Einzelbild herunterladen
 

BERLIN

Donnerstag, 5. April

NO

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 70 Pf. pro Woche, 3 M. pro Monat.

Redaktion und Expedition: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Spätausgabe des Vorwärts

10 Pf.

Nr. 164

B 82 45. Jahrgang.

Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezeile 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Postscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin Nr. 37536. Fernsprecher: Donhoff 292 bis 297

Vom Lande ausgestoßen!

Folgen der Großagrarierpolitik.- Städte müssen Asyle für Landarbeiter bauen.

Alarmierende Meldungen über die fluchtartige Rückkehr von Landarbeitern in die Stadt kommen aus Ost pommern. Die Agrarier, die soeben noch im Notprogramm sich Hundert- Millionen- Zu wendungen als Erbschaft des Rechtsblocks zu sichern suchten, vernachlässigen gegenüber den bei ihnen beschäftigten Arbeitskräften die ein fachite Menschenpflicht, treiben sie so von der Scholle fort und zwingen sie, in die bereits mit Arbeitslosen überlasteten Städte zu gehen; diese sind es auch, die dann die Fürsorgepflicht gegen. über den vom Land Vertriebenen ausüben müssen. 3m einzelnen wird uns dazu berichtet:

Kolberg , 4. April. ( Eigenbericht.)

Die Landarbeiterflucht in Ostpommern nimmf immer größere Ausdehnung an. In allen Gutsdörfern Ostpommerns war in diesen Tagen ein bisher nie beobachteter Wohnungswechsel der Land arbeiter festzustellen. In manchen Gegenden sind z. B. von fleinen Gütern nicht weniger als 10 Familien weggezogen. Von 20 wahl­los herausgegriffenen Orten des Kreijes Kolberg- Körlin haben über 60 Landarbeiterfamilien Pommern verlassen.

Wie lebhaft die Umzugstätigkeit ist, geht u. a. auch daraus hervor, daß in der fleinen Stadt Bollnow eine regelrechte Ber­tehrsstörung entstand. Die Polizei mußte eingreifen und Ordnung schaffen. In vielen Fällen können die von ihrer Arbeitsstelle fort­ziehenden Landarbeiter auf anderen Gütern feine neue Stelle an­nehmen, weil sie die von den Gutsbefizern geforderten zwei bis drei Hofgänger nicht stellen fönnen. Sie suchen dann in den Städten ihres Bezirkes ein notdürftiges Unterfommen.

So haben sich in den letzten Monaten in fast allen oftpommerschen Städten Verhältnisse herausgebildet, wie sie beispiellos in der Geschichte der Landarbeiter. bewegung dastehen.

Bon dem Erlös der lezten verkauften Habe mieten die heimat­losen Bandarbeiter für einige Monate eine teure Neubau mohnung, in der Hoffnung, recht bald Verdienstmöglichkeiten zu finden. Da die Zahl der beschäftigungslosen ungelernten Arbeiter in allen Städten ebenfalls fehr groß ist, gelingt es den Land arbeitern felten, Arbeit in den Städten zu finden. Sie werden dann aus den Wohnungen, für die sie die Mieten nicht erschwingen tönnen, eg mittiert und liegen mit ihren wenigen Habfeligkeiten auf der Straße.

Die Stadt Kolberg plant jeht für die zahlreichen obdach. losen Landarbeiter eigens den Bau eines Obdachlosen= asyls. In einer öffentlichen Stadtverordnetenversammlung hat der Oberbürgermeister der Stadt Kolberg den Landbund bereits aufgefordert, seiner Pflicht dem deutschen Landarbeiter gegenüber endlich eingedent zu werden.

Ein neuer Fall Angerstein.

Bericht auf der zweiten Seite.

Die neuen Bahnhöfe.

NEANDERSTRASSE

Auf der Strecke Gesundbrunnen- Neukölln fand heute vormittag die erste Besichtigungsfahrt zwischen den Beim Bahnhof Neanderstraße liegen die Bahnhöfen Moritzplatz " und ,, Neanderstraße" statt. Eingange- was für Berlin eine Neuheit darstellt unmittelbar in Häusern.

93

99

-

Der Leberfall auf den türkischen Kurier.

Neue Raubüberfälle im Westen.

Zu dem Raubüberfall, der gestern abend auf die Frau Alma Paulus aus der Herthastraße verübt wurde, erfahren wir, daß die Verwundung, die der flüchtige Räuber dem ägyptischen Kurier Abdel Azig Helmi bei der Verfolgung durch einen Schuß in den rechten Oberarm beibrachte, nicht gefährlich ist. Es handelt sich nur um eine allerdings erhebliche Fleischwunde. Der Kurier konnte, nadem er im Krankenhaus einen Berband erhalten hatte, schon gestern abend wieder in seine Wohnung entlassen werden. Das Raubdezernat der Kriminalpolizei hat in Verbindung mit den In­ipeftionen Grunewald und Charlottenburg sofort die umfassendsten Nachforschungen nach dem entkommenen Räuber aufgenommen, sie haben aber bis jetzt noch feinen Erfolg gehabt.

tert ausführte, war in der Nähe auch ein zweiter Bursche gesehen worden. Das war Prehm, der nach der Laube zurückgelaufen wer in der Hoffnung, daß sein Freund auch wieder dorthin fommen werde. Statt dessen wurde er selbst von Kriminalbeamten aus der Laube herausgeholt und ebenfalls nach der Wache gebracht. Beide bestreiten, an dem Raubüberfall auf Frau Paulus beteiligt ge­wesen zu sein. Die Verhafteten werden im Laufe des Tages dem ägyptischen Kurier, dem Studenten und Frau Paulus gegenüber­gestellt werden. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß fie für diesen Ueberfall in Betracht kommen. Auch die Beschreibung des Flüch tigen paßt nicht recht auf einen von ihnen. Beide sind größer als der Flüchtige.

Es sind die unwürdigen Arbeits- und Lebens verhältnisse in den Gutsdörfern, die die Landarbeiter zur Auswanderung zwingen. So wandern jetzt auch aus dem bedrohten Ostpreußen jährlich 12 000 Menschen nach dem Westen, teil­weise um polnischen Saisonarbeitern Plaz zu machen. Die Rechtsblodregierung hat gegenüber diesen Rotständen glatt versagt. Anstatt zur Rettung. der bedrängten Ostmart alle Geldmittel freizumachen, hat man die für den Dsten verfügbaren Mittel in Liebesgaben für süd- und südwestdeutsche Staaten ver­pulvert. Entgegen dem Protest Preußens hat man große Summen für einen Banzerfreuzer zum Schußz" der Dstmart festgelegt, Der jugendliche Räuber, der in der Nestorstraße den Anschlag anstatt damit den Menschen Ostpreußens leichtere und würdigere auf eine Frau Bertowig verübte und von Bassanten festgenom­Existenzbedingungen zu schaffen. Wenn irgendwo, so zeigt sich hier men wurde, ist ein 15 Jahre after Kochlehrling Kurt Martert, die Unfähigkeit der nationalistisch- großagrarischen Führung der sich in der Fürsorgeanstalt Lindenhof befand. Markert entwin der Deutschnationalen in ihrer vollen Kraßheit. Die Tatsache, daß dort am vergangenen Sonntag mit einem 16 Jahre alten Rudolf die Städte und in ihnen die großstädtische arbeitende Bevölkerung Brehm zusammen. Die beiden trieben sich seitdem in Berlin die Folgen der verfehlten Agrarpolitit zu tragen hat, macht diese umber und ließen sich endlich auf dem Gelände an der Albrecht Borkommnisse zu einer Angelegenheit des ganzen Boltes. Ueberall, Achilles- Straße in der Gegend des Bahnhofs Halensee in einer mo die Agitatoren der Deutschnationalen und des Landbundes auf Laube nieber. Ihren Lebensunterhalt versuchten sie durch Ein treten, sollten ihnen die Früchte der Agrarwirtschaft ihres Ministers 5 rüche in Lauben und durch Diebstähle in Geschäf Schiele unter die Nase gehalten werden. Diese Ceute, die auf ten zu erwerben. Sie lauerten auch Geschäftswagen auf, die mit ihrem eigenen Gebiet jo vollkommen verjagen, maßen sich an, die Lieferungen aus der Innenstadt tamen, um die Ladungen zu Führung im Reiche zu übernehmen und die Borherrschaft des plündern. Sie hatten aber, wie Marfert behauptet, nirgends Glück. Juntertums in der Bolifit wieder aufzurichten. Ihnen muß bei Deshalb famen fie, meil der Sunger fie plagte, auf den Gedanken, ben bengbehenhem Bahlen eine deutige Antmant auteil fich durch den Raub einer Handtasche Geb zum Einfauf von 2e methenthersmittel behaffen, Bei dem Anfall auf die Frau, den Manden Reichsbannerierten eingelegt worden,

Nachträglich ist noch ein dritter Ueberfall bekannt geworden, der gestern abend gegen gegen 9 Uhr in der Rüstern­allee in Westend verübt murde. Hier entrissen zwei Burschen einer Krankenschwester, die sich auf dem Heimwege befand, Die Beraubte rief um Hilfe, konnte die Handtasche mit 22 M. aber die Räuber selbst nicht verfolgen, weil einer von ihnen ihr Sand in die Augen geworfen und sie so für einen Augenblick geblendet hatte. Miteilungen zur weiteren Aufklärung aller dieser Ueberfälle nimmt das Raubbezernat A. 5 im Simmer 80 des Polizeipräsidiums entgegen.

Ueber die Revision des Arensdorfer Prozesses verhandelt das Reichsgericht am 19. April. Revision ist fomohl von den beiden megen Totschlags verurteilten Schmelzer Bater- and- Sohn- wie- vDR