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Dämmernde Erkenntnis. Sozialdemokratische Wahlerfolge in deutfchnationalem Licht« Allmählich dämmert auch den Reaktionären die Erkennt­nis, daß die sozialdemokratischen Wahlerfolge lein Zufallsergebnis und daß vielmehr der Biirgerblock bis in seine Grundbalken hinein angefault ist. Hier eine Probe: Wahllos sind ins Lager d»r Rechten geströmt und dort auf- genommen worden, ja vielfach als Repräsentanten und Wortführer herausgestellt alle, gleich, ob ste aus zerknirschtem, heißem Herzen um ihr Volk und Vaterland bangten, oder ob sie nüt geschultem: politschem Sinne" die Konjunktunvende witterten. Es hat nicht nurNovembersozialisten", sondern auchRenlenmarknolionallsien" gegeben. Es gab solche unter den t9ZA/Z4 noch rechts strömenden Arbeitnehmern lste sagten schworzweißrot und meinten billige K a r t o s s c l n!), es gab sie unter den noch rechts wan- dernden Es b i l d c t c n(sie sprachen von der Rettung christlich deutscher Kultur und meinten ihren vertrockneten K o st en g o i st!), sie waren vorhanden unter den ungestüm nach rechts drängenden Arbeitgebern(sie riefenKomps dem Marxismus" und meinten die soziale und staatsbürgerliche Gleichberechtigung des Arbeiter- jtandes!)... Die bürgerliche Rechte droht sich auszulösen ta lauter einzeln« Interessengruppen, die nicht auf chre Rechnung gekommen sind und nun offen vertreten, was sie immer gewollt haben... Die wachsende Werbekroft der Sozialdemokratie beruht nur auf den Lähmunzs- und Auslösunzserscheiauagen innerhalb der birrger- llchcn Rechtsbewegung. Hier hilft kein Hestpflostern und kein Quack- salbern mit ausgetüftelten Parolen. So zu lesen in einem Aufsatz des deutschnationalen Land- ordeitersuhrcrs und Reichstagsabgeordneten Hüls er in der �Politischen Wochenschrif t". Der Rechtsblock, der noch immer die Regierung im Reiche sich anmaßt, wurde nur möglich durch die Gefolgschaft der Leute, die heute verächtlich als Rentenmarknationalisten und als Eigenbrödlcr hingestellt werden. Damals, 1924» waren es liebwerte Volksgenossen, denen man hundertprozentige Auswertung, soziale Vorteile, Reinigung des politischen Lebens und andere schöne Dinge versprach. Heute, wo sie den Volksbetrug der Deutschnatio- nalen quittieren, indem sie links wählen, heute schmäht man sie. Ein wertvolles Eingeständnis der hoffnungslosen deutsch - nationalen Unfähigkeit, die man bisher im Lager des Rechtsblocks noch hinwegzudisputieren suchte?

Die Giudenienabsiimmung in Preußen. Mehrheit gegen Vecker. Das Ende derDeutschen Studentenschast". Die gestrige Abstimmung der Studentenschast an den preutzi- schen Hochschulen hatte folgendes Ergebnis: Universität Berlin: Wahlbeteiligung etwa 89 Proz. Für An­nahme des neuen Studentenrechts stimmten mit Ja 2576, mit Nein. also für Ablehnung, 4461. Handelshochschule Berlin : 65 Proz. Wahlbeteiligung. Mit Ja 260 Stimmen, mit Nem 684 Stimmen. z,. Tierärztliche Hochschule Berlin ; Mit Ja 6 Stimmen, mit Ohsin 199 Stimmen. Dandwirlschastliche Hochschule Berlin : Mit Ja 19 Stimmen, mit Nein 545. Trchnische Hochschule Berlin : Ja, 541. Ren, 2775 Stimmen. Ungültige Stimmen 24. Für Ja stimmten 19,4 Proz. Wahlbeteili- gung 88 Proz. Von den anderen preußischen Hochschulen werden folgend« Er- gebnisse gemeldet: Ja Nein Wohlbeteiligung Königsberg 168 1SS5 Kiel(Universität) 187 10S4 Grelfswa'.d....... 55 815 Frankfurt o. AI ...,»»». 420 1101 etwa 55 Proz. Köln .......»,». 565 2800 57 halle........... 98 1515 74,6 Breslau (Universität)...... 691 1740 75 Breslau , technische Hochschule.. 67 537 Düsseldorf (Medic. Akod.)... 26 46 Hannover , technische Hochschule. 167 357 Munden(Forstakad.)..... 1 112 Minden , landwirtschoftl. Hochschule 1 112 Ebercwalde, Forstakademic... 67 S:auslhal-ZeUerseld, Bergakademie 3 291 Mit dieser Abstimmung hat die Mehrheit der Studenten- schaften sich gegen die Annahme des vom Kultusminister Becker zur Entscheidung gestellten neuen Studentenrechts auf flaats- bürgerlicher Grundlag« ausgesprochen. Kultusminister Dr. Decker befindet sich damit in einer Zwangslage. Die deutsche Studenten- schaft hat für Preußen aufgehört, das aueführende Organ der sw- dentischcn Selbstverwaltung zu sein.

Ordnungshüter Keudell.

Fridericus-Osfizier als Freiheitskämpfer Eine Gedenkfeier in Amerika vnd Deutschland . In die Zeit der Freiheitskämpfe des Bürgertums sührt eine Gedenkfeier hinein, die gestern in vielen Städten der Bereinigten Staaten von Amerika stattfand und heute in Berlin abgehalten wird. Sie wird veranstaltet von den Regierungen beider Länder, die Deutsch -Amerikoner nahmen lebhaft an ihr Anteil: Sie wird in beiden Ländern dazu benutzt, dem anderen Freundlichkeiten zu sogen. Seit 1776 log das Bürgertum der englischen.Lron- kolonien" alsRebellen" im Kamps mit der Regierung des englischen Königs. Sie hatten schon ihr« Unabhängigkeit proklamiert, aber noch waren sie weit entfernt, sie zu besitzen. Der König von England ein Hannoveraner suchte die rebellle- rend« Bourgeoisie der Kolonien zum Gehorsam mit deutschen Söld- nern zu zwingen. 25 000 bis 30 000 deutsch«.Landeekinder" waren von ihrenLandesuätern" nach England als Soldaten ver- kauft worden. Die deutschen Untertanen" waren gut genug, für diePrivilegien" der Kaufmannschaft des englischen Mutterlandes zu bluten und dl- Gelüste nach wirischaftsich-r Selbstbestimmung. die in den Kolonien sich seit langem regten, mit militärischer Gewalt auszurotten. Die Kolomen hatten eben erst den Mut aufgebracht, London den Gehorsam aufzukündigen. Es war nur zu begreiflich, daß sie sich keine starke Zentralgewalt als einen neuen Herren auferlegen wollten. An ihrer Spitze stand nur ein beratender»Kongreß", ohne

v. Keudell:

/Welch schäumender Iugendgeist. Wie fühl' ich mich ihm geistig verbunden!"

Der belgische Bürgerblock. Regierungserklärung und sozialistische Kritik.

Brüssel , 50. November.(Eigenbericht.) Die Bürgerblockregierung. die nach der Entfernung der sozio- listischen Minister auch in Belgien errichtet worden ist. hat sich der Kammer vorgestellt und sosork die schärfste Gegnerschaft der Sozial­demokraten erfahren. Die vom Ministerpräsidenten I a s p a r verlesene Programm­erklärung der Bürgerl) lockregierung ist nicht nur endlos long, sondern auch unglaublich langweilig, sorblos und leer. Di« Regierung b«- schränkt ihr Programm auf zwei Punkte: Bollendung der Franken st abilisierung und der W e h r r« f o r m. Im übrigen will sie alles beim alten lassen. In der Außenpolitck soll die Locarnopolitik fortgesetzt, es sollen die Steuerlasten vermindert wer- den und in der Sozialpolitik weder Rückschritte noch Fortschritt« ein- treten. U. a. seien große ösfcntlich« Arbeiten, wie die rationelle Organisierung der Elettrizitotserzsügiing, Derweriung der Wasser­kraft und Kanalbautcn geplant. Wie und mit welchen Mitteln, wird nicht gesagt. In bezug auf die W e h r r e f o r m wird die Einsetzung einer gemischten Kommission von Parlamentariern und Militärs angekündigt, die alle seit sieben Iahren zum Vorschein gekommenen Projekte, namentlich auch über die Dienstzeit, prüfen soll. Das de-

deutet natürlich, daß die ganze Frage, für alle Fälle aber die Herab- setzung der Dienstzeit, auf die lange Bank geschoben wird. Für d!« Sozialisten sprach als erster Redner Genosse M a t h i e u, der mit überlegener Ironie die Regierungserklärung zerpflückte. Er protestiert« gegen die Einsetzung einer gemischten Kommission, da durch sie dem G« n e r a l st a b eine verfassungsmäßig un- zulässige Macht gegeben werde. Der Generalstob könne von, Parlament um ein technisches Gutachten befragt werden. Er habe aber nicht Vorschläge auszuarbeiten und nichts zu entscheiden. Do» sei Recht und Pflicht des Parlaments, und dessen Entscheidung habe der Generalstab zu gehorchen. Ein Bergarbeiterjührer kritisiert«, daß jeder Vorschlag zur Linderung der beginnenden schwere» Kohlenkrise fehlte, und svrderte die Regierung auf, die Initiative zu einer internationalen Organisation der ganzen B e r g b a u i n du.st r i e zu ergreifen. Der Führer der Ssaat?- orbeiter warnte die Regierung in' eindrucksvoller Red«, die geplanten großen öffentlichen Arbeiten der Finanz auszuliefern. Wenn die Hochfinanz diese Arbeiten in ihr« Höstde belomme, dann werde sie eine derartig« Macht an sich reißen, daß künftig olle Regierungen in Belgien unter ihre Vormundschaft geroten müßten.

Gemalt. Dem Oberbefehlshaber Washington unterstand nur eine zwar eifrige, aber bunt durcheinandergewürselte, schlecht ausgerüstete und einem jahrelangen Krieg nicht gewachsene Miliz von Frei- willigen, aus der Leibeigenschast Entlassenen, Abenteurern. Flucht- lingen und Ueberläufern. Die Truppen derStaaten" schienen den disziplinierten Söldnerheeren Englands nicht gewachsen. Am 1. Dezember 1777 entstieg inPortsmouth in New Hempshir« derselben amerikanischen Hafenstadt nördlich von New Pork, in der 1905 Rovsevell den russisch -japanischen Frieden vermittelte ein preußischer Offizier dem französischen.Lauffahrteischiss", dos ihn durch die englische Blockade gebracht hatte. Es war Friedrich Wil- Helm von S t« u b e n, ehemaliger Hauptmann und Flügeladjutant Friedrichs des Großen, aus ungeklärten Gründen bald nach dem Siebenjährigen Krieg« entlassen. Er bot dem Kongreß seine Dienste in einem Schreiben an, in dem es hieß: Der einzige Beweggrund, der mich diesem Weltteil zuführt, ist der Wunsch, einem Volke zu dienen, welches einen so edlen Komps für seine Rechte und Freiheit kämpft. Ich verlange weder Titel noch Geld.... Ich möchte gern mit meinem Blut die Ehre erkaufen, daß mein Name eines Tages unter den Verteidigern Ihrer Freiheit genannt wird." Dieser Steuden war wohl der einzige geschulte Offizier, den die Freiheitskämpfer auszuweisen hatten. Er trat als Freiwilliger ein und schon nach einem halben Jahr, im Mai 1778, ernannt« ihn der Kongreß, in Anerkennung seiner Verdienst«,zum General- i n s p e t t o r mit dem Rang und den Beziigen eines General- majori". Er war der Lehrer der Amerikaner in militärischer Diszi- plin, Taktik und Strategie. Nach fünf Jahren schon ereicht« der preußische Hauptmann den Gipfel seiner Laufbahn. Ihm übergab der englisch « Oberbefehlshaber im Oktober 1781 an der Spitze seiner deutschen Truppen den Degen. Ein fridericianlscher Offizier war Schöpser der Freiheitsarmee der Dereinigten Staaten geworden.

Nur Mussolini nicht wehe tun! Seipel will nicht einmal Material gegen ihn sammeln. Wien , 30. November. Der Budgetansschuß de» Nakionalrats hat die Debatte über das Kapitel Auswärtige Angelegenhelten abgeschlossen und die betreffen- den Budgelposton angenommen. 3m Lause der Debatte bemerkte Bundeskanzler Dr. Seipel gegenüber dem Abgeordneten Ellen- bogen, er könne feinem Wunsche, Materialien über die schlechte Behandlung der Deutschen , die italienische Staatsbürger find, zu sammeln und sie, soweit sie sich hieb- und stichfest erweisen, dem Völkerbund vorzulegen, nicht entsprechen. Er halte die» nicht für opportun, da ein solcher Schritt von Italien als ein feindlicher Akt aufgefaßt werden würde und sicher niemand nützen könnte. Bezüglich der von einigen Redner» besprochenen Schwierig-

leiten, denen die Kärntener Bevölkerung im jugoslawischen Grenzverkehr ausgesetzt sei, und die sich zum Teil aus der Grenzziehung ergeben, bemerkte der Bundeskanzler, die Regierung habe sich bei allen Interventivnsgejuchen bemüht, das Mögliche zu erreichen, und werde auch in Zukunft beim Abschluß von Verträge« und in Einzelfällen wenigstens Milderung zu erreichen suchen. Die Vorbereitung des polenverirags. Besprechungen der privaten WirtschafiSführer. Wie derSvz. Pressedienst" erfährt, werden am 6. und 7. Dezember 1927 Besprechungen zwischen deut- schen und polnischen Wirtschaftsführern in Berlin stattfinden. Die polnische Delegation steht unter Führung des Generallandschafrspräsidenlen I.o. Zychlinsko in Posen, der Präsident des Hauptverbandes der vereinigten Industrie und Land- Wirtschaft Westpolens ist. Die Delegation selbst jetzt sich au» führen­den Persönlichkeiten der polnischen Industrie und der polnischen Landwirtschaft zusammen. Di« Führung der Verhandlungen au� deutscher Seite liegt in Händen des Tcxtilindustriellen F r owe l n. der dem Präsidium des Reichsverbandes der deutschen Industrie an- gehört. Im übrigen sind in der deutschen Kommission Delegiert« der Industrie, der Banken, des Handels und auch der Landwirtschaft vertreten. -Zu den kommenden Besprechungen, die die deutsch -polnischen Hondelsoertragsverhandlungen entscheidend beeinflussen dürsten, seilt der Reichsverband der deutschen Industrie mit,daß sie dos gegen» seitige Verstäiümis für die wirtschaftliche Notwendigkeit fördern und damit auch zur politischen Beruhigung beitragen sollen, wobei selbst- verständlich ist, daß auch die deutsch -polnischen Handelsvertrags- Verhandlungen erörtert werden." Das deutfch'polnifche Holzabkommen unterzeichnet. Marschau, 30. November. Heute mittag ist in Warschau das d c u ts ch- p o l n i s che Holzobkommen unterzeichnet worden, durch da« von polnischer Seite die Befreiung von der Erhöhung der Abgabe bei der Ausfuhr von Rundholz aus Polen gewährt worden ist. Als Kompensation wurde von deutscher Seite ei» Kontingent auf die Einfuhr polnischen Schnittholzes in Höhe von 100 000 Kubikmeter monatlich gewährt. Dos Abkommen tritt aus technischen Gründen erst am 5. Dezember in Kraft. Eine Reih« weiterer vorläufiger Verträge ist gleichfalls unterzeichnet. Der Leiter der deutschen Handelsvertrogsdelegosion. Dr. Herme s, wird am Freitag nachmittag die erst« Besprechung mit dem Leiter der polnischen Delegation hoben.

Da» Verhältnis Zlalien-Albanieu hat Mussolinis Tirano-Kc sandtet Sola«rsHöpfend dargelegt, in dem er die englische Niederschrift des Bündnisvertrages damit begründete, daß er wört­lich den Schutzverträgen Englands mit Portugal nachgebildet fei!