Beilage
Mittwoch, 21. März 1928
М ДЯЯЗІ 2ЯЗО TAH
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Die Westoffensive am 21. März 1918
Wie der militärische Zusammenbruch begann.
" Bor zehn Jahren!" heißt die ewig wiederkehrende lleber schrift über der militärpolitischen Ede der„ vaterländischen" Bresse , unter deren Baltenlettern man uns seit 1924 den ganzen frischfromm- fröhlichen Weltkrieg von Lüttich bis Compiegne aufs neue schmackhaft zu machen sucht.
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Bon Lüttich bis Compiegne alle Herrlichkeiten des großen „ Stahlbades" pflegt man hier den Lesern mit zehnjähriger Distanz vorzusetzen. Nun steht man vor dem Schlußaft, der großen Schlacht in Frankreich und deren Ergebnis, dem militärischen Zusammen
bruch!
Hier sei uns, die mir 4½ Jahre zu diesen Erinnerungen geschwiegen haben, furz das Wort gegönnt!
Als man nach dem Zusammenbruch der Russen und dem Freiwerden der„ Kampfdivisionen" auf der Ostfront förmlich spürte, mit welcher Bier die Oberste Heeresleitung", die zum erstenmal seit Kriegsbeginn wieder eine zahlenmäßige und materielle Ueberlegen. heit auf der Westfront besaß, die Kampftruppe zu einem großen Stoß nach Westen zusammenballt, da versuchte der friedenswillige Teil der am Weltkrieg beteiligten Völker in jedem Land eine aller legte Berständigung vor der wie ein Gespenst über Europa liegenden gigantischen Schlacht.
In Deutschland wandten sich einige freifinnige Bolititer mit be schwörenden Worten an die Heeresleitung und erhielten folgenden beruhigenden Brief des Generals Erich Ludendorff
über das Kanonenfutter der letzten Schlacht:
Wir haben im Westen zum ersten Male seit dem Einmarsch in Frankreich die Wahl zwischen Verteidigung und Angriff. Sie darf nicht schmer fallen, auch wenn die Aufgabe eine gewaltige ift. Nur Handeln bringt Erfolg. Darum wollen und dürfen mir nicht abwarten, bis die Entente mit amerikanischer Hilfe sich start genug fühlt, uns anzugreifen. Der Krieg wird dadurch abgekürzt, Gelb und auch Blut gespart werden. Der Angriff ist noch immer die Fechtweise des Deutschen gewesen. Das deutsche Heer freut sich der Aussicht, aus dem Stellungsfrieg herauszukommen. Die Offensive wird, so Gott will, gelingen.
Mit der Versicherung vorzüglicher Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren sehr ergebener gez. Ludendorff."
In Wahrheit: Die deutsche Heeresleitung hat gar nicht im Traum daran gedacht, fich die letzten Trümpfe zu ihrer Schlußtampagne, aus der sie mit dem Siegeslorbeer hervorzugehen hoffte, um irgendwelcher Sentimentalitäten willen aus der Hand schlagen zu lassen! Sie fabotierte jeden Friedensversuch, der sie ernstlich an ihrem„ Endspurt zu hindern magte!
Wie tröstet sich Ludendorff über die 800 000 Toten der letzten Schlacht?
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Er schreibt in feinen Kriegserinnerungen( S. 470): „ Der Krieg verbraucht Menschen. Das liegt in seinem Besen. Die moderne Abwehrschlacht ist verlustreicher als der Angriff. Das spricht für ihn. Daß bei den großen Maffen, die in den Kampf geführt wurden, die Verluste trop aller tattischen Maßnahmen an und für sich groß sein mußten, war leider selbstverständlich.... Selbstverständlich? Hatte er wenigstens ein präzises, operatives 3iel? Nein! Er schreibt ebenda( S. 472):
„ Alles war darauf angelegt, daß wir beim Angriff günstig abschnitten, auch wenn ich naturgemäß mit einer Schwächung des eigenen Heeres rechnete. Sie mußte nur geringer fein als die des Feindes. Mehr fonnte ich nicht erstreben! Ich meldete dem Kaiser, daß das Heer versammelt und wohl vorbereitet an die größte Aufgabe seiner Geschäfte herantrete". Das„ Große Hauptquarfier" begibt sich in die Schlacht. Ludendorff ebenda( S. 477):
„ Anfang März verließ das Große Hauptquartier Kreuznach. In Spa war das neue Quartier inzwischen eingerichtet. Bir find dort sehr gut untergekommen, im Hotel Britannique, in dem ich schon 1914 einquartiert war.
Für die verstärkte Operationsabteilung hatte ich Avesnes in Aussicht genommen. Unsere Geschäftszimmer waren dort nicht gut, alles sehr eng.
Unser Kasino war zunächt recht unfreundlich, später fanden wir zusagende Räume. Wir verpflegten die Besitzer und richteten die Räume mit Möbeln aus Spa ein. Der Aufenthalt dort und die Mahlzeiten bildeten eine Entspannung, die wir alle nötig hatten. Seine Majestät wohnte in seinem Hofzuge, der auf einem benachbarten Bahnhof abgeftellt wurde."
Die Frühjahrsoffenfive als Keimzelle des Zusammenbruchs. Die Bestoffensive 1918 war die Mutter des deutschen Zusam menbruchs. Sie fraß in wilder Haft die Kampfkraft der deutschen Front und zermürbte ihren inneren Holt, bis sie zur Katastrophe wif war. Aus dieser Erkenntnis heraus hatte der Untersuchungsmusschuß des Reichstages den General der Infanterie a. D. v. Stuhl, den Oberst a. D. Schwertfeger sowie den Historifer Hans Delbrüd ersucht, Gutachten über die militärische und politische Berantwortlichkeit für die deutsche Offensive des Jahres 1918 zu schreiben. Das Ergebnis dieser militärpolitischen Enquete lastet nun nach der Feststellung von der völligen Ausschaltung des Kaisers als Ausgleitsinstanz zwischen politischer und militärischer Leitung mit Boller Bucht auf den Schultern Ludendorffs. Er hat den Kaiser zu einer Schattenfigur herabgedrückter hat um die Jahreswende 1917/18 jeden Friedensfunten ausgelöster hat ten Reichskanzler zu einer Rull degradiert er hat non vorn Herein die Berteidigungsschlacht abgelehnt und trog ber unbeweg Schleit eines großen Telles ber deutschen Stellungsdivifionen alles
auf eine Starte gefeßt, den Angriff! Die Karte aber hat nicht ge- operativ hätte denken können und die Spize seines Angriffs stochen, weil es technisch unmöglich war.
Unmöglichkeit eines operativen Durchbruchs.
Die Kriegsgeschichte und Militärfritif der neuesten Zeit bringt den klaren Beweis, daß die Berschlagung einer Stellungsfront, wie sie im Jahre 1918 in Nordfrankreich bestand, vor der Aufsaugung einer der beiden Hauptreferven unmöglich war. Darüber ließe sich ein ganzer Berg von Fachurteilen zur Stelle schaffen!
Das unabänderliche Gesetz eines vierjährigen Kampfes, daß nämlich in dem verkehrsreichen Nordfrankreich der Zufluß intatter Reserven jeden noch so gewaltigen Angriff zum Stehen bringen
Abbeville
Dieppe
Calais Pas
de
Calais
Am
St.Quentin
Amiens
Bagasis
Beauvais Compiegne Reims
Paris
Verdun
Front am 31.3.18
Ludendorff Offensive, wie sie war; Wie sie nach fachmännisch
em Urteil hätte sein sollen. Fochs Reserven Aufstellung die hintertrieben wurde. Schnittpunkt der englischfranzösischen Front
mußte, bestand für Ludendorff nicht. Er gibt sich in seinen„ Kriegserinnerungen" gar nicht damit ab. Eine operative Idee für sein Maffenaufgebot an Menschen und Material tennt er nicht. Er will lediglich die englische von der französischen Armée trennen.
In diesem Führerstarrsinn, in diefer Ideenlosigkeit und Geiftlofigkeit des über das Schlachtenschicksal des deutschen Heeres verfügenden Offiziers liegt die wichtigste Reimzelle zum deutschen Zu Jammenbruch Jawohl ein beträchtlicher strategischer, Erfolg der Deutschen wäre im März 1918 nach dem einhelligen Urteil der fachmännischen Weltkriegstritit möglich gewesen, wenn Ludendorfff
nicht gegen Beauvais , sondern gegen Abbeville vorgetrieben hätte. In diesem Fall wäre es ihm vielleicht gelungen, die Engländer von den Franzosen zu trennen und das Pas des Calais zu erobern. Damit wäre der Krieg aber noch lange nicht beendet gewesen, sondern die Ententeheere hätten in Linie Compiegne- Beauvais- Dieppe ihre Abwehrfront neu aufgebaut, und der Tanz hätte von neuem begonnen..
Wie die Niederlage noch zu vermeiden war.
Der vom Kriegsrat der Alliierten vorgesehene Oberkommanbierende, General Foch, hatte sich entschlossen, den deutschen Stier antennen zu lassen, die Dedungstruppen an der Einbruchsstelle vom Feind abzusehen" und weit rüdwärts bei Paris seine Hauptreserve und bei Amiens- Abbe ville seine Nebenreserve zusammenzuballen. Bären Fochs Befehle vollzogen worden, so wäre der Büffel Ludendorff beim Sprung auf Beauvais in Fochs strategische Bange" geraten und zerbeult oder zermahlen worden.
Der Angriff um jeden Preis führte zur Zermahlung unserer Kraft, ebenso wie die Verteidigung um jeden Preis dazu geführt hätte. Nur die freiwillige Loslösung von der ununterbrochenen Front", die bewegliche Operation" unter Zurücknahme wichtiger Frontteile und der strategischen Verwertung rückwärtiger Aufnahme- und Flankenstellungen hätte vielleicht die große Schlacht noch in Fluß gebracht, die Schlacht um den Frieden! Ein deuta scher Foch, der es verstand, Angriff und Verteidigung in stetem Wechsel zu gebrauchen, mit den beiden 3ielpuntten im Auge: Erhaltung der Kampffraft der Truppe, und Rüd nahme der Front zur Schaffung einer günstigen Ausgangsnur ein stellung für die Endoperation im freien Feld solcher Kerl tonnte uns 1918/19 noch einen erträglichen Frieden erkämpfen!
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So aber führte uns Ludendorffs Büffelstrategie, Hindenburgs Bassivität und die völlige Selbstausschaltung des letzten Raisers in den Zusammenbruch. Die deutsche Front... brennt aus in den fich jagenden Offensiven, die Truppe wird zur„ Schlade". wie der Generalftäbler sagt. Sie mantt zurüd unter der Konterattade des Generals Foch , und das Ende der großen Schlacht in Frankreich ist der strategische Bankrott.
TAG BRINGT.
90 WAS DER TAG
Zinn oder Aluminium?
unterhält, ist tödlich verletzt. Begitschem läuft davon, seinen Ber Gemüse, die in Zinndosen aufbewahrt oder in verzinnten Gefolgern hält er den Revolver entgegen. Am Abend desselben Tages fäßen gefocht werden, verlieren ihren Hauptnährstoff, die Bitamine, so lautet das bündige Ergebnis der Versuche, die der Stocholmer Chemiter Prof. von Buler anstellte. Nach Professor von Buler gibt es nur ein Material zur rationellen Auf
bewahrung von Konserven, nämlich das Aluminium. Gemäß diesen Experimenten prophezeit Prof. von Buler eine Umwälzung im Der steigende Konserven Bereich der Nahrungsmittelindustrie. fonsum der Gegenwart wurde bisher durch verzinnte Blechdosen
vermittelt.
Streit in Löwen.
Die während des Krieges zerstörte berühmte Bibliothet Don Löwen ist in der Hauptsache durch amerikanische Gelder wieder aufgebaut worden. Der Architekt des Neubaues ist ebenfalls ein Amerikaner, er heißt Whitny Warren. Der Neubau soll Anfang Juli eröffnet werden. In legter Stunde ist nun noch ein Konflikt um eine an der Foffade anzubringende Erinnerungsplafette entftanden. Als Inschrift plant das Komitee im Einverständnis mit dem Architekten die Worte: Berstört durch deutsche Kriegswut, Wiederhergestellt durch amerikanischen Edelmut." Einige Profefforen find damit gar nicht einverstanden, sie betrachten die Inschrift als böse Verhegung und schlagen den allerdings viel anständigeren Satz vor: Zerstört im Krieg und wiederhergestellt im Frieden." Eine Entscheidung steht noch aus.
Brandstifter, um Feuerwehrhauptmann zu werden
Das Schwurgericht in Bersailles hat den Feuerwehrmann Louis Thibauld wegen Brandstiftung zu sieben Jahren Deportation mit anschließender fünfjähriger Berbannung verurteilt. Thibauld hatte, um Gelegenheit zur Auszeichnung zu bekommen und auf diese Weise Feuerwehrhauptmann von Versailles zu werden, im Laufe der letzten beiden Jahre eine Brandstiftung nach der anderen begangen, ohne jedoch seinen 3wed zu erreichen. Jungkommunist gegen Altrevolutionär.
stellt er sich der GPU. Die Arbeiter protestieren nun gegen den Mord. Die Tatsache ist jedoch nicht mehr aus der Welt zu schaffen: das Mitglied der kommunistischen Jugend hat den alten revolutionären Arbeiter getötet.
Er hat geschäumt!
Sie sehen ja so bedrückt aus, Frau Schmidt?" mit Milch, und da habe ich ihm heute früh aus Versehen Seifen „ Ach, wissen Sie, mein Mann ist jeden Morgen Haferflocken
floden mit Milch hingestellt!"
Da war er wohl ärgerlich?"
" Aergerlich? Er hat buchstäblich aus dem Munde geschäumt!"
Der Kunstfahrer
Die tommunistische Jugend- Pramda" vom 21. Februar teilt aus Belgorod mit:„ Der Jungfommunist Begitschem ist Schüler in der Fabrikschule, die die Lehrlinge zu qualifizierten Arbeitern ausbildet. Er hat in der Schmiede durch seine Unachtsamkeit einen großen Materialschaden verursacht. Der Leiter der Werkstatt, uscharowiti, ein alter Dreher, der während der Zarenzeit an dem blutigen Aufstand der Arbeiter an der Lena teilgenommen hat, nach Sibirien verffidt wurde, nach seiner Rückkehr tapfer im Bürgerkrieg gegen die Weißen seinen Mann gestanden hatte und später drei Jahre als Gewerkschafter tätig gewesen ist, stellt den Jungkommunisten Be gitschew wegen seiner Unachtsamkeit, die großen Materialschaden verursacht hat, zur Rede. Diefer wird ausfällig umb beschimpft ben alten Arbeiter. Er wird wegen dieses Benehmens von der Arbeit entfernt. Am nächsten Tag besucht Begitschen wie gewöhnlich die theoretischen Unterrichtsstunden, frühstückt zu Hause und fehrt in die hat es sall, nur abends. auf der Bühne sich mit seinem Berkstatt zurüd. Fünf Minuten später fällt ein Schuß. Uicha. Einrad zu zeigen. Er fährt mitten im Verkehrsgetümmel der Großstadt kunstvoll spazieren. romfti, ber sich neben ber Lotomotive gerade mit einem Lehrling