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Donnerstag

12. Januar 1928

Unterhaltung und Wissen

Tragödien durch Pulver.

( Bie man Pulverexplosionen verhütet. Pulsermonopole. Pulsermonopole. Eine Pulververschwörung". Die größten Pulverkatastrophen der Belt.) Die große Sprengstofferplosion in Dahlem  , durch die wieder Menschenleben vernichtet wurden, war nur durch Nichtachtung der gefeßlichen Vorschriften möglich; denn die Gefährlichkeit des Pulvers hat es mit sich gebracht, daß seit den frühesten Zeiten der Entdeckung des Pulvers gefeßliche Maßnahmen zur Verhütung von Pulver Patastrophen getroffen wurden.

In vielen Staaten war die Herstellung von Pulver und sein Berkauf staatliches Monopol. In Frankreich   gab es bereits im Jahre 1560 ein Bulvermonopol, demzufolge fein Privatmann die Berechtigung hatte, Bulver anzufertigen oder zu verkaufen. Die ftrengsten Strafen waren auf Berstöße gegen diese Vorschrift gefeht. Andere Staaten waren dem Beispiel Frankreichs   gefolgt, und in neuester Zeit hatte auch Italien   mehrere Jahre lang ein Bulver monopol, gleicherweise wie Desterreich und Serbien  . In den meisten anderen Staaten find strenge Gefeße erlassen worden, um einen Mibßrauch der Sprengstoffe zu verhüten. In Deutschland   sind die umfangreichsten Borkehrungen gegen Gefährdung des Lebens durch Bulvererplosionen getroffen worden. Das Sprengstoffgefez von 1884 und die Bundesratsbestimmung von 1893, sowie die Sprengstoffverwendungsvorschrift von 1894 forgen dafür, daß mit Sprengstoffen so wenig wie möglich Unheil angerichtet werden fann; Denn die Uebertretung dieser Borschriften ist mit schwersten Strafen belegt

Troßbem fonnte nicht verhütet werden, daß Sprengstoffe aller Art nicht nur durch unglückliche Zufälle, sondern auch mit Absicht zu menschlichen Tragödien verwendet wurden. In der Geschichte hat

"

Beilage des Borwärts

Tiefe der Analyse und grandiosen Kraft der Synthese fannie.

Seit zwei Jahrzehnten wirkt Charles 21. Beard bahnbrechend auf dem Gebiet der amerikanischen   Geschichtschreibung. Jest wird er geradezu offiziell als der amerikanische   Historifer anerkannt, durch ihn soll eine neue Epoche der amerikanischen   Geschicht fchreibung eingeleitet werden. Und das ist, um die Dinge mit richtigem Namen zu nennen, die Epoche der margistischen und sozialistischen Geschichtschreibung. Beard ist Margit und Sozialist, und sein Buch ist ein gewaltiger Sieg des margistischen und sozialistischen Denkens. Diefe Methode von Mary hat Beard in seiner Forschungsarbeit ange mendet. Es mar seine sozialistische Gesinnung, die es ihm möglich machte, die wahren Triebfräfte der tapitalistischen Entwicklung, der bürgerlichen Politit und bürgerlichen Kultur in Amerita mit aller Schärfe zu durchschauen.

Hände nicht in den Schoß legen dürfe, wirfte noch lange fort. Im| Lebendigkeit und zugleich wissenschaftlichen Strenge, von solcher Sommer versammelten sich die Bürgerfamilien Sonntag nachmittags in einem Garten, dessen Besitzer dies gestattete und den Herr schaften die Erlaubnis gab, bort Kaffee zu tochen; 3wiebac und Kuchen brachte sich jeder selbst mit." Auch hier wurde noch das Bripate der Bergnügung bewahrt. Hauptsächlich aber spielte sich der Zeitvertreib in den geräumigen, behaglich und schön eingerichteten Wohnungen ab. Da gab es in jenen Tagen der Romantik, in denen unsere Viteratur einen so hohen Aufschwung genommen hatte Lese franchen, zu denen sich die Gebildeten wie die einfachen Hand­werter vereinigten. Beim ästhetischen Tee" schwelgte man in der Lettüre Schillerscher Dramen und Fleckscher Novellen; Wilhelm Hauff   hat uns eine Schilderung von dem ästhetischen Bier" einiger Schuhmachergesellen und Bürgermädchen erhalten Aber auch be­scheidenere Bergnügungen waren sehr beliebt. Die Menschen von damals waren meniger anspruchsvoll und harmloser als heute und hatten an Spielen und Scherzen ihre Freude, auf die heute sogar die Kinder verächtlich herabsehen. Foppereien und leberraschungen riefen unendliches Gelächter hervor. Man erhigte sich bei der Vor­führung von fleinen Kunststücken und Taschenspielereien, durch die man leicht zum Löwen  " der Gesellschaft wurde. Ein Bollständiges Handbuch der Gesellschaftsspiele" aus jener Zeit, das der Jugend wie den Erwachsenen als Anleitung diente, zählte eine Fülle harm lofer   Pfänderspiele auf, wie Blindefuh, Kämmerchen vermieten, Motierstuhl, Wolf und Schäferin usw. Ebenso eine Menge Schreib spiele, Figuren und Würfelspiele, und wir wissen aus den Bio­graphien und Schilderungen der Zeit, daß sich nicht nur die Kinder. fondern auch die Großen mit Lust und Liebe folchen ebenso billigen wie unschuldigen Beschäftigungen hingaben.

Wir fennen die einzelnen Etappen der geistigen Entwicklung von Beard nicht. Möglich, daß er durch die Margichen Ideen z nächst nicht direkt, sondern nur auf irgendeinem Umwege beeinflußt wurde, ja sagar, daß er völlig selbständig zu einer Art von ökonomischem Materialismus" gekommen ist. Jest nimmt er die Marrsche Geschichtsauffassung an mit einigen Reserven, die aber mehr der geläufigen Bulgarisierung, als dem Wesensinhalt des Margismus gelten. Gewiß hat Beard sich nicht jeden Saz von Marr zu eigen gemacht, wie auch Marg manches bei Beard be­anstandet hätte. Die Jahrzehnte sind eben nicht umsonst verflossen. Allein bie Titel der früheren Werke von Beard besagen schon, aus welchem Geift fie erwachsen sind: Dekonomische Erklärung der Berfassung der Vereinigten Staaten  "( An Economic Interpretation of the Constitution of United Staates"), Die ökonomischen Quellen der Jeffersonschen Demokratie"( ,, Economic Origins of Jeffersonian Democracy"), vier Borträge über die Dekonomische Grundlage der des großen Wertes läßt sich fagen: Die vollständige Beschlagte eines ganzen Landes murde noch nie so margistisch geschrieben, nod niemand, mag er auch der orthodoreste Marrist gewesen sein, war in seinen geschichtlichen Forschungen so dem Geiste von Marg ge­treu, als Beard.

Die fogenannte" Bulperverfdwörung" von Thoman Bercy und Ein materialistischer Geschichtsforscher. Bolt( The Economic Basis of Politics"). Jest   nach Erscheinen

aser

Zu den Borträgen von Prof. Beard.

Robert Catesby   ungeheures Aufsehen erregt, da durch diese Bulver verschwörung im Jahre 1604 der Blan gefaßt wurde, den englischen König und alle Mitglieder des Ober- und Unterhauses am 5. No. bember 1605 in die Luft zu sprengen. Es wurden zu diesem Zmede Jm großen Borlesungsfaal bes Englischen   Seminars in der in einem unterirdischen Gang unter dem Oberhaus 4500 Kilogramm Dorotheenstraße drängt sich eine lernbegierige Jugend; auf der ersten Sprengstoff untergebracht, und durch diese ungeheure Masse Schieß. Bantreihe fizen Berliner   Universitätsprofessoren. Ein Amerikaner pulver sollte der König und fein ganzes Parlament in die Luftspricht zu ihnen. Er spricht wie ein Schullehrer vor Kindern, so gefprengt werden. Der Plan wurde verraten, die Verschwörer einfach, so wirklich allgemein verständlich. Er zeichnet schematische fonnten aber fliehen und verteidigten sich im Schloß Holbeach. Die Landkarten der Bereinigten Staaten: hier tapitalistischer Norden, beiden Rädelsführer fielen im Kampf und ihre Mitverschmorenen bort ber Süden mit Plantagen und Stlaverei, hier der Westen der wurden gefangen genommen und am 30. und 31. Januar 1606 hin. Farmer. Er schreibt furze Stichworte an die Tafel, fie bezeichnen gerichtet. In der neueren Zeit bildeten Sprengstoffe vielfach die die Bestrebungen verschiedener Klaffen oder die Folgen geschichtlicher Waffe für Attentate, die auf Herrscher und Minister unternommen Ereignisse. Alles popular", scheinbar primitiv, ja beinah nain". wurden. Die Liste der auf diese Weise ermordeten Persönlichkeiten Doch der Zuhörer betommt einen tiefen Einblid in die wahren ist sehr groß, und fast alle Staaten haben derartige Opfer zu ver Bewegungsträfte der amerikanischen   Geschichte, cinen Einblid, wie ihn zeichnen. In aller Erinnerung ist die Ermordung Alleganders II., noch niemand gegeben hat. Der Amerikaner scheint mit seinen eigenen der am 13. März 1881 auf der Fahrt zum Winterpalais einem ugen das Leben jeder amerikanischen   Generation zu sehen. Und Bombenattentat zum Opfer fiel. Aber auch Frankreich  , Amerita, feine elementare" Unterrichtsmethode erreicht, daß jeder seiner Zu feine elementare" Unterrichtsmethode erreicht, daß jeber feiner Zu Portugal   und andere Staaten find von derartigen Verbrechen nicht hörer es mit ihm zusammen sieht. Es ist ein genialer Lehrer mit freigeblieben. umfaffendem Wissen, scharfem Blid und warmem Herzen. Alle Aeußer lichkeiten felbstbewußter Gelehrsamkeit, jede Wichtigtuerei find bei Absichtlichkeiten feite geschoben. In ganz einfachen Borten, mit Humor und Satire, schildert er die Geschichte, vom Geist materialistischer Ge­hichtsauffaffung befeeft. Es war Profeffor Charles fchichtsauffaffung befeelt. Es war Profeffor Charles 21. Beard non der Kolumbia Univerfitat in New York  .

Noch häufiger find allerdings die Tragödien, die ohne Absicht burch Bulver hervorgerufen wurden. Eine der furchtbarsten Bulver tragödien   ereignete fich im Jahre 1910, und zwar auf recht eigen artige Beise. In eine Bulverfabrit, in der 1900 Kilogramm Nitro alnzerin lagerten, schlug nämlich der Blig ein, wodurch die gesamte Maffe des Sprengstoffes zur Explosion tam. Auch die Unfähigkeit Der Chemiker, die Pulver herstellten, war die Ursache zu einer großen Anzahl Tragödien allerfchwerster Art, von denen Frankreich  betroffen wurde. Im legten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts hatte Frankreich   ein neues Pulver eingeführt, das sogenannte B- Bulver. Es war ein sehr schlechtes Fabrikat, das start zu Explo­fionen neigte und nicht weniger als 50 gewaltige Explosionstata ftrophen zur Folge hatte. Die größten Explosionsfatastrophen waren die der Jena  " und der Liberté". Sie liegen bis zu den Jahren 1893 zurüd und hatten zur Folge, daß das französische   Heer und Marine eigentlich vollkommen wehrlos waren; denn das Bulver war feine Sicherheit, sondern eine große Gefahr. Der erste Unfall im Jahre 1893 ereignete sich in Mgier. Eine Riste B- Pulver geriet felbfttätig in Brand. Es explodierten ferner die vier Pulverfabriken Don Pont du Buis, Saint Medard, Bouchet und Richault. Es folgte eine Explosion auf dem Admiral Duperre". 1890 gab es zwei Explosionen. 1899 folte eine neue Explosion durch Selbstentzündung im Arsenal zu Nizza  , eine zweite in Billafranca.

Kaffeefränzchen und Blindefuh.

Wie sich Biedermeier   vergnügte.

Wenn man jegt in der Faschingszeit die großen Bälle miterlebt, wenn man das Leben und Treiben in den Restaurants und Cafés betrachtet, so fällt dem Kenner der Kulturgeschichte der ungeheure Unterschied zwischen heute und der Zeit vor 100 Jahren auf. Auch Biedermeler amüsierte sich, und zwar gewiß nicht meniger als der moderne Mensch, aber in ganz anderen Formen. Sein Bergnügen fand er hauptsächlich zu haufe, denn das Wirtshausleben im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Während sich heute der größte Teil des Amüjements in öffentlichen Lotalen abjpielt, blieb man damals in seinen vier Wänden. Vor allem tritt uns der Gegensatz zu der Neuzeit in der Tatsache entgegen," schreibt Otto Behr in kiner Schilderung einer deutschen   Stadt vor 100 Jahren, ,, daß es damals Restaurationen im heutigen Sinne noch nicht gab. Man fannte sie nicht einmal dem Namen nach. Wohl konnte man in ein paar Wirtshäusern Schnaps und Bier trinken; auch hatten die Bierbrauer oft eine Stube, in der sie Gästen ein Glas Bier ocr fetten; es gab auch schon Weinstuben und einige Kaffeehäuser. Aber fie alle waren wenig besucht. Wer an Nafchwert und Likören Freude fand, ging in eine Konditorei, wo diese füßen Gaben von anmutigen Damen fredenzt wurden." Das Restaurantsmesen entwickelte sich erst mit dem Aufkommen des bayerischen Biers nach, 1850. Damals zog auch die Frau erst in die Lokale ein.

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Es bedeutete nämlich eine Revolution, die mir uns heute gar nicht mehr vorstellen können, als um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Damen anfingen, auszugehen". Bis dahin zeigten sie fich öffent­lich faft nur auf dem Markt oder in der Kirche. Die öffentlichen Orte, an denen die Frau erschien," berichtet Gustav Klemm   in feinen Kulturgeschichtlichen Briefen", waren der Dbft und Gemüsemartt nebst Brot- und Fleischbänken und die Kirche. Die Kirche war der einzige öffentliche Ort wo eine Dame ohne männliche Begleibing erscheinen durfte. Die Frauen gingen daher bei weitem häufiger hin als heutzutage, und man hat es oft ausgesprochen, daß das weibliche Bublifum besonders nicht nur der Predigt wegen in die Kirche ging, fondern namentlich deshalb, weil es dort etwas zu sehen gab und weil man Gelegenheit fand, gefehen zu werden." In der Geselligkeit bestand damals nach eine ziemlich ftreng durchgeführte Sonde­rung der Geschlechter. tur bei großen festen und Bällen trafen Damen und Herren zusammen, fonft amüsierten fie fich ge­trennt auf ihre Beife. Die Herren besuchten einen der zahllosen Bereine zur Erholung und Gefelligkeit", die damals als Rafino ober Harmonie, Concordia   oder Reisource bestanden; das schönere Gefchlecht hatte feine Kränzchen mit Kaffee und Schokolade, bei denen man aber nicht müßig erscheinen durfte. Die Damen pflegten auch in ihre Gesellschaften eine Arbeit, meistens das Stridzeug, mit­gubringen," erzählt Behr, und der Gedante, daß die Frau die

Aus feiner und feiner Frau Mary Feder erschien Anfang dieses Jahres in England ein großes, zweibändiges Wert: Der Auf. ftieg ber amerikanischen 3ivilisation"( The Rise of American Civilisation"). Einmütig hat die amerikanische   Kritif dieses Buch als das größte Wert der amerikanischen   Geschicht fchreibung anerkannt und gefeiert. Und es ist ohne Zweifel so. Das Buch von Charles und Mary Beard gehört zu ben wissenschaftlichen Belftungen, wie sie nicht in fedem Menschenalter erscheinen. Mandje werden, vielleicht mit Recht, behaupten, daß die Geschichtswissen schaft bis jetzt überhaupt noch fein Wert von solcher plastischen

Es mutet wie ein under an, daß dieser Mann sich im Land ber Plutokratie durchgefeßt und feinem Berfe allgemeine An­erfennung erzwungen hat. Wäre das in unserem geistig fort­schrittlichen Europa   möglich?

Schneewürmer". Das Wetter ist eine große 3auberin in ber Natur und plöglich einsetzender und auffallender Witterungswechsel beschert uns gar häufig die eigenartigsten leberraschungen. Zu diesen gehört auch das stellenweise maffenhafte Auftreten der samt fchwarzen Schneewürmer. Solange man hie Herkunft dieser Tiere noch nicht fannte, hielt man ihr plögliches rätselhaftes Erscheinen. für ein Wunder und glaubte, daß sie mit dem Schnee vom Himmel herabgefallen wären. Heute wissen wir, daß diese Schneewürmer Käferlarven find, und zwar die Larven des in ganz Deutschland   ver­breiteten Gemeinen Beidhfäfers( Cantharis fusca). Diefe fechs­beinigen gestreckten und famtartig behaarten Larven leben am Bodent und überwintern unter Steinen und Laub oder Baumwurzeln. Durch laues Winterwetter, besonders burch einfegenbe Schnee­schmelze lafien fie fich aber oft in der 3eit täufen, verlaffen plöglich ihr Binteringer utb triechen zur Oberfläche empor, wo fie darur maisenweise auf der Schneebede muftreten und ihrer buntlen Far bung wegen ein ungewohntes Bild hieten. Es find Räubery, die von fleinen Insekten und Schnecen leben und daher als müglich gelten. Aber auch an gang fleine Reimlinge der Weizenfaat follen fie fich schon gelegentlich herangemacht und sie ausgefressen haben. Auch der schiante, langbeinige und lebhafte Käfer lebt vorzugs­meise nom Raube fleiner Infeften und macht sich durch Bertugen anderer Räfer auf Blumen und Früchten nüßlich. Er zeichnet fich durch einen gelbroten Halsschild und samtschwarze Filigeldecken aus, wird 11 bis 15 mm lang und fliegt von Mai bis Juli.

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In der Ginowjewschen Opposition.

Von Nikolai Ofpin."

Gin fleiner falter Browning legte sich in meine Hand. Und oppofitionellen Flugblätter. Aufträge dieser Art führte ich aus. Birjutow fagte mit Betonung: Halte dich für Sonnabend bereit cs ist Zeit zu handeln!"

Ich murmelte irgend etwas als Entgegmang, das bedeutete, ich sei einverstanden.

Drt der Handlung: Chartow; Beit: Ottober 1926.

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Ich gehörte damals zum fommunistischen Jugendverein. Wes­halb? Weil dem Komsomol Tür und Tor zur Arbeit und Lernen offen stand. Neunundneunzig Prozent der Komsomolzy treten aus diesem Grunde bei. Feste politische Ueberzeugungen habe ich nicht besessen und besize sie auch jetzt nicht. Doch es bereitet mir Ber gnügen, den kommunistischen   Bureaukraten und Apparatleuten Un­annehmlichkeiten zu bereiten. Eifrig half ich Birjukom Bersamm lungen sprengen, Refolutionen durchfallen zu machen.. das ein Kampf genannt werden kann, so drängte es mich, zu fämpfen.

Wenn

Es war die Zeit der Oppofition Sinowiews, und ich schloß mich ihr an. Uebrigens, nein, ich schloß mich ihr nicht an, ich benutzte sie vielmehr als spanische Wand, deckte mich selbst mit der Flagge der Oppofition. Die Anschauungen Sinomjews intereffierten Sie mich nicht, doch die Möglichkeit des Kampfes zog mich an. ridte mir die Oppositionellen sehr nah, deren einer Birjufom war. Er ist fast anderthalbmal fo alt wie ich ist bereits aus dem Romsomol zur Partei übergegangen. Er zog mich sehr an durch Jein Aeußeres, den durchbringenden Blid. die helle metallisch tönende Stimme und die großen Gesten. Seine Willenstraft schien mir ungeheuer. Und ich fügte mich ihr.

Seine politische Plattform und die Teilnahme an der Sino­wjewschen Opposition begründete er ungefähr folgendermaßen: die Pflicht jedes russischen Menschen ist es, den Thron wieder auf­richten zu helfen. Die Opposition ist Unsinn und bloßes Ded. mittel.

Und du mußt mir behilflich sein, hörst du, bu mußt!"

Und ich half ihm wirklich. Sein Bertrauen schmeichelte mir. Er versicherte mir, es gäbe in Gomjetrußland etne geheime monarchistische Organisation. Er erzählte geradezu Bunder non deren Wacht und Einfluß.

Blaubte ich ihm? Ja und nein. Doch er bestätigte feine Erzählungen. Als zwei Revolver nötig waren, beffaffte Birjutom fie fehr rasch und brachte fie­Durch den Gosplan"

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ertiarte er.

Der.

Ebenso fdmell besorgte er nicht unbedeutende Summen Gelbes. nötig wurden ein Bernielfältigungsapparat, Bapier und schiebene andere Dinge zur Vervielfältigung und Verteilung der

Bgl. den Artikel Gin Sowjetjugendlicher   in der gestrigen

Nummer,

Birjutom gab das Geld. Ich erhielt von ihm gegen 250 Rubel. Dann begann Birjukow Andeutungen zu machen über irgendeinen Bogromplan. Och befand mich vollkommen, unter dem Einfluß dieses Menschen, sonst hätte ich wohl abgelehnt. Doch von seinem Einfluß abgesehen, gab er noch zu verstehen, daß, wer nicht mit uns gehe, gegen uns jet. Und jeder Berräter sel gerichtet. Dann entdeckte er mir den Plan.

" Betrowsky, Tschubari und Raganowitsch müssen getötet werden," sagte er, und dann müssen Flugblätter mit dem Aufruf zum

Terror verbreitet werden."

Nachdem Birjutom mich so vorbereitet hatte, gab er mir einen Revolver und die Weisung, am Sonnabend bereit zu sein. Dod) zunächst trug er mir auf, den Chartowschen Korrespondenten einer Moskauer Zeitung für uns zu gewinnen.

In den letzten Tagen hatte Birjukom mir wiederholt gesagt: Du mußt bereit sein zur widerspruchsloſen Ausführung aller Anordnungen, davon hängt der Erfolg des ganzen Unternehmens ab." Vorsichtig und in Andeutungen sprach ich mit dem Korre­fpondenten. Er betundete Sympathie für die Sache. Doch ehe der Sonnabend angebrochen war, an dem Birjukom den Kampf eröffnen sollte, verhaftete uns die GPU.

3wei Monate lang spielten fie mit mir Rak- und- Maus. Sie verhafteten mich, verprügelten mich mit dem Gewehrtolben, ließen neue Verhaftung, neue Ber mich frei. Raum war ich heraus prügelung. Wieder Freilassung und wieder Berhaftung. Einmal wurde ich vier Tage lang in derselben Kammer mit einem Lob­füchtigen eingesperrt. Täglich wurde mit Erfchießung gedroht, mit Feitfeßung im Irrenhause und dergleichen. Die nächtlichen Berhöre find unvergeßlich. Mit einem Kolbenstoß wird man von der Pritsche aufgejagt und halbbekleidet zum Berhör geführt. Man steht vor dem Untersuchungsrichter er verhört und gleichzeitig läßt er ben Revolver tnaden, ihn bald gecen die Bruft, bald gegen die Stirn des vor ihm Stehenden richtend. Ich hielt nicht stand.

..

Buguterlegt erpresten fte mir ein Geftändnis.

Dann enfließen fie mich unter der Bedingung, daß ich nich am nadsten Morgen zum Verhör einstelle. Doch ich zog es nor zu flüchten, und es gelang mir.

Wie im Nebel steht das Erlebte vor mir. as mar es ge. mefen? Ein Blan, die Opposition au blamieren? Eine wirkliche Konterrevolution? Wer hatte als Berräter fungiert? Unb mer wurde Opfer der Brovokation?

Ich vermag diese Fragen nicht zu beantworten. Ich war bem Mann gefolgt, ber sich ftols eine politische Autorität" genannt batte Was war er in Wirklichkeit?

Beim legten Berhör erflärte man mir, Birjutom sei erschossen, Db es wahr ist oder nicht das weiß ich nicht.