ZIr. 1,3.«z. I-hrga-g"i, Smlo«, 30. BJär» 1928
Spezialität gelebt und war der Schrecken der Cqfetiers und Gastwirt«. Niemand hatte, wenn vtgendmo gestahlen worden war, Verdacht aus diesen Mann, der stets mit einer Akten- tasche kam und eifrig Geschäftspapiere durchzusehen schien. Fast immer gelang es ihm, einen Mantel zu entführen, ohne einen anderen zurücklassen zu müssen. Nur in sechs Fällen war er gc° zwungen, einen für ihn allerdings ganz vorreilhaften Tausch vorzunehmen. An manchen Tagen konnte er zweimal mit einem guten Beutestück heimkehren. 4 3 Fälle hat er bisher eingeräumt. Weiter reicht, wie er sagt, sein Gedächtnis nicht, aber alle Diebstähle sind es noch lange nicht- Die Mäntel versetzte er stets bald hier bald da bei Pfandleihern, je nach der Qualität er- hielt er 13 bis 30 Mark siir das Stück. In den Pfandleihen, deren sich der Dieb erinnert, konnte noch eine Anzahl gestohlene Mäntel sichergestellt werden. Einige haben auch ihren Eigentümer bereits wiedergefunden. Zehn Stück aber sind noch da, deren Eigentümer die Polizei noch nicht kennt. Sie sind alle erst in der letzten Zeit gestohlen worden. Bestohlene werden gebeten, sich bei Kriminalkommissar Aibrecht, Dienststelle L 4, im Polizeipräsidium zu melden. Beim Versetzen führte der Verhaftete stets den Namen„Meier" oder„Schulz",
Ein Potsdamer Todesurteit. Frau Schmidt für ihre Tat voll verantwortlich. Nach zweieinhaibsiiindiger Beratung verkündete der Vorsitzende des Potsdamer Schwurgerichts. Landgerichtsrat Kaufs mann, nachdem. sich aus fein Geheiß alle Personen im Gecichtssaal von ihren Plätzen erhoben hatten, gegen die Angeklagte, hulgarniererin Frau Frieda Schmidt, geb. ZUüller, aus Luckenwalde wegen tSaklen mordes die Todesstrafe. Ferner wurde auf lebenslänglichen Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt. Bei der verkündung des Urteils brachen die Verwandten der Angeklagten in lautes Schluchzen aus. Die Verurteilte selbst weinte leise vor sich hin. Der Vorsitzende teilte dann noch mit, daß das Gericht sich um Begnadigung bemühen werde. Aus der Verhandlung ist folgendes nachzutragen: Die Sachverständigen hatten die Anwendung des§ 51 nicht für geboten erachtet. Die Angeklagte sei zwar geistig beschränkt, für ihre Tat aber verantwortlich. Sie gebärt zu den Naturen, die alles mit sich allein abzumachen pflegen und die nicht die Wohltnt der Mitteilsainteit genießen. Es wäre die Tat vielleicht nicht ge- schehen, wenn die Angeklagte über das Martyrium ihrer Ehe sich hätte aussprechen können. Um 3 Uhr nachmittags ergriff Oberstaats- anwalt Pfaffe das Wort zu seiner Anklagerede. Er beantragte, Frau Schmidt wegen Mordes fllr schuldig zu befinden, da sie mit voller Ueberlegung gehandelt habe. Von einer Aftekthand- lung könne hier nicht gesprochen werden. Als sie das Filmstück in Luckenwalde gesehen, in dem eine unglückliche Ehe aufgerollt wurde und der Mann durch Mord endete, habe sie ihre unglückliche Ehe vor Augen gehabt. Und dann fühlt sie ihr Schicksal doppelt schwer, al» sie später im Krankenhaus ist. Nach und nach kam ihr dann der Gedanke, sich ihres Mannes zu entledigen. Der Staatsamvalt beantragte die Todesstrafe und dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte.
Die Eberi-Marke kommi. Vom 1. Juni ab gibt es die prö'sidentenmarken. Der Reichspräsideni v. Hiudcnburg Hai die Ausgabe von Arfts- marken mit dem Bilde der deutschen Reichsprgsiden- i le» geuekMigi. Die neuen Briefmarken, von denen die Marke zu 13 Pf. das Bild des Reichspräsidenken v. hindenburg . die Marke zu S Pf. dos Bild des verstorbenen Rejchsprüsideulen Friedrich Ebert tragen wird, erscheinen voraussichtlich am 1. Zun! dieses Jahres.
Draußen km Grunewald , hinter dem Stadion, beginnt sich das weitgesteckte Bauprogramm des deutschen Sportforums zu verwirk. lichen. Schon steht die große Turnhalle,«in Bau von im- posanten Ausmaßen, fertig da. Auf einer Grundfläche von 42 X 26 Metern baut sich der prächtige, lichtdurchflutete Raum der Großturnhall« auf. in 12 Metern chöhe von einer holzge- täfelten Decke abgeschlossen. Die Bekleidung der Wände besteht aus einer neuartigen Afbestmasse in Plattenform, die auherordent. l i ch widerstandsfähig ist, so daß man z. B. bequem gegen die Wand spielen kann. In zwei übereiiumderlicgeirden Stockwerten reihen sich mehrere Normalholien an die Großturnhalle an: sie sind für Gymnastik, Boxen und Schwerathletik, Geräteturnen bestimmt. Jede dieser Hallen hat einen anderen Bodenbelag, ver- schiedene Wandtäfelungen, reizvolle Farbengebung. Gegenüber diesen fünf Hallen liegen, durch einen Korridor getrennt, Ankleideräume, Wohnungsräume der Lehrer, Duschanlagen: um das Ganze führt ein Balkongang. Vor dem Turnhallengebäude ist man mit der Ausbetonierunz des 30»Meter-Sommer fchwi in mbeckens beschäftigt, dos vom preußischen Bolkswohlfahrtsministerium gestiftet wurde. Ein zehn Meter hoher Sprungturm wird nach vier Seiten hin Sprungmöglichkeiten schaffen. Das Master wird in Kaskaden in das Vasstn, zunächst in einen Teil für Nichtschwimmer. geleitet. Ein im selben Laustil wie die Eroßtumhalle gehaltenes Schwimmhall sngebäude und die Hochschule für Leibes- Übungen werden das Sommerschwinnnbecken auf dem„Iahnplatz" umrahmen. Bereits fertiggestellt ist die angrenzende T u r n s ch u l e der Deutschen Turnerschaft. Von diesem Gebäudekomplex erstrecken sich in einer Breite von 206 Metern, fast einen Kilometer weit, die Spielfelder. Sechs Fußballplätze, ein Leichtathletikplatz als Mittelpunkt, nach den neuesten Erfahrungen eingeteilt, angelegt und ausgeführt. Ueoer einen Weg hinweg kommt man zu den Tennisplätzen, im ganzen sechs, von denen je zwei nebeneinander liegen. Von hier hat man einen prächtigen Ausblick auf das ehemalige Spreebett nach Spandau und auf die Havel . An die Tennisplätze reiht sich
al» gesonderte Anlage der F ra ue n b e zi r k. Hier geht das Frauenheim semer Bollendung entgegen, das 3l) Studentinnen Unterkunft gewährt. Umkleide- und Duschräume, Aufenthalt»-, Musik- und Leseräume sowie eine kleine Küche enthält der ge- räumige Bau, dem ein Frauenturichaus, ein Tanzring und die Ein- richtung von Spielplätzen folgen soll. Es wird noch Jahre dauern, bis der Reichsausjchug für Leibes- Übungen die großartige Anlage des deutschen Sportforum» durch- geführt haben wird. Aber jetzt schon überrascht die Großzügig- keit lind die Einheitlichkeit der fertigen Bauten und der ausgedehn- ten Spielsewer. Leibesübung, Wissenschaft und Kunst werden hier ein gemeinsames Heim finden, und den hier ausgebildeten Sportlehrern wird das beste Rüstzeug mitgegeben werden.
Oer Schrecken der Lafetiers. Festnahme eines lange gesuchten Paletotmarders. Eine etwas stürmische Szene spielte sich in einen, C a f ö in der Friedrich st raß« ab. Al« ein Neuer Gast eintrat, sprang ein anderer, der schon länger an einem Tische saß, plötzlich auf, stürzte sich auf den Ankömmling und beschuldigte ihn, ihm vor einigen Tagen den Paletot, den er trug, gestahlen zu haben. Der Beschuldigte, ein stattlicher ruhiger Mann in gm bürgerlicher Kleidung, wies di« Verdächtigung zurück, der andere aber glaubte ganz bestimmt, den ihm gestohlenen Mantel wieder zu erkennen und übergab den Mann der Poliz«. Erst auf der Wache. als das Kleidungsstück genauer untersucht werden konnte, erkannte «r, daß er sich geirrt hatte. Jetzt sah sich aber die Kriminalpolizei den Mantelträger etwas näher an und ertaimte in ihm einen 30 Jahre alten Betrüger Artur Schulze, der im Dezember v- I. au, Guben entflohen, als man ihn dort festnehmen wollte. Die weiteren Ermittlungen er- gaben bald, daß er ein richtiger Palet okdieb ist, wenn er auch in dem einen Falle fälschlich beschuldigt wurde. Er hat sogar seit seiner Flucht aus Guben in Berlin ausschließlich von dieser
Menschen, Göttern gleich... 37s Roman von Herbert George Wells . Ddr oberste Utope begann sich lebhaft zu bewegen, er zog sich hinauf, schwang sich hinaus und verschwand ruckweise aus Mr. Barnstaples Gesichtsfeld. Seine Gefährten folgten ihm. und einer nach dem andern kam außer Sicht, so daß nichts weiter mehr zu sehen war, als die heftig bewegte Strickleiter und ein baumelndes Seil, das sie scheinbar mit sich auf die Felsspitze hinaufzogen. Mr. Barnstaples gespannte Muskeln erschlafften. Er gähnte leise, streckte die schmerzenden Glieder und stand sehr vorsichtig auf. Er lugte in den Schacht hinauf. Die Utopen hatten anscheinend den oberen Absatz erreicht und waren dort beschäftigt. Das Seil, das gebaumelt hatte, wurde gespannt: sie zogen etwas von unten hinauf. Es war ein großes Bündel, wahrscheinlich Werkzeuge, Waffen oder Material. das in etwas eingepackt war, wodurch es vor dem Anprall gegen die Felswände geschützt wurde. Es kam hüpfend in Sicht, wirbelle einen Moment herum und wurde dann nach oben gerissen, als die Utopen das Seil von neuem rafften. Dann folgte eine Periode der Stille. Da hörte er einen metallischen Klang und dann bum- dum. ein dumpfes intermittierendes Hämmern. Dann sprang er zurück, als das Ende eines dünnen Seiles, das offenbar über eine Rolle lief, an ihm vorübersauste. Das Geräusch von oben hörte sich nun an wie Fellen und einige Felsbrocken fielen an ihm vorüber in die Tiefe. 2. Barnstaple wußte nicht, was er tun sollte, er fürchtete sich die Utopen anzurufen und sich ihnen bemerkbar zu machen. Nach der Ermordung Serpentins war er sehr im Ungewissen, wie sich die Utoven gegen einen Erdling be- nehmen würden, den sie in einem dunklen Winkel versteckt fänden. Er prüfte die Strickleiter, welche die Utopen auf sein Plateau gebracht hatten. Sie wurde durch einen langen Pflock, dessen Ende in den Felsen auf einer Seite des Schachtes eingeschlagen war, festgehalten. Wahrscheinlich war dieser Pflock von unten her in den Felsen hineingetrieben worden, während er geschlafen hatte. Die Leiter war aus geraden Stücken und Ringen in Intervallen von zwei Fuß hergestellt. Sie war aus so leichtem Material, daß er an
ihrer Fähigkeit, einen Mann zu tragen, gezweifelt hätte, wenn er nicht die Utopen auf ihr gesehen hätte. Es fiel ihm ein, daß er nun mit ihrer Hilfe hinuntersteigen und mit den Utopen. die sich etwa unten befinden würden, sein Glück versuchen könne. Er konnte sich den drei Utopen oben nicht gut bemerkbar machen, außer durch eine plötzliche und über- raschende Handlung, die wahrscheinlich eine sofortige und unerfreuliche Antwort zur Folge gehabt hätte, aber wenn er zuerst von oben, langsam heruntertletternd. erschiene, würden etwa unten befindliche Utopen Zeit haben, die Tat» fache seiner Nähe zu begreifen und zu überlegen, eh« sie sich mit ihm befaßten. Außerdem war er äußerst erpicht darauf, aus diesem düsteren Winkel hinunterzutommen. Er ergriff einen Ring und stieß ein Bein nach hinten über den Rand der Platte, lauschte einige Augenblicke auf die kleinen Geräusche der drei Arbeiter über sich und begann dann den Abstieg. Es war ein schrecklicher Abstieg. Bald bedauerte er, daß er nicht von Anfang an die Ringe der Leller gezählt hatte. Er mußte sich über einige hundert hinuntergehantelt haben. Und als er den Hole ausstreckte, um hinunterzusehen, gähnte unten immer noch der schwarze Abgrund. Es war sehr dunkel geworden. Dos Mondlicht drang nicht sehr tief in den Canon ein und der schwache Widerschein des dünnen Nebels von oben war alles, was die tiefe Dunkelheit durchbrach. Und sogar das Mondlicht oben schien zu verschwinden. Bald war er dicht am Felsen, bald trat dieser zurück und die Strickleiter schien senkrecht in den lichtloscn. bodenlosen Raum zu fallen. Er mußte nach jedem Ring tasten und seine bloßen Füße und Hände waren schon wundgerieben und schmerzten. Ein neuer und unangenehmer Gedanke war ihm gekommen, daß vielleicht ein Utope soeben die Leiter her- aufstürmen könnte Aber das hätte er bemerkt, well das Seil gestrafft worden wäre und erzittern würde: er hätte dann rufen können:„Ich bin ein Erdling, der hinuntcrkommt, ich bin ein harmloser Erdling." Er begann diese Worte versuchsweise zu rufen, die Schlucht warf sie als Echo zurück, aber es kam kein ant- wortender Laut. Er verstummte wieder und stieg unentwegt und so ruhig wie möglich hinunter, weil nur der innige Wunsch, diese höllische Strickleiter loszuwerden und seine heißen Hände und Füße auszuruhen, jede andere Regung unterdrückte. Kling, klang, und ein grünes Licht blitzte auf. Starr blickte er in die Tiefen de» Canons, Der grüne Blitz kam wieder. Er enchüllte die Tiefe der Schlucht, die
noch in unermeßlicher Entfernung unter ihm zu liegen schien. Und oben in der Schlucht— was war dos? Während der momentanen Erhellung konnte er nicht erfassen, was es war. Zuerst dachte er, es sei eine riesige Schlange, die sich die Schlucht hinunterwinde, aber dann schloß er, es müsse ein großes Kabel sein, das von etlichen Utopen die Schlucht ent- lang gezogen werde. Aber wie die drei oder vier Gestalten. die er undeutlich gesehen hatte, dieses riesige Seil bewegen konnten, war ihm unverständlich. Der Kopf dieser Kabel- schlänge schien sich von selbst schräg die Felswand hinaus- zuHeben. Vielleicht wurde sie von Seilen, die er nicht gesehen hatte, hochgezogen. Er wartete auf einen dritten Blig, aber es kam keiner. Er lauschte. Er konnte nichts weiter hören, als ein surrendes Geräusch, das er schon früher bemerkt hatte. wie das Surren einer sanft laufenden Maschine. Er nahm den Abstieg wieder auf. Als er endlich einen Stützpunkt erreichte, war er bestürzt. Die Strickleiter fiel einige Pards daran vorüber und endete. Sie schwankte immer stärker hin und her und er begann allmähtich ein- zusehen, daß die Strickleiter zu Ende war, als er ein schwaches Anzeichen einer fast horizontal in die Felswand ciiigehauencn Galerie bemerkte. Er hielt einen Fuß hinaus fühlte einen Rand und schwebte wieder davon ab. Er mar jetzt so schwach und erschöpft, daß er eine Zeitlang den Griff von der Strick- keiter nicht lösen konnte. Endlich'begriff er, wie er dies tun könne. Er ließ die Füße los und stieß sich selbst mit ihnen von der Felswand ab. Er schwebte zurück in eine passende Lage, um Fuß zu fassen. Er wiederholte dies zweimal und dann hatte er genügend Vertrauen, die Leiter loszulassen und siel auf die Platte. Die Leiter baumelte von ihm weg in die Dunkelheit, kam dann sich schlängelnd wieder und klopfte ihm mutwillig und erschreckend an die Schulter. Die Galerie, in der er sich befand, schien die Felswand entlang einer großen Ader kristallinischen Materials zu folgen. Bohrlöcher in Manneshöhe liefen in den Felsen hinein. Er spähte scharf aus und tastete sich einige Zeit die Galerie entlang. Es war klar, wenn dies ein Bergwerk war. würde irgendein Weg herauf oder hinunter in die Schlucht füyren. Das Getöse.des Bergwassers war nun viel lauter, und er schätzte, daß er etwa zwei Drittel der Höhe des Ge- birgsstocks heruntergestiegen war. Er hatte die Äbsicht, das Tageslicht abzuwarten. Das leuchtende Zifferblatt feiner Armbanduhr zeigte ihm, daß es nun vier Uhr war. Bis zur Morgendämmerung würde es nicht mehr lange dauern. Er fand eine bequeme Steinplatte zum Sitzen und kauerte sich nieder. (Fortsetzung folgt.) j