Sonntag 19. Kebruar 1928
Unterhaltung unö ÄVissen
Seilag« des Vorwärts
Dssiderio Zamucci war ein armer Steinhauer, und wenn es Menschen giot, deren Schicksal die Armut ist, so war Defiderio diesem Schicksal verfallen. Es gibt ein« Armut, die ist eingeprägt aus Ge- ficht und Hand, sie lauert im Blick des Auges und im Gang, den ein wenig gekrümmter Rücken müde macht, und jeder Darüber- gehende denkt beim Anblick solcher Armut: Welch ein armer Teufel. Ein armer Teufel war Desid«rio, und seine Brüder, seine Schwester und alle seine Derwaichten waren genau so arme Teufel wie er, und sie dachten nicht einmal, daß es anders sein könnt«, sie wünschten sich nicht einmal aus der Armut heraus, sie waren zu müde zum Wünschen. Defiderio hatte eine junge Verwandte, die hieß Fortunata, und diese Fortunata war die einzige, die sich von den Gliedern der Familie unterschied, denn sie machte sich mit List und Lust ihr Dasein erträglich. Es kam dabei nicht so sehr aus die Art an. Destderio war damals noch jung und die Tante Fortunata einige Zwanzig, aber Defiderio schaut« mit Ehrfurcht sast zu der Person aus, die eine eigene Stellung innerhalb der Famiii« einnahm. Fortunata arbeitete in einer Zigarettenfabrik, deren Inhaber sie, da sie schön war. zu semer Geliebten nahm. Das war ein großes Glück für die Familie, sozusagen, und da Attilio Chiarelli nicht nur ein reicher Mann, sondern auch«m Mann von Anstand war. zahlte er Fortunata eine erkleckliche Summe, als sie, wie es heißt, eines Knaben genas. Die Familie Zamucci forderte stürmisch von Fortunata ihren Anteil an der Summe, denn«in Glücksfall gehört der Familie,»er- steht sich, wie ja auch die Armut der ganzen Familie gehört«. Und sie forderte einen Anteil mit um so stärkerer Begründung, alz der Knabe nicht lange nach der Geburt starb. Doch es geschah das Unmögliche; Fortunata widerstand mit Heftigkeit ollen Angriffen aus ihr in Liebe erworbenes Vermögen, sie zeigte sich jedem Familien- finn abhold und wanderte mit dem Geld« nach Amerika aus. In den Zeiten, als Tante Fortunata noch bei der Familie «eilte, war Defiderio der einzige, den sie gern um sich hatte. Sie belehrt« ihn aus ihre Weif« über den Unterschied zwischen reich und arm, aber das armselig« Hirn des Defiderio faßt« den Witz der Tante nicht völlig, und sein Hirn zog sich bald zurück, in die Finsternis der Verständmslofigteit. von daher er Schwaden des Hasses stieß über all« die, welche ihm„reick)* dünkt en. In diesem stillen und verborgenen Haß wuchs er heran. Er war nicht so lebhaft wie Fortunata, die immer Wort« fand, die Bewe- gungen ihrer Seele auszudrücken. Defiderio konnte mit Not seinen Name« schreiben, geschweig« denn vermochte er«in« Rede zu forme», die von anderen als von seinesgleichen oerstanden werden tonnte. Als t» das abgelegen« Nest einmal ein Agitator kam, predigte « stumpfen, verständnislos«! Gesichtern, er redete zu verschütteten Menschen, zu einer Knechtschaft, die ihre Rolle nicht begriff, noch weniger ober reis war, erweckt zu werden zu etwas Neuem, Be- wußterem. Der Mann ging kopfschüttelnd davon und seine Partei gab jeden Versuch aus. In Defiderio zog sich der Begriff Reichtum aus einzeln« zusammen, von denen er wußte, daß sie die Wohlhaben» deren de» Orte» waren und im besonderen haßt««r eben jenen Attilio Chiarelli, der seinerzeit der Tante Fontunata auf nobelste Wesse nach Amerika verholfea hatte. Mit steigenden Jahren stiegen auch diq'e Gefühle in Defiderio. Und wie in einem fefMerschloflene» Kessel kochendes Wasser durch entwickelten Dampf die Wände sprengt, so mußte die in Defiderio stumpf gesammelte Wut ausbrechen, zu einem Ziel, daß ungewiß war, aber doch einmal da sein muhte, um die tierhaft gesammelten Instinkte Desiderios furchtbar zu erwarten. Als Zamucci eines Tages von sein« Arbeitsstätte kam— er hatte sich verspätet und kam allein—, begegnete er aus dem Wein- hergsweg zwischen Gemäuer und Weinstöcken Chiarelli. Chiarelli sah gut gelaunt und satt aus. Man sagte, er hätte eine Geliebte. hier oben irgendwo, und vielleicht kam er von ihr. Der Weg war recht schmal, und beide hätten sich seitwärts aneinander vorbeidrückeo müssen. Wenn man breit und gerade den Weg hinunter ging, war kein Dorbeigahen. Attilio zog die Brauen hoch, mehr belustigt al» verwundert: denn dieser Steiuhauer stand breit und plump im Weg, grüßte nicht und mochte nicht Platz. Attilio wartete ein wenig, dann sagt« er ganz ruhig zunächst und fast höflich:„Macht Platz, Zamucci!" Desverio wich nicht. Er sah den anderen nur voll Haß an. Chiarelli wiederholte seine Abfsorderung. etwas ungehaltener, drän- gender, weniger ruhig. Defiderio stand wie ein Klotz. Plötzlich öffnet« er den Wund und hielt«ine Rede. Wirklich eine Red«.„Du bsst reich, ich bin arm, du hast es gut, ich habe es schlecht. Ich hasse dich!" So unge- fähr war der Inhalt der Red« des Defiderio Zamucci,«s war eine kurze Red«, aber die längste seines Loben«, und er sprach trotzdem noch sehr schnell, weil er sich wundert«, daß er sprach. Attilio bekam eine Wutader, blau, quer auf der Stirn:„Bsst du verrückt? Geh mir aus dem Weg!" In Defiderio rüttelte der gebändigte Haß an den Fesseln, feine Augcn wurden wie heiße Kohlen, feine Sehnen zitterten, Schaum quoll ihm aus dem Mundspalt. Er hieb mit der Spitzhacke, die sonst nur den Stein splitterte, Herrn Chiarelli den Schädel ein. Attilio sagte kein Wort. Er sank um. Zamucci stieg über ihn hinweg. Er untersuchte keine Tasche, er wollte kein Geld. Ihm war nicht um den Reichtum zu tun. Nur um die Gerechtigkeit. Jawohl, um die Gerechtigkeit. Er machte kein Hehl aus seiner Tat. Eigentlich wunderte er sich, daß man ihn nicht als�Heldcn feierte, und er wunderte sich noch mehr, daß seine eigen«, Familienangehörigen scheu von ihm ab wichen und ihn ruhig von dem Gendarmen abführen ließen. Des«- dcrio wunderte sich, als man sich vor Gericht den Kopf zerbrach über den Grund feiner Tat und ihm nicht glauben wollt«, daß er die Tat um der Gerechtigkeit willen begangen hätte. Man untersucht« ihn auf den Zustand seines Geistes, aber die» Antworten, die er gab, waren vernünftig. Als die Tür de« Ge- nchtsfaales sich hinter ihm Ichloß, öffnete sich die Zür des Zucht- Hauses vor ihm: 15 Jahre Kerker schienen ausreichende Sühne für den Mord an Attilio Chiarelli. Desiderio gewöhnte sich rasch an die neue Umgebung. Nun. es war alles dasselbe: Die Arbeit: drinnen wie draußen, das Essen, dgr Schlaf. Mit der Zeit versernte Defiderio den Haß. E« lchfiel die Erinnerung ein,— wie leicht ist das, wenn ei» Tag wie der
andere ist, und Zamucci wind« zufrieden. Er war stumpf und dumpf zufrieden. Er vergaß, daß es bessere Kleider gibt als Lumpen, daß es Automobile gibt, fpazieren zu fahren, er vergaß, daß es Müßiggang gibt, wenigstens etwas, das sich in den Augen der Armen so ansieht. Defiderio wurde der Sträfling Nr. 248, ganz und gar. er wurde«ine Nummer, wie man sogt, er tauchte unter in der Nummer, er vergaß sich hinter 248. Eines Tages, als die Sonn« grell über dem Znchthaushof log und der tägliche Rundgang der Sträflinge mehr Straf« war als Erholung, rief der schielend« Auffeher 248. Di« Nummer 248 hob den geduckten Kopf, aus buschigen Brauen stiert« ein mitztrausscher Blick und«r folgte mit gehemmter Neugier. Der Direktor sah chn an, es war«in langer Blick, in dem alle Gefühle lagen, die ein Mensch, der Zuchthausdirektor sst, einem armen Teufel, einer Nummer gegenüber haben kam,. Cr blätterte in den Akten und ging dann mit seinem Blick aus Defiderio spazieren, und der Blick sing bei den groben Gefangenenschuhen an und endete bei den struppigen Haarborsten. „Du bist der Neffe der Fortunata Baker, die zuletzt wohnhast war in San Franziska, Inhaberin mehrerer Schontstätten, Hotelbe- sitzerin?" Bor Desiderios Blicken verschwamm der fragende Direktor, und die ganze Gegenwart versank wie hinter einem Schleier. Fortu- natu, Tante Fortunata? Ja. man hörte nichts mehr von ihr, man wollte nichts von ihr hören, denn man hatte doch auch fein« Familien- ehre, nicht wahr? Er, Defiderio hatte sich den Teufel um den Familisntrassch gekümmert, er war der Tante Fortunata niemals gram gewesen, nein, gewiß nicht. Baker, ja Baker,— das war der Name des Negers, den sie drüben geheiratet hatte, und mit dem sie in einem verrufenen Mertel San Franziskas eine Schenke aufgemacht, und von da an hatten sie alle nichts mehr gehört. „Nun," sagt« der Direktor,„du brauchst dich nicht zu besinnen, es sst schon alles nachgeprüft und es stimmt schon." Defiderio Zamucci, die Nummer 248, starrte den Direktor an, mtt kindlichen Augen, hilflos und erwartungsvoll. „Du hast noch zehn Jahre Strafe zu verbüßen." Defiderio schüttelte den Kopf. Er hatte den Sinn für die Zeit verloren. Der Direktor stand auf, rieb mtt einem Tuch über die Brillengläser, ohne die Brille abzunehmen und sagte dann nebenhin, wie sei es dem Ge- fangenen leicht zu machen, die Tassach« zu begreifen:„Die Fortunata Baker ist verstorben. Sie hat eine Million Dollar hinterlassen. Du bist der einzige eingesetzte Erbe." Defiderio streckte die Hand aus, schwach, als der Direktor fort- fuhr:«Nach deiner Entlassung erhälsst du das Geld. Es wird bei den Staatskassen deponiert."
Defiderio machte im Hofe seinen Trott zu Ende, dann ging er mit den anderen in seine Zelle zurück. Cr hotte noch nichts be- griffen. Dann kam die Nacht. Und in der Nacht, im Träumen, löste sich fein Bewußtsein, er träumte nie, und jetzt, da er fühlte, wie die Gedanken, die armen Gedanken seines armseligen Hirns auf- gescheucht wie Fiedermäuse zu Kressen begannen, fürchtete er sich vor dem Alleinsetn. Und es half nichts, daß er widerstrebte, langsam bildeten sich in ihm Begriffe, ungeheuerlich, märchenhaft, unwirkliche Begriffe von Reichtum. Das Gehaßte war sein, seine Träume gingen durch Mauern, aber die Mauern ließen den Leib nicht durch und stießen ihn mit Hohngelächter zurück in Trostlosigkeit: im Kerker reich zu sein bedeutet nicht reich zu fein. Er kratzt« sich die Nägel wund an dem Stein feiner Zelle, er zerbiß sich die Lippe in dem unausge- fprochenen Gefühl, sich Schmerz, körperlichen Schmerz zu verschaffen wüter die Pein seiner Gedanken,— er wollte sich zurückquäle» in die Zeit, in der er noch nicht denken konnte, es ging nicht mehr, er mußte denken. Der Gefängnisgeistliche, voll freundlicher Anteilnahme an dem Geschick des Gefangenen, versprach ein Gnadengesuch aufzusetzen, und der Direktor befürwortete es in der Tat. Inzwischen machte die seltsam« Geschichte die Rund« durch Zeitungen, und er erfuhr nichts davon. Di« Zelle, sonst freundlicher Ausgleich täglicher Oed«, ein- geordnet in sie, wurde jetzt Feind, jeder Quaderstein wuchs zu einer unerfüllten Möglichkeit. Ein Weib, ein Haus,«in Pferd, ein Auto- mobil, eine Resse:— jeder Stein, jeder Gitterftaü seiner Zelle bekam ein Wunschgesicht, das ihn verhöhnte. Jeder Gedanke stach in die aufgerührte Seele, daß sie schrie aus ihrer Tumbheit heraus,— es war ein Schicksal grotesker Derworrenheit, in das die Nummer 248 gefallen war, zum Gelächter derer, die es nicht betraf. Der Geistliche suchte ihn zu trösten, und noch verheimlichte er ihm, daß die Regierung sein Gesuch abgelehnt hatte, mit dem gnädigen Anheimgeben, es nach weiteren fünf Iahren, also noch einer Gesamtstrafe von zehn Iahren und bei untadeliger Führung des Sträflings zu wiederholen. Aber es war kein Trost möglich, Defi- derio verstand den Priester nicht. Als ihm der Direktor an dem folgenden Tage kalt sagte,«es der Geistliche bereits wußte, schrie 248 einmal aus wie ein Tier, ließ sich aber dann willig in seine Zell « führen. Der Arzt, der chn untersuchte, fand kein« körperliche.Krankheit. Der Gefangene aß wie die anderen, ober er nahm gleichwohl ab und sah aus wie«in Skelett und war zu schwach zur Arbeit. Der Mond mit schmaler roter Sichel stand über Desiderios Zellenfenster, gerade in der Mitte, und er versilberte die Gitter und das Glas, und ein Schimmer lag in der nächtlichen Zelle. Der schlaflose Gefangene stellte sich in dos Licht und sah mit stieren Augen in den steten Mond. Und sein gehetzter Verstand zerfiel. Defiderio Zamucci. der Erbe der Fortunata Baker, rannta mit dem Kops gegen die Zellenwand, und sein Schädel brach an der- selben Stelle, an der damals Chiarelli den tödlichen Streich empsm- gen hatte.
Von Dr. Ruöols Katz.
Die Münchener„Gesellschaft für Licht- und Farbensorschuvg" hat fett einer Reih« von Iahren Versuche vornehmen lassen, bei denen erwiesen wurde, daß man mit bestimmten Farbenzusammenstellnngen auf die menschliche Psyche Wirkungen auszuüben vermochte, von denen man bisher nur wenig wußte. Die ersten praktischen Ergebnisse waren vor 20 Jahren dem amerikanischen Arzte Dr. Zell er gelungen, der im Krankenhaus Veranden mit rubin-, bernstein- und opalfarbenem Glas bauen ließ, in denen Wäiüte, Bettzeug und künstliches Licht harmonierten. Auch das 1046 gegründete„College of Chrornatics* stellte fest, daß bei der Behandlung nervöser Pattenten die neu« Heilmethode mit Forben auffallend wohltuend wirkt, so daß nach diese» Erfahrungen das farbige Fenster verdient, in den Heilstätten bald eingeführt zu werden. Schon im frühen Mittelalter hat man erkannt, daß durch bunte Kirchenfenster eine milde, träumerische, das Gemüt beeinflussende Stimmung erzeugt werden konnte In der Heilkunde find be- sonders die gelben, blauen, roten und violetten Farben von Bedeu- tung.„Rat" ist mit der gleichen Vorsicht zu verwenden wie Aiorphium und Chloroform: es beunruhigt und erzürnt gewisse Tiere, den Menschen regt es an, kann aber im Uebermaß das seelische Gleichgewicht bei empfindsamen Personen stören. So fand man ärztlicherseits, daß der Zustand tobsüchtiger Patienten sich in einem Raum mit vorherrschendem Rot schnell verschlimmerte, während sie unter dem Einfluß blauen Lichts still und ruhig wurden. Wie in der Musik, so gibt es auch in der Farbenkunde ein Dur und Moll, d. h. harte und weiche Töne. Me„Blau " enthaltenden Färb- töne nennt man hart, kalt, auch dunkel; alle Rot- oder Gelbsarben lösen eine weiche, wärmere Empfindung in uns aus, man bezeichnet sie auch als helle Farben. Bei den Heilversuchen wurde eine dreifache Wirkung der Farben beobachtet: lindernd, wenn sie Nachdenklichkeit. Gleichgültigkeit. Resignation herbeiführt: wieder- herstellend, wenn sie Zufriedenheit und Ausgeglichenheit weckt und o n regend, wenn sie Hoffnung. Entzücken, Wünsche, Streben, Ehrgeiz und Tatkraft erzeugt. Als anregend hat sich„Gelb" erwiesen. Bemerkenswert sind in dieser Hinsicht die Beobachtungen, die Dr. Ponza im Irrenspital zu Alessandria (Piemont) machte. Er benutzte die Rotkammer erfolgreich zur Behandlung der Nieder- geschlagcnheit, durch„G e l b" wurden kalte(siebcrloses, chronische und Lähmungszustände gelindert, während sich bei Fieber„Gelb" als schädlich erwies und auch Melancholisch« in einem gelben Räume grämlich wurden..Blau " leistet die besten Dienste bei Reizbarkeit („kühlend, lindernd").„Orange" täuscht das Sonnenlicht vor und war daher stets anregend und gesundheitsfördernd: Malven» färben und„Violett" waren lindernd, besänftigend und er- zeugten Schlaf. Ebenso wirkt„Grün" bei der Behandlung ner- vöser Störungen, da es als Betäubungsmittel wirkt und Ruhe her- »orbringt. Interessant war, daß ein von Dr. Ponza-in die Rot- kainmer gebrachter Patient mit krankhafter Schweigsamkeit schon nach drei Stunden heiter und leusselig wurde und daß ein anderer Patient, der jede Nahrung verweigert hatte, nach 24 Stunden in einem roten Raum« ein Frühstück verlangte und mit großem Appettt aß.
Am merkwürdigsten und neu sind die LersUchsergebnisse im dunklen, schwarzen Raum mit schwarzem Fußboden, schwarzen Betten, schwarzen Wänden und Vorhöngen. Ein« der aus- geregtesten Patientinnen fand in ihm Schlaf und konnte schon nach drei Tagen sichtlich gebessert in ihren Ponillon zurückkehren. Trotz der bisher erzielten Erfolge ist die Theorie der Farbenver- wendung noch ausgestaltungssähig, da bisher stets nur die Wirkung einer einzigen Farbe erprobt wurde, während sich doch der Raum- fünfücr eine Farbenwirkung ohne„ZweiNong" nur schwer vorstellen kann. Bei der Zusammenstellung der Farben dürfen natürlich nie- mals solche nan gleicher Sättigung und Helligkett Verwendung finden. Jedenfalls wird es die Aufgabe weiterer ärztlicher Beobachtung sein, i n welchem Umfang die für den Künstler und Innenarchi- tekten geltenden Gesetz« der garbenzusa m m e n st e l l u n g und Harmonie auch für die ärztliche Behandlung Geltung liaben! Die unempfindlichen Insekten. Lebhasten Unwillen und Empörung erregt es bei jedem Men- schen. wenn er mitansehen muß, wie rohe Kinder gefangenen In- selten Flügel und Bein« ausreißen und sie in jeder Weise martern. Viele Beobachtungen, zuletzt die des Amerikaners H. Aaftin, führen jedoch zu der tröstlichen Zlnnahme, daß die gequälten Tiere mög- licherweiie dabei gar keinen Schmerz empfinden, so seltsam das klingen mag. Iirsckten haben, ihrer Kleinlieit gemäß, Organe von unvorstellbarer Empfindlichkeit, und Ameisen sehen anders als wir auch ultraviolettes Licht, zeigen auch beim Kneifen der Antennen und Actzwirkung ein gewisses Unbehagen. Ueberraschend aber sst Fords Versuch, der beweisen wollte, daß Pienen den Honig hauptsächlich durch den Gesichtssinn finden. Er schnitt ihnen den ganzen Vorderteil des Kopfes mtt Mund- und Fühlern weg und ließ ihnen nur die Augen. Als sie nun freigelassen wurden, flogen sie ohne Anzeichen eines Schmerzes zu der nächsten Blüte und versuchten. allerdings vergeblich, Nahrung aufzunehmen. Libellen kann man den ganzen Vorderleib wegschneiden, uird sie fahren dann fort, mtt unersättlicher Gier zu fressen, da ja ihr Fassungsvermögen kein« Grenzen hat und die ansgenrnnmene Nahrimg am freien Endo des Derdauungsopparates einfach hinausfällt. Reo. Th. Wood sah. wie eine Libelle, die zufällig ihren Hinterleib verlor, noch dreißig Bienen und schließlich den eigenen abgerissenen Korperteil ausfraß. Dies zeigt auch eine Photographie Bastins, auf einer anderen sieht man, wie«ine Wespe ohne Hinterleib an einem ihr vorgesetzten Siruptropfen saugt und die Flüssigkeit das andere freie Ende als glänzender Tropfen verläßt. Wird eine Libelle beim Fraß von einem größeren Tier angefallen, so läßt sie ihre Beute nicht losz sondern frißt ruhig wetter, während ihr Feind sie schon halb ver- speist hat. Auch wurde beobachtet, daß man schlafende Schinetter» linge mit einer Stecknadel durchbohren kann, ohne daß sie erwachen. Es scheint also die Natur den kleussten Tieren, dv« ja unzähligen Schädigungen ausgesetzt find, durch die Einrichtung der Unempfind- fcchkett gegen Schmerz zu Hisse zu kommen.