Die innere Politik Deutschlands .
Ein Vortrag des Genossen Gevering.
Im überfüllten Gaale des Reichswirtschaftsrates sprach geftern bei einem Diskussionsabend der Freunde der Sozialistischen Monatshefte" Genosse Cart Severing über die innere Politik Deutschlands . Er befannte sich als überzeugter Unitarier und be tonte, baß die preußische Regierung immer, oft im Gegensatz zur Reichsregierung, in unitarischem Sinne gearbeitet habe. 1923, im schwersten Notjahr der Republit, als Stresemann in Konzeffionen an den Föderalismus fameit ging, banerischen Ansprüchen bei der Er. nennung militärischer Befehlshaber nachgeben zu wollen, sei Preußen dem Reich unerschütterlich treu geblieben. Schon damals fei eine Berwaltungsreform in Breußen zur größeren Berein heitlichung in Angriff genommen worden,
1925, nach der Räumung Beftfalens und eines Teiles des Rhein Landes , habe man eine Teilreform vorgelegt, in der bie Regierungs präsidenten abgeschafft werden sollten und 70 leistungsschwache Band treise durch Zusammenlegung beseitigt werden sollten. Aber man fand im Landtag teine Mehrheit
Die Sozialdemokratie fei Anhängerin des Einheitsstaates, aber er fei doch froh, daß Preußen nicht aufgelöst wurde, bevor die Dinge gereift find. Man müsse einmal bebenfen, was gefchehen wäre, wenn ein Reudell in den Jahren des Ueberganges preußischer Polizeiminister gewesen wäre.
Gewiß hofft die Linke mit gutem Recht auf starte Erfolge bei ben neuen Bahlen. Trogdem aber sei nicht barauf zu rechnen, daß fie die notwendige, nach der Verfassung erforderliche Zwei. brittelmehrheit im Parlament erlange, durch die sie die Bestimmungen des Weimarer Grundgefeßes, die föderalistisch sind, abändern fönnte. Aber auch dann dürfe man sich auf Untersuchungen und theoretische Abhandlungen nicht beschränken. Rationalisierung der Berwaltung tue not, und da müffe man sagen, daß gerade die Reichsregierung, die am fauteften nach Sparfamfeit geschrien, so gut wie nichts getan hatte.
Die Republifanisierung der preußischen Ber waltung sei unbedingt notwendig gewesen. Gewiß dürfe man die Bedeutung der politischen Beamten in den Oberpräsidien, den Regierungspräsidien und den Landratsämtern nicht überschäßen. Aber noch weniger dürfe man sie unterschäßen. Es sei notwendig gewefen, Republikaner des Herzens und der Gesinnung auf diese Bosten zu setzen. Das habe der Kapp Butsch gezeigt, bei dem nicht nur Reichswehroffiziere, sondern auch ein Oberpräsident und politische Beamte der Republit ihre Eidespflicht nicht innehielten. Es müsse gesagt werden, daß unter feinen Umständen das Präsenta tionsrecht ber Kreise und Bezirke höher stehen dürfe als die Lebens. bebingungen der Republit.
Es sei zu wünschen, daß die Republifanisierung ber Berwaltung ausgedehnt würbe auf Schule und Justiz. Und menn nach ben Maiwahlen Die Mehrheiten fich geändert haben würden, dann müßte die Linte trop gelegentlicher Koalitions schwierigkeiten den Willen zur Macht haben.
In der Diskussion sprach sich der demokratische Parteiführer Dr. Koch für einen Unitarismus aus, der fern Don Sentralisation fei und die Selbstverwaltung achte. Staatsminister a. D., Genoffe Seine verlangte vor allem, daß praktische Wege zur Erreichung bes Einheitsstaates geplejen würden.
Kubes und Ahlemanns Schuld. Wichtige Feststellungen des Untersuchungsausschusses.
Der preußische Untersuchungsausschuß über die Gememorde usw. nahm am Mittwoch die Schlußberichte feines Berichterstatters, des Gen. Ruttner, über die Fälle Grütte Lehber, Meger. Behrens und Wilms entgegen. Ohne Aussprache murden ble vom Berichterstatter vorgeschlagenen Feststellungen mit großen Mehrheiten angenommen. Im Falle Grütte- Lehder enthielten sich die Deutschnationalen der Stimme. Der Kommunist Obuch stimmte gegen fämtliche Feststellungen.
Wirtschaftsfriedliche Metallindustrielle.
STREIK
AUSSPERRUNG
" Das Feuer muß unbedingt gelöscht werden!"
BENZIN STATION
Gegen das Wettrüsten.
Eine Resolution der Züricher Erefutive.
Auf der Züricher Tagung der Internationalen Erefutive murbe| noch folgende Resolution auf Antrag Renaudels Frankreich angenommen, die sich gegen das Wettrüßten zur See wendet:
Die SA brandmarkt das Scheitern ber Bestrebungen der Abrüstung zur See an den Sonderfonferenzen in Washington und Genf , denen die Aufstellung eines un. geheueren amerikanischen Flottenbaupro grammes folgte, das den Anstoß zu weiterem Wettrüsten geben fann, und jedenfalls für lange Zeit jede ernsthafte und wirkliche Einschränkung der Rüstungen zur See gewissermaßen unmöglich machen fann.
Die S23. vertraut auf die Fortsetzung der energischen Agita fion der Sektionen von Nord- und Südamerita, bie die Gefahren einer folchen Rüstungspolitit aufzeigen, die überdies augenblidlich in den imperialistischen Interventionen in merito und Mitaraua zutage treten.
Die S23. fichert ihnen zu, ihnen ihre Unterstützung und So. libarität durch Propaganda für unverzügliche Rüstungsbeschrän fungen in Europa und durch den Drud, ben fie auf alle es gierungen ausüben wird, zu gewähren, bamit biefe ebestens die vor dem Bölferbund zur Diskussion stehenden Maßnahmen zur Beschleunigung ber brüftung und der Sicherheit der Böller
annehmen."
Der Antrag für
Abschaffung der Todesstrafe,
fordert der Kongreß die Bertreter der sozialistischen Barteien auf, in allen Ländern, wo die Todesstrafe noch besteht, alles was in thren Kräften liegt zu tun, bamit diefe barbarische Strafe aus dent Strafverfahren verschwindet"
Die Erekutive behandelte u. a. auch eine Reihe organisa torischer Fragen. Genosse Bandervelde, der bei seinent Eintritt ins Ministerium, gemäß den Statuten, seine Funktionen als Mitglied der Erefutive und des Bureaus niedergelegt hatte, tritt 1.an wieder in diese ein.
Es wurde eine Kommission zur Prüfung der Frage der Demokratifierung des Bölkerbundes gebildet, bestehend aus den Gen. Henderson( Großbritannien ), Brade( Frantreid), Iler( Deutschland ), Modigliani ( Italien ), de Broudère( Belgien ), Dubegeeft( Salland), Undén( Schweben), Leo Winter( Tschechoslowakei ).
Der Sozialdemokratischen Bartet Danzigs wurda, gemäß ihrer gestiegenen Mitgliebergaht, eine zweite Kongreßftimme zuer tannt. Diese Partei wird tünftig mit der deutschen Soziala bemotratifchen Bartei in Bolen eine Gruppe bitben, welde einen eigenen Bertreter in der Erefutive haben wird.
Dem Aufnahmeansuchen einer abgesplitterten fozialdemokra tischen Gruppe der Polen in der Tschechoslomatet mirb nicht Folge geleistet, ebenso wird das Aufnahmeansuchen der Sozial ber, wie bereits gemeldet, dem Brüffeler Kongreß unterbreitet morben bemokratischen Bartel der Türkei , mit Rücksicht auf die Unge ift, hat folgenden Wortlaut: tlärtheit der Verhältnisse zurückgestellt.
In Erwägung, daß die Anwendung der Todesstrafe als Strafe für gemeine Verbrechen unnötig und zmedlos fich erweist, weil statistisch bewiesen ist, daß diese Art Verbrechen in den Ländern, wo die Todesstrafe beseitigt ist, nicht zahlreicher Dorfommen, als da wo sie noch besteht,
daß aber das Bestehen der Todesftrafe in gewissen Ländern noch immer Gelegenheit bietet für reaftionäre Regierungen, in gewiffen Umständen fie auch gegenüber ben politischen Geg nern anzuwenden,
daß im allgemeinen die Todesstrafe anzusehen ist als eine Barbarei und eine. Schande für die Zivilisation,
baß aber in den meisten Ländern die Tobesstrafe noch häufig ausgeführt wird, auch in folchen Fällen, wo der Sachverlauf teine volle Klarheit ergibt, so daß Juftigirrtümer immer wieder Dorfommen und bas Gerechtigkeitsgefühl des Bolles schwer beleidigen,
Im Falle Meger- Behrens, bet bem es sich um einen Ergänzungsbericht zu den bereits früher getroffenen Feststellungen handelte, stellt der Ausschuß auf Grund neuerlicher Beweisaufnahme feft, bag bel ber ersten Fahndung der Kriminalpolizei auf Ober feitnant Schutz dieser durch eine ihm befannte Schreibmaschiniftin rechtzeitig gewarnt und über die Hintertreppe aus dem Gebäude des Sentralverbandes der Landarbeiter entwichen ist und Ahlemann aus Grütte- Cehders wiederholtem Morbauerbieten Für die Frage, ob noch weitere im 3dB. beschäftigte Personen fich im Falle Severing die gebotenen Konfequenzen gezogen hätten. an der Begünstigung des Schutz beteiligt haben, flegt hinreichenbes Im Falle Wilms stellt der Ausschuß feft, baß die Berhandlung Beweismaterial nicht vor. Merdings ist, wie festgestellt wird, ber gegen Schulz und Genossen, die mit den befannten Todesurtellen Abg. Behrens ben eindringenden Striminalbeamten in auf- endete, in voller Deffentlichkeit geführt worden ist. Der fälliger Weife entgegengetreten, doch ist nicht er ganz vorübergehende Ausschluß der Deffentlichkeit betraf einen wiesen, daß er dies getan hat, um ein Entweichen bes Schulz zu nebensächlichen Buntt und war für die Sache felber von begünstigen. feinerlei Bebeutung. Deshalb liegt au Beanstandungen der Ber handlungsleitung tein Anlaß von
Aus den Feststellungen im Falle Grütte- Behber ft folgendes hervorzuheben: Es ist nicht erwiesen, daß Wulle, Kube, Ahlemann von dem Morb an Müller- Dammers etwas gewußt, daß sie den Grütte- Lehder zu dieser Tat angestiftet oder die begangene Tat gebilligt haben. Dagegen stellt der Ausschuß fest, daß Grütte- Behber ver der Ermordung des Müller- Dammers mindlich und schriftlich an Ahlemann und Kube mit dem Anerbieten herangetreten ist, den Minister Severing zu ermorden. Kube und Ahlemann haben weder von diesem Anerbieten ble Polizei benachrichtigt, noch haben sie den minister Severing gewarnt.
Freigabegesetz angenommen.
Beide Häuser haben zugestimmt.
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Wie aus Washington gemeldet mirb, hat auch das Repräfen tantenhaus, nachdem der Senat der Freigabebill mit den von uns bereits gemeldeten Menderungen angenommen hat, bem Gefeß zu geftimmt. Im Senat hatte Senator Smoot feine Rede mit folgen ben Worten geschlossen: Ich glaube, daß diefer Gefeßentwurf eine der wichtigsten gefeggeberifchen Maßnahmen bar. stellt, die je dem Kongreß vorgelegen haben; er ist von weitreichen ber Bedeutung in ber internationalen Politit, er betrifft ungeheure Summen Geldes und er berührt die Interessen eines gewaltigen
Streifes von Berfonen. Die Brinzipien des Entwurfs find gefund. Ich freue mich aufrichtig, daß die Bill mun bald Gesetzestraft erlangt."
Bei den Zuständen des Jahres 1923 und bei der fanatischen Berstellt, anlagung des Grütte- Lehder, der ja tatsächlich den Müller- Dammers ungebracht hat, mußten Rube und Ahlemann aber damit rechnen, daß Grütte- Lehder das Attentat gegen Severing ver. fuchen würde. Statt hiergegen die notwendigen Borsichtsmaßregeln zu ergreifen, haben sie den von Grütte- Lehder geschriebenen Brief. in dem Grüffe- Lehder ein Maschinengewehr zur Ermordung Severings anfordert, vernichtet und damit ein wichtiges Beweismittel unterdrüdt. Der Einwand Kubes und Ahlemanns, daß man GrütteBehder schon damals für einen nicht ernst zu nehmenden Phantasten gehalten habe, wird widerlegt durch die Barteitarriere, bie Grütte- Lehter trotz feines zweimaligen Morbanerbietens in ber Deutschvölkischen Freiheitspartei gemacht hat.
Stube und Ahlemann haben es geschehen lassen, daß GrütteLehder durch einen vom Abgeordneten Wulfe unterschriebenen Uus w: is sogar zum Organisator von Vorpommern für die Deutsch völkische Fretheitspartel ernannt wurde. Aus diesem Berhalten fonnte der bainals 17jährige Grütte- Lehber nicht den Eindruck gewinnen, als ob die Deutschvölkische Freiheitspartel mit aller Schärfe Don feinen Attentatsplänen abrüde. Er hat vielmehr geglaubt, burch die im übersteigerten Fanatismus begangene Ermordung des Müller- Dammers seiner Partei einen Dienst zu erweisen.
Diefer Glaube wäre in ihm rechtzeitig zerstört worden, wenn ble Ceilung der Deutschvolfischen Freiheitspartel, insbesondere Stube
Türkisch- französische Annäherung.
Smyrna , 28. Februar.( Cigenbericht.) Die Furcht vor Stalten treibt die Türkei zu engerer An. tehnung an Frankreich ). Angesichts des französischen Entschluſſes, das fyrische Mandat nicht aufzugeben, hält die Türfel den Augenblid für günstig, sich der Unterstübung ihres franzöfifchen Nach. bars zu versichern. Das türkische Außenministerium läßt in Paris zurzeit bas Terrain für die Geneigtheit des Quai d'Orsay zu türkisch- franzöfifchen Bündnisverhandlungen fondieren
Bon türkischer Seite sollen bereits bestimmte Angebote für den Fall einer Geneigiheit Frankreichs gemacht worden sein, die fich in der Richtung einer für Frankreich günstigen Regelung
Das Sekretariat der S23. wurde beauftragt, mit den onge. schlossenen Parteien in Berbindung zu treten, um die für die Her ausgabe eines großen Handbuches des Sozialismus und der Arbeiterbewegung notwendigen Mittel zu beschaffen. Dieses Handbuch soll den Charakter eines Legitons tragen und vor allem die geschichtlichen Tatsachen festhalten. Der zunächst herauszugebende erfte Teil würde die Epoche bis zum Ausbruch des Welt. frieges behandeln. Im Zusammenhang damit würde eine Art fozialistischer Nefrolog über die Toten der Arbeiterbewegung felt Ausbruch des Weltfrieges und in einem britten Band die Biographien ber jetzt lebenden Führer ber Bewegung gesammelt werden. An diesem groß angelegten Wert sollen die berufenen Fachmänner der Internationale in den einzelnen Ländern mit
arbeiten.
ber fyrifchen Grenze und ber Bereitschaft der Türket bewegen, die französische Baltan politit durch Bemühungen um Schaffung eines aus Jugoffamien, Bulgarien und der Türkei be stehenden anti- italienischen Baltanblods zu unterstüßen.
Was war mit dem Ginowjewbrief?
Das Unterhaus wird debattieren.
Condon, 29. Februar. Der Bremierminister hat bem Drängen der Arbeiter. partei nachgegeben und einen halben Tag für die Erörterung der Angelegenheit des Ginomjembriefes genehmigt, die durch die Untersuchung der Frantenfpekulationen Gregorys wieder in den Bordergrund getreten ift. Die Arbeiterpartel glaubt, neue Tatsachen vorbringen zu können, die auf ble mysteriöse Angelegenheit neues Bicht werfen.
Wahlerfolg in Lettland . Stärkung der Sozialdemokratie.
Riga , 29. Februar.( Eigenbericht.) Die lettischen Gemeinde- und Kreiswahlen brachten fast burchweg eine Stärtung der Sozialdemokratie, auch in Gegenden, wo bisher Bauernbund und Katholikenpartei herrschten. In der Proving Lettgallen gelang es den demokratischen Ruffen einige fozialdemokratische Stimmen abzusplittern. Der große Gesamterfolg unserer Genoffen wird baburch nicht be. einträchtigt.
Durch achtzehn Landes.
Die Reichszentrale für Heimatdienst, bie amtliche Aufklärungsftelle der Reidsregierung, fann am 1. März dieses Jahres auf ein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. abteilungen und mehr als 30 000 Vertrauensleute, die gleichmäßig Reichszentrale, deren Vorträge von vielen Hunderttausend Hörern allen großen Parteien entnommen find, wird die Tätigkeit der befucht werden, und deren Drudschriften erhebliche Auflagen haben, unterstützt.
Ceylon iff uns voran! Der gefeßgebende Rat in Colombo hat bie blaffung der Todesfirafe beſchloſſen.