InbaU de* blther enchlencnen Teil« de* Golddrfber- roman*»Der Schatz der Sierra Madre": Dobbs Ut in einer Stadt Mexikos auf der Suche nath Arbelt. Er findet nicht*. Ein Herr in weliera Anzug, der sich gerade von einem Eingeborenen die Sdiuhe putzen ISSl. schenkt Dobbs einen Peso, eine rer- hfilfnismSssig grobe Summe. Dobbs begibt sich nun in ein Loglerhaus, in dem solche Leute zu übernachten pflegen, die nichts zu verlieren haben. Alle NationalitSten sind unter den G&sten vertreten, es kommen welbe, gelbe, schwarze, braune, rotbraune Gesichter an den Schalter des Hausmeisters vorüber. Für einzelstehende Frauen und Mädchen sind besondere Daracfcen vorhanden. Meist waren es Küchenmädchen und Spülmädchen aus den Restaurants, die hier wohnten. t Fortsetzung. Die Mönner Hotten alle viel zu viel mit ihren eigenen Singe« fcgenhcUcn zn tun, als daß sie sich um die Mädchen bekümmert hätten., Und die Mädchen schliefen in diesem Hotel, wo alles so offen und unabgeschlossen mar, wie es sich nicht vorstellen läßt, sicherer als an manchen anderen Plätzen, die unter dem Namen„Gutes Familienhoter laufen. Die zerlumpten männlichen Schlafgäste des Ost» Negro würden den Mann totgeschlagen haben, der es gewagt haben würde, sich zu den Mädchen hineinzuschleichen und dort einen Unfug zu verüben. Es waren Gäste in dem Hotel, die hier schon zwei, drei, ja sogar fünf Jahre wohnten. Da sie immer dasselbe Schlafgestell innehatten, dieselbe Ecke bewohnten, so wohnten sie eigentlich ebenso sauber wie in einem Privathause. Nur ihre Schlafgenossen wechselten natürlich meist jede Nacht. SIber es kam vor, daß sich genügend Dauergäste zusammenfanden, die einen ganzen Rmun fiir sich füllten. Das Leben für die Männer war viel freier als in einem Privathause. Sie konnten kommen, wann sie wollten, ohne die Wirtin wütend zu machen, sie dursten gehen, wann sie wollten, ohne daß sich jemand um sie bekümmerte, und wenn sie schwer geladen heimkamen, so kümmerte sich erst recht niemand um sie. Schränke gab es nicht in den Räumen. Die Sachen hängte man an Nägeln auf, die in die Holzwände getrieben waren. Manche Gäste, die schon länger hier wohnten und in Arbeit standen, packten ihre Sonntagsfachen in eine große Holzkiste, die sie mit einem Dor- hängeschleß verschließen konnten. Slndre machten einen Ueberhang aus Sackleinen, um ihre Sachen vor Staub zu schützen. Wieder andere zogen kreuz und quer dicke Schnur über ihre aufgehängten Sachen, so fest, daß sich eine einzelne Hos« nur sehr schwer hervor- stehlen ließ.(Es wurde selten gestohlen! denn wenn jemand etwas im Arm trug, wurde er von dem Hausmeister mißtrauisch betrachtet, und wenn der Hausmeister gar die Hose kannte, daß sie einen, andern gehörte, dann kam der Spitzbube schon gar nicht damit durch. Und die Hausmeister konnten die Jacken und Hosen ihrer Dauergäste recht gut Der Hauemeister saß ziemlich eng in seinem Raum, denn der Raum war vollgepockt mit allen rnögsichMi Gegenständen. Kleine Pakete, klein« Schachteln, ganz klein« Handtaschen und solche Sachen, die sich kaum lohnten, daß man ihretwegen den Drahtkäsig auf- schloß, weil sie nur auf kurze Zeit hier abgegeben waren. Sie sollten in einer halben Stunde oder so abgeholt werden. Meist wurden sie auch in der oerabredeten Zeit abgerufen, manchmal aber logen sie auch Wochen hier und waren von dem Besitzer vergessen wordeiu der plötzlich abgereist war, vielleicht als Seeniann bis an das entgegengesetzte Ende der Welt. Denn wenn ein Schiff gerade rauefuhr und es fehlten Leute, so wurde der mitgenommen, der am schnellsten bereit war zu gehen und alles hinter sich im Stich ließ, gerade ging, wie er da stand. Dann war in dem engen Raum noch ein hohes Regal mit Hand- tüchern, Seife und Seiflappen aus Bast für die Badegäste. Es gab nur Brausebäder. Jedes kostete fünfundzwanzig Centavos. Das Wasser war tall und sehr knapp. Dann stand da noch ein Regal für Briefe und allerlei Papiere. E» war alles verstaubt. Endlich war da noch ein Geldschrank. Hier wurden die Wert- fachen aufbewahrt, die von den Schlafgästen abgegeben wurden: Geld, Uhren, Ringe und Apparat«, die Wert hatten. Unter solche» Apparaten waren Kompasse, Feldmeßinstrumente und ähnlich« Sachen, die Geologen oder Gold- und SUbersucher brauchten. Denn auch Leute, die solche Zlpparate hatten, kamen oft und tief herunter und landeten hier als Schlafgänger. Gewehre, Revolver, Angel- gerät« hingen auch herum. Dar sich auf der kleinen Ecke des Tisches, die noch frei geblieben war von Papieren, Paketen und Schachteln, log das dicke Fremden- buch. Hier wurde jeder Hotelgast eingeschrieben. Nur der Fa- milienname und die Bettnummer sowie die bezahlte Summe. Wie der Gast sonst noch hieß, welch« Nationalität er besaß, welchen Berus , welches Ziel und woher«r kam, das interessierte den Holelbesitzer gar nicht. Noch weniger interessierte sich die Polizei dafür, die sich da» Buch nie ansehen kam. Das Buch interessierte bestenfalls nitr noch die Steuerbehörde, wenn der Hotelbesitzer nachweisen wollte, daß man seine Einnahmen zu hoch festgesetzt hatte. Nur da, wo viel überflüssige Beamte herumlausen und vom Staate bezahlt werden, kümmert sich die Polizei um jeden Dreck und will bis auf die Färb« des einzelnen Haares einer SVorze wissen, wer der Hotelgast ist, woher er kommt, was er hier tun will und wohin er zu gehen beab- sichtigt. Die Beamten wüßten ja sonst nicht, womit sie sich beschäf- tigen sollten, und die Steuerzahler würden bald herausfinden, daß vmn sie nicht nötig hat. Dobbs kam hinein zu dem Hausmeister, legte feigen Peso auf den i'ch und sagte:„ßobbs, für zwei Nächte." Der Hausmeister blätterte in dem Buche herum, bis er ein leeres ictt fand, schrieb„Jodbs", weil er nicht richtig verstanden hatte und . höflich war, noch einmal zu� fragen, und fügte dann hinzu: Raum sieben. Bett zwei." „Gut," sagt« Dobbs und ging seiner Wege. Er hätte sich gleich ülllegen dürfen, den Rest des Nachmittags, die ganze Nacht, den , iirzen folgenden Tag. die darausfolgende Nacht und den ganzen lächsten Bormittag bis zwölf Uhr durchschlafen dürfen, wenn er wollt hätte Aber er hatte Hunger und mußte auf die Jagd gehen ' i-.-r aus den Fischfang. Die Fische bissen aber nicht so leicht an. Es gab ihm niemand >«05. Dann sah er vor sich einen Herrn im weißen Anzug gehen. ' holte ihn ein, murmelte etwas, und der Herr gab ihm jünfzig Ecntavos. Mit diesen fünfzig Centavos ging Dobbs erst einmal zu einem Chinesen, um zu Mittag zu esien. Mittag war zwar längst vorbei Aber es gibt immer Mittagesisn beim Chinesen, und wenn es schon zu spät ist, daß man es noch Comida Corrida nennen könnt«, dann nennt man dasselbe Essen eben einfach Eena, und das ist dann Abendesien, wenn es auch kaum vier Uhr von der Kathedrale ge- schlagen hat.
Dann ruhte sich Dobbs ein wenig aus der Bank aus, und end- [ich dacht» er an Kaffee. Er pirschte wieder eine Weile vergebens, bis er einen Herrn im weißen Anzug sah. Und der Herr gab ihm fünfzig Centavos. Ein Silberstück. „Ich habe Glück mit Herren im weißen Anzug heute." sagte Dobbs und ging zu dem runden Kaffeestand an der Seite der Plaza de la Libertad, die dem Zoll- und Pasiagierhafen am nächsten lag. Er setzte sich aus den hohen Barstuhl und bestellte ein Glas Kaffee mit zwei Hörnchen. Dos Glas wurde zu drei Viertel mit heißer Milch gefüllt und dann schwarzer heißer Kaffee draufgegossen, bis das Glas bis an den Rand gefüllt war. Dann wurde ihm die Zuckerdos« hingestellt, die zwei schönen braunen Kreuzhörnchen und «in Glas Ciswasier. „Warum habt ihr Banditen denn den Kaffee schon wieder um fünf Centavos erhöht?" fragte Dobbs, dabei verrührte er den Berg Zucker, den er sich in das Glas geschüttet hatte. „Die Unkosten sind zu hoch," sagte der Kellner, während er sich
Der Hmismeinter saß ziemlich eng...
mit einem Zahnstocher im Munde herumfuhrwerkte und sich dann gelangweilt gegen die Bor lehnte. Dobbs hatte die Frage nur gestellt, um etwas zu sagen. Für ihn und seinesgleichen machte es zwar sehr viel aus, ob der Kaffee fünfzehn oder zwanzig Centavos kostet«. Aber er regte sich über die Preiserhöhung nicht auf. 2V«tn er fünfzehn Centavos aufbringen konnte, dann konnte er auch zwanzig aufbringen, und wenn er keine zwanzig machen konnte, dann fehlten ihm auch die fünfzehn. Im Grunde genommen war es also ganz gleich. .Dich taufe keine Lose, verflucht noch mal, laß mich endlich zu- frieden," rief er dem Indianerjungen zu, der ihm schon seit fünf Minuten die langen dünnen Fahnen der Lotterielose vor der Nase herumschwenkte. Aber der Junge ließ sich so leicht nicht abweisen. „Ist die Lotterie des Staates Michoacan . Sechzigtausend Pesos der Hauptgewinn." .Mach endlich, daß du fortkommst, du Räuber, ich kaufe kein Los.' Dobbs tauchte fein Hörnchen in den Kaffee und schob es in den Mund. „Das ganze Los ist nur zehn Pesos." „Hundesohn, ich habe keine zehn Pesos," Dobbs wollte einen Schluck Kaffee trinken, ober das Glas war zu heiß, er konnte es nickst anfasien.„Dann nehmen Sie doch nur ein Diertel, das ist zwei Pesos fünfzig." Dobbs hatte sehr geschickt das Glas an den Mund gebracht. Slber als er jetzt gerade trinken wollte, oerbrannte er sich die Lippen, so daß er das Glas rasch wieder hinsetzen muhte, weil es ihm durch das lange Hatten in den Fingern zu heiß geworden war. „Wenn du jetzt nicht sofort machst, daß du mit deinen gestohlenen Losen zum Teufel gehst, dann gieße ich dir dos Wasier ins Gesicht." Dobbs sagte es diesmal wütend. Nicht aus Wut über den ge- schäftstüchtigen Jungen als vielmehr aus Wut, daß er sich die Zungenspitze verbrüht hatte. An seiner Zunge konnte er seine Wut nicht auslasten, auch nicht an dem Kaffee, den zu vergießen er sich wohl hütete. Dorum ließ er feine Wut an dem Jungen ans. Der Junge machte sich nicht viel daraus. Er war solche Wut- ausbrüchc gewöhnt Auch mar er ein guter Kaufmann, der feine Leute kannte. Wer hier um diese Zeit Kaffee trinken und zwei
I Hörnchen dazu esien konnte, der war auch imstande,«in LotterielooS zum Besten des Staates Michoacan zu kaufen. „Dann nehmen Sie doch nur ein Zehntel, Sensor. Kostet nur einen Peso." Dobbs nahm das Glas mit dem Ciswasier auf und schielte dabei zu dem Jungen hin. Der Junge sah es, ging aber nicht vom Fleck. Dobbs trank einen Schluck von dem Wasier. Der Junge schwenkte ihm dabei seine Fahnen mit den Losen vor der Nase herum. Mit einem Schwupp hatte ihm Dobbs das Wasier ins Gesicht ge- schüttet, und die Lose trieften vom Wasser. Der Junge war aber nicht wütend darüber. Cr lachte nur, schüttelle das Wasier aus den Losen und strich sich mit dem halben Handrücken das Wasser von seinem zerlumpten Hemd herunter. Diesen Wosierguß betrachtete er mehr als einen Ausdruck freund- schoitlicher Geschäftsanbahnung, denn als ein Zeichen unverföhu- licher Feindschaft. In seinem kleinen Kopf hotte sich einmal die Meinung festgesetzt, daß derjenige, der ein Glas Milchkaffee trinken und zwei Hörnchen dazu essen könne, auch ein Los kaufen müsse, um durch einen Lotteriegewinn dies« Ausgabe wieder hereinzubekommen. Das größte Glas Kaffee geht einmal mit seinem Inhalt zu Ende. Dobbs drückte den letzten Tropfen heraus, der nur herauszuholen war. ohne dos Glas zerbrechen zu müssen. Endlich war auch die letzte Krume der schönen Hörnchen aufgepickt, und Dobbs gab feinen Fünfziger hin, um zu zahlen. Er bekam fünfzig Centavos heraus. in einem kleinen Silberstück. Darauf schien der Junge nur gewartet zu haben. „flaufeil Sie doch ein Zwanzigstel von der Manterreylotterie. Senjor. Kostet nur zwanzig Centavos. Hauptgewinn zwanzigtausend Pesos. Da nehmen Sie das. Das ist eine gute Nummer." Dobbs wiegte das Silbermünzchen in der Hand. SLas sollte er damit macheu? Zigaretten taufen. Cr hatte gerade jetzt nach dem Kaffee keinen Gesthmack auf Zigaretten. Lotterielos war weg- geworfen. Immerhin, weg nt weg. And man konnte ein paar Tage hoffen. Cs dauerte ja nicht viele Monate, sondern immer nur ein paar Tage, bis die Ziehung war. „Na. gib her dein Los, du Hundesohn. Nur damit ich dich endlich nicht mehr mit deinen Losen sehe." Eilfertig riß der kleine Kaufmann dos Zwanzigstel von der langen Fahne herunter. Es war ganz hauchdünnes Papier. So dünn, daß der Druck auf der rückwärtigen Seite vbenf» stark war wie auf der Vorderseite. „Das ist ein« sehr gute Nummer, Sensor." „Warum spielst du sie denn da nicht selbst?" „Ich habe nicht das Geld dazu. Da ist das Los. Dielen vielen Dank, Senjor. Beehren Sie mich beim nächsten Mal." Dobbs schob fem Los ein, ohne sich die Nummer anzusehen. Dann ging er baden. Das war ein weiter Weg. Raus, weit hinter dem Cemeisterio. Dann den Berg hinunter zum Fluß. Eh« man herankam, mußte man über Kanäle und Pfützen springe» und durch sumpfige Stellen waren. Im Wasser tummelten sich schon Dutzende von Iirdlonern sowie von Weißen, die auf der gleichen gesellschaftlichen Stufe standen wie Dobbs und von dem lebten, was andere abfallen ließen. Badehosen hatte niemand. Aber es war auch niemand da. der sich doncm bekümmert hätte. Es gingen sogar Frauen und Mädchen an diesen Badestellen vorüber, die nichts Besonderes darin sahen, daß die Männer hier ganz unbekleidet badeten, und auch mit keinem Gedanken daran dachten, Aergernis oder Anstoß daran zu nehmen. Freilich� die feinen amerikanischen oder europäischen Frauen hätten es unter ihrer Würde gefunden, hier vorbeizugehen. Die standen oben auf der Höh«, auf den Bolkonen und in den Fenstern ihrer Häuser mit guten Prismengläsern und sahen den Badenden zu. Die Damen, die nicht hier wohnten, sondern auf der anderen Seite der Avenide Hidalgo, in der.Colonia Guadclupc und in den anderen Kolonien, die ließen sich von Damen, die hier wohnten, zum Tee einladen. Jede Dame brachte ihr Prismenglas mit, um— um sich die weite Landschaft von der Höhe aus zu betrachtest. Denn die Aussicht war sehenswert. Darum hieß die Kolonie hier auch Colonia Buena Vista. Das Baden war erfrischend, und Dobbs sparte fünfundzwanzig Centavos, die er für das Brausebad im Hotel hätte bezahlen müssen. Aber das Baden hat« auch wieder seine Schottenseiten. Da waren die Riesentosckenkrebse. die im Schlamm saßen. Und diese Krebse dachten zuweilen, die Zehen der Badenden seien gutes Fleisch, das man nicht verachten dürfe. Es zwickte ganz verteufelt, wenn so ein guter alter ausgewachsener Krebs ordentlich zupackte und mit der Zehe abrücken wollte.(Fortsetzung folgt.)
Kein Menschenkäfig...
sondern Leser der fltigenberg'Presse, die sieh die Köpfe einstoßen, am durch ein Gitter wenigstens die bunte Mütze eines exotischen Monarchen zu sehen.