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Sonntag

5. Februar 1928

Unterhaltung und Wissen

Dichtung als Dokument.

Bon Hans Ratonet.

Der Krieg interessiert nicht mehr." Eine große und gefährliche Phrase wurde begraben. Wir wollen Salut feuern über diesem Grab. Der Krieg interessiert richt mehr," sagte man. Man sagte das bereits im ersten Nach­friegsjahr. Schwamm drüber, fommandierte das Publikum, die gehorsame Literatur parierte, und die Tafel war wie leer gewischt. Aber seltsam, nach und nach traten die Schriftzüge dieser nicht wegzuwischenden Epoche von 1914 bis 1918 wieder hervor. Klarer und immer flarer und immer größer und unausweichlicher. Es ist zu verstehen, wenn eine nerven- und bluterschöpfte Menschheit nach Kriegsende sich die Ohren zuhielt: Nichts vom Krieg! Das tiefe lange Schweigen, wie ein gähnender Abgrund, mußte tommen. Es war eine Gebärde der Hilflosigkeit, mit der man die gepolsterte Tur hinter sich zuschlug, um nichts zu hören. Kindliche Be schwörung des Chaos, das man verdeckt, indem man sich die Augen zuhält. Als ob sich eine Generation um ihre entscheidende Epoche, um ihre Wende betrügen konnte! Als ob es möglich wäre, diese Zeit gleichsam herauszuschneiden und auf einem Loch weiterzubauen! Man möchte die Lektion schwänzen. Sie wird uns nicht geschenkt. Beweis: Arnold 3meigs Der Streit um den Sergeanten Grisha"( Kiepenheuer, Potsdam ), Meisels Torstenson( S. Fischer, Berlin ), der vierbändige Brave Soldat Schweit"( Synet, Prag ), Josef Roths Flucht ohne Ende( Kurt Wolff , München ) und Brings Golbat Suhren"( Spaeth, Berlin ). Diese Bücher, deren ich, ohne voll ſtändig zu sein, einige Titel eben genannt habe, sind nicht aus Schöngeistigleit, aus irgendeinem privaten Bedürfnis entstanden, sondern sind Berichte des Gewissens, das abrechnet, find Chroniken der Zeit.( Sehr bezeichnend: Josef Roth nennt feinen Roman cines in Sibirien triegsgefangenen österreichischen Offiziers, der auf der Flucht in die Heimat zufällig in den Dienst der russischen Revolution hinübermed felt, Roth nennt seinen Roman nicht Roman, sondern Bericht. Dieses wichtigen Umftandes werden mir noch gedenken.)

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3wei gleichberechtigte Enpen des Romans. Der Roman durchlebt eine furchtbare Krise. Er, der an der Spitze der Literatur marschiert, trägt hohe Berantwortung. Das Shakespeare- Wort von dem Spiegel und der abgekürzten Chronit der Zeit" wendet sich ihm zu. Wir sehen zwei große Typen des Romans, die nebeneinander um die Krone des Lebens ringen Stellett wir gleich die beiden aktuellen, entscheidenden Fälle gegen ber: Hamsuns Landstreicher und Arnold Zweigs Grischa". In dem einen lebt der ewige Mensch in der Ewigkeit der Natur, in tem anderen der zeitliche Mensch in der Bedingtheit seiner Zeit. Für Hamsun ( als Prototyp und Repräsentant) existiert nur der Tripatmensch, losgelöft non Zeit, Klaffe. Umwälzung. Alles ist herrlich wie am ersten Tag. Der nadie Mensch, niemand verant wortlich als höchstens sich und seinem Gott, lebt isoliert in der Un­endlichkeit der Natur. Liebe gewiß ein ewiges, durch nichts zu zerstörendes Theme jenseits der Bei Unsere Epoche hat das Gfild, neben Hamsun den dichterischen Liebes- und Ewigkeits­roman in hoher Bollendung zu befizen.

Aber der Mensch lebt in der Zeit. Jedoch das andere große Feb: foll man es den Zeitungen, dem Film, den Schriften und Dokumenten der Generäle und Staats männer überlassen? Und selbst wenn sie genial find wie Lenin und Mussolini und menschlich ehrlich wie Botschafter Lichnowity fie sind ja doch nur Fachleute Sie fommen vom Apparat und von ihm nie los. Sie sind doch mur Materialfieferanten für eine höhere Sichtung. Man muß ihnen das, was sie verschweigen, ent reißen, und sie verschweigen sehr viel. Sie find nicht fähig, das Menschliche auszusprechen. Das ist nicht ihres Amtes. Ihres Amtes ist der Staat, die Gesellschaft, in deren Interessen fie not mendig befangen find. Wo, wo, frage ich, ist der Sprecher jenes Menschen, der mit dem Staat, mit der Gesellschaft gekoppelt lebt und ihr Triumphator oder ihr geschändetes Opfer ist?

Schweigen. Berlegenes Schweigen.

Wir müssen den Dichter, der den in Staat und Gesellschaft ver­stridten Menschen gestaltet, der die menschliche und sprachliche Formel findet für das Zeitgültige, auf ein ganz hohes, sichtbares Bodest stellen. Denn er ist selten; denn er tut not; denn wir leben nicht nur in der Ewigkeit, sondern wir leiden in der Zeit. Deshalb stellen wir Arnold Zweigs: Der Streit um den Sergeanten Grifcha" ganz hoch hinauf auf ein sichtbares Bodeft, nicht der Literatur, fondern des Lebens,

Nicht erfinden, sondern erleben!

Der Grischa ist dokumentarisch; Atten liegen vor; die Militär­gerichtsaften eines 1917 im besetzten Ostgebiet erschossenen russischen Soldaten. Roths Die Flucht ohne Ende ist dokumentarisch.

Nichts Erfundenes; nach erzählt dem Bericht eines Offiziers, eines harnlosen österreichischen Menschen, der wurzellos in eine ihm harmlofen österreichischen Menschen, der wirzellos in eine ihm Erfunden hingegen ist fremd gewordene Welt hineinftolpert. Hauptmanns Till". Dichterisch also; sehr dichterisch sogar leider. Zugleich der schlagendste Beweis, wie hilflos, wie romantisch ver­blasen die Erfindung ist, wenn sie versucht, Zeit zu gestalten Hauptmann Rapallo ist fern der Revolution und Nachkriegszeit tennt den Genenstand nicht, den er bedichtet.

-ho

Der Bericht ist wichtiger als die Erfindung. Man muß seinen Gegenstand fennen. Wenn nicht aus Augenschein, so doch aus innerer Leidenschaft. Ain besten: so und so. Nur der darf die Wirklichkeit dichterisch überschreiten, der sie in sich hat.

sprechen

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Der Krieg hat dieses winzige Gute ist ihm nicht abzu die Dichter und Literaten aus ihrer Erlebnisleere und inzuchtartigen Abgeschlossenheit herausgeführt und mit dem Leben Er hat sie das zufammengebracht, mo es am blutigsten ist. Menschlichste im Ummenschlichsten tennen gelehrt. Davon wächst die Ernte jegt erft allmählich heran: Restbare Durchdringung von Dichtung und Dokument; Dokument, dessen Dichterisches die Schmuck fofigkeit ist. Dichtung, die im Einzelfall bas allgemeine Geschehen

dokumentiert.

Beil sie nichts, fennen, erfinden sie. Es fommt nicht auf die " göttlite Phantasie" an, sondern auf die teuflische Wirklichkeit. Irgendmal muß ein Dichter förperlich. feelisch mit einem Stoff" zufammenstoßen, so daß es dabei auf Leben und Tod geht. So ist der Grischa" entstanden. Der Dichter hat den Stoff, ber ihn bis ins Tart bebrängte, gebändigt.

Nach Südamerika .

Sonderbericht für den Vorwärts" von Max Winter.

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Beilage des Vorwärts

Ein Zauber ist es, ein Märchen, das nur zu rasch wieder ver fintt. Wie im Traum stehen wir wieder auf dem Deck, noch immer gefangen von dem Bild und sehen noch einmal das herrliche Panorama an uns vorüberziehen. Irgendwelche große schwarze Raubvögel ziehen im Schwebeflug weite Kreise über die Bucht. Noch einmal der Zuckerhut. Auf seine Nadelspitze hat mensch­licher Unternehmungsgeist ein Restaurant gestellt, das man auf fühner hoher Sellschwebebahn erreicht, die zweimal tiefe Täler über. quert. Eben pendelt ein Waggon über die schaurige Tiefe. Unser Boot nimmt füdwestlichen Kurs. In gedämpftem gelbroten Feuer versinkt die Sonne. Eine halbe Stunde später, noch vor acht Uhr, aber steht auf dem Südhimmel das Südkreuz, das für den südlichen Sternenhimmel so charakteristische Gebilde, ohne das wir uns in unserer Jugend feine richtige Indianergeschichte denken konnten.

An Bord der Belvedere ", 5. Januar. | ins freie. Wieder sehen wir den Zuckerhut" vor uns oder i Nun haben wir das Märchen von Rio de Janeiro hinter schauen, mitten in der Stadt, noch aus dem Dunkel eines durch de uns. Ein herrlicher Tag war heraufgestiegen. Aber ehe wir aus Felsen geschlagenen Verkehrstunnels, hinaus auf die Brandung, die den heißen Tiefen des Schiffsbauchs auf das etwas fühlere Ded im Sonnenlicht hoch aufsprizt, und wir sehen den vielen filometer fanden, war schon Land in Sicht, das sich mehr und mehr aus den langen Badestrand plötzlich vor uns auf belebter Promenade. weißen Nebelschleiern des Morgens hob, um dann von der strahlend­sten Sonne in hellftes Licht gerückt zu werden. Wer die Einfahrt in den Hafen von Rio nicht erlebt hat, der meiß nicht, was es schönes auf der Erde gibt. Und ist es dazu noch einer, der eben die Aequatortaufe hinter sich hat, ein Neuling also in der Belt der Tropen, dann muß er dem Zauber dieser Landschaft verfallen. Bon weitem schon grüßt uns der berühmte Zuckerhut, der spige Kegel, der im Süden des Hafens wie ein Riefenwächter aufgepflanzt ist, und von weitem auch schon schauen wir die Berge, die den Hinter grund der schönsten Weltstadt bilden. Scharf hebt sich der Grat Dom Blau des Aeters ab. Menschliche Einbildungskraft hat in dem linken Teil des Grates, mächtig hingeftredt den schlafenden Riesen" entdeckt mit seiner hohlen Stirne und seinem etwas störenden Bruft. höder, zur Rechten aber Haupt an Haupt eine schlafende Frau, die" Maria Louise", wie fie genannt wird. Ein Gewirr von vielen fleinen Inseln in der Bucht. Wir erkennen auf ihnen bald auch mit unbewaffnetem Auge die Balmen, die ihre Wipfel im Winde wiegen. Sicher geht unser Boot seinen Beg, bis es endlich auf der Außen­reede stoppt, um porerst verschiedene Besuche zu empfangen, die Sanitätsbehörde mit ihrer blizblanken vertrauenerwedenden Bar taffe zuerst, dann die Bollbehörde, endlich die Polizei und zu guter Leßt der Agent unserer Schiffahrtsgesellschaft. Anderthalb Stunden gehen dahin wie im Fluge. Wir werden mit dem Schauen nicht fertig. Bohin sich das Auge wendet, überall Herrlichkeiten, neues, schönes, großes, überwältigendes.

Endlich sind die zwei Dutzend Auswanderer, die hier unser Schiff verlassen, gesund befunden. Die Aerzte nehmen die Unter­suchung ziemlich genau, besonders die Untersuchung der Augen. Brafilien will so wenig wie andere südamerikanische Staaten Augen­frankheiten einschleppen lassen. Alle diese Staaten haben in den legten Jahrzehnten bemerkenswert viel zur Hebung der Boltsge­fundheit getan, sie haben die Seuchen in weiten Gebieten aus­gerottet und wollen nun feine neuen einschleppen lassen. Das Ge­päd ist revidiert, die Polizei hat nichts Berdächtiges gefunden, und wir steuern nun dem Anlegeplatz zu. Kurz ist die Zeit, die uns für einen Landbesuch bleibt. Knappe drei Stunden. Sie rauschen dahin, wie wenn wir ein Märchen erlebten. Langgestreckt, allen Krüm­mungen und Wendungen der Bucht folgend, läuft die Stadt zwischen Meer und Berg dahin Brachtvolle, große, breite Straßen, Alleen, Strandpromenaden.non- Palmen überfchattet, Barts. Ria de Janeiro ist eine echte schöne Großstadt Diefen Einbrud gewinnen wir, bis mir nach fast dreiviertelstündiger, Fahrt, das ftille Außenpiertel er­reichen, wo die Gesandtschaften ihren Siz haben. Alles was uns unser europäischer Sommer bringt, auch hier in verschwenderischer Fülle, überragt von Palmen aller Art und vielen immergrünen Bäumen, Afazien und Mimosen; auf einer Bartinsel ein wilder Busch von haushohen Bananen, ihre Höhe förmlich trinkend aus dem Naß des Teiches, hier unser lieber Goldregen in prangender Blütenfülle, dort ein Baum, übergoffen von Lilablüten, einige Schritte weiter eine Baumfrone gebildet von tausenden Rosablüten, auch hier die leuchtenden Hybiscusblüten, rate und gelbe Cala von träftigftem Buchs. In Fluge erhaschen wir alle diefe Herrlich feit, die die Straßen schmückt, die Häuser umgibt, die meist niedrigen Häuser, die der Stadt so ein anheimeindes Außeres geben. Dabei träftig pulfierendes Leben. Oft stehen an michtigen Straßen freuzungen vier bis fünf Autos und niedrigschlanke Autobusse nebeneinander und vier, fünf Reihen hintereinander, bis der Mulatte in Polizeiuniform das Zeichen gibt, daß der Weg frei ist. Dann öffnet sich irgendwo im Herzen der Stadt wieder einmal der Blid

Grischa

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Eine Gruppe von Auswanderern aus dem einstigen österreichi­fchen Hamburg , aus Trieft, flagt ihr Leid darüber, wie schlecht es iegt mit Triest steht. 120 Lire Wochenlohn, das sind 30 Schilling oder 18 M. Wie soll da ein Mensch leben selbst bei größter Genüg­famkeit? Wie soll eine Familie leben? famkeit? Wie soll eine Familie leben?

Nie mußte vor dem Kriege ein Triestiner auswandern. Jetzt

diehen wir in Haufen davon. Wir können in der Heimat nicht

leben.*

Und wie denen, geht es auch den anderen. Das ganze alte Desterreich ersteht auf dem Schiff von Neuem. Der Gablonzer Gürler, der zuerst in Venedig versucht hat, Gablonzer Perlen als venetianische an den Mann zu bringen, versucht nun sein Glück in Sao Paulo ; dorthin zieht auch ein Ingenieur aus Kratau, der ein Radiogeschäft aufmachen will; in Rio hat seine Pensionsinhaberin aus Meran unser Schiff verlassen, die nun in Rio Fremde bc­

herbergen will und ein junger Biener Installateur geht nach Buenos Aires , um zu erreichen, was ihm in Wien nicht möglich war, eine gesicherte selbständige Existenz. Dazu noch ein junger

Arzt aus Dalmatien , der es in Rosario in Argentinien versuchen fie mit hinüberbringen, und wer allen diesen Menschen in einigen

Wochen gemeinsamer Fahrt durch das Weltmeer um ein wenig näher tommt, der muß ihnen allen wünschen, daß sie sich dru mehr Geltung verschaffen als in der Heimat.

1805

Aber das alte lateinische Bort: Nemo propheta in" Patria es gilt auch in Brasilien . Auch dort gilt tein Prophet in Bater.. land. Um 20 Pf. nach deutschem Gelb haben wir uns in Rio die erste Mananasfrucht getauft. Aber wie wirklich verachtet diese föjt­lichste Frucht der Erde in ihrem Mutterlande ist, das sollten wir heute mittag erfahren, als mir in Santos einmal den argentinischen Fleischtöpfen unserer Belvedere " entflohen und auf dem aussichts­reichen und von herrlichen Schmetterlingen umflatterten Mont Serrat unser Mittagbrot einnahmen. Wir verlangten nach bent: Fleisch Früchte: Ananas, Bananen. Es war ein Blid fast ver­nichtender Berachtung, den uns der schwarzhäutige und schwarz­befradte Kellner fandte.

Früchte? Birnen, Aepfel, Pfirsiche, Weintrauben, ja Früchte aus Spanien , aus Italien aber Ananas, Bananen pjui, wie ordinär."

Ganz haben wir den Mann allerdings erst begriffen, als wir hinter dem Hotel mit dem herrlichsten Rundblick die Bananen auf dem Misthaufen wachsen sahen.

Grischa führt, man fühlt daran die trächtige Schwere und daß es um das Ganze geht. Lychom unterliegt; Schieffenzahn triumphiert mit flechtem Gewissen, und Grischa wird im Namen des Rechts widerrechtlich ermordet. Eine Schicksalsstunde, deren Schlagen nur das Dhr des Dichters vernahm. Aber er hat das stimme Dröhnen hörbar gemacht.

Die Gestaltenfülle, die Präzision der Front- und Etappen. schilderung ist unvergleichlich. Tiefste und menschlichste Kenners fchaft. Selbst die Hassensmerten find ohne Haß gesehen. Die Liebenswerten aber mit unerschöpflicher Liebe.

1917 wurde der Roman

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offenbar an Ort und Stelle

tonzipiert, 1926'27 geschrieben. Man sieht, der Stoff besaß eine brehende Hartnäckigkeit. Er hat Arnold Zweig , einen fanften Diese 500 Seiten sind nur Mittelstück einer Trilogie, die den Krieg Novellisten, wunderbar gewandelt. gehärtet und groß gemacht. und den Zusammenbruch gestalten soll. Wenn das Wert gelingt, hat die schreibende Generation ihre hohe Schuld eingelöſt: die Schuld und Verpflichtung, das Antlitz der blutigsten, scheußlichsten und entscheidenden Epoche getreu und menschlich der Zukunft zu übermiteln.

Bom Heimweh gepadt, bridyt der Kriegsgefangene Grischa Baprottin aus einem Gefangenenlager im russischen Balbquartier aus Zwischen den Brettern eines deutschen Holztransportes, der nach dem Osten rollt, fährt er wie in einem Garg drei Tage und Nächte durch den Frost. Berläßt den Zug zu früh und will fich durch den Urwald in die ferne Heimat durchschlagen. Eine gefähr liche Luchsin, die er für eine harmlose Waldkatze hält, schleicht, ihrer Beute sicher, lüftern hinter ihm her. Er stößt auf eine Bande deutscher und russischer Deserteure, die in verlassenen Unterständen Ein junges Weib, das mie eine Alte aussieht, ein fitauischer Flüchtling, ist dabei und bemuttert den unbeholfenen, gut­mutigen Soldat Idiot", bis sie selbst von ihm Mutter wird. Sie marte des gefallenen russischen Soldaten Bjuschew gibt. Grischa hilft ihm weiter auf die Flucht, indem sie ihm die Ertenmungs wird als lleberläufer Bjuschew von der deutschen Militärgendarmerie gefangen genommen. Nach der Militärgerichtsbarkeit Ober- Ost, die Schieffenzahns( alias Ludendorff ) Wert ist, wie alles in Ober- Dft, soll der Ueberläufer erschossen werden, zum abschredenden Beispiel für die deutschen Truppen. Da enthüllt sich Grischa. Der feine, menschliche General, Erzellenz von Lychom, Altpreuße beſter Prägung, in dessen Divisionsbereich sich der Fall zuträgt, will den braven Russen retten; überdies wäre feine Erfchießung glatter Justizmord. Der Generalquartiermeister Schieffenzahn, Herr von Ober- Ost, besteht auf Vollstreckung des Urteils. Weil es auf eine Laus night antommt, wo täglich tausende Menschen fallen. Weil er, der bürgerliche Neupreuße, dem adligen Altpreußen eins aus wischen will Weil Zucht herrschen muß. Weil ihn der Teufel reitet, seinen Kopf auch in diefer Bagatellaffäre man dente ein Muschit im blutigen Rädergetriebe des letzten Weltkriegsjahres!- durchzusetzen, so wie er feinen Willen in den Kriegszielen und in der Kriegsverlängerung durchgesezt hat. Darüber geht Deutschland zugrunde Deutstand geht zugrunde, weil der armselige ruffiffe Kriegsgefangene Grischa Taprottin wider das Recht erschossen wird. Das ist das Grandiose dieses Romans: Ein laufiges Einzelschid sal Natürlich, auf Pünktlichkeit ist nicht zu rechnen," fnurrte er, ist Ammelpunkt des deutschen Schicksals, und über diesen ermordeten ruffischen Soldaten follert das Reich in den Abgrind. Das ist fühlte sich aber gleichwohl beruhigt. Er farid wirklich sein Abend­nicht ausdrücklich gesagt, fondern stumm pestaltet. Man fühlt in brot aufs befte angerichtet, aber während er sich mit leisem, Profeft bem verbiffenen Kampf.. den her gut preußische General Lychom baranmachte, fiel ihm ein, daß der Shinfen mit Pfeffer gewürzt mit dem schlecht preußischen General Butendorff um den Russen I.noch beffer munden tönnte: Selbstverständlich war der Pfeffer nicht

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Die Verspätung.

Bon Richard Zillmer.

Als er zum erstenmal an die Tür seiner Wohnung vergeblich geflopf. hatte, zog er mißmutig die Brauen zusammen und fein zweites Stopfen lang laut und ungeduldig wie ein Beschl. E- lauschte eine Weile, den Atem angehalten, schwarfend zwischen Berwunderung und Unmut, tramte dann brummend den Schlüssel hervor und öffnete selbst. Er sah in alle Zimmer und fand endlich auf dem Schreibtisch einige Zeilen von seiner Frau: Sie müsse noch etwas im Warenhaus einkaufen, hoffe aber bestimmt, bis zu seiner Heimteh: zurüd zu sein; auf alle Fälle aber stehe sein Abendbrot im Küchenschrank.