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Abendausgabe

Nr. 6

B3

45. Jahrgang

Böchentlich 70 Pfennig. monatlich 3.- Reichsmart im voraus zahlbar. Unter Streifband im In- und Aus land 5.50 Reichsmart pro Monat

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Det Borwärts mu det illuftrier ten Sonntagsbeilage Bolt und Zeit fowie den Beilagen Unterhaltung und Wiffen" Aus der Filmwelt", Stadtbeilage Frauenftimme

" Der Kinderfreund"-Jugend- Bor­wärts" Blid in die Büchermelt, Kulturarbeit". und Technik

erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch

4. Januar 1928

10 Pfennig

le esRipelatge Ronpareillezetle 80 Brenntg Reflamezetle 5- Reichs mart Aleine Anzeigen das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwei tettgedrudte Borte). jebes mettere Bort 12 Biennig Stellengefuche das erste Bort 15 Biennig jedes weitere Wort 10 Pfennig Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte Arbeitsmark Zeile 60 Pfennig Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen. annahme im Hauptgeschäft Linden Straße 3, wochentagl von 8 bis 17 Uhr

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Der ungarische Waffenschwindel.

Erwägungen der Kleinen Entente .

Prag . 4. Januar. Ter in Szent Gotthard aufgedeckte Schmuggel mit Maschinengewehren hat, dem Prager Tageblatt" zu­folge, einen Meinungsaustausch zwischen den Staaten der kleinen Entente zur Folge gehabt. Wie das Blatt erfährt, wartet die tschechoslowakische Regierung erst das Eintreffen genauerer Nachrichten ab, um sich ihr definitives Urteil zu bilden und ihre Schlüsse zu ziehen. Die Angelegenheit bildet den Gegen stand der größten Aufmerksamkeit der Regie­rung. Es wird dem Blatte erklärt, daß die Sache erusten Charakter trage, da es zum erstenmal ge Iungen sei, sozusagen den Täter in flagranti au er­tappen, obwohl schon einigemale ähnliche Nachrichten durch die Presse gegangen seien.

Der neueste Budapester Schwindel.

Aus Budapest meldet WEB.- und zwar, ohne durch Hinweis auf die Quelle sich gegen die Möglichkeit zu decken, einer Beihilfe geziehen werden zu können, auf dem Fracht brief für die 591 Riften Maschinengewehre stehe tíar und deutlich als Zielstation Warschau und als Leitvermert, lleher Slowakisch- Neustadt ohne Umladen nach Barschau", Damit glaubt die Budapester Regierung sich reinzuwaschen, reitet sich aber nur noch fiefer in die Tinte hinein, indem sie so offen zeigt, wieviel ihr an der Berwischung und Verdunkelung Des Tatbestandes gelegen ist.­

Der tatsächliche Rechtszustand ist nämlich der, daß Ungarn laut Frieden von Trianon Waffen überhaupt nicht ein

führen darf. Um dieses Verbot zu umgehen, ließ man die italienische M.- G.- Sendung zum Schein nach Warschau adressieren, selbstverständlich mur, um sie rechtzeitig auf unga rischem Boden anzuhalten und den Bestellern oder Beziehern, Käufern oder Beschenkten zu übergeben. Die Adressierung nach Warschau war nur ein ganz gemeiner Schmugglertrid. Unterwegs in Deutschösterreich erregte die Sendung nicht Argwohn warum sollte Polen nicht Maschinen aus Italien auf dem kürzesten Wege, über Deutschösterreich und Ungarn beziehen? Erst durch die Stichprobe des gewiffenhaften deutschösterreichischen Zollbeamten in Szent Gotthard- be­dauerlicherweise ist diese Stichprobe erst auf ungarischem Bo­den vorgenommen worden tam der Schmuggelschwindel auf und mun führte ihn Ungarn mit Waffengewalt durch. Was für ein Interesse hätte es daran gehabt, eine Sendung für Polen so brutal vor vollberechtigter Zurüd­haltung zu bewahren?!

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Vernunft wird Unsinn.

Folgen der Reklame des Staatsgerichtshofs für die Splitterparteien.

Der Landtag von Medienburg- Strelit ist auf Grund Die der Entscheidung des Staatsgerichtshofs aufgelöst worden. Listen für die kommende Bahl angemeldet! Das Ländchen, das Folgen: es haben fünf neue Splitterparteien ihre fich diesen Lurus gestattet das Reich muß ja zahlen-- hat 110 000 Einwohner. Dafür ein Ministerium, einen Landtag und 14 Bartelen! Jedem Kegelklub und jedem Stammtisch; seine Bartei! 14 Parteien! Jedem Kegelklub und jedem Stammtisch seine Partei! Ihr Wahlaufruf zu den kommenden Reichstagswahlen ist bereiis In München ist eine neue Splitterpartei gegründet worden. erschienen. Sie nennt sich. Bar- Partei. Der Name hat nichts mit Bargeld, aber auch nichts mit einem Ausschant spirituöser Ge tränke zu tun, er ist die Abkürzung für eine Beamten, Angestell ten und Rentner- Partei. Jeder deutsche Staatsbürger fann fid) von dieser Partei als Reichstagstandidat aufstellen laffen.

er nominiert zu werden wünscht, hat bei dieser Partei ein Ge fuch einzureichen. Dem Gesuch muß beiliegen: das letzte Schyl­zeugnis, ein Lebenslauf, ein Lichtbild, ein ärztliches Zeugnis über, den Gesundheitszustand und ein freigemachter Briefumschlag für die Rücksendung.

Es sind geschäftstüchtige Leute, diese Herren von der Bar­und die Nuzanwendung aus der letzten Entscheidung des Staatsgerichtshofes über die Splitterparteten. ziehen. Eine größere Satire gegen diese Entscheidung als diese

Für Polen besteht natürlich nicht die geringste Notwen­digkeit, Maschinengewehre unter falscher Deklaration zu be- Partei, die auf die Eitelkeit ihree lieben Mitmenschen spekulieren ziehen, denn es darf so ist mun mal der tatsächliche Rechts"- zustand so viel M.-G. haben, als es will; das freundliche Berlangen noch der Durchfuhrerlaubnis hätte die Bundesre gierung in Wien , schon gar die Seipelsche, ganz gewiß nicht Münchener Neugründung ist nicht denkbar! abgelehnt vielleicht nicht einmal zur Erlangung irgend welcher billigen Gegenleistung benutzt.

Bemerkenswert ist auch, daß die Budapester auf die Sache mit Warschau erst jetzt gekommen sind, da offenbar der erste Schwindel mit der Adreffierung in die Slowakei gar zu große Heiterfeit erzielt hatte.

Nicaragua - besetztes Gebiet.

3mmer mehr Uniontruppen gegen General Sandino entsandt!

Washington , 4. Januar. Das Kabinett hat unter Vorsitz des Präsidenten Coolidge die Entsendung weiterer Marinetruppen nach Nikaragua beschlossen.

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Man rechnet mit neuen größeren Schwierigkeiten in Nikaragua Man vermutet, daß General Sandino von Merito unterstützt wird, und befürchtet, daß die öffentliche Mei­

19051

KANADA

GROSSER

VEREIN

STAATEN

VON AMERIKA

CCEAN

MEXICO

CATLANT

OCEAN

ENICARAGUA

SUD­AMERIKA

Zu Amerikas Eingriff in Nicaragua .

nung Mittelameritas start für General Sandino eintreten werde. Dies wäre Washington besonders deswegen unangenehm, weil da. mit die beabsichtigte Wirkung des Lindbergh Fluges nach Mittelamerita aufgehoben würde und weil demnächst die pan ameritanische Konferenz beginnt, die Coolidge zu be suchen beabsichtigt. Auf dieser Tagung werden aber nicht nur Ver­treter der Regierung, sondern auch der Opposition von Rifa ragua erwartet.

Weitere offiziöse Washingtoner Meldungen besagen: Die Stärke der Uniontruppen in Nifaragua wird nach dem Eintreffen der Ber­stärkungen 25 000 Mann betragen.

Im Staatsdepartement wurde erklärt, weitere Marinefoldaten mürben nach Rifaragua entfandt, um mit der nifaraguanischen Gen Darmerie zur Wahrung der Ordnung zusammenzuwirken,

damit freie Wahlen gesichert werden. Die Washingtoner Regierung sei hierbei nur von dem Geist der Freundschaft und Hilfs bereitschaft für Nikaragua geleitet. Die schwierige Lage, in der sich ein Teil der nordamerikanischen Besatzungstruppen in Nikaragua zurzeit befindet, und

die sehr deutlichen Zeichen des Unwillens unter den Kongreß­mitgliedern

über die kürzlich erlittene Schlappe, bei der mehrere nordamerika -, nische Seesoldaten getötet oder schwer verwundet wurden, veranlaßte die Regierung zur sofortigen Entsendung größerer Verstärkungen. Man war in hiesigen Regierungsfreifen sehr peinlich über­rascht durch die Nachrichten von diesem Rückschlag und dem Wiederaufleben der Aufstandsbewegung, besonders da der Kongreß übermorgen wieder zusammentritt und die Ansichten darüber geteilt sind, ob die Anwesenheit von Unionstruppen in Ni­faragua überhaupt zwed mäßig sei. Auch die Anhänger der Regierungspolitik find unangenehm berührt durch die Hiobspoft. Die Regierung wird daher alles daran setzen, die Scharte auszu­weßen und die Aufständischen unter Sandino baldigit gefangen zu nehmen oder zu zersprengen. Der Sprecher im Repräsentanten­haus, Longworth , gab dem Wunsche Ausdruck, daß die Lage in Nikaragua nun endlich bereinigt werde, während Senator Wheeler und andere einen besseren Schutz der Unionsbürger verlangten. Man erwartet daher eine

Debatte über diese Angelegenheit im Plenum des Senats, obwohl allgemein zugegeben wird, daß zur Erhaltung ihres Prestiges die Regierung der Vereinigten Staaten gegenwärtig nicht anders handeln kann, als den Aufstand zu unterbrüden. Eine Zurückziehung der amerikanischen Truppen wird auch von der Opposition nicht befürwortet.

250 Personen erfrunken. Dampfertatastrophe im Schwarzen Meer.

Bukarest , 4. Januar.

Nach Meldungen aus Constanza geriet der russi sche Personendampfer ,, Ogoza" auf der Reise zwischen Nikolajewsk und Noworossijst in einen hefti gen Sturm. Der Dampfer wurde leck und ging innerhalb kurzer Zeit unter. Eine Rettungs aktion war infolge des schnellen Sinkens des Dampfers unmöglich. 250 Passagiere fanden den Tod in den Wellen, darunter eine Gruppe von 50 Schülern.

Folgen des Reichsgerichtsurteils. Neue Klagen der Splitterparteien in Hessen .

Darmstadt , 3. Januar .( Eigenbericht.) Die Evangelische Boltsgemeinschaft in Hessen hat nunmehr auch gegen die hessischen Landtagswahlen vom 13. November vorigen Jahres bei dem zuständigen Staatsgerichts­hof Einspruch erhoben. Diese Gemeinschaft, die sich noch nicht als Partei konstituiert hat, stellt in der Begründung ihres Ein­spruchs die fühne Behauptung auf, fie hätte im Falle einer Teil­nahme an der Wahl zwei bis drei Mandate erhalten, und dadurch wäre das Ergebnis der Wahl erheblich geändert worden. Die ,, Boltsrechtspartei" fordert neuerdings von der hessischen. Regierung sogar Schadenersa 3. Sie fordert, daß für die Kosten, die ihr durch die Wahlbeschränkung entstanden sind, der hessische Staat Erfaz leiste.

Das Urteil des hessischen Staatsgerichtshofes über die Gültig­keit der letzten, hessischen Landtagswahl ist voraussichtlich in der letzten Woche des Januar zu erwarten.

Die Minderheitschulen.

Borbildliche Regelung in Südslawien.

Der südslawische Unterrichtsminister hat den für die früher füdungarischen Gebiete bestimmten Erlaß über die Einschulung von Kindern auch für die Obergespan­schaft Laibach, das früher österreichische Krain und Südsteiermark, gültig erklärt. Danach ist für die Natio­nalität nicht mehr der Name oder die Abstammung mah­gebend, sondern die häusliche Umgangssprache und der Wille der Eltern. Weiter ist verfügt, dan in den Schulen in Unterdeutschau und Morabit im Bezirk Gotschee und in Stockenberg im Bezirk Tschernembel deutsche Parallelklassen errichtet werden und die Staatssprache einen Unterrichtsgegenstand zu bilden hat.

Die Furcht der Diftatoren. 3mmer neue Tendenzprozesse.

Rom , 4. Januar. Bor dem außerordentlichen Gericht zur Berteidigung des Staates" beginnt demnächst der Prozeß gegen den fommunistischen Erabgeordneten Losardo und Genossen. Außerdem steht ein Monftreprozeß gegen 40 florentinische Kommunisten bevor, die der Beischwörung gegen den Staat und heimlicher Propaganda beschuldigt werden, darunter der kommunistische Erabg. Damon und zwei Frauen.

Die Gattin Unamunos verhaftet.

Paris , 4. Januar. " Bopulaire" meldet aus Bordeaux , daß die Frau des spanischen liberalen Professors Unamuno an der spanischen Grenze verhaftet worden ist Frau Unamuno hatte sich nach Frankreich begeben, um dort ihren Mann zu besuchen. Bei der Rüdtehr nach Spanien ist sie nun verhaftet worden.