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Dienstag

28. Februar 1928

Unterhaltung und Wissen

Monarchisten.

Bon Florian Morgenroth.

Barone, die möblierte Zimmer geben. Die Gräfin A. hält einen Mittagstisch So fristen viele seufzend dieses Leben, Auf andere Seiten hoffend fed und friegerisch. Sie find verstimmt und wollen sich nicht fügen Dem neuen Geist, der in den Zeiten mebt; Sie träumen noch von blutgetränkten Stegen, Um die ein Schimmer eitlen Ruhmes schwebt. Oft sind sie neit an Körper und Betragen Und ihre Haltung scheinbar harmlos- flar; Doch nie verstummt ihr weinendes Beklagen Der alten Zeit, die doch so anders war. Gie flagen um die weggeschwommenen Felle, Die fetten Stellen und den Ehrenpreis, Sie sind auf Orden aus und auf Duelle Und meinen um der Fürsten Unglüd leis. Sie flagen um den Fall des Baterlandes Und meinen thren eignen Fall;

Sie flagen um den Untergang des Standes, Der thre Rafte war und Burg und Wall 21h, immer ist's der alte Schwindel Bom Patrioten, der sich selber meint, Und schon als Säugling in der Windel Höchst vaterländisch um sich felber meint.

Die Neger.

Bon Paulus.

Nacht überm Montmartre. Die riesigen Glühbirnenflügel an her Roten Dühle ziehen ihren feurigen Kreis hoch über dem Boule nard; tote, blaue, meiße Rachen, Fanale und Rufe aus Licht und Farben antworten von den Fassaden der unzähligen Bars, Dancings unb Kinematographen. Dunkel und eng schleichen die Seitengäßchen den Berg hinauf, hinab, niemand beachtet sie. Der Boulevard ist das breite Bett, in dem der Menschenstrom unaufhaltsam bahinfließt. Drinnen in der Roten Mühle, in den billigeren Kellern, tanzt Baris Baris unter sich, denn der Winter ist feine Fremdenfaison in Baris. Biel Zivil, einige blaugraue Uniformen, viel Neger. Mehr, als man mohl an irgendeiner anderen Bergnügungsstätte Europas finden mürde. Sie schieben merkwürdig ernst über das Parfett, mit edigen Bewegungen, als schlügen die Rhythmen der Jazzband wie Sommandomorte in ihren Knochen. Wäre nicht die Hautfarbe, so mürden diese edigen Bewegungen fie unterscheiden van den Fran­zofen, die immer noch versuchen, Melodie und Weiche in den ham mernden Laft ber modernen Lanzmusif hineinzubringen. Die brauen Negergesichter lächeln auch nicht wie die Pariser beim Tanz, fie sprechen nicht beim Tanz mie diese, ihre Augen sehen weit und ernft von ihren Tänzerinnen fort. Aber sie lassen feinen Tanz aus, find die ersten auf dem Barfett, die letzten auf dem Sipplag. Dort machen fie auf aus der Hingebung an den Tanz und bemühen fich, in zivilisiertem höflichem Französisch ihre weißen Begleiterinnen zu unterhalten. Doch wenn sie ohne Damen fizen, zu brei oder vier zufammen an einem Tisch, haben sie fich wenig zu fagen. Benige gutturale, frembartige Morta

Ein Neger figt an einem Tisch und tanzt nicht. Ein blaugrauer Golbat und zwei Begleiterinnen find an demselben Tisch vom Sellner gejeti morden, als der Reger schon längst bei seinem Glas Orangeabe faß. Die drei Bariser find laut und lebhaft, anzügliche Morte über den Neger gelten der zweiten Begleiterin, die fizzen bleiben muß, menn der Soldat mit ihrer Schwester tanzt. Der Neger ist stumm und scheint nichts zu hören. Seine Kleidung ist nicht elegant, aber fauber, sein Stragen weißer als der vieler Pariser im Saal, die Haare ftraff zurückgebürstet.

Er tanzt nicht. Aber seine Blicke folgen den Tanzenden demütig mie ein Hund, ber seinem Herrn hinterherlaufen muß. Wenn die anderen Reger vorbeikommen, grüßt ihn der eine oder andere, aber fie sprechen nicht miteinander. Er trinkt auch nicht, das Glas war noch immer dreiviertel voll, die langen braunen Hände lagen lässig und schlafend neben dem Glas. Nur die Augen des Negers lebten. Lebten, wenn sie den Tänzerinnen folgten, lebten, menn fie nach innen gefehrt irgend etwas in den Tiefen des Gehirns zu suchen fchienen.

Nach vier, fünf Tänzen wurde der stumme Gaft dem jungen meißen Soldaten zu langweilig. Er beugte sich vor und rief gut­mütig: Tanzen, mein Herr!"

Der Neger lächelte. Zum erstenmal während des ganzen Abends entblößten die vollen Lippen die großen gelben Zähne. Er schob ein Bein aus dem Tisch, schwerfällig, steif. Und bewegte die Lippen.

Berdun

Er winkle dem Kellner. Er zahlte. Und mit einem entschuldigen den Lächeln zu den dreien, die betreten dasaßen, fügte er hinzu: Es ist sehr gefährlich, wenn Europa zum Mittanzen auf forbert." Er ging, mit steifem Humpeln. Grüßte ein paar Neger, die er auf dem Wege zum Ausgang traf. Schmetternd setzte die Qua­brillenfapelle ein; die fünfzig Tänzerinnen der Roten Mühle rauschten in den Saal, begannen ihren wirbelnden Cancan. Sie nahmen den ganzen Saal gefangen, auch die drei Bariser. Sie bachten nicht mehr an die Worte des Negers. Vielleicht waren es auch nur Worte.

Ein seltsamer Hirsch, der ausstirbt.

Einer der unbekanntesten Bertreter der Hirschfamilie, der sich zubem durch eine höchft seltsame Erscheinung auszeichnet, ist der Davids- oder Miluhirsch. Wie Dr. Ludwig Bulowffy in Hagenbeds Muftrierter Tier- und Menschenwelt mitteilt, lebt dieser Hirsch heute nur noch an einer einzigen Freistatt , nämlich zu Woburn Abben, der Beligung des Herzogs von Bedford, wo sich gegenwärtig noch 62 Miluhirsche, und zwar 28 Hirsche und 34 Kühe befinden. Die Ent bedung dieses Tieres gelang dem Jefuitenpater David, der die Rühnhelt hatte, in den großen faiserlichen Bart zu Beting, beffen Betreten ftreng verboten war, einen verstohlenen Blid über die

Beilage des Vorwärts

Das Theater ohne Vorhang.

Russische Theatereindrücke von Lola Landau .

Hörraum zur lebendigsten Einheit verschmolzen.

In mener hold- Theater Don Moskau ist die Bühne| Rängen die Stimmen anderer Spieler erdröhnen, sind Bühne und vom Zuschauerraum durch feinen Vorhang getrennt. Mit seinen feltsamen Gerüsten, Leitern und Treppen, den neuen Dekorationen, liegt der Bühnenraum offen vor allen Bliden wie ein Bauplag. In den Baufen wird die Szenerie schnell gewechselt, so daß der Zuschauer frei in das Getriebe hineinblicken fann. Aber das Menerhold- Theater, die egiremste Bühne moderner Kunst, ist gleich zeitig ein Symbol für das heutige Theater Rußlands überhaupt. Der Borhang ist zerrissen zwischen Traummelt und Wirklichkeit. Die Kunst bedeutet dort mehr als der glitzernde Spiegel des Lebens; sie ist die unmittelbare Fortsetzung des Daseins selber.

Es ist bemerkenswert, daß ein Theater, das die Wirklichkeit von heute am nächsten berühren möchte, nämlich die Meyerhold Bühne, den Naturalismus am heftigsten bekämpft hat. Diese neue Kunst will den überflüssigen Zierrat der vielen Kleinen Dinge ver­meiden, und das nackte Besen der Gestalten und Erscheinungen in ihrem Kern herausschälen. Es möchte die logische tare Konstruktion der Maschinen auch in seinem Aufbau erreichen. Statt einer Bimmerdeforation ader einer Landschaft stellt es als Andeutung einen Tisch oder die imaginäre Form eines Baumes auf. Dafür aber befinden sich auf der Bühne sonderbare Gerüste, Treppen, Leitern, Turngeräte und Schaufeln, an denen sich die heftige seelische Bewegung unmittelbar in den Ausdrud förperlicher Bewegung um­sehen soll. Tatsächlich sind diese Ausdrudsformen dem Expressionis­mus start verwandt, mur daß sie dort immer die Verbindung mit dem Leben der Wirklichkeit suchen, also die raftlose Tätigkeit der Maschinen, bie Dynamit der Arbeit, die das werftätige Bolf in Rußland ergriffen hat, wiedergeben wollen. Die Kostüme find ftilifiert, manchmal zur Groteste gesteigert. Vor allem aber ist bás Spiel felber befreit von allem naturalistischen Beiwert. In einer charakteristischen Szene angelt ein Basabund Fische. Weder ist ein Wasserlauf angedeutet, noch hat der Mann eine Angelschnur in der Hand; auch ist tein Fisch zwischen seinen Fingern zu sehen Aber die ausbrudsvolle Bewegung der Hände, das ruchafte Hinaufziehen, die zitternde Gier der vertrampften Finger, die den nassen Fischleib festhalten wollen, bringen eine außerordentlich groteste Birtung hervor und erfüllen damit die Absicht der Regie. Denn dieses Stüd: Der Wald", ein klassisches Drama von Oftromsti, sollte durch die Bearbeitung Meŋerhrlds, der fogar neue Szenen eingefügt hat, das veränderte Gesicht einer scharfen Gesellschaftsfatire erhalten.

Das Drama Der Wald", symbolisch das Didicht, in dem die Menschen, ohne sich zu verstehen, blind umbertappen, schildert ur fprünglich die komische Verliebheit einer alten Junafer. einer reichen Gutsbefizerin, die heiratsmütig dem Liebhaber ihrer Nichte nach stellt. 3mei herumziehende Komödianten fommen zufällig auf diesen Gurtshof und bewerben sich, beide, der Selbentenor" wie der Romifer", um die vermögende Alte, müssen aber enttäuscht wieder das Haus verlaffen. Diese Lustspielhandlung wird bei Menerhold zum Anlaß, in der Gutsbeftherin die Gesellschaftsschicht des früheren Landadels zu faritieren und gleichzeitig in dem Heldentenor" das falsche Bathos einer veroanoenen Schauspielkunft zu verspotten. Durch die Gestalt des Komiters" aber arbeitet er eine Clownerie heraus, die sich als selbständige Burleske und Varieténummer heraus, die sich als selbständige Burleske und Varieténummer durch das ganze Drama bewegt. Es liegt in der bewußten 2bficht des Menerhold- Theaters, die Schauspieler in ihrer Körverkultur bis zur Vollendung auszubilden und den seelischen Ausdrud in die plastische Sprache des Körpers, in afrobatische Gebärden hinüber zuleiten. Jede Empfindung sowingt schlieklich in einer Bewegung meiter; in der Meyerhold - Bühne wird diese Bewegung allerdings auf extremiste turnerische und tänzerische Formen übertragen. In dieser Art frielt das Meyerhold- Theater Komödie. Anders allerdings geftalten sich die ernſten revolutionären Stücke. Wenn dann die Maffen, die von den durchnebildeten Körpern der Künster zu einem einzigen Rhnthmus geballt find, von der Bühne in den Buschauerraum hinabstürmen, und aus den Parketten und von den

Mauer zu werfen. Dabei erblickte er äußerst seltsam gestaltete Hirsche mit rinderartigem Körperbau, plumpen Gliedern, efelartigem Schweif und einem Geweih, das den Tieren verkehrt auf dem Kopfe zu fizen schien. Auf die Mitteilungen Davids hin erkannte der Zoologe Milne- Edwards 1866 in diesem Tier eine bisher unbekannte Gattung, die er unter dem Namen Elaphurus davidianus in dic Wissenschaft einführte.

Seit dieser Zeit sind Miluhirsche in verschiedene zoologische Gärten Europas gelangt, und man stellte fest, daß diefer Hirsch der einzige ist, der sein Geweih zweimal im Jahre wechselt. Butowsky hat an dem Hirsch, der vor dem Kriege in Hagenbecks Tierpart lebte, tägliche Beobachtungen vorgenommen und festgestellt, daß er Anfang März 1913 und dann wieder Mitte September 1913 beide Stangen abwarf, am 17. März 1914 die linte, am 19. März die rechte Stange und dann am 15. Oftober wieder beide Stangen. Dagegen brunsten diese Hirsche nur einmal im Jahr, und zwar im Juni und Juli; die Kälber werden im März und April gefeßt Die Gründe für die un­geheure Stoffverschwendung der Natur bei diesem zweimaligen Ge­weihwechsel liegen noch völlig im Dunkeln. Das Gemeth, das sehr fremdartig anmutet, zeigt bei näherer Untersuchung eine Berwandt­schaft mit dem des Renntlers und des indischen Sumpfhirsches. Den­noch steht der Milu auch in seinem Geweih durchaus abgesondert von den anderen Hirschen.

Seine Eigenart drückt sich in seiner ganzen Gestalt aus. Seine Haltung läßt mehr auf ein Rind schließen. Der Leib ist tonnen­artig rund, und es ist ein sehr merkwürdiges Bild, wenn solch ein Hirsch mit plumpen Schritten im Stechtrab mit hochgestelltem Webel paherzieht, wobei auch das bei jedem Schritt erfolgende Krachen in den Fesselgelenken auftritt. An der Unterseite des Kinns hat der Tilu ein merkwürdiges brüfenartiges Gebilde, deffen Bedeutung noch ungewiß ist und jetzt an den Tieren im Part des Herzogs von Bed forb unterfucht wird. Auch die Färbung des Hirsches weicht von ber anderer Hirsche ab; es ist im Sommer ein rötliches Gelbbraun mit weißlichen Läufen, im Winter ein gelbliches Grau mit dunkler Mähne. Das Eremplar, das im Winter 1914 in Hagenbeds Tier­part einging, war das legte auf dem europäischen Kontinent. Nach Mitteilungen aus China sind auch die Bestände im Beringer Bart und in der Mandschurei vollständig ausgerottet; mur noch in Woburn Abben eristiert der Hirsch, der ein so merkwürdiges Raturdenkmal ift.

Eine dritte Spielform der Meŋerhold- Bühne ist die Revue, in melcher häufig der Film mit dem Sprechtheater abwechselt. So murde fürzlich eine Revue Fenster ins Dorf" aufgeführt, eine Schilderung des Bauernlebens im heutigen Rußland . In furzen Bildern von stroßender Farbe und Lebenslust, in denen das Bewegungselement voll zur Geltung fam, wurde das bäurische Leben, die Lesehütte, die Analphabetenschule, ein Fest im Freien wie ein fröhliches Bilderbuch aufgerollt.

Der Gegenpal der Meŋerhold- Bühne ist das Mostauer Künstlertheater unter Stanislawiti. Obwohl diese Bühne ihren naturalistischen Kunstglauben bewahrte, liegt fein Stäubchen des Alters auf ihren Farben. Wenn sich diese Kunst heute der zeitlichen Inhalte bemächtigt, so bricht das Leben jelber vielfältig und glühend auf der Bühne aus. Meyerhold ist der plastische Architekt, Stanislawski blieb der Mufitant seiner Zeit. So läßt er in dem Drama Die Tage der Familie Turpin" durch alle 3wischentone der Einzelschidsale imunerzu das Dröhnen des Bürger­frieges hindurchbrausen. Diesem Drama, das einmal die gegnerische Seite der Revolution unverzerrt, in tragischer Beleuchtung darstellt, murde im Anfang feines Erscheinens der Vorwurf der Gegen revolution gemacht. Aber es zeigte sich, daß die fünstlerische Birtung bei der neuen Generation, die in den Publikumsreihen saß, das Gefühl der Gegenwart mur erhöhen konnte. Eine edle schöne, aber sterbende Welt wurde hier gezeigt, eine Welt, die sich mehmütig genoß und sich selber auflöfte.

Es fällt auf, daß trotz Stanislawstis Inszenierung die Erotik als Grundthema oder der Liebe als Mittelpunkt eines Dramas fast völlig im modernen russischen Theater fehlt. Natürlich find erotische Elemente in den russischen Tanzspielen, in historischen Opern und in der Operette vorhanden. Auch sah man bei Tairoff den interessanten Bersuch einer fünstlerischen Operette, welche afrobatische Gruppentänze mit finnenfroher refznoller Bewegung verband.

Oder aber die Darstellung der Erotit wird als Hilfsmittel ge­braucht, um in satirischer Berzerrung die Schwächen einer degene­rierten Gesellschaft zu geißeln. Unvergeßlich bleibt die Aufführung einer Szene im Jüdischen Theater, die einen Tanzabend bei einer schmarogerhaften Familie zeigte und den Ausbrud der modernen Tänze einen schauerlichen 3ynismus gab. Marionettenhaft mit geschminkten Gesichtern zogen diese Paare wie in einem gespenstischen Lotentanz vorüber, Erotik ohne Leidenschaft, die den Hauch der Verwesung in sich trug Das Drama Der Aufstand", das eine erotische Revolution schilderte, hatte fünstlerische Mängel; aber das wundervolle Zusammenspiel des Theaters machte es 311 Dichtung auf der Bühne, der erschütternden Tragödie der Getretenen.

einer

Eine leichtere Form der Kunst gibt das Revolutions- Theater, das mit der Darstellung von drastischen Typen die Komödie des revolutionären Alltags auf die Bühne bringt. Sehr oft wiederholt es Begebenheiten aus dem öffentlichen Leben, die jedem durch die Zeitung bekannt sind und als wirksamer Stoff dramatisiert wurden. So fließt das wirkliche Leben in mannigfacher Gestalt in das Theater hinüber. Theater hinüber. Als lebendiggewordene Zeitung wandert das Kabarett der Blauen Blusen", das sich nicht aus Perusskünstlern, fondern aus Arbeitern zusammensetzt, durch die Stadt es gibt sehr viele Truppen diefes Namens und überall. bald hier, bald bort, fpringt seine starte Wirkung auf, die ihren Quell unmittelbar in der Gemeinschaft der Zuhörer hat. Spielt doch dieses Publikum felber Theater. Es gibt keinen Arbeiterklub, der nicht an den freien Abenden Aufführungen veranstaltet, und mit welchem fünft lerischen Fleiß, mit welcher angeborenen Begabung wird dort Theater gespielt. Schon die Kinder in der Schule spielen Theater, nicht zu festlichen Gelegenheiten allein, sondern im Alltag des Schulbetriebes. Schulbetriebes. Theaterspielen ist für das russische Wolf eine urwüchsige Freude.

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Der ruhestörende Husten.

Der Husten, der bei den jest wieder so häufigen Erfältungen immer wieder gehört wird, ist nicht nur ein ftörendes Geräusch, das in Theatern und Konzerten, in Kirchen und bei Borlesungen un­angenehm auffällt, sondern er ist auch nicht ungefährlich, denn durch den Huften werden die Erkältungsbazillen übertragen. Bie tann man aber den Husten bekämpfen? Ein englischer Facharzt macht darüber interessante Ausführungen. Es besteht kein Zweifel," schreibt er ,,, daß die meisten Leute bei einiger Willensanstrengung 80 bis 90 Proz. ihrer Hustenanfälle vermeiden können. Gewiß empfindet man ein großes linbehagen, wenn man den Hustenreiz zum erstenmal unterdrückt, aber wenn dies gelungen ist, dann geht es das nächstemal schon leichter, und man huftet bald überhaupt nicht mehr. Leute, die an schweren und unbezwinglichen Husten­anfällen leiden, sollten überhaupt nicht in der Deffentlichkeit er­scheinen, wo sie das Bergnügen und die Aufmerksamkeit der andern so schwer beeinträchtigen. Aber wenn sie auf den Besuch der Theater und Kirchen nicht verzichten wollen, so ist wenigstens eine Vorsichtsmaßregel zu empfehlen: Man fann sich von seinem Arzt ein beruhigendes Mittel verschreiben lassen, das den Hustenreiz wenigstens für einige Stunden ausschaltet, und man sollte ein solches Mittel nehmen, bevor man eine Theateraufführung, ein Konzert oder eine Borlesung besucht.

Bielleicht ließe sich auch der folgende Borschlag durchführen: Alle 10 oder 15 Minuten fann der Prediger oder Vortragende eine Bause machen und zu seinen Zuhörern fagen: Ich höre jezt drei Minuten auf, damit Sie, soviel Sie wollen, husten und sich die Nase Schnauben fönnen." In den Theatern fönnte in den Zwischenatten eine Mitteilung gemacht werden, die vielleicht unter den Reflame­vorführungen erscheint: Husten nach Belieben gestattet, bis der nächste At anfängt." Die Einschränkung des Huftens, die durch folche Maßregeln hervorgerufen würde, wäre für die Huftenden selbst von großem Borteil, denn es ist bekannt, daß Huften Husten erzeugt; das Husten reizt die Schleimhäute immer mehr. Ein solcher Feldzug gegen das Huften sollte sollte endlich einmal eröffnet werden, und nicht nur die Schauspieler und Sänger, die Prediger und Bortragenden würden es uns danten, sondern auch das Publi tum und die Sustenben selbst."