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(Beilage Mittwoch, 15. Februar 1928

SfrNimd

War die deutsche Revolution von 18�8 bei weitem kein erschütterndes Drama wie die französische Revolution von 1789, so wurde sie überdies eingeleitet durch eine in jedem Betracht niedrige und lächerliche Posse, durch ein Rüpelspiel vor dem Vorhang, ehe er sich über den Märzereignisien hob. Das war die Affäre der Lola Montez in Bayern . Von wann die schöne Tänzerin stammte, ward ganz nie aufgehellt. Nach ihren eigenen Angaben war sie eine Spanierin. mch führte den pompösen Namen Maria Do-

Zum achtzigsten Jahrestag des Lola-Montez-Gkandals.

jeweilig«G s ch p u s i' des Kini1" beredete; man nahm dem alten Knaben seine Seitensprünge nicht weiter übel. Aber Lola Montez erregte unter den weißblauen Spieß- bürgern hauptsächlich deshalb Aergernis, weil sie in politische .fjändel hineingezogen wurde. Das Ministerium Abel, das, seit 1838 am Ruder, das Land einer bigotten Reaktion unterworfen hatte, war beim Herrscher so- wohl als auch beim Volke abgewirtschaftet. Sich durch die Tänzerin zu halten, war für die katholische Partei ein ziemliches Unding, da sie allzu sehr auf offenem Markt die Grundregeln christlicher Ehrbarkeit und Wohlanständigkeit verhöhnte. So beschloß das Ka- binett, glorreich auf der Wahlstatt zu bleiben, indem es sich im Interesse des Landes" gegen des Königs Kebse kehrte. Als ihr die bayerische Staatsangehörigkeit verliehen werden sollte, erhob das Ministerium in biedermännisch klingender Denkschrift Widerspruch und erhielt darauf seine Entlassung. Einige klerikale Universitätsprofessoren, die dem Gestürmten Dank und Anerkennung aussprachen, weil sie für dieSitt- lichkeit" eingetreten seien, jagte der erzürnte König hinterher. Der neue Ministerpräsident Maurer , der Verfasser derGeschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadtverfassung", erteille als erste Amtshandlung der Lola Montez die bayerische Staatsangehörigkeit, die er vorher alsgrößte Kalamität" für Bayern bezeichnet hatte, aber wer von dem entschiedenen Gegner der bisher allmächtigen Jesuiten eine Uberale Reformära erwartete, sah sich bald enttäuscht. Gleich- wohl wühlren die aus der Macht verdrängten Ultramonta- nen gegen die Buhlerin des Königs wie gegen ihn selbst und dasliberale Ministerium". Als die Montez zur Gräfin L a n d s f e l d gemacbt wurde, schrieb die ssrau des Malers Kaulbach ihrem Mann nach Berlin :Die Lola Montez ist endlich Gräfin geworden. Das freut micb sehr! Das ist ja herrlich! Da gehört sie hin, zum hohen Adel; der ist so edel, trefflich und keusch wie sie selbst. Der Bürgerstand soll froh sein, daß er sie los ist, der war zu gut für sie also weg mit ihr!" Gleichwohl war der hohe Adel über den Zu- wachs nicht erfreut, im Offizierkorps spottete man grimm über...Herrn Maier" und seinePepi", wie man sich aus Angst vor Denunziationen vorsichtig ausdrückte, und die Masse des Volks ließ sich durch die klerikalen Schürer gegen dieFremde" leicht in dieselbe borniert bodenständige Wut hineinhetzen, die siebzig Jahre später demAusländer" Kurt Eisner zum Verderhen wurde. Wirklich politische Triebe waren in dieser Gärung kaum lebendig, denn nur eine Erhöhung des Bierpreises pflegte die altbayerische Seele sonst in Wallungen zu versetzen.Eine politische Auf- regung." berichtete ein Vertrauensmann der Wiener Regie- rung,habe ich bei der Volksmasse nicht wahrgenommen, noch ein Verständnis oder Interesse an den gegenwärtigen politischen Wirren des Landes vorgefunden, und nur der Lolahaß, bigottische Hetzereien und die Bierpreise scheinen die Handhaben zur Bewegung des gemeinen Volkes in Bayern zu fein."

Ludwig I. aber, wie ein Mops unter die Reitpeitsche seiner gar nicht blaublütigen Herrin geduckt, mißachtete in seinem Cäsarenwahn gründlich die Zeichen stets wachsender Mißstimmung. SeinerLolinde" zu Gefallen schickte er auch das Ministeriuni Maurer in die Wüste. Mit dem neuen Kabinett des Fürsten O c t t i n g e n- W a l l e r st e i n, demLola-Ministerium", begann die unumschränkte Herr- schaft derbayerischenDubarry, deren Kreaturen wie

Berliner Karrikatur.

der Dr. B e r k s in der Regierung selbst. saßen. Die andereit deutschen Potentaten schlugen die Hände über dem Kopf zu- sammen ob des bloßstellenden Verhaltens ihres viellieben Vetters in München , aber mochte Heinrich Heine auch Ludwig nach Berlin schreiben lassen: Stammverwandter Hahenzoller, Sei dem Wittelsbach kein Grollcr; Zürne nicht ob Lola Montez , Velber haben nie gekonnt es, so kümmerte sich der gekrönte Sklave der Lola in Wahrheit nicht um die Entrüstung der befreundeten Höfe, wie er keinen Anstoß daran nahm, daß seine Maitresse ou tirns sich mit jungen Leuten weidlich vergnügte und mit ihrem tobenden Gefolge, wie ein Zeitgenosse es schilderte,Piping an der Würm zu einem Klein-Versailles" machte. Namentlich durch die Hochschuljugend zog sich der Riß zwischen U l t r a m o n t a n e n undL o l a m o n t a n e n". Das neu gegründete Korps Alemannia mit seinem Senior Graf H i r j ch b e r g an der Spitze gab eine stets bereite Leibgarde der Gräfin Landsfeld ab. Wo immer eine rote Alemannenmütze auftauchte, setzte es Häkeleien mit anderen Studenten: im Anschluß an die Beisetzung von Joseph G ö r r e s kam es am T. Februar 1848 zu ernsteren Zu­sammenstößen auch mit der Gendarmerie, und als sie stch zwei Tage später stärker wiederHollen, und Lola selbst von

Lot* Monte* Comtesse de Umdsfeid,

Von Hermann Wendel .

Lola Montez wird Grafin Landsfeld. lote. s Pnrrls y Montez, in Wirklichkeit hieß sie Maria Elisa Robert Gilbert und hatte, 1818 in Irland geboren, nur von der Mutter spanisches, andere be- haupteten kreolisches Blut in den Adern. Aber jedenfalls war sie eine blendende Erscheiung, etwa das, was Lebejüng- linge ein Rasseweib zu nennen pflegen. Den herrlichen Wuchs in ein knapp anliegendes Reitkleid gepreßt, die Rest- fieitsche in der Hand, herrisch auftretend und leicht mit zorn- prühenden Augen Ohrfeigen austeilend, wirkte sie bewußt auf Männer, denen Unterwürfigkeit unter die Frau Liebes bedürfnis war. Ueberall, wo sie auftrat, kam sie, ward gesehen, siegte sie; einen ihrer größten Triumphe feierte als sie der Gräfin d'A g o u l t den berühmten Virtuo Franz L i s z t ausspannte. Aber auch die Polizei hatte ein Auge auf die Abenteurerin. Einer der putzigsten Liliput- Herrscher des Vormärz, Heinrich Nr. 72 von R e u ß- Loben st ein-Ebersdorf, ließ, nachdem er zu ihren Füßen gelegen hatte,das Satansweib" im Herbstaus seinen sämtlichen Landen" ausweisen, worauf Lola Montez stracks nach München ging, um in die Weltgeschichte hinein- zuwachsen. Mit ihrer gewohnten Unbekümmertheit erzwang sie sich Zutritt zu Ludwig I. Zlls sie ins Gemach stürmte, riß des Bayernkönigs Majestät die Augen auf, atmete schneller es hatte eingeschlagen! Trotz seiner sechzig Jahre für weib- l!che Reize sehr empfänglich, begann der Monarch ihr kunst« voll den Hos zu machen. Als er, auf den vollendet runden Bufen deutend, zweifelte:So viel Schönhest kann unmög- lich Nutur sein!" begriff sie den psychologischen Moment, schlitzte mit rasch gezücktem Dolch ihr Kleid über der Bryst bis zum Gürtel auf und diente dem Gottesgnadentum mst nackten Tatsachen. Der König war hin und räumte der Montez sofort in seiner Gunst den allerersten Platz ein. Schauerlicher Reimschund, in dessen holprigen Strophen mehr Partizipien vorkamen als im ganzen Rest. der deutschen Dichtung, besang er seineLolinde" in feurigen Liedern und trug dem Maler S t l e l e r auf, sie für seine bekannte Schön- heitsgalerie zu malen. Aber der sonst auch in seinen Lieb- schaften Knausrige ließ es dabei nicht bewenden, sondern stattete seiner neuesten Favorit« in der Barersiraße ein Haus Mit fürstlicher Pracht aus. Mst seinen 90 000 Einwohnern war München damals M große» Dorf, das in jedem Bräuhaus sachverständig da»