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Morgenausgabe

πr. 610

A 310

44. Jahrgang

Böchentlich 10 Brennig, sale 3. Reichsmart. im noraus zahlbar Unter Streifbanb un In und Aus lamb 5.50 Reichsmart arp tonat

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Dienstag 27. Dezember 1927

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf..

Die etalpeitige Ronpareiflegefle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgedruckte Borte), jebes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengesuche bas erfte Wort 15 Bfennig, jedes weitere Wars 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben Bahlen für zwei Borte. Arbeitsmartt Beile 60 Bfennig. Familianzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen­annahme im Hauptgeschäft Linden ftraße 3, wochentagl. von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Safonoff gestorben.

Rußlands Außenminifter beim Kriegsausbruch.

Paris , 26. Dezember.

Der ehemalige russische Minister für auswärtige Angelegen­heiten, Sergei Dimitriewitsch Safonoff, ist in der ver­gangenen Nacht in Nizza , wo er sich seit einigen Tagen aufhielt, plöhlich einem Herzschlag erlegen. Safonoff, der ein Alter von 67 Jahren erreicht hat, war als Nachfolger 3swolffis von 1910 bis zu feinem Rücktritt im Jahre 1916 Leiter des russischen Ministeriums des Aeußern. Seit der russischen Revolution lebte er meist in Frankreich

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Sergel D. Safonoff wurde am 29. Juli 1860 im Gou vernement Rjäsan geboren. Nach dem Studium trat er 1883 in die Kanzlei des Petersburger Auswärtigen Amts ein, wurde 1887 erster Sekretär, 1890 Botschaftssekretär der Ge­sandtschaft am Batikan und war 1904 bis 1906 Botschaftsrat in London . 1906 fehrte er als Ministerresident wieder an den Vatikan zurück und schien dort zu nichts größerem bes rufen, als ihn sein Schwager Stolypin 1909 als ersten Ge hilfen 3s wolitis nach Sankt Petersburg berief. Als dann Iswolffi nach Paris ging, wurde Safonoff anfangs Oftober 1910 fein Nachfolger als Minister des Auswärtigen. Iswolffi behielt als russischer Botschafter in Parts die Fäden der russischen Bolitik in der Hand. Er betrieb als Mann der Kriegspartet die zur Entente führende Politit. Safonoff bemühte sich ihm gegenüber, eine ruhige, in den Bahnen der Verständigung wandelnde Bolitit purchzusehen.

Zur Zeit des Balfantrieges 1912 gelang es ihnt, fich gegenüber Jsmolsti und der Kriegspartei durchzusehen. 3smoliti und Poincaré versuchten, in Petersburg gegen Defterreich scharf zu machen, Safonoff jedoch winkte ab. Er hielt mit den übrigen Großmächten firenge Neutralität, fonnte jedoch nicht perhindern, daß sich das Verhältnis zu Desterreich verschlechterte.

In den österreichisch- serbischen 3mistigkeiten stand er ent­schieden auf der Seite Serbiens . Serbien vor 3erstüdelung zu schützen, war Anfang und Ende seiner Politit.

Weihnachtsaktion der Elsaßpolizei.

Großrazzia auf Autonomisten.

Paris , 25. Dezember.

Wie der Temps" meldet, find Sonnabend früh in den Departements Oberrhein , Niederrhein und Mosel die verfügbaren Polizeifräfte mobil gemacht worden, um etwa 60 Haussuchungen in Mülhausen , Kolmar , Straßburg nud Metz vorzunehmen. U. a. bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Sapard". Gesellschaft. der Frankenfenfung vor­geworfen wird, dem ehemaligen Abg. Brogly in Mülhausen , bei dem Autonomistenführer Redakteur Stümet, bei Roffé und in der Redaffion des Kurier" in Solmar, in der Druckerei des 21jatia verlages und in den Bureaus der fommunisti. schen humanité" in Straßburg und Met sowie bei ihren Korrespondenten in Mülhaufen und Kolmar , ferner bei dem 2schi­tetien Sigrivet, dem Maler Solvein, in den Redaktions­räumen ber 3ukunft und in der Druderei des Abbé Faß­hauer in Straßburg , bei dem Abbé Brind in Saargemünd , einem Bruder des nach Deutschland geflohenen Straßburger Ban­fiers Prind, und beim ehemaligen Geschäftsführer der Bolks­ffimme", Dumjer, fowie schließlich bei dem Autonomiffenführer und Gemeindejekretär& eppi in Hagenau .

Autonomisten und Bolschewisten.

Paris , 25. Dezember.

Die im Rahmen der großen Ation gegen die Autonomisten in verschiedenen Orten des Elsaß vorgenommene Haussuchung in den

Bureauräumen der kommunistisdyen Zeitung Sumanité" in Mezz hat, wie Havas berichtet, hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Kommunisten und den Autonomisten nur Ergebnisse von geringer Bedeutung gehabt. Sie habe jedoch die Bermutungen bestätigt, daß zwischen der kommunistischen Organisation in Mez und den Bol­schemisten eine enge Fühlung besteht.( Man beachte: erst ge ringe Bedeutung", dann enge Berbindung". Ergebnis: Spitzet behauptung! Red. d. B.")

Ausländisches Geld?

Paris , 25. Dezember. Temps" läßt sich aus Kolmar melden, es ergebe sich aus den bei den Haussuchungen vorgefundenen Schriftstücken, daß mehr als 95 Broz. der Gelder der elsässischen Verlagsgesellschaft Erwinia" und der fürzlich verbotenen Zeitung Die Boltsstimme" auss ländischer Herkunft felen.

Spionageverhaffungen in Bersailles.

Paris , 26. Dezember.

Unter dem Verdacht der Spionage wurde in Versailles eius Druder und ein Artilleriesolbat verhaftet. Ihre Festa nahme erfolgte im Berlauf der Ermittlungen in Sachen Lemaire und Genossen, die geheimzuhaltende militärische Dokumente per tauft haben sollen und Ende November zusammen mit den Steuer rendanten Ronggres perhaftet wurden.

Der franzöfifche Wahlparteitag.

Zur Entscheidung der Wahltaktik heute zusammengetreten.

Paris , 26. Dezember.( Eigenbericht.)

Bom 26. bis 29. Dezember tagt in Paris der Sozialistische Parteitag, der das Brogramm und die Taffik für die kom­menben Bahlen festlegen soll. Ursprünglich war die Ausarbeitung Auge gefaßt, wobei das von der deutschen und der deutschösterreichi cines den neuen Umständen angepaßten Gesamtprogramms ins

Er mar fein ausgesprochener Kriegshezer wie Iswolski - aber ber Situation von 1914 stand er hilflos gegenüber. Die zum Kriege treibende Militärpartei mar stärfer als er. Als ihn am 30. Juli 1914 der deutsche Gesandte in Petersburg auf die Notwendigkeit eines Kompromisses hin­wies, forderte er den Verzicht Desterreichs auf die Punkte des Ultimatums an Serbien , die den Souveränitätsrechten Serbiens zu nahe traten. Er erflärte, er fönne nicht weitergefähr einem Jahr wurde beshalb eine Brogrammfommission er entgegentommen, ohne das Leben des 3aren zu ge­fährden.

In dieser Erklärung lag die Kapitulation vor der Militär­partei, fie enthält zugleich die beste Charakteristik seiner Politit. Er wollte eine Politik der Klugheit gegenüber den hemmungslosen Kriegshegern vertreten, aber er war 34 zu schwach, um sich durchzusezen.

Die neuesten Veröffentlichungen, darunter seine eigenen Memoiren, zeigen ihn in der Reihe der gemäßigteren Staats­männer, deren Schuld in ihrer Schwäche liegt.

Safonoff galt in Deutschland lange Zeit als Kriegstreiber Dom Schlage Jswolfti. Ein abschließendes Urteil über seine Rolle beim Ausbruch des Weltkrieges ist auch heute noch nicht möglich.

Bittere Weihnachten! 150000 nordamerikanische Kohlengräber im Abwehrkamp In den Unionstaaten Ohio , Pennsylvania und Best- Birginia stehen seit dem 1. April d. 3. über 150 000 Bergleute im Ab­wehrkampf gegen den Berfuch des Grubenkapitals, ihnen die Löhne herabzudrücken und den Verzicht auf die Gewerkschaftsorganisation aufzunötigen. Die Gerichte haben furz vor Weihnachten entschieden, daß die Ausbeutergesellschaft berechtigt jet, jetzt mitten im Winter die Arbeiter aus den Wertwohnungen zu vertreiben und die den Arbeitern auf Kredit gelieferte Einrichtung zu verkaufen. Die Bertreibung wurde auch in Angriff genommen, mehrere tausend Familien bewohnen bereits in der Winterkälte Zelte, die ber Bergarbeiterverband beschafft hat.

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Die Frauen der Kämpfer haben sich an die Staatsgouverneure und die Gewerkschaften gewendet, damit die Bertreibung und der Einrichtungsverkauf verhindert werden. Die Gewerkschaften und die Arbeiterpreffe haben zu Weihnachten Sammlungen für die Familien der Kohlengräber veranstaltet.

Blutige Weihnachten in Süd- Pittsburg.

New Yort, 26. Dezember. In Süd- Pittsburg( Tennessee ) tam es heute zu blutigen 3u fammenstößen zwischen demonstrierenden Arbeitern und Polizisten Die Polizei holte militärische Hilfe heran. Das Militär madyte von der Schußwaffe Gebrauch. Es gab sechs Zote und 20 Berwundete.

Sozialdemokratie gegebene Beispiel vorschwebte. Bor un­nannt, aber zur Fertigstellung eines neuen Programmentwurfs ist es aus verschiebenen Gründen nicht gefommen. Schließlich hat der Parteivorstand einzelne Mitglieder der Kommission ersucht, wenig stens eine Reihe von Spezialberichten" abzufassen und Léon Blum zu beauftragen, dieses Material zusammenzufassen und als Artikel im Populaire" zu veröffentlichen. Dieser Aufgabe hat sich Léon Blum unterzogen, wobei er ausdrücklich hervorgehoben hat, daß es fich feineswegs um einen endgültigen Programmentwurf handle, sondern nur um Rohstoff für die Distuffion innerhalb der Partei.

Der Berlauf der Bezirkskongreffe hat gezeigt, daß die Partei­mitgliedschaft auf eine gründliche Prüfung der programmatischen Grundsäße nicht vorbereitet war. Fast ausnahmslos hat sie sich be. gnügt, Fragen zu diskutieren, die im unmittelbaren Bordergrund der kommenden Wahlen stehen: vor allem die der Sapitals abgabe, die 1924 eine der wesentlichsten Forderungen der Partei bildete. Eine Reihe führender Mitglieder, die als Finanzspezialisten gelten, wie Bincent Auriol. der Abgeordnete von Toulouse Be­bouce, der Bertreter Savoyens Brofeffor Antonelli, der Direktor der französischen Genossenschaftsbank Gaston Levy, sind der Ansicht, daß die Umstände sich wesentlich geändert haben, jo daß die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der Forderung einer Kapi­talsabgabe heute thren 3med verfehlen und die Bartei in poli tischer Hinsicht belasten würde.

Biele Förderationen haben überhaupt darauf verzichtet, ihren Standpunkt in dieser Frage genau zu präzisieren, und ließen ihren Delegierten zum Kongreß Abstimmungsfreiheit. Die übrigen haben sich, wie die Mehrheit der Seineföderation und die Nord­föderation, für das Prinzip der Kapitalsabgabe" ausgesprochen, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Einstimmig haben sich die Bezirksorganisationen für die sofortige gefeßliche Stab: lisierung des Franten ausgesprochen und es herrschen mohl auch feinerlei Meinungsverschiedenheiten darüber, daß die Stabili fierung zum gegenwärtigen Kurs erfolgen soll, wie es Léon Blum in einer Artikelferie gefordert hat, die starkes Aufsehen erregte.

fonnte, wenn sie nicht eine sofortige Ministerkrise provozieren wollte), als zur Kommunistischen Bartei( die gegenwärtig, den ausbrück­lichen Befehlen entsprechend. die Abg. Vailland- Coutourier aus Moskau zurückgebracht hat, gründlich mit der inneren Opposition" aufräumt) präzisiert werden wird.

1924 hatte der Marseiller Kongres beschlossen, das Kartell zwischen der Sozialistischen und der Radikalen Partei im einzigen Wahlgang, den das damals gültige Wahlgejek vorjah, zu ermög lidhen. 1928 stellt sich diese Frage auf Grund der Wiedereinführung des Kreiswahlrechts mit zwet Wahlgängen anders. Niemand in der Bartei hat die Forderung erhoben, daß auch diesmal wieder etwa eine Gesamtverständigung zwischen den Sozialisten und einer anderen Linkspartei für den ersten Gang erfolgt. Ausnahmslos haben sich sämtliche Richtungen für eine selbständiges Borgehen der Partei im ersten Gang ausgesprochen. Was den zweiten Seng betrifft, fo steht heute schon feft, daß sich die erdrückende Mehrheit auf dem Kongres für eine Resolution aussprechen wird,

die die

Herbeiführung der Niederlage der reaffionären Kandidaten zur Hauptaufgabe der Partei

macht, wobei den einzelnen Föderationen insofern Bewegungs­freiheit gelassen werden wird, als es ihrem Urteil vorbehalten bleis ben soll, je nach der besonderen Berhältnissen in den verschiedenen Wahlkreifen sich zugunsten des Radikaljozialen oder des Kommu nisten zurückzuziehen, wenn der sozialistische Kandidat nicht an erster Stelle unter den Linkskandidaten steht. Nur eine ganz verschwindende Minderheit wird sich für die von der Maurin. Gruppe( auf der gegenwärtig der schwerste Verdacht lastet, einen im Golbe Mostaus ftehenden Führer" zu haben) vorgeschlagene Taktik aussprechen, im zweiten Gang ausschließlich mit den Kommunisten eine Berſtändi gung zu suchen. Auch Brade und 3yromski haben diese Tattik abgelehnt. Ein offizieller, von der kommunistischen Parteileitung an den sozialistischen Parteivorstand gerichteter Einheitsfront"-Borschlag ist ohne weitere Diskussion ins Archiv gelegt worden und wird auf dem Kongreß dasselbe Schicksal' erleiden.

Der

Renaudel und einige seiner Freunde( nicht alle) hätten gemm gesehen, daß die Partei sich noch vor den Wahlen mit den Rabital­lozialen über ein eventuelles Regierungsprogramm ständigte, während andere, die ebenfalls fordern, daß die Partei, wenn die Wahlen der Linken den Sieg geben, sich an der Regierung beteiligen soll, wie Auriol und Grumbach, der Ansicht sind, daß zurzeit eine prinzipielle Bereitschaftserklärung der Partei notwendig fei, eventuell mit den Radikalfozialen zusammen ein Kabinett zu bilden. Léon Blum ist nach wie vor Gegner der Regierungsbeteili gung, hält es aber für falsch. diese Frage schon auf dem Weihnachtse fongreß zu besprechen oder gar Befchlüffe darüber zu faffen.

Auf dem Kongreß wird es über die Finanzfragen wohl zu einer größeren Aussprache Commen; man wird sich wahrscheinlich auf eine Kompromißformel einigen. Wichtiger aber noch als die Diskussion über die einzelnen Punkte des Bahlprogramms verspricht die Debatte über die Zattit der Partet zu werden, in deren Ber­Baris, 26. Dezember.( Eigenbetithyt.) fauf fomohl das Verhältnis zur Rabitalfozialen Bartel( ble auf ihrem jüngsten Pariser Kongreß zweifellos eine Schwenkung nad) Heute ist der Parteitag eröffnet worden. Aus dem Bericht des links machte, der die Kammerfraktion nicht folgte und nicht folgen| Generalsekretärs Faure geht hervor, daß die Partei seit dem Kon­

Das Bachstum der Partei.