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Nr. 571+ 44. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Kautskys neues Buch.

Ein Hauptwerk des Gozialismus.

Bon Adolf Braun .

Natur und sellschaft" betitelt Karl Kautsky den ersten Band feines bei Dieß erscheinenden großes Werkes über die materialistische Geschichtsauffassung.

Die materialistische Geschichisauffassung, diese große Streitfrage der Philosophie und des Sozialismus hat bisher nur spärliche Darstellung gefunden. Marg und Engels selbst haben sich wohl von dieser Geschichtsauffassung in all ihren literari, jen Werken leiten lassen, aber das, was sie im besonderen über diese Geschichtsauffassung geschrieben haben, läßt sich auf wenige Seiten zusammenfassen. Bekannt ist ja die so außerordentlich kurze, trozdem inhaltsreiche Begriffs: erklärung der materialistischen Geschichtsauffassung in dem Borworte Zur Kritik der politischen Dekonomie" von Karl Marg. Von da geht der große Streif um das Wesen, aber auch um die methodische Bedeutung und über die Anwendbar feit der materialist.schen Geschichtsauffaffung aus. Wie oft iſt ſie widerlegt worden und immer wieder taucht sie auf im wissenschaftlichen Streit. Ja, wir finden fogar die meri würdige Tatsache, daß bedeulende Historifer sie angewandt, aver n'cht anerkannt haben, wie das von 2 amprecht gilt, und daß sie anderseits von einem Kollegen Lamprechts von der gleichen Universität, von E. Brandenburg , zuerst bekämpft wurde, während er ihr später viel näher trat.

Auch die Stellung der Sozialdemokraten, ja jogar im besonderen der Marristen zur materialistischen Geschichts­auffaffung hat sich erheblich geändert. Es gab eine Zeit, fie ist ein fnappes Menschenalter hinter uns, in der viele Sozial­demokraten wie auch viele Gegner die Anerkennung der materialistischen Geschichtsauffassung als Voraussetzung der Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie ansah. Es ist wohl kein Irrtum. wenn hier die Behauptung gewagt wird, daß auch Karl Kautsfy in Jahrzehnten vor dem Weltkriege dieser Meinung gewesen ist. Heute schreibt er:

Die Anerkennung der materialistischen Geschichtsauffassung soll

Sonnabend, 3. Dezember 1927

zu zählen ist, so wird der Erkenntnistheoretiker und Ethiker| von Problemen wird man hingelenkt, wenn man sich durch auch in Kautsky einen Mitforschenden und Mitstrebenden diesen Band mit Ernst und Mühe mit dem starken Streben, erkennen. Und ebenso werden quch die Psychologen sich seinen geistigen Inhalt zu eigen zu machen, durcharbeitet. sich mit ihm zu befassen haben. Ist das zweite Buch des ersten Aber diese Mühe lohnt sich, das Bild des Sozialismus weitet Bandes, das gleichfalls start philosophisch und im besonderen sich den Lesern und seine Grundsäge werden sich in ihm psychologisch ist, der Menschennatur gewidmet, so das dritte festigen. Aber nicht nur darin liegt die große Bedeutung Buch der menschlichen Gesellschaft. Es ist eine reiche Fülle dieses Werkes, wir glauben auch, daß bei unseren ehrlichen von Wissen und können und nicht von aneinandergereihtem Gegnern wie viele das sind, miffen wir freilich nicht die Wissen, sondern von durchdachtem Wissen. Erkenntnis, nachdem dieses Buch durchgelesen ist. sich einstellen wird, daß so leicht, wie sie es sich vorgestellt haben, die Widerlegung des Sozialismus nicht ist.

Weit über die Kreise unserer Partei hinaus wird dieses große Werk anregend und befruchtend wirken. Es wird vielen erst die große Bedeutung des Sozialis mus und seine Stellung in der Wissenschaft unferes Jahr hunderts flar machen. Es wird den Eifer der jungen und alten Gelehrten, die sich ihre Sporen verdienen mußten durch derlegungen von Marg und seiner materialistischen Geschichtsauffassung start abkühlen. Vor allem wohl durch den letzten Abschnitt des ersten Bandes, der dem Vorwort der Kritik der politischen Defonomie gewidmet ist.

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Kautsky hat viele Polemiken in seinem Leben geführt. Scharfe Schwerter wurden da gekreuzt und viele haben es deshalb an Anerkennung für das wissenschaftliche Lebenswert Kautskys fehlen lassen. Gar viele von diesen werden erkannt haben, daß sie Kautsky nicht gerecht und nicht genügend gewürdigt haben. daß sie sich überhoben haben und Kautsky nicht eingeschätzt haben, wie er es durch viele Werke verdient hat. Nun aber, wo dieses seit Jahrzehnten vorbereitete Werk Es ist schwer, ohne oberflächlich sein zu wollen, ein Wert der wissenschaftliche Lebensinhalt Rautsfys Don 890 Seiten den Lesern in einem Zeitungsartikel nahe zusammengestellt ist, wird wissenschaftliche und politische zu bringen. Man fann nur die Neugierde der Leser Gegnerschaft den Degen vor ihm senken und seine großen reich fließenden Verdienste, nicht für den Sozialismus, sondern auch für die Born dieses Werkes die Bestätigung und Bertiefung deutsche Wissenschaft und für das Verständnis der Wissen­dessen zu holen, was ihnen der Sozialismus zur schaft unter dem Proletariat anerkennen müssen. Welt- und Lebensanschauung zur Erklärung des Ber - Auch der zweite und abschließende Band von Kautskys gangenen und zur Einsicht in die Entwicklung machte. Man wird staunen, nicht über die Menge des Wissens, das in dem Werke niedergelegt ist, sondern auch über die tiefe Einsicht in die Entwicklung der Menschheit. Auf eine ganze Reihe

seizingen. veranlassen, aus dem

Ma erialistischer Geschichtsauffassung", der den Staat und die Entwicklung der Menschheit behandelt und in noch höherem Maße unser Interesse gefangen nimmt, wird in diesen Wochen erscheinen.

Zentrum und Demokraten gegen Schacht.

nikt etwa eine Borbetingung zur Angehörigkeit zur Sozialdemo Die Aussprache über die sozialdemokratische Reichstagsinterpellation zur

fratischen Partei sein, diese Partei muß jedem offen sein, der den Breiungskampf des Proletariats, den Kampf gegen jegliche Unter­drückung und Ausbeutung mitkämpfen will, wie immer er dieses Wollen theoretisch begründen mag, ob materialistisch oder fantianisch oder christlich oder sonstwie."

Aus diesen letzten Sägen spricht die Weisheit des Alters, des Alters, in dem die begeisterte Kampfesfreude für den Sozialismus fo lebendig ist, wie sie je war, die aber Unduld­famkeit und Orthodorie längst überwunden hat. Kautsky ffeht mit uns, trogdem er die Türen weit öffnet für jeden, der guten Willens ist, innerhalb der Sozialdemokratie zu wirken, noch immer auf der Ueberzeugung, daß die frucht barste und erfolgreichste Methode, den Be­freiungskampf des Proletarials zu führen und siegreich zu beenden, die materialistische Geschichtsauffassung ist

Wir wissen, wie viele in unseren Reben und außerhalb unserer Reihen nur zu oberflächlich von der materialistischen Geschichtsauffassung reden, sie mit und auch ohne Willen umdeuten und ihr dies und jenes, was mit ihr durchaus nicht im Zusammenhang steht, unterschieben und an ihr deuten. Wie jede große Theorie der Philosophie und der Geschichte, so ist auch die materialistische Geschichtsauffassung sowohl vom Bulgarmarristen wie vom bürgerlichen Dekonomen auf ein paar Schlagworte gebracht worden. Das große Werf von Karl Kautsky , das die Frucht eines langen wissenschaftlichen Lebens und Forschens ist, wird das in künftigen Zeiten erschweren, hoffentlich unmöglich machen. In nicht viel weniger als zweitausend Seiten zeigt uns Kautsky , was die materialistische Geschichtsauffassung ist, welch mannigfache Zusammenhänge sie mit zahlreichen Wissenschaften und vielen Forschungsergebnissen hat. Wer dieses große Wert, bevor er an sein Studium gegangen ist, zur Orientierung nur durchgeblättert hat, der wird erkennen, welches ausgebreitetes Wissen Kautsky eigen ist, wie er eine in ihrer Fülle schwer übersehbare Literatur beherrscht und wie er aus diesen vielen Zusammenhängen den Nachweis für die Richtigkeit dieser großen Theorie erbringt.

Das erste Buch des ersten Bandes ist rein philosophisch Es handelt vom Wesen der materialistischen Geschichtsauf fassung, vom Materialismus und Idealismus, von Gottes­glauben und E.hit, in einem besonders großen Abschnitt von Kant, von Theorie und Praxis und von Dialektik. Wenn Kautsky sicherlich als Philosoph zu den Geschichtsphilosophen

Wirtschaftspolitik.

Aussprache wirtschaftliche Erschütterungen von dieser Art leicht ver­mieden werden könnten.

Gestern überwies der Reichstag, der um 15 1hr begann, I aussperrung meint der Redner schließlich, daß durch eine rechtzeitige zunächst den Entwurf eines Kraftfahrzeugsteuergesetzes dem Steuer tratischen Interpellation über die Wirtschafts­ausschuß. Dann sezt das Haus die Beratung der sozialdemo= politik der Reichsregierung fort.

Abg. Cammers( 3.): Die deutsche Wirtschaft kann auf Aus­landsanleihen noch nicht verzichten, da wohl der Produktionsumfang der Borkriegszeit wieder erreicht fel, aber noch ein starter kapi set, talmangel herrsche. Die Ursache der Passivität der Handelsbilanz fei in der großen Einfuhr von Lebensmitteln zu suchen.

Mit Zöllen allein könne der bedenkliche Zustand der Landwirt. schaft nicht beseitigt werden,

dauernde Besserung fet nur durch Förderung der landwirtschaftlichen Produttivitat zu erreichen. Die Genrer Weltwirtschafts fonferenz habe tlar gezeigt, wie gefährlich neue Maßnahmen wirken. die in der Richtung eines verstärkten Protektionismus liegen. Der Preisindex dürfe nicht gleichzeitig mit dem Lohninder in die Höhe gehen, sonst würden wir auf dem Weltmarkt konkurrenz­unfähig werden. Es sei geradezu Landesverrat, we m man jezt von einer neuen Inflation spreche und dazu geraten werde, Sachwerte" zu laufen.

Jede weitere Steigerung des Preisniveaus müsse zu den schwersten Rückschlägen führen.

Die Rationalisierung habe zwar eine Steigerung der Produktion gebracht, aber es bestehe die Gefahr, daß die Mehrerzeugung nur unter größten Schwierigkeiten abgesetzt werden könne. für das mittelständerische Unternehmertum müssen die Genossen­schaften die Aufgabe der Rationalisierung und der Produktionsförde­rung übernehmen, die für die Induſtrie den Kartellen obliegen. Der Reichswirtschaftsminister müsse mit den leitenden Männern der wirtschaft enger als bisher zufammenarbeiten. Wenn die Kartelle die Produktionsförderung nicht durchführen könnten, dann müsse das Reich eingreifen. Allerdings sollten alle Zwangsmethoden möglichst unterlassen werden. Der Redner verlangte dann, daß man bei den Auslandskrediten der Gemeinden den Rahmen für die produktive Verwendung nicht so eng ziehen dürfe, und er bezeichnete die Auseinandersetzungen, wie sie mit dem Reparations möglich te it. Wenn die verantwortlichen Männer es nicht fertig agenten geführt worden sind, als eine wirtschaftliche Un­bringen, ihre Gegensäge im kleineren Kreis untereinander aus­zugleichen, dann erfüllen sie nicht ihre Pflicht. Die Reichsregierung müsse alle Mittel anwenden, um die Diskussion über diese Frage zu beenden. Unter Hinweis auf die Tabatarbeiter.

faffungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur. Bon privat­Abg. Dauch( D. Bp.) wendet sich gegen die pessimistischen Auf­wirtschaftlicher Seite fei feine Gefahr zu erwarten, höchstens von finanzpolitischer Seite, besonders von der Finanzpolitik der öffentlichen Hand. Der Dawes- Plan funktioniere feines wegs fo, wie die Sachverständigen es angenommen hätten. Die Spareinlagen tönnten nicht als tatsächlicher Zuwachs zum Volksvermögen betrachtet werden, man müsse auch die Berschul­dung an das Ausland beachten. Die unbedingt notwendige Kapitalneubildung sei nur durch Beschränkung der Auf­gaben und Ausgaben der öffentlichen Hand zu er­In der sozialen Gefehgebung müffe eine Atempause ein­treten, auch in der Cohnpolitit folle man jetzt etwas auf der Stelle Gemeinden auch vor Verallgemeinerungen hüten müsse, so lebe doch freten. Wenn man sich bei der Beurteilung der Finanzpolitik der aber zweifellos ein großer Teil von ihnen über ihre Verhältnisse. Man müsse dem Irrglauben entgegentreten, als ob wir ein reiches Bolt seien. Es gebe kein anderes Mittel, um wieder auf die Höhe zu kommen, als fleißige Arbeit und eiserne Sparsamkeit. Bei den Schlußausführungen wird dem Redner der Volkspartei von der Linken zugerufen: Machen Sie den Anfang, gehen Sie mit gutem Beispiel voran!

reichen.

Abg. Dernburg ( Dem.): Die Ausführungen des Abg. Dauch fönnen nur dazu beitragen, das Vertrauen des Aus­landes zu der deutschen Wirtschaft zu untergraben. Jetzt sei allerdings die fühlbare Erschütterung des deutschen Gesamt­kredits im Auslande erfreulicherweise wieder in der Abnahme be­griffen. Für die Zukunft müßten derartige Erschütterungen ver­mieden werden. Die Vorschriften des Dawes- Planes gäben feine Möglichkeit für eine Einwirkung auf die deutschen Finanzen, wie sie der Reparationsagent versucht habe. Einzelnen Bemerkungen Barter Gilberts fönne man freilich zustimmen. Große Aufmerf famkeit verlange das bedenkliche Anschwellen der Zahlen im deutschen Haushalt.

Die Errichtung von Curusbauten sei immer noch zweckmäßiger, als die zahllosen Erwerbslosen mit öffentlicher Unterstützung auf der Gaffe zu lassen.

Im übrigen seien Zweifel an der Güte der deutschen Kommunal­anleihen nicht berechtigt. Sie könnten auch die Aufbringung der Leistungen für das Dawes Abkommen nicht beeinträchtigen. Die Reichsregierung nehme bei ihrer Steuer- und Sozial­

SALAMANDER

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EIN HERVORRAGENDES BEISPIEL FUR

QUALITAT

MARKE

PASSFORM

AMAND ELEGANZ