Nr. 153 45. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts mii
Lohnerhöhung bei der Post.
Neuregelung der Arbeitszeit im Telegraphenban.
Die Lohnderhandlungen mit der Reichs post, die am 19. März ihren Anfang nahmen, sind jetzt zum Abschluß ge= bracht morden. Die Regelung der Lohnfrage war äußerst schwierig. weil sich dabei auch diesmal sehr starke Einflüsse von außen geltend machten. Trogdem ist es zu einer Vereinbarung gekommen, nach der die Grundlöhne um 3 bis 9 Pf. pro Stunde erhöht werden. Die Grundlöhne der 24 Jahre alten Arbeiter in der Dristlaffe A merden in den verschiedenen Lohngebieten und Lohngruppen wie folgt erhöht:
Lohngruppen
I
II III IV V
Lohngebiet I
8
7 9 7 6
6
る B
II III
7
6 6 6
5
5
7
VI VII VIII 5 4 Pf. 4 3" 6 6 6 4 4 3 3"
Hierzu kommen die Ortslohnzuschläge. In Berlin erhöhen sich die Grundlöhne einschließlich des Ortslohnzuschlags wie folgt: 10, 9, 9, 9, 8, 7, 6, 4 Pf. Für die unter 24 Jahre alten Arbeiter erhöhen sich die Löhne im entsprechenden Verhältnis. Für die 49. bis 54. Arbeitsstunde wird ein Zuschlag von 25 Proz. gezahlt.
Die Arbeitszeit für die Arbeiter im Telegraphenbau ist für 39 Wochen im Jahre auf 52 Stunden und für 13 Wochen auf 48 Stunden festgesetzt worden. Die Vereinbarung gilt bis zum 31. Dezember 1928,
Lohnbewegung in der Eisenkonstruktion.
Am Montag Funktionärversammlung.
Oberschlesische Schiedssprüche.
Lohn- und Arbeitszeitregelung in der Eiſenindustrie.
Nach zweitägigen ergebnislofen Berhandlungen wurden am Dienstag gegen Mitternacht von der oberschlesischen Schlichterkammer unter Borfis von Profeffor Brahn zwei Schiedssprüche über die Regelung der Arbeitszeitverhältnisse in der oberschlesischen Eisen. industrie mit geringen Arbeitszeitverkürzungen und ein Lohnschiedsspruch mit geringen Lohnerhöhungen gefällt.
Der erste Schiedsspruch regelt die Arbeitszeit in den durch die Arbeitszeitordnung vom 16. Juli 1927 erfaßten Betrieben, wonach für alle Stahlwerte und von ihnen in einer Hize gespeisten Walzbetriebe die Arbeitszeitverordnung in Kraft zu treten hat. Bis zum 30. April bleiben die bisherigen Arbeitsbedingungen, vom 1. Mai an aber nur noch in denjenigen Betrieben in Kraft, für die vom Reichsarbeitsminister Ausnahmen besonders zugelassen find. Die ta lt einsehenden Walzenstraßen und Hammer- und Breßwerke, Bandagen- Walzwerke, Röhrengießereien, Hochofengießereien, Stahlröhrenwerke und Drahtwalzwerke können vom 1. Mai an in 3 wei Schichten arbeiten.
Der zweite Arbeitszeitschiedsspruch bestimmt, daß in allen übrigen Betrieben, in denen bisher die zwölfstündige Schicht eingeführt ist, vom 1. Mai an die Elf stundenschicht gilt, mit Ausnahme der Kessel- und Maschinenhäuser, bei denen eine zehnstündige Arbeitszeit erlaubt ist. Der Lohnschiedsspruch erhöht unter Belassung der bisherigen Gruppen- und Alterseinteilung die Löhne in der Weise, daß der 24 Jahre und darüber alte Zeitlohnarbeiter in Gruppe A 59 Bf. und in Gruppe E 40 Pf. erhält. Der Tariflohn für die Affordarbeiter der Gruppe A wird Der Deutsche Metallarbeiterverband hatte seine in den Eisen- von 50 Pf. je Stunde auf 54 Pf. erhöht. Alle übrigen Löhne konstruktionswerkstätten beschäftigten Mitglieder am Mittwochabend errechnen sich dementsprechend nach der bisherigen Lohntafel. Für nach dem Metallarbeiterverbandshaus zu einer Branchenversamm- sämtliche Schiedssprüche gilt die Erklärungsfrist bis 30. März 1928. fung eingeladen, um über die Lohnforderungen zu beraten. Je länger die Arbeitszeit, um so kürzer der Cohn. Die alte Einleitend führte Fuchs vom Metallarbeiterverband aus, daß Regel wird hier neu bestätigt. Die Gewertschaftsvertreter stellten die Verwaltung es ablehnen müffe, die Verantwortung für eine bei den Verhandlungen fest, daß die oberschlesischen Eisenwerke die Bewegung zu übernehmen, solange nicht alle Betriebe der Branche in der statutarisch erforderlichen Stärke organisiert sind. Die niedrigsten Löhne zahlen und die längste Arbeitszeit Unorganisierten tönnten ja einmal beweisen, daß sie es in ganz Deutschland haben. beffer verstehen, eine Bewegung zu führen, als der DMV., der angeblich zuviel fuhandelt. Die Arbeiter sollen in den Betrieben Forderungen stellen, damit nicht der Ortsverwaltung der Borwurf gemacht werden fann, sie habe gebremst. Diesen Klarstellungen folgte eine ebenso lebhafte wie ausgedehnte Aussprache, aus der aber immer wieder die Forderung herausklang:„ Wir dürfen uns von den Unorganisierten nicht ins Schlepptau nehmen lassen." Die Anwesenden verpflichteten fich daher, das Organisationsverhältnis auch in den zurückgebliebenen Betrieben derart zu verbessern, daß der DMB. Die Berantwortung für die Bewegung übernehmen kann. Beschlossen wurde, daß die Funktionäre, Betriebsräte und Obleute der Eisenkonstruktionsarbeiter am Montag, dem 2. April, abends 7 Uhr, im Metallarbeiterverbandshaus zusammenkommen sollen. Alle Betriebsräte, die einer dem Metallfartell angeschlossenen Organisation angehören, find zugelassen.
Den Unternehmern scheinen aber selbst diese Jammerschieds: sprüche noch zu weit zu gehen, die von den Arbeitervertretern selbstverständlich abgelehnt werden. Noch in dieser Woche soll da her im Reichsarbeitsministerium neu verhandelt werden.
Streif in der Bonner Fahnenfabrik .
Die Mitglieder der Bezirksfiliale Köln des Deutschen Textil arbeiterverbandes in der„ Bonner Fahnenfabrik " in Bonn am Rhein stehen in der fünften Woche im Streit. Ein Ende des Lohnkampfes ist noch nicht abzusehen. Die Firma sucht in Zeitungen, teils durch Chiffreannoncen, Maler, Zeicher, Druder, Stider und Sticerinnen als Streitbrecher anzuwerben. Sie erflärt, daß bei ihr nicht gestreift wird, und
Freitag, 30. März 1928
Die
meigert fich, nach Aufklärung des Sachverhalts, Fahrkosten zu zahlen. Einem Drucker, der sich nicht zum Verräter machen wollte, wurden für drei Tage Aufenthalt in Bonn 5 Mart gezahlt.
Die Firma bietet ihren Fachleuten einen tariflichen Lohnfaz
on 75 Bf., der im einzelnen zum Teil weit überschritten wird; den übertariflichen Lohn will sie aber nicht rechtlic 75- Bf.- Tarifftufe herabdrücken zu können, wie sie es 1926 getan hat. Leute, die sich als Streitbreder anwerben lassen, haben die sichere Aussicht, bei Wiederaufnahme der Arbeit entlassen zu werden, denn die geschlossen organisierten Facharbeiter weigern sich unter allen Umständen, mit Streitbrechern zusammenzuarbeiten. Wir bitten alle Arbeitervereine, die etwa Bestellungen in Fahumgehend an untenstehende Adresse zu wenden. Alle arbeiterfreundnen usw. an die Bonner Fahnenfabrit" aufgegeben haben, sich lichen Zeitungen werden um Abdruck obiger Bekanntmachung gebeten.
anerkennen, um ihn bei Abflauen des Geschäfts auf die
"
Deutscher Tertilarbeiterverband, Bezirksfiliale Köln, Severinstr. 197/99.( Fernruf Mosel 955.)
Lohnstreit der Stuffateure.
Von der Leitung der Fachgruppe Stuck- und Gipsbau des Baugewerksbundes war das örtliche Lohnabkommen für GroßBerlin zum 31. März gefündigt und eine Erhöhung der Stundenlöhne um 30 Pf. gefordert worden. Diese auf den ersten Blick etwas hoch erscheinende Forderung ist darin begründet, daß die Betliner Stuffateure und Berufskollegen durch den Abschluß des Reichstarifvertrages für das Studgewerbe im Dezember vorigen Jahres einige Berschlechterun= gen hinnehmen mußten, die auf die Arbeitsstunde umgerechnet etwa 13 bis 16 Pf. Verdienstkürzung ausmachten. Es war weiter gefordert worden, die Träger in der Entlohnung mit den Stuffateuren gleichzusehen und das neue Lohnabkommen nur auf ein halbes Jahr zu befristen.
Trogdem die Unternehmer in den direkten Verhandlungen die Richtigkeit der Begründungen der Forderungen nicht bestreiten fonnten, lehnten fie es jedoch glatt ab, auch nur einen einzigen Pfennig Lohnzulage zu gewähren. Sie verstiegen sich sogar zu der Behauptung, daß der Lohn von 1,80 m. pro Stunde für die Facharbeiter noch viel zu hoch sei, obgleich dieser Lohn noch um etwa 20 Pf. unter dem Reallohn der Vorkriegszeit liegt.
Bei den Verhandlungen vor dem Bezirkstarifamt am 23. März zeigten sich die Unternehmer wieder genau so zugeknöpft wie in den direkten Verhandlungen, so daß schließlich ein Schiedsspruch gefällt wurde, der im wesentlichen folgendes besagt: Die Löhne der Facharbeiter( Stuttateure, Rabitz, Kotsaschen- und Zementdrahtpußer, Bildhauer und Plattensezer) werden ab 1. April oon 1,80 m. auf 1,87 m. und ab 1. Ottober bis 31. März 1929 auf 1,88 m. erhöht. Die Löhne der Spanner sollen für die gleichen Zeiträume von 1,62 m. auf 1,66 m. bzw. 1,67 M., die der Träger von 1,62 m. auf 1,69 m. bzm. 1,70 M. erhöht werden. Die Löhne der Hilfsarbeiter sollen von 1,44 m. auf 1,45 m. für die Dauer eines Jahres erhöht werden.
Mit diesem Schiedsspruch beschäftigte sich am Dienstag abend im Dresdener Casino eine überfüllte Mitgliederversammlung der Fachgruppe, die nach längerer Aussprache den Schiedsspruch einstimmig ablehnte. Die Fachgruppenleitung wird nun mehr umgehend den Streitfall vor das Haupttarifamt bringen.
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