungsgängen zusammenkoppelt mit der Aus­bildung für den mittleren Verwaltungsdienst der wissenschaft­arten zu dienen haben, fallen fachlich völlig auseinander, und es lichen Bibliotheken. Die Aufgaben, denen die beiden Bibliotheks­ist eine Zeitverschwendung, wenn Menschen, die an der volkstüm lichen Bücherei wirken wollen, zunächst den ganzen Verwaltungs­mechanismus, der in seiner Art wichtig, aber doch ganz speziell für müssen, und diese Zeit dann für ihre eigentliche Berufsausbildung die wissenschaftlichen Bibliotheken erforderlich ist, fennenlernen verlieren. Wie man hört, besteht beim preußischen Bolksbildungs­bibliothefarischen Ausbildungswesens durch eine neue zu erfetzen, ministerium die Absicht, die gegenwärtige Ordnung des volks­die den Forderungen der voltsbibliothetarischen Welt beffer ent spricht. Es ift dringend zu wünschen, daß man sich dabei von den­felben Erwägungen leiten läßt, aus denen heraus gerade das preußische Minifterium feine Erneuerung der Bolksschule, wie die damit eine Regelung getroffen wird, die nicht, wie die beiden letzten Neuordnung der Lehrerausbildung vorgenommen hat, und daß damit eine Regelung getroffen wird, bie nicht, wie die beiden letzten

entwidelt, das ihre Träger nicht nur gewerkschaftlich oder Befer kennen und fähig sein muß, fich von der Sehnsucht und dem entwickelt, das ihre Träger nicht nur gewerkschaftlich oder drängenden Verlangen nach geistiger er muß er kennen, sondern politisch, sondern auch fulturell Es und seelischer Erfahrung be­entsteht ein Bille zur Ebenbürtigkeit gegenüber den anderen rühren zu lassen. Und nicht nur den Leser muß er kennen, sondern Schichten der Gesellschaft. Verschwunden ist bei diesem Typ die sie für diesen oder jenen Leser haben fönnen. Bedeutung, preußischen Erlasse( 1909 und 1916), bereits nach wenigen Jahren die die sie für diejen oder jenen Leser haben tönnen. Er muß wissen, verlangt, oder der junge Arbeiter, der mit den gleichen Worten was die Hausfrau lesen möchte, die am Schalter ein schönes Buch" nach einem Buche fragt und doch eine ganz andere Art Leftüre damit meint. Der Bibliothekar muß wiffen, was für den einen und was für den anderen ein schönes Buch ist.

Die Frage ist nun, ob die gegenwärtige Lage der Bolts­bücherei im allgemeinen und des voltsbibliothetarischen Berufes im befonderen die Gewähr gibt, daß die rechten Leute den Weg zu dieser Arbeit finden. Gerade jetzt ist bei Quelle und Meyer, Leipzig  ,

die Unterwürfigkeit gegen höher Gestellte. Die gewerkschaft liche Tätigkeit brachte es auch mit sich, daß besonders in den legten Jahren Laufende von Arbeitern als Betriebsfunktio näre der Gewerkschaften, als Betriebsräte und damit als gefeßlich berechtigte Vertreter ihrer Kollegen mit den Unter­nehmern als gleichberechtigte Kontrahenten zu verhandeln haben. Seit zwei Jahrzehnten figen Arbeiter als Beisiger oder Arbeitsrichter in den Spruchlammern der Gewerbe- und oder Arbeitsrichter in den Spruchlammern der Gewerbe- und ble Kaufmanns- und neuerdings der Arbeitsgerichte. Positionen, die die Gewerkschaften erfämpft haben. Nimmt man alles zusammen, was die Gewerkschaften in den Jahren ihres Wirkens erreichten an politischen Mitbestimmungsrechten, so ergibt sich daraus als psychologische Folge für die Arbeiter schaft, eine große Summe von Selbstbewußtsein und or die sich stüßt auf die aus der Gemeinschaft der organisierten Arbeiter erwachsenen Kraft.

Selbstachtung,

Die sozialistische Grundeinstellung der deutschen   Gemert­schaften sorgt mit dafür, daß diefe feelischen Gehalte sich nicht in einer Richtung einfacher Nachäffung der Sitten und Ge­Ge­bräuche der oberen Klaffen bewegen, sondern

eigene Ausdrucks formen

suchen. Hier seht dann die Tätigkeit der besonderen fultu rellen Bestrebungen und Einrichtungen der Gemertschaften ein, und auch die Aufgabe der prole tarischen Kulturorganisation. Was an seelischen und tultu rellen Nebenwirkungen aus der gewerkschaftlichen Haupt­betätigung sich ergab, haben diese 3weige der Arbeiterbewe­gung auszubauen zu bewußter Lebensgestaltung aus foziali­stischer Gesinnung und zu sozialistischem Leben. Die Gewerk­chaft aber Lodert nicht nur den harten Boden für deren Tätigkeit, schafft nicht nur die Borbedingungen, sondern auch einen realen Rulturwert, jene aus flaffenbewußter Selbstachtung entstehende Bereitschaft zu einer höherwertigen fozialistischen Lebensführung.

3erfeßung jenes Gemeinschaftsgefühls. Absolute Herrschermacht riß alters bis zur Kulturkrisis der Gegenwart ist nichts anderes als die Glanz und Geist an seinen Hof; aus innerer fozialer Gemeinschaft entstand die nur lose verbundene höfifche Gesellschaft. Fürsten  förderten das hochbegabte Individuum; von Italien   aus nahm die Kultur der Renaissance ihren Siegeslauf: aus mittelalterlicher sozialer Einheit wurde neuzeitliche Bielheit. Die breite Masse des Bürger­tums hatte feinen Anteil mehr an der Herrschaft, nur noch geringen Teil am geistigen Leben. Die Sehnsucht nach beidem erzeugte die franzöfifche Revolution. Während die Kultur des In französische Revolution. Während die Kultur des In. Diplouums in Deutschland   die Hochblüte der Klassit erzeugte, ben Schwanengejang eines dem Industriesystem weichenden Agrarstaates, erwachte in England bereits jener öfonomische Herrschaftsdrang, der den Industrialismus, das Unternehmertum und den beherrschten vierten Stand, das Proletariat, herporrief.tqO

Bom Beginn des 19. Jahrhunderts an vollzieht sich diese Ent midlung gleichmäßig auf dem Rontinent. Geistige und kulturelle Angelegenheiten bleiben Güter der herrschenden Oberschicht; die Tradition erhält sie lebendig im Bürgertum, im Mettelstand, bis diefer durch den Weltkrieg zugrunde geht. Bon Anfang an aber schließt der Kampf um die wirtschaftliche Erifteng die Möglichkeit schließt der Kampf um die wirtschaftliche Eristenz die Möglichkeit für das Proletariat aus, an der Stultur teilzunehmen; eine geistig wache, aufgeklärte Arbeiterschaft wäre Bedrohung der wirtschaftlichen Herrschenden: das ist der Sinn des Klaffentampfes. hunderts waren noch Geltendmachung des Bürgertums, des dritten Die Revolutionen von 1789 bis zum Beginn des 20. Jahr Standes, auf Teilnahme am geistigen Leben, denn Teilhaber an der Kultur sind nur die an der Herrschaft Beteiligten, nie die Be herrichten.

wieder grundlegend verändert werden muß; was dann nicht nur auch die gefunde und gleichmäßige Entmidlung der volts. für die Berufsanwärter naturgemäß sehr unangenehm ist, sondern bibliothetarischen Arbeit aufs empfindlichste be= einträchtigt

Die volkstümliche Bücherei muß eine öffentliche Bildungsanstalt im neuen Sinn werden, und die Bibliothefare, die in ihr dem

Boll zu dienen haben, müssen die Ausbildung bekommen, die sie dazu befähigt, diesen Dienst auf die wirksamite Weise auszuüben.

H. Becker.

Gründen bisher nicht zum geistigen Leben erzogen wurden, dafür aber muß fie diejenigen, die aus politischen und wirtschaftlichen innerlich reif und aufnahmebereit machen. Die Kultur selbst tann nach der sozialen Umschichtung eines solchen Krieges, durch den beste Kräfte vernichtet und breite Kulturschichten mittellos wurden, nicht mehr auf die in den Arbeiterschichten schlummernden geistigen Kräfte ht verzichten. Systematisch müssen ihnen die Augen geöffnet werden für das, was das Wesen des Geistes und der Geistigkeit ausmacht; ihnen müssen die Güter auch der Vergangenheit erschlossen werden, damit der übergangslose, trasse Gegensatz zwischen der Jazz- Kultur" von heute und ehrwürdiger Tradition fich zur Harmonie schließen fann, aus der allein produktive Kräfte neuer Werte erwachsen fönnen. Urwüdfige, unverbildete Kräfte wurzeln im Bolt, die durch mangelnde Erziehung nirgends Wurzel schlagen fonnten, und die nur frei werden, wenn auf der Basis gesicherter Existenz sich reges geistiges Leben einer an der Herrschaft teihabenden Masse entfaltet.

Wirtschaftliche Arbeiterbildung.10

In dem foeben erschienenen Novemberheft der Bücher warte" find zwei wertvolle Beiträge zum Thema der wirtschaft. lichen Arbeiterbildung veröffentlicht. In einem großen Leitauffag über Brattilerid über die und Methoden, mit Raphtali einen Ueberblid über die Wege Wirklichkeit verschaffen fann. Ausgehend von dem Wirtschaftsteil deren Hilfe der Arbeiterleser sich die Kenntnis der wirtschaftlichen der großen Tageszeitungen, über die Seiffchriftenliteratur hinweg stizziert er die wichtigsten Schriften, die dem Leser die Kenntnis ber einzelnen Wirtschaftsgebiete permitteln. Reine trockene An­häufung bibliographischer Hinweise, sondern eine lebendige Dar­die zu ihrer Erforschung führen. In einem zweiten Artikel in der Arbeiter Bildung untersucht Dr. Alfred Braunthal Grundlagen ger mitti baffigen Arbeiter:

Das Kulturproblem der Gegenwart riege erbiiden, ftellt fich folgendermaßen bar: Die während eines ſtellung der einzelnen Zweige des Wirtschaftslebens, und der Wege,

Von Dr. Hildegard Lieberz, Bonn  . llebergangszeiten wie unfere, die einer großen Welterschütterung folgen, bedeuten, Krisis der Kultur". Die tieferen Ursachen solcher Stulturummälzungen find foziologischer Art: sie haben ihre Wurzel in den weltgehenden fozialen Umschichtungen, die wiederum von politischen Ereignissen und Konstellationen herrühren. Wirtschaft und Recht als Unterbau, Wissenschaft, Sunft, Literatur als ihr ful­tureller Ueberbau sind beeinflußt, ja, man fann sagen, sie sind in hohem Grade Produfte der jeweiligen Herrschaftsverhältnisse.

Als dereinst auch das Bürgertum an der Herrschaft be teiligt war, das die Stände von Patriziern und Handwertergilden bildete, da entstond jene Kulturblüte der mittelalterlichen Städte, deren Träger in Fülle und Gediegenheit das durch Herrschaft wohl habende, vor allem auch selbstbewußt gewordene Bürgertum war. Die geistigen Kräfte jener Epoche waren zwar gebunden, aber auch getragen von dem religiöfen Ethos der christlichen Gemeinschaft, einer Gebundenheit, die die Rorbedingung jener Blütezeit war: auf dem Boden inneren Gemeinsamteitserlebens erftand bas Kulturbeet prächtiger, gleichmäßiger Blumen in üppiger Fülle, von dem Humus einer Idee zur Fruchtbarkeit gespeist. Kultur ist niemals etwas anderes als die Zusammenfassung eines Gesellschaf.ssystems in einer geistigen Einheit... mo alle Glieder eines großen Menschengemein fchaftstreifes fich in der Auffassung vom Sinn des Daseins und von ben Lebensformen, ble ihn ausbrüden und verwirklichen, einer Wee unterwerfen, ist Kultur,"

Was wir alfo als Krisis der heutigen Ruitur nach dem großen Jahrhunderts von Kunst und Wissenschaft gänzlich ahnungslosen Massen werden durch die soziale Revolution, die der Weltkrieg für den vierten Stand bedeutet, zur Mitarbeit herangezogen. Das, was den übrigen Bolfsgenossen geheiligte Tradition, längst bekanntes und gehegtes Gut war, ist Bahllosen Neuland; ihr gänzlich ungeschulter, in mechanischer Dedigkeit dämmernder Geist foll Mufit, Kunst und Literatur aufnehmen und produzieren. Es ist nun ein höchst ein facher psychologischer Vorgang, daß diese geistig Unerzogenen fich von der Blüte unferer Kultur befremdet und gelangweilt fühlen müffen. Einem folchen geiftigen Kopfsprung fann niemand ge­wachsen sein, dem dieses Gebiet vollständig fremd ist. Primi tives Denten verlangt primitive Eindrüde, und hier liegt die Wurzel der Aufnahmefähigkeit für Neger rhythmen, die Freude am Sport, am Bogtampf und am Film. Diese Hirne, die an der Maschine erwachten, die um Effen und Trinken, um den Existenzfampf grübelten was sollen sie mit der abstrakten Geiftigkeit, in der die Generation unferes ehe mals begüterten Mittelstandes erzogen wurde? Die von politischer Herrschaft jahrzehntelang ausgeschloffenen Baltsteile find ebenso wenig geiftig wie politisch in einem Jahrzehnt reif. Hier ist es die Erziehung, die in der Schule ihren Anfang nimmt und in der Teilnahme an der politischen Herrschaft endet und auch das legte Mitglied einer Boltsgemeinschaft ergreifen muß. Nur auf diese Weise wird es überhaupt möglich sein, um diese unendlich gewachsene Menschenzahl ein gemeinschaftliches geistiges Band neu zu schlingen

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und ein dem mittelalterlichen Lebensgefühl, äbrifiches Ginheits. bewußtsein Gesellschaft fplitterter Einzelwefen eine von einem geistigen Ideal beherrschte Boltsgemeinschaft erzeugen fann.

In diese im Gemeinschaftsgefühl wurzelnde schöpferische Einheit des mittelalterlichen Kulturbewußtseins trug die Renaissance, Die das ehrgeizig ftrebende, tätige und herrschlüchtige Individuum ermedie, den tiefen Riß; ber Prozeß vom Ausgang des Mittel­

Es ist der Sinn jedes Boltsstaates und jeder Demokratie, das fie Bildungs- und Kulturgüter den breiten Maffen vermittelt. Borher

die

bildung. Soll nur Stoff vermittelt werden oder auch die theore tische Durchdringung des Stoffes? Braunthal vertritt den Stand­punkt, daß bloße Stofffenntnis nie und nimmer Ziel der Arbeiter­bildung sein kann. Diese muß vielmehr ihren theoretischen Ausgangs­punkt vom Margismus nehmen, als dem ordnenden Brinzip, das das Labyrinth der gesellschaftlichen Erscheinungen entwirrt.

Bon altueller Bedeutung ist ferner der Artikel von Dr. Auguft Siemien Sozialdemokratie und Bolkshoch­schule", in dem, anfnüpfend an die Richtlinien der Konferenz der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker in. in Magdeburg  , unsere Stellung zu den Volkshochschulen geprüft wird. Ein Artikel don Karl Went Buchhandel und Bildungsarbeit" er­örtert die Stellung der parteigenössischen Buchhändler im System der gesamten sozialistischen   Bildungsarbeit. Im übrigen ist die November­nummer der ,, Bücherwarte" und Arbeiter- Bildung" sehr start auf das tommende Beihnachtsfest eingestellt. Zwei Artikel von Walter ich bach und Hermann Hieber geben wertvolle Finger­zeige für proletarische Weihnachts- und Silvesterfeiern sowie für Kinderspiele und Kinderfeste. Ferner bringt die Bücherwarte" Be­sprechungen zahlreicher Kinderbücher, Jugendschriften, Reisebeschrei­bungen ufw., die weiten Kreisen der Leser sicherlich sehr willkommen, sein werden

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Die Bücherwarte" mit Beilage Arbeiter, Bildung" ift zum Preise von 1,50 M. für Buchhandlung J. H. W. Dieß, Lindenstraße 2, und alle Borwärts"- Expeditionen zu beziehen. Einzelnummern foften 75 Pf. Der Reichsausschuß für sozialistische Bildunsgarbeit, Lindenstraße 3, stellt Probenummern gern zur Verfügung.