Morgenausgabe
Nr. 61 A 31
45. Jahrgang
Böentli O Bhennig. monatid 3. Reichsmart im voraus zahlbar. Unter Streifband im 3n- und Aus land 5.50 Seidsmart pro Monat
fa Borwarts at bez illuftrier ten Sonntagsbeilage Boll und Zeit fowie den Beilagen Unterhaltung und Biffen Aus der Filmmelt Stadtbeilage.Frauenftimme, Der Kinderfreund" Jugend- Bor marts" Blid in die Bücherweit, Kulturarbeit und.Legnil erscheint wochentaglich weimal Sonntags und Montags einmal
Sonntag
5. Februar 1928
Groß- Berlin 15 Pi. Auswärts 20 Pf.
Die etatpattige Stonparetezette 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge bruckte Mort 25 Pfennig( zuläffig zwe fettgebrudte Borte), jedes weitere Bort 12 Bfennig Stellengefuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig Borte über 15 Buchstaben gahlen für groet Borte Arbeitsmartt Beile 60 Pfennig Familianzeigen für Abonnenten Zeite 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden. traße 3. wochentagl von 8 bis 17 Uhr.
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Das Saarvolf will heim.
Auftakt zum sozialdemokratischen Parteitag.
Saarbrücken , 4. Februar. fordern; die fofortige Rheinlandräumung sei die Boraussetzung für eine sofortige Lösung des Saarproblems. Ausfuhr Berbot der Gaar zeitungen nach Frankreich
Zu dem morgen beginnenden Parteitag der Sozial. bemokratischen Partei des Saargebiets schreibt die Volksstimme", das Saargebiet fenne zur Stunde fein
dringenderes Gebot als das der Rückkehr zum Reich. Angesichts der wachsenden Notlage im Saargebiet gebe es auf dessen ewigen Notschrei nur eine Antwort. Der Parteitag werde als höchste politische Aufgabe sozialistischer Politik die Zurückführung des Saargebiets nach Deutschland unter Wahrung der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten aufstellen. Die Volksstimme" unterstreicht die Feststellung 2éon Blums vom 2. Februar im ,, Populaire", daß Deutsch land das größte moralische und juristische Recht habe, die sofortige Räumung des Rheinlandes zu
Saarbrüden, 4 Februar.
Der Bezirksverein Saarbrüden bes Bereins Deutscher Zeitungs. nerleger bemüht fich seit einiger Zeit, die Erlaubnis zu er halten, feine Zeitungen auch in Frankreich abfeßen zu dürfen, da die französischen und elsaß - lothringischen Zeitungen in das Saar gebiet eingeführt werden fönnen. Es handelt sich lediglich um die Wiedereröffnung eines früheren Abfaßgebietes der Saarpresse. Der franzöfifche Generalsekretär der Regierungskommiffion hat nunmehr die Antwort erteilt, daß die Regierungstommiffion unter den gegen wärtigen Berhältnissen nicht in der Lage sei, dem Antrage des 3eitungsverlegerverbandes stattzugeben.
Neue Verfolgungen in Litauen .
Angebliche Verschwörung als Vorwand für Sozialistenverhaffungen.
Barihan, 4 Februar.( Eigenbericht.) Aus Kowno wird die Aufdeckung angeblicher Ver schwörungspläne gegen Woldemaras und einer Organt sation im Seer gemeldet, die mit Emigranten in Riga in Verbindung gestanden haben soll. Zu diesem Zu sammenhang sollen zahlreiche Sozialdemokraten ver haftet worden sein.
Das Ergebnis der Berliner Verhandlungen wird in Litauen peffimistisch beurteilt. Besonders mehren sich die Angriffe der Opposition gegen Woldemaras, dem man, vorwirft, daß es ihm in Berlin nicht gelungen sei, einen Rückhalt für die Verhandlun gen mit Bolen zu finden. Litauen werde die Berhan lungen mit Bolen vor dem Abschluß eines Handelsvertrages mit Deutschland qufnehmen müssen. Auch habe Woldemaras nicht einmal die Zusicherung mitgebracht, daß Deutschland die Einfuhr von Bieh und Fleisch aus Litauen gestatten werde.
Der dieser Tage erfolgte Rücktritt des Justizministers Schilling wird auf unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Kabinetis wegen der Verfassungsänderung zurückgeführt. Schilling war Mitglied des chriftlich- demokratischen Blods und blieb nach dem Uebergang der chriftlichen Demokraten zur, Opposition nur im Kabinett Woldemaras, weil er angeblich das Staatsinteresse höher als das seiner Partei stellte. Der neue Justizminister gehört der gemäßigten Richtung der Regierungs
partei an.
Das rote Wien. 370000 Parteimitglieder.
Wien , 4. Februar.( Eigenbericht.) Das sozialdemokratische Parteisekretariat veröffent. licht in der„, Arbeiter- Zeitung " eine Statistik über die Mitgliederbewegung seit dem 15. Juli. Am 15. Juli hatte die Sozialdemokratische Partei 362 000 Mitglieder in Wien , seither ist die Zahl der Parteimitglieder um 24500 gestiegen. Gegenüber dem 1. Januar 1926, wo die Partei 330 000 Mitglieder in Wien hatte, beträgt der Zuwachs 56 000.
Das Anwachsen der Sozialdemokratie Deutschösterreichs ift durch nichts zu verhindern; nichtsdestoweniger glaubt die Regierung der Christlichsozialen und Großdeutschen, die Sozialdemokraten in der Wehrmacht, Gendarmerie und Bundespolizei brutal verfolgen und sie sogar aus dem Dienst der Republit jagen zu dürfen der Republif, die die Sc; aldemokratie errichtet, gestärit und mit Erfolg verteidigt hat gegen sehr ernste Gefahren.
Bauer anzupöbeln. Nichts ist danach selbstverständlicher als die Antwort des Parteivorsigenden Seiz auf die Umfrage eines Komitees für innere Befriedung:„ Wir haben unserem Parteitagsbeschluß nichts hinzuzufügen!"
Eine Erklärung von Staatssekretär Kellogg .
New Yort, 4. Jebruar. Staatsfefretär ellogg feilte dem Auswärtigen Ausschuß des Repräsentantenhauses mit, daß die amerikanische Regierung be. reit fei, mit fämtlichen Mächten einen Vertrag zu unterzeichnen, bietet der den Gebrauch von Untersee booten gänzlich ver.
Baftichedfonts: Berlin 37536 Banffonto: Ban! der Arbeiter. Angeftelten und Beamten Ballstr. 65. Dislonto- Gesellschaft, Depofitentafle Lindenstr 8
Mercadet.
Eine alte Sache in neuer Auflage.
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Ste haben Mitleid mit meinen Gläubigern; was hat ung ihr Geld verschafft: nur ihre Habgier! Der Spekulant und der Aktionär find einer so viel wert wie der andere. Beide wollen über Nacht reich werden. Die Gläubiger! Haben Sie uns nur erst einmal ihren Beutel aufgetan, find sie wie die Spieler, die stets von neuem wagen, um den ersten Einsatz wieder zu gewinnen.. Ja, sie sind unerschöpfliche Minen!" Aus ,, Mercadet". Komödie von Balzac .
Die Komödie der Dummen, die nicht alle werden, ist längst geschrieben. Wer wollte heute noch den Versuch machen, Betrüger und Betrogene auf die Bühne zu stellen die alten Gestalten wieder zu beleben! Das Publikum würde gähnend von dannen gehen und den Autor verspotten. Dazu ein Theaterstück, dazu ein Theaterbefuch? Ein verlorener Abend das liest man alle Tage in der Zeitung. Alles schon dagewesen: Adele Spizeder, Therese Humbert , Klante Konzern, Lombardhaus Baul Bergmann... das soll mizig fein, dramatisch? Das war einmal mißig, als die Dummen noch reich gefät waren....
Nur gemach, es gibt auch heute noch genug Dumme. Die abligen alten Damen, die Rittergutsbesizer und Kaufleute und hohen Beamten, die zum Allgemeinen Lombard und Lagerhaus Unter den Linden Paul Berg mann liefen, um sich 48 Proz. Zinsen im Jahre für ihr Rapital zahlen zu lassen, nehmen die Konkurrenz mit den eselsohrigen Gestalten der Balzacschen Komödie erfolgreich auf. Da stehen sie heute vor uns, die Musterbeispiele jener, die nicht alle merden, und der Hohn und Spott der Welt ent täuscht grausam ihre Träume von Reichtum über Nacht.
Es war über Racht alles ganz anders. Das Lombard haus mit den feinen Referenzen und den mündelsicheren An lagen stellte sich als ein Gegenstück der berühmten Dachauer Banten der Adele Spizeder heraus, die in den Gründerjahren in München ihre Kunden aus den feinsten Kreisen an der Nase herumführte und das Geld des biederen Handwerksmeisters nicht verschmähte, der Gönner und Wohltäter, der uneigennüßig feine Kunden an märchenhaftem Gewinn teilnehmen ließ. ftand plöglich als gewöhnlicher Hochstapler in Unterhosen da, und mit dem Reichtum über Nacht war es In der Nüchternheit des Gerichtssaales, in dem bie hochstaplerischen Talente des Herrn Bergmann nach dem Vorbilde der Adele Spißeder so ungefähr mit drei Jahren Zuchthaus honoriert werden dürften, werden die Herrschaften alle sehr viel flüger sein.
aus.
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Bielleicht wird man sie auch nicht bei diesem lehten Alt Kelloggs Erklärung zur Frage der Abschaffung der U- Boote war der Komödie erblicken. Es sind so interessante Fälle unter veranlaßt durch eine dem Auswärtigen Ausschuß des Repräsen den Dummen des Meister Bergmann! Der Neffe des Reichs= tantenhauses vorliegende Entschließung des republikanischen präsidenten, der sein mütterliches Erbe verlor, der die HindenKongreßmitgliedes Frothingham, wonach der Bau von burgspende des Herrn von Oldenburg- Januschau jeder U- Booten untersagt werden soll. Der Borsigende des Auswärtigen Stahlhelmmann und jeder Kriegervereinler 50 Pfennige Ausschusses, Porter, hatte daraufhin Staatssekretär Kellogg um eine zum Juden Bergmann trug, der Graf Schwerin- Löwih, der Meinungsäußerung ersucht. Kellogg erklärte, gegen die Entschließung Rittergutsbefizer von Löwenfeld, die Beamten und die sei nichts einzuwenden, vorausgesetzt, daß der Kongreß sich dahin adeligen Damen, die nun alle verdienten Spott und gar aussprechen wolle, daß die Unterseeboote abgeschafft und deren Bautein Mitleid ernten. Vielleicht werden sie den Schlußakt für alle Nationen der Welt verboten werde. Selbstverständlich fommissarischen Bernehmung heraus erleben, wie einst die nur aus der Ferne, aus dem wohltätigen Inkognito der könne ein Land unmöglich seine Unterseebonte abschaffen, wenn fommissarischen Vernehmung heraus erleben, wie einst die Lustspielgestalten des Domelaprozesses. deren Bau und Berwendung einem anderen Lande gestattet werde.
Energischer Untersuchungsausschuß.
Standard Dil Direttor verhaftet.
Sind sie denn soviel besser als der Hochstapler Bergmann, diese Geldgeber des Allgemeinen Lombard- und Lagerhauses? Andere große Betrüger, die sich um die Ent larvung jener Dummheit verdient gemacht haben, die durch Habgter erzeugt wird, haben wenigstens glänzende Projekte Dorgezaubert: Goldminen und Gold aus dem Meere, Diamantenfunde und Ausbeutung der Monderze- bis zum Mercadet erfand, des Pflasters, auf dem und mit dem jede antirevolutionären Straßenpflaster. das Meister Balzacs Barritade unmöglich wird, und bei dem alle Regierungen, denen es um die Aufrechterhaltung der Ordnung zu tun ist, in erster Linie Aktionäre werden müssen. Aber dieser Berg
Washington, 4. Februar. Der Direktor der Standard Oil Company in Indiana , Robert Stewart, wurde auf Anordnung des Senats verhaftet, weil er sich geweigert hatte, auf die Fragen des Senatsausschusses zu antworten, der die gegen frühere Regierungsbeamte erhobene Anschuldigung der Bestechung in der Angelegenheit des Vertragsmann, er versprach aus Lombardgeschäften märchenhafte Geüber die Petroleumgebiete von Teapot Dome prüft.
Pariser Polizeipraris. Haftbefehl- Dienstgeheimnis!
Paris , 4. Februar.( Eigenbericht.) Die Polizei hat aus dem Gebäude der kommunistischen Gewerkfchaften heraus den Sekretär des unitaristischen Gewerkschaftsbundes für Paris , Gaillard, verhaftet. Gaillard ist vor sechs Monaten schon zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, konnte aber bisher nicht gefaßt werden. Seine Berhaftung am Sonnabend gab zu schweren Zusammenstößen Anlaß, da fich die Die Bolize hatte sich nämlich geweigert, ben haft befehl vorzulegen und mar daher zum Berlassen des Ge baubes aufgefordert worden. Erst nach dem Eintreffen zahlreicher Berftät fungen fonnte die Bolizei Herr der Lage werden. Sie mußte aber doch noch eine Anzahl Türen zertrümmern, bis fie ben Ge juchten endlich finden tonnte.
Bor drei Monaten hat unsere Bruderpartei sich durch| Gewerkschaftsbeamten der Berhaftung mit Gewalt widerfesten. einstimmigen Barteitagsbeschluß bereit erklärt, gemeinsam mit den Gegnern die Atmosphäre des Parteikampfes zu ent giften und die Gefahr gewaltsamer Austragung zu bannen. Darauf hat Seipel gar nicht, fem Garde mit hohn geantwortet, und jetzt erlauben sich ganz untergeordnete Geifter der Regierungspartei gar, einen Rarl Seiß und einen Otto
winne, und die Herren Geldgeber wollten über Nacht reich werden aus den Wucherzinsen, die die armen Kerle, die bei Bergmann Hab und Gut und Ware verpfänden sollten. bezahlen mußten. Bergmann sollte die armen Kerle schrönfen und ihnen gehörigen Anteil an den Wucherzinsen zahlen. Das mar die Rechnung. Selbstverständlich, die Herren Geldgeber wollten nicht selbst Bucherer sein fie wollten nur verdienen an einem Geschäft, das sie auf Wucher gegründet glaubten, und das zu ihrer Strafe- nur auf die Spekn lation mit ihrer Dummheit gegründet war.
Man schüttelt den Kopf über so viel Dummheit, über die Leichtgläubigkeit, die nichts aus dem Treiben der großen Betrüger gelernt hat? Wo die hemmungslose Geldgier beginnt, da hört der Verstand auf, namentlich bei den Leuten, die niemals aus eigener Arbeit erfahren haben, daß die Arbeit die Quelle des Reichtums ist. der anderen verfteht sich, nicht der Arbeiter. Die Fürsten, die auf den Alchimisten Schwindel hineinfielen, der französische Adel, der mit der Methobe John Lams Millionen verdienen wollte und bie Runden Bergmannses ift diefelbe Gier und dieselbe