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Sturm auf die Futtertrippe.

Die Deutschnationalen fuhhandeln aus Wahlangft.

Der Bürgerblod plant noch turz vor seinem endgültigen Ende eine große Schiebung. Man will noch möglichst viele Partei freunde auf Kosten der Steuerzahler in höhere Beamtenstellen bee fördern oder neu unterbringen. Urheber dieses Planes ist die Deutschnationale Boltspartei, die von dem baldigen Ende ihrer Herrlichkeit selbst am festesten überzeugt. ift. Borerst hat das 3en­trum abgemintt, fich den deutschnationalen Wünschen restlos gefügig zu zeigen. Aber schließlich fennt auch die Deutschnationale Volkspartei ihre Pappenheimer. Sie hat sich deshalb am Mittwoch an die Zentrumsfrattion gewandt und ihr für den Fall, daß zahl­reiche schwarz- weiß- rote Parteigänger noch vor bem 20. Mai an die Futtertrippe" gelangen, ihre Zustimmung zu jeder Be förderung von Zentrumsanhängern in den von Zentrumsminiftern geleiteten Ministerien zugesagt.

Man tann gespannt sein, ob das Zentrum dieses Geschäft mit ben Bankerotteuren eingehen und die Misstimmung noch ver. fchärfen wird, die im Bande wegen feiner engen Interessen vertnüpfung mit der äußersten Rechten bereits jetzt besteht.

Jeßner und das Zentrum.

Ein Mißtrauensvotum aus Bersehen.

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Am Mittwoch wurde im Hauptausschuß des Breußischen Land­tags u. a. auch ein deutschnationaler Antrag angenommen, ber eine Mißtrauenstunbgebung gegen den Intendanten der Ber liner Staatstheater, Baul Jeßner, bedeutete. Die Rechtspreffe triumphiert, meil auch das Zentrum diesem Antrag seine Zuftim. mung gab. Jetzt stellt die Germania" feft, daß diese Zustimmung versehentlich erfolgt ist und der angenommene Antrag der Haltung des Zentrums gegenüber dem Intendanten Jeßner nicht entspricht. Die Regierungsparteien würden im übrigen bei der Beratung des Kultusetats im Blenum Gelegen­heit nehmen, den durch die rasche Folge der Abstimmung ent­standenen Irrtum richtig au stellen.

Die deutschnationale Presse hat also wieder einmal zu früh frohlodt

Fleischerläden Sonntags geschlossen!

#Eine neue Polizeiverordnung.

Den Beffrebungen der freien Gewerkschaften ist es gelungen, für fast alle Beschäftigten die vollständige Sonntagsruhe im Berliner Handelsgewerbe einzuführen. Nach An­hörung der beteiligten Organisationen hat nun der Polizeipräsident durch Berordnung bestimmt, daß der Sonntagsverlauf von Fleisch- und Wurstwaren und die Beschäftigung von An­geffellfen, Lehrlingen und Arbeitern ab 1. März nicht mehr gestattet ist. Am kommenden Sonntag werden also zum ersten Male fämtliche Fleischerläden geschlossen sein. Die Frauen befonders werden gut daran fun, fich darauf einzurichten.

Wem diefe Neuerung zuerst etwas unbequem fein follte, der mage bedenken, daß endlich einmal Taufende von Arbeitern und Angeftellten im Fleischergewerbe in den Genuß der Sonntagsruhe tommen. In faft allen deutschen Mittel- und Großstädten ist schon jeit Jahren die vollständige Sonntagsruhe durchgeführt und Konsumenten und Geschäftsinhaber haben fich sehr schnell daran gewöhnt. Auch die Berliner Hausfrauen werden fich bald damit abfinden und Ihre Einkäufe zum Sonntag am Tage zuvor beforgen.

Der Bentralverband der Angestellten schreibt ums:

Die im Handelsgewerbe beschäftigten Angestellten und Arbeiter sind bisher noch immer von ber völligen Sonntagsrube ausgenommen. In jedem Regierungsbezirt find die Bestimmungen über die Sonntagsrube bisher anders ausgelegt worden. Immer halb der Provinz Brandenburg einschließlich Berlin war es bis her mur der Regierungsbezirt Frankfurt a. d. Ober, der die Sonn tagsruhe richtig burchgeführt hat. Nachdem es nuemehr gelungen ift, eine neue Berordmmg des Polizeipräsidenten für Groß- Berlin zu erreichen, durch die die Sonntagsruhe der Angestellten im Handelsgewerbe gesichert ist, ist es nur noch der Regierungsbegirt Botsdam, der an seiner überholten Berordnung vom April 1919 festhält.

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Die widerspred, enden Bestimmungen in Berlin und im tegle mungsbezirt Botsbam werden fich besonders unangenehm in ben Grenzgebieten Groß Berlins bemerkbar machen. Der Bau Brandenburg des Zentralverbandes der Angestellten ift des halb an den Regierungspräsidenten in Botsdam berangetreben, um endlich auch eine Henderung für dieses Gebie: berbeizuführen.

Der sozialdemokratische Abg. Tempel,

der am Mittwoch im Reichstag eine ausgezeichnete Rede sum Etat des Reichsernährungsministeriums hielt.

Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle Berlin und Umgegend.( Nachbrud verboten.) Reine wesentliche Benderung.­Für Deutschland : Im äußersten Besten meist bemölti mit etwas Niederschlag, ziemlich mild; in Mittel- und Ostdeutschland Fortdauer des heiteren Betters mit Rachtfrösten.

Problem des Bewegungsdramas.

Die Berufung." Bon Hertha Feist.

Die am nächsten Sonntag, dem 4. März, mittags 12 Uhr, im Theater am Bülowplaz stattfindende Zanzmatinee der Boltsbühne bringt die Ur aufführung des Bewegungsdramas Die Berufung von Hertha Feist . Ueber die fünstlerischen Absichten und Ziele diefer neuen Form des Tanzdramas fendet uns bie Komponistin auf unseren Wunsch die nachstehenden programmatischen Ausführungen.

In den vier Reigen, die ich Die Berufung" nenne, wird Mensch, der erfüllt ist von Liebe und Gebefreudigkeit, bemüht ist, in tänzerischer Gruppenform dargestellt, wie ein überragender allen Menschen seine Erkenntnisse zu übermitteln.

Die Menge lebt in Grüppchen, aber dumpf, isoliert und ge meinfchaftstos untereinander. Jeder einzelne ist in seiner Tätigkeit befangen und bemerkt nichts vom anderen. Der liebende Mensch will ihm zu eigenem Tun, zu eigenem Wesen verhelfen, und ihn in Gemeinschaft zu den anderen bringen. Er erlebt es, daß die In­dividuen, die scheinbar selbständig wurden, sich selbst überlassen

Eine Gruppe aus Die Berufung".

einerseits ihn nachahmen, andererseits sich Macht aneignen wollen. Und er muß sehen, daß sie da, wo sie die Macht erlangen, diese mißbrauchen; bis sie sich schließlich durch den Mißbrauch der Ge walt felbft vernichten bis auf einige wenige, die nun im höheren Sinne zur Gemeinschaft berufen sind.

Durch den ganzen Reigen spielen die hellen und dunklen Ge­stalten im Widerstreit. Steghaft bleiben die hellen Gestalten. Das Ganze ift symbolisch aufzufaffen. Deshalb find Masten gewählt. Der Bildhauer Wolfbietrich Stein hat das Problem der Maste in ganz freter, phantastischer Form gelöst, die dem Be wegungsinhalt der einzelnen Gruppen entspricht. Masten murben also gewählt, nicht damit eine mimisch- menschliche Gestalt sich pro­buziert, sondern damit die Gestalt als absoluter Ausbrud einer Wesenhaftigkeit hervortritt. Die Masten tönnen etwas Klareres, Absoluteres wiedergeben, als es ein menschliches Gesicht geben fönnte. Beim menschlichen Kopf bleibt man hängen an den ein­zelnen individuellen Gebärden, die schön, häßlich, edel, hart ober weich, gespannt oder geschwungen sein fönnen. Die Maste ver­birgt das Individuelle und erleichtert es dem Beschauer, das Wesent liche zu erfassen. Es ist nicht so aufzufaffen, als sei die Maste etwas vom Körper zu Trennendes; fie ift gleichsam aus dem Körper herausgeboren, aus der Bewegungskraft des einzelnen Bewegungs­ausdrucks gestaltet, fubische Kristallisation des Bewegungsthemas eines Körpers in physiognomischer Hinsicht. Sie entspricht voll­fommen dem Bewegungsausbrud.

Ebenso find die Farben der Rostüme berart abgestimmt, daß sie auch aus dem Befen der Bewegung heraus fristallisiert er. scheinen. Die Musik( von Meisen ist in Anlehnung an Mo­Bewegungsausbrud nicht zu trennen. Sie entspricht dem förper. tive vom Heiligen Berg " und" Berlin " tomponiert. Sie ist vom lichen Bewegungsablauf und bildet die Ergänzung zu der Bewe

gungstompofition.

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Das ganze Bewegungstunstwert soll das ist meine Absicht zu dem sprechen, der rhythmische Bewegungen empfinden fann und mitfühlenb erlebt. Es ist tlar und verständlich, ohne Banto mime zu sein und Handlungen wieberzugeben, gerade weil es ohne jede äußere Handlung ist, nur zusammengehalten durch den or ganischen Bewegungsfaden, der durch die Bewegungsthematik hin durchläuft. Es ist eine Bewegungsdichtung, die, weil sie die ganze Erlebnisstala des menschlichen Ringens in fich birgt, ein Be­wegungsdrama" genannt werden kann.

Wieder einmal edle Emigranten.

Geheime Macht" im Gloria- Palast.

Cin General ift Bortier geworben, ein Garbeleutnant spielt Balalaita, ein Fürft versucht sich am Kartoffelschälen und eine richtiggehende Bringeffin steht hinter dem Bartisch. Auf diese Weise lernen auch die russischen emigrierten Adligen einmal das Leben tennen und verstehen, daß das Geldverdienen durch der Hände Arbeit nicht zu den rofigsten Einrichtungen diefer Erbe gehört. Selbstverständlich ist den jeßigen Machthabern blutige Rache ge­schworen worden und die soll dann auch in Szene gehen, als der Boltstommiffar Sajenfo, der ehemals in der Revolution die Brin geffin vergewaltigte, nach Paris tommt und bei dieser Gelegenheit allerlei Bestechungen aufdeckt. Die Herren Lüthge und Wasch­ned, die für das Manuftript verantwortlich zeichnen, gefallen fich nun darin, eine wüste Intrige in schlimmstem Kolportagestil ins Leben zu rufen und diefer Intrige fällt schließlich auch Sajento zum Opfer, während die Brinzessin einen Großindustriellen beglüdt.

Man braucht taum zu verfichern, daß die Emigranten durchaus eble Sterlchen find, allerdings nicht mehr derart unterstrichen edel wie früher. Ganz fleine Fiedchen zeigen sich doch auf ihrem Ehren­schild und auch Sajento werden einige liebenswürdige Züge an getuscht. Durch fleine, glänzende Schlaglichterchen werben unbe queme Menschen unsympathisch und lächerlich gemacht, dabei scheut man fich nicht, im Unsinn zu landen. Jebes brave Bürgerherz gerät in Entzüden beim Anblid der forretten Emigranten, die auch in ber Chauffeurjade mahre Gentlemen geblieben find, und welcher Jubel, wenn die Prinzessin ihrem Bergewaltiger, den Proletarier, einen Schurfen ins Gesicht pfeffert. Das ist die Tendenz des Films, die in ihrer Verschleierung gefährlicher ist als ein offener Angriff bie in ihrer Verschleierung gefährlicher ist als ein offener Angriff und die, wenn auch der Film in Rußland spielt, mit deutschen Ver­hältnissen totettiert.

Erich Wasch n'ef führt geschickte Regie. Er versteht es, die Handlung immer wieder furz vor threm Höhepunkt zu retardieren. Er tönnte einen Detektiofilm sicherlich prachtvoll steigern. Das ein zige Erfreuliche bleibt die Leistung Michael Bohnens, der sich­endlich als großer Filmschauspieler zeigt. Er spielt einen primitiven, vollfaftigen Mustelprog, einen urwüchsigen Kerl, der jenseits von gut und böse und von jeder gesellschaftlichen Moral steht. Die an deren Darsteller verblassen neben ihm völlig. F. S.

Die neue Rheinische Zeitung."

Die 80. Wiederkehr des Tages der Märzrevolution hat den erlag J. H. W. Die Nachf. in Berlin veranlaßt, eine voll. ständige Neuausgabe der nur noch in wenigen Exemplaren in Bibliotheken vorhandenen Neuen Rheinischen Beitung" zu veranstalten. Diese Kampfzeitung, die von Karl Marg in Ber bindung mit Friedrich Engels , Freiligrath und Wilhelm Wolff herausgegeben wurde, bildete in der Zeit der Märzrevolution den unerbittlichen Kritifer Meinbürgerlicher Halbheiten, und gleichzeitig den eifervollen Künder einer neuen größeren Zeit. Die scharf ge­Schliffenen Auffäße aus der Feder von Marg und Engels , die für ihre Zeit überragenden Arbeiten des Schlesiers Wilhelm Wolff , die flammenden Leiter Freiligraths und Herweghs machen die Neue Rheinische Zeitung " gerade in der Jeztzeit zu einer Fundgrube historischen Ertennens. Deswegen ist der Versuch der Buchhandlung Dieß, den ganzen Jahrgang der Neuen Rheinischen Zeitung "( vom. 1. Juni 1848 bis 19. Mai 1849) wieder herauszugeben, aufs wärmste zu begrüßen.

Die Ausgabe soll in photographischer Treue erfolgen im Format des Originals und insgesamt zwei Bände umfassen. Für die Redaktionsbibliotheken aller sozialdemokratischen Blätter wird die Ausgabe eine wertvolle Bereicherung sein. Aber auch in den größeren Arbeiterbüchereien sollte sie nicht fehlen, um lernbegierigen Arbeitern und Angestellten die Möglichkeit zum Studium zu geben. Darüber

250 Leopold Jeẞner .

der Intendant des Staatlichen Schauspielhauses, vollendet am 3. März sein 50. Lebensjahr. Seine Arbeit war gestern wieder Gegenstand heftiger reaktionärer Angriffe im Landtagsausschuß.

hinaus dürften auch staatliche und städtische Archive für fie als ein Stulturdokument von feltenem Werte Interesse haben.

Eine Substription ist für die Ausgabe bereits eröffnet. Bei Borbestellung werden die beiden Bände zum ermäßigten Breise von 110 M. geliefert, während der Handelspreis 130 Mart betragen wird. Wegen der hohen Herstellungskosten wird nur eine beschränkte Auflage gebrudt.

Ein Wort Shaws über das Grabmal des unbekanntes Soldaten". Das schöne franzöfifche Drama Das Grabmal des unbekannten Soldaten", das nicht nur in Frankreich , sondern auch bei uns so vielfach gespielt worden ist, wird jest in London im einen Theater aufgeführt. Die Blätter berichten eine Aeußerung Shams, die, dieser getan haben foll, nachdem er sich das Stück an gesehen hatte. Das ist ein befferes Stück, als ich je eins geftrieben habe," sagte der gewiß nicht allzu bescheidene Schöpfer von Mensch und Uebermensch"." Es war beinahe einen Krieg wert, um ein Stüd mie dieses zu bekommen. Jedenfalls wäre es ganz unmöglich gemejen, daß diefes Stück bätet geschrieben werben fönnen, wenn es feinen Krieg gegeben hätie."

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Berträge. Der Architelt Martin Ma chler spricht im Rahmen der von der Staatlichen Stunibibliothet veranstaltet n Bortragsreihe Neues Bauen Montag, 8 Uhr, über das City- Broblem im Hörsaal, Prinz- Albrecht- Strage 7 a Der Kafchemmenball der Prominenten unter Leitung von Edharffers im 800 tht auf ben 7. März verfehoben. Karten bebaiten Gültigkeit

Museumsvorträge. Sonntag, 10 Uhr, fprechen im Alten Museum Dr. von Masson über Die zwei altgriedilen Göttinnen und im Kaiser- friedrich- Museum Dr. Runze über.D beritaltentfe Renaissance

Die achte Symphonie von Mohler wird von der Gefellschaft für Muft

freunde am Sonnabend, dem 8. und 10. Mars( 4 Uhr). im Großen dan ipielbaus aufa fübt. 1000 Mitwirkende. Das Philharmonische Drefter it auf 180 Mufiter verstärkt.

Die Bühne der Jugend( Schauspielschule des Deutschen Theaters) ven anftaltet Sonntag, 11, Ubr, im Deutschen Theater ein Matinee, in der

Willi Schäfer diets Schauspiel mot ber für uns aufgefüort mirb.

Die Frankfurter Bühnen in städtischer Regie. Der Magiftrat hat num

mehr grundsäglich dem Beschluß der Stadtverordnetenverlammlung auf Ueberführung der Theater in städtische Regie zugeftimmt. Braktisch beitand bereits dieser Zustand, da die Mehrheit der Aftien in städtischem Besiz mar.