Freitag
6. Januar 1928
Kulturarbeit
Beilage des Borwärts
Zum Gemeinschaftstheater! Materialismus/ Ratholizismus
Von Heinrich Dehmel
den Kampf um das Zeittheater. Politisch Einseitige versuchen diese Bühne zum politischen Zeittheater zu machen. Es nüßt nichts, dagegen mit negativer Kritit und ängstlicher Warnung vorzugehen, sondern es handelt sich darum, den rein politischen Strömungen eine pofitive Gegen forderung und Gegenwirtung entgegenzustellen: Das Gemeinschaftstheater! Was ist unter Gemeinschaftstheater zu verstehen?
Sunächst eine Bemerkung für die alten, ängstlichen Kunstherren und Anbeter der reinen Kunst: Auch das Gemeinschaftstheater ist und soll sein ein Tendenz theater". Es muß immer wieder betont werden, daß jebes starke Drama und jebe lebendige Bühne
Ausdruck einer Weltanschauung
Die fatholische Kirche ist im rheinisch- mestfälischen Industriegebiet in schwieriger Lage. Die Anziehungskraft des Sozialismus auf ihre Gefolgschaft in der Industriearbeiterschaft wird immer be drohlicher.
Grund genug für zahlreiche tatholische Intellektuelle, fid) emfig um die Erhaltung des Kathalizismus zu bemühen. Zu diesem Zwed mi: d selbst versucht, dem Bedrängten Blut vom Körper des SoBialismus zu transfufionieren.
Aber auch außerhalb des Katholizismus gibt es hilfsbereite Leute, die, wenn sie ihm aus nicht direkt neue Lebensträfte zu führen, doch sehr um einer Berständigung zwischen Katholizismus und Sozialismus willen ihre Hände regen. Die Genoffen Geo: a Beyer und Wilhelm Sollmann gehören zu ihnen. Bon dem ersteren erschien foeben im Dieß- Berlag ein Buch zu solchem 3med, das Sollmann in einem erstaunlich oberflächlichen Artikel in Nr. 612 des Vorwärts" anzuloben fich beeilte.
Die schweren feelischen Konflitte der fatholischen Arbeiter und christlichsten( 1) Priester" haben es unseren beiden„ Ethifern" an getan. Ulm jene aus der Seelennot zu befreien, werden die eigenen
Indes, das möchte noch hingehen, dieweil uns Siese Gat tung Margiften"- um mit Beyer zu sprechen längst daran gewöhnt hat. Anders steht aber die Sache, menn wir die Belt anschauung der Katholiten mit zartefter Aufmerksamkeit und einer Ehrfurcht vor dem„ leberweltlichen" behandelt sehen, die nu: durch Berständnislosigkeit und Pietätlosigkeit gegenüber einer Beltan schauung noch überboten wird, die wir Sozialisten mit Fug die unjerige nennen fönnen. Da heißt es: fich wehren. Sehr von oben herab spricht Sollmann von den zufriedenen Nachbetern" eines leicht erwerblichen Shlagwortes" von Bebel , das sie der Pflicht weiteren Nachdenkens" enthebe. Abgesehen von dem Bormurf, der damit gegen Bebel erhoben wird, merken Sollmann und Beyer, der in gleicher Anmaßung von bloßen Marr Nachbetern" spricht, nicht, wie sehr sie zu Nachbetern der übelften Ignoranten werden, wenn sie schreiben, daß August Bebel immer philosophischer Materialist" und Marr und Engels persönlich Anhänger des philosophischen Materialismus" geblieben seien. Vom bialettischen Materialismus sheinen sie nie gehört zu
ist. Und eine Weltanschauung ohne Tendenz, d. h. ohne Richtung, gibt es nicht. So richtet das Gemeinschaftstheater seine Tendenz vor allem gegen den Individualismus, den Heroentult, und richtet ihn auf die Menschen gemeinschaft, das Stollettivum. Und hier fezt unter- Parteigenoffen behandelt, als ob fie feine Stelen hätten. schied und Gegensatz zu der parteipolitischen Bühne, der rein parteiſozialistischen Bühne ein. In der rein politischen Kunstbemühung foll das Kollektivum als Masse zur Geltung tommen. Mtaffe aber ist ungeordnetes und unbewußtes Stollettivum. Ungeordnetes und unbewußtes Wesen fann niemals Gegenstand der Kultur, noch weniger aber Subjeft, d. h. Geftalter der Kultur sein. Unter Ordnung im fulturellen Sinn wird hier nicht die rein zivilisatorische Organisation verstanden. Gesellschaftliche Organisation ist eine äußerliche, zwangsmäßige Bindung, die bei den geringsten inneren Prüfungen und Kämpfen versagt und zerbricht. Echte Kultur und echte Gemeinschaft beruhen auf innerer feelischer Gemeinsamfeit. Darum hat auch die äußere Form einer Theaterkultur jei sie feudal oder bürgerlich oder proletarisch nur sehr wenig zu tun mit dem inneren Gehalt und Wesen des Dramas oder der Aufführung. So fonnte es auch fommen, daß ein großer Teil der tommunistischen Zuschauer im oppla, wir leben!" von Toller Dieses Stüd mit Freude bejahte, obgleich es in seiner Haupt tendenz ausgesprochen unfommunistisch ist, denn der Haupt revolutionär wird nicht aus Klaffenbewußtsein und als Klaffenkämpfer zur Revolution getrieben, sondern durch sein grauenvolles Erlebnis auf dem Schlachtfelde. Also eine rein menfchlidje Tendenz reißt ihn in den revolutionären Kampf, eine seelische Empörung zwingt ihn zum menschlich urberech tigten Aufbegehren.
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Gemeinschaft heißt uns also das innerlich geordnete, einheitlich zielflare, zielstrebige und selbstbewußte Kollettivum, der aus der Masse gezeugte und geborene Organismus einer Werfgemeinsamfeit, eines Bolles und der Menschheit. Organismus! Organisation. Lebewesen! nicht Machmerf.
nicht
Wie aber sieht es damit auf unseren heutigen Bühnen aus? Es sieht dort genau so aus, wie in dem Leben, das diese Bühnen umgibt: Ueberall Gesellschaft, Organisation, 3wang von außen; fast nirgends innere Gemeinschaft, orgas nische Berbundenheit. Wir Revolutionäre aber brauchen vor allem Mut, Ertennen des Wahrhaftigen, freudigen, nicht gehäffigen Rampf gegen alles Machtvolle, das die Wert und Boltsgemeinschaft stört und behindert. Ein solcher Mut foll uns durch das Theater vorgespielt und eingeflößt werden; das wäre ein echtes und fruchtbares Zeittheater. Ein solcher Mut aber soll nicht zu Butschen und äußeren Kämpfen aufrufen, das ist, wo es nötig wird, Sache der politischen Arbeit. Ein solcher Mut soll den inneren Menschen stärfen, ja, es muß gewagt werden, zu sagen: den religiösen Menschen. Ich hoffe, es gibt in unseren Reihen nicht mehr viele, die Religion mit Kirche, Konfession und Dogma verwechseln. Religion heißt nichts anderes als Bindung und Gemeinschaft; wer es meit und fosmisch fassen mill, fage Allgemeinschaft; mem das Engere näher liegt, der fage Menschengemein fáa ft. Aller menschlichen Gemeinschaft teilhaftig ist die feelische Bindung von Mensch zu Mensch. Und diese seelische Bindung von Mensch zu Mensch im organischen Aufbau zusammengeschlossen ist auch das, was wir im Theater
brauchen.
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haben.
Fürsorglich meint Beyer, die katholische Hierarchie babe getan, was ihr möglich sei, wenn sie zwed's thres Einflusses unter der fatholischen Arbeiterschaft den Sozialismus dulde. Leider steht aber selbst er sie dieser Einsicht nicht nahe".
„ Der fatholische Eigentumsbegriff steht noch ratios" vor ge wissen kapitalistischen Erscheinungen. Man dente: trok Hohoff und anderen, vor denen Sollmann und Beyer Purzelbäume der Hochschäßung ihlagen.
| reform zu erflären, von der es anfangs nichts wissen wollte." Doch, was verstand Bebel bavon. Der war ja auch der Meinung:„ Die Kirche fümmert sich aber leiber um die Arbeiter viel zu viel und greina allein, um ite in flap fiber hängigkeit von den Unternehmer zu erhalten." hören wir also den Genoffen Meerfe, der mit Beyer und Golfmann in einer Rebuftion figt. ingehüllt in die verwirrenden Rebel scheinbarer Weltarichauungstämpfe, in seinem Kern nur wenigen der Beteiligten erkennbar, vollzieht sich in schweren Wehen die Klajfenspaltung im Schoße ber Zentrumspartei , die bisher noch alle widerstrebenden Elemente funftvoll zusammenzuhalten mußte und deren frafipoller Weiterbestand fast ein lebendiges Beispiel gegen die materialistische Geschichtsauffassung zu feint scheint."( 3. Meerfeld : Der Krieg der Frommen.)
Bon der materialistischen Geschichtsauffaffung hält Beyer freilich nicht viel. Er nennt fie verächtlich den immer passenden Sauberschlüssel", den der alte Marrismus für viele seiner Anhänger bereit hielt. Doch schlechter fommen noch die eigenen Parteigenossen bei Bener weg.
Mit Sozialpolitit, gewerffchaftlichen Errungenschaften und Genofienfchaften, mit der Erfüllung materieller Forderungen ftebelte sich im fozialistischen Lager eine bestimmte Gattung von Spießbürgern an, deren Ueberzeugungsbedürfnisse durch die Bilder von Bebel und Liebknecht über dem Blüsd sofa befriedigt wurden. Ueberalterungserscheinungen, Dentbequemlichkeiten, illusionäre Geborgenheit waren die Begleiter... Lote Seelen" nannten sich noch Sozialisten und beriefen sich auf Marr, der vor ihnen nur noch als eine Kulisse stand." Das ist so Beyers Methode zur Berständigung zwischen Ratholizismus und Sozialismus. Hendrik de Man scheint ausnahmsweise einmal recht zu haben, wenn er schreibt, daß diese Methode zu reaktionären Folgen führt, wie denn jeder gefühlsmäßige Extremismus, dem es einem neuen geistigen Auscangspunkt fehlt, am Ende stets nur darauf hinausläuft, die Mängel der Alten zu über. steigern".( Die Tat, 19. Jahrg.)
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Sollmann schreibt, daß die katholischen Sozialradikalen und Sozialisten(!)" wegen des philosophischen Materialismus nicht zur Sozialdemokratie tommen tönnen. Das ist aber lediglich ein Manoel bei ihnen und im übrigen die Schuld derer die sie belügen. Geistige Grundlage der Sozialdemokratie ist deren Brogramm, das jeden nach seiner Faffon selig werden läßt.
Den dialettischen Materialismus, die Weltanschauung der Marg, Engels und jahrzehntelang aller ihrer Schüler, braucht nicht anzuerkennen, wer Sozialdemokrat jein will. Ein anderes ist es um den Zusammenhang dieses Materialismus Ueberhaupt: Diese Hochachtung vor den Wegbahnern für die mit dem wissenschaftlichen Sozialismus. Wie sehr inan sich blamieren wirtschaftlich Benachteiligten und Bedrückten"; vor dem Prälaten kann, wenn man glaubt, von oben herab über ihn urteffen zu Dr. Biever mit der heroij hen Gesinnung", vor den fühnen Neuerern, fönnen, dafür zum Schluß ein amüsantes Beispiel. Beyer schreibt denen Kirche und hierarchie ihr Halt entgegenrufen, fennt feine in seinem Buch: Die Zeiten der Nüchterlingslehre, die die Grenzen. 3war muß Beyer gestehen, daß es, soweit er fieht, unter pindische Welt als bloge unktion ber materie erflärte, den führenden religiösen und sozialen Erneuerern des Ratholizismusverbämmern am weltweiten Horizont hei allem ernften Verständigungs und Annäherungswillen noch teinen einzigen, der sich offen als Sozialist be zeichnet, gibt. Dafür gibt es aber die großen Rufer und Gewissenserweder, deren Vorbild der große( 1) Mainzer Bischof Retteler mar". Da dachte Bebel freilich anders, als er 1903 in einer öffentlichen Versammlung in der Bischofsstadt Bamberg behauptete: Auch das Zentrum ist erst durch die fozialistische Be wegung gezwungen worden, fich für die staatliche Sozial
wesens, der Seele. Diese Seele des Menschen, der Inbegriff aller feiner Gefühle, Sehnsüchte, feiner Schönheitsstrebung und feines Aufwärtswollens, diese Seele muß sich mit aller Kraft empören, dann bricht sie heraus und vereinigt sich in ihren Strömungen mit den gleichen Strömungen des Mitmenschen, der in gleichem Aufbruch aufbegehrt. Den stärksten Schlüffel aber und das stärkste Brecheisen für die verfalfte, verlastete, verhaftete Geele bilbet noch immer wie zu allen Beiten echte, tiefmurzeinde Kunst. Und das stärkste, volkbegreifendste und volksergreifendste Forum der Kunst mar noch immer das Volkstheater.
Hier liegt die Aufgabe jeder Volksbühne, d. h. jeder Bühne, die im ganzen Bolle wurzelt und feine elementarsten Wünsche und Strömungen zum Ausdruck bringt.
unsterbliche Verdienst des Sozialismus
Hoffen wir Berliner in stalzer Forderung an unsere Haupt- und Heimatstadt, daß hier in diesem Zentrum des modernen Lebens, wo die verwesenden und Nehmen wir ein Beispiel: In Königsberg i. Br. fand aufbauenden Leidenschaften am stärksten und ingründigsten jüngst die Uraufführung des Cordatus" von Alfred zusammen und gegeneinander strömen, hoffen wir, daß hier Brust statt. In ber Generalprobe am Tage zuvor zum erstenmal das mit ganzem Mut und ganzer Schönheit waren nur wenige zugegen, die zum großen Teil auch im zum Ausdruck fommt, was wir in aller Welt für das Theater Leben der Brustschen Dichtung zu Hause waren. In dieser brauchen: Innere Gemeinschaft zwischen den Hörern, den Generalprobe wurden einige Szenen von den Schauspielern permittelnden Krititern, den ergriffenen Schauspie derartig start gespielt, daß die Bühne sich für die paar Hörer ern und Regisseuren und den großen bichtert schen Genien. Ein solches Gemeinschaftstheater wird zur Weltfanzel erweiterte. Nicht wenig mag dazu beigetragen immer revolutionär im besten Sinne sein. Revolutionär, das haben, daß der Dichter felbft, still, aber voll lebendiger heißt, von innen heraus Herrscher werden über die Kräfte Anteilnahme, dabei war. Wie fam es nun, daß am Wie fam es nun, daß am nächsten Tage bei der Premiere diefelben Schauspieler des Lebens, der Gesellschaft und der Welt. Es ist das so viel weniger wirften und zum Teil völlig tot und rein deklamierend auftraten? Das lag daran, daß zwischen den Zuschauern und den Darstellern feine lebendige Bindung, d. h. feine tatsächliche Gemeinschaft vorhanden war, oder noch mefentlicher: Es war unter den Zuschauern felbft feine innerseelische Bindung und Gemeinsamkeit vorhanden. Wie tönnte das auch in unserer Zeit sein? Gehen doch die Zuschauer in gegenseitiger Isoliertheit, abgehezt von der Tagesarbeit oder der Nachtbetäubung, fast alle zum Theater mie zu einer Sensation oder leichten Erholung; find doch unfere Krititer fast alle ebenfalls abgehezte Berufsmaschinisten, die mehrere hundert Bücher und Aufführungen im Jahr fressen müssen, damit sie nicht am täglichen Brot verhungern. Da fchreien nun viele: Also muß doch erst die neue Geburt der Gesellschaft tommen, ehe mir echte Gemein schaft erleben fönnen! Nein, ihr Kleinmütigen und Schwachen! Es müssen sich diejenigen Menschen zusammen. finden, die trotz der Zerrissenheit und troß der Schwierigkeit des Alltags noch die Kraft haben, ihr innerstes Wesen, wenn auch nur vorübergehend, in voller Kraft aufzurichten gegen alle Bedrückung und Vergewaltigung des innersten Menschen
und seiner Bropheten, vorgeahnt zu haben, daß die Ber anferung der ehemals nur im Jenseits erhofften Gemein fchaft auf dieser unserer Erde mächtiger, schöner und erfüllender sein wird, als die Herrschaft der einzelnen, machtgeschwol lenen Individuen. Solcher Glaube, solcher Wille und solche Tat zur Gemeinschaft werden die Welt erobern; aber nur dann, wenn sie innerlich fest verankert und unzerstörbar wurzeln.
Abrüstung der Seele und der Leidenschaft, das ist die Borbedingung, um der notwendigen Empörung der Seele den Ausgang freizugeben. Die Borarbeit zu solcher Abrüstung und die Fanfarenstöße zur mutigsten Weltrevolution, die je erhört mar, der
seelischen Revolution
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der gesamten Menschenfinder, der Borstoß dazu soll uns ppm Forum des Theaters der Bölkerbühne aus geschehen. Solche Erkenntnis ist die Voraussetzung für ein echtes, lebendiges Gemeinschaftstheater.
In der Tat. Fast gleichzeitig mit bent Erscheinen des Benerschen Buches verkündete Prof. Dr. Ostar Bogt in einem Bortrag die eraft wissenschaftliche Bestätigung dieser Rüchterlingslehre". Der lange gegen sie erhobene Einmand der Pfychologen ist miberlegt.
Was Beyer am weltweiten Horizont" berdämnern fah, liegt plöglich vor feiner Maje. Sein Horizont aber erwies fich auch in biefem Bunft als alles weniger denn weltenweit. Hoffentlich vermag Sollmann thn zu trösten.
Esperanto für das Proletariat?
Bon Dr. Theodor Tichaner.
Das Proletariat, das die internationale Verständigung will, muß nach einem internationalen Verständigungsmittel fuchen. Wie nötig dies ift, zeigen die Sprachschwierigkeiten, die beim Wölferbund und der internationalen Arbeitsorganisation in Genf auftauchen und die Arbeiten dieser Einrichtungen hemmen. Steine natürliche Sprache fann sich heute als alleiniges internationales Berständigungsmittel durchlegen oder behaupten. In Würdigung
dieser Tatsachen haben daher die Bertreter der Arbeitnehmer auf der achten internationalen Arbeitstonferenz in Genf eine bereits im Vorwärts" mitgeteilte Resolution gefaßt. in der den Organisationen der Arbeiterschaft und den einzelnen Mitutebern das Eintreten für Ciperanto empfohlen
wird.
Die Sprache ist feines megs ein zuverlässiges Ausbrudsmittel unserer Gedanken. Zahlreiche Wörter sind mehrdeutig, d. h., fie haben mehr als einen Sinn. Daher kommen so viele Mißverständnifie felbft derjenigen, die diefelbe Sprache reben. Die Bieldeutigfeit der Wörter führt aber auch zu Unklarheiten des Denkens. Man macht fich oft die Unterschiede bei mehrfachem Sinn desselben von der Sprache abhängig. Darum muß man sich von seiner Wortes nicht genügend tiar. Wir sind ja in unserem ganzen Denken Muttersprache möglichst unabhängig machen und lernen, feine Ge banten in eine andere Sprache umzudenken. Dies leverſegen ist nicht immer ganz einfach. Dit ist es vielmehr ein schmieriger Dent. vorgang. Darin besteht gerade der Wert jeder fremden Sprache, daß er die Dentfähigkeit ganz gewaltig fördert. Se logischer nun die zweite Sprache, die man erlernt, aufgebaut ist, um so mehr wird das logische Denken geschult. Welch ein Mangel an Logik in den sogenannten natürlichen Sprachen aufgehäuft ist, weiß meist nur der, der sich damit eingehend beschäftigt hat. Deur gegenüber ist Esperanto vollkommen folgerichtig aufgebaut. Darauf beruht feine leichte Erlernbarkeit und feine Förderung des Dentvermögens.
Trotz aller dieser Borteile würden aber viele sich von der Erlernung des Esperanto zurückhalten laffen, wenn die Beschäftigung mit ihm nur Mühe und nicht auch großes Bergnügen bereiten würde. Die Beschäftigung mit Esperanto verschafft bauernden Genuß, mag man sich mit dem geiftvollen Aufbau der Sprache beschäftigen, mit ihrer Hilfe Gedankenaustausch pflegen oder sich nach kurzer Lernbauer in die Schäße der umfangreichen Eipe. rantoliteratur versenken.
Denen aber, die dem Arbeiter Esperanto bund verständnislos gegenüberstehen und fragen, was dem Proletariat solche Genüffe helfen, fet erwidert: Auf jede Weise foll die Lebensfreude erhöht werden. Schon durch bas Schachspiel, bas z. B. Dom Arbeiter- Schachbund gepflegt wird, geschieht dies, ohne daß hierdurch mehr erreicht wird. Menn aber im Esperanto sich ein Mittel geistigen Genuffes zeigt, das außerdem has Denkvermögen und fomit bie Sampftrait des Profetariats hebt und überdies der internationalen Berständigung dient, so erwächst jedem Freunde des Proletariats die Pflicht, dafür einzutreten."