Morgenausgabe
Nr. 179
45. Jahrgang
A 91
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Sonntag
15. April 1928
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endung des 78. Lebensjahres während seiner parlamentarischen Tätigkeit geleistet hat. Diese Dantesworte wurden
Größe der Zeit.
Auf einem außerordentlichen Bezirksparteitag stellte immer wieder von Beifallsstürmen unterbrochen. Dann be- Der Ameritaflug.- Technik und Reaffion.- Technik und gestern Abend der Bezirksverband Berlin der sozialdemokraſtieg Gen. Bernstein selbst die Tribüne, um in sichtbarer Ertischen Partei die Kandidaten für die Reichs- und Landtags- griffenheit den Berliner Genossen für diese Kundgebung zu
wahlen auf.
In seinen einleitenden Ausführungen stellte der Vorfizende, Genosse Künstler fest, daß außer in der sozialdemotrafischen Partei in feiner zweiten Partei in so weitgehender Demokratie die Mitgliedschaft die Kandidaten auswählen
fonnte.
Vor der Nominierung der Kandidaten für den Wahlfreis Potsdam II ehrte der Bezirkstag den aus Altersrücksichten von einer Kandidatur zurücktretenden Genossen Eduard Bernstein .
Die Kandidatenliste trägt die folgenden Namen: Für den Reichstag .
Artur Cispien
Hugo Heimann Clara Bohm- Schuch Siegfried Aufhäuser Dr. Julius Mojes
Carl Litfe Lorenz Breunig Albert Faltenberg Minna Todenhagen Hermann Wäger Friedrich Schlegel
Henny Rewald
Anna Bormann
Dr. Suit Löwenstein
Surt He nig
Marie Kuhnert
Georg Wendt
Simon Batenstein Richard Krille
Dr. Croner
Für den Landtag..
Georg Maderholz
Karl Weiner
Dr. Käthe Frankenthal
Potsdam II: Friedrich Bartels Hermann Harnisch Luise Kähler Georg Klausner August Heitmann Willy Drügemüller Mar Fechner Paul Amhoff
Karl Polenste
Hans Woywod Georg Oppel Auguste Bartels Hermann Cempert Georg Burgemeister Siegfried Hermes
Der Bezirksparteitag beschloß ferner, den Genossen Fa l- fenberg für die Reichsliste, den Genossen Professor Dr. Chajes für die Landesliste zu empfehlen.
Vor der Aussprache über die Kandidaten hielt Genoffe Hugo Heimann ein fritisches Referat über die Finanzpolitik des Bürgerblocks, das in die Forderung austlang, am 20. Mai Sorge zu tragen, daß Ordnung in Deutschlands Finanzwirtschaft kommt.
Die Aussprache über die Kandidaturen erfolgte in voller Geschlossenheit und Kameradschaftlichkeit. Die Vorschläge wurden mit wenigen Ausnahmen unverändert angenommen. Die Berliner Sozialdemokratie ist kampfbereit!
Kundgebung für Eduard Bernstein.
Dem Führer und Vorfämpfer!
Am Beginn des Parteitages stand eine begeisterte Kundgebung für Eduard Bernstein, den Borkämpfer des Sozialismus, dessen Name unzertrennlich mit der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie verbunden ist.
Unter stürmischem, nicht endenwollendem Beifall dankte der Berliner Vorsitzende, Genosse Künstler, dem Veteranen der Berliner, der deutschen und der internationalen Arbeiter bewegung für die aufopfernde Tätigkeit, die er bis nach Boll
Genosse Bernstein erinnerte daran, daß er seinerzeit als einer der Ersten zu den Unabhängigen gegangen, aber auch als einer der Ersten zur Partei wieder zurückgefehrt war, in der Erkenntnis der Notwendigkeit einer einigen Parteiorganisation. Bernstein versicherte, daß er an der weiteren Parteiarbeit und an dem Wahlkampf, der von besonderer Bedeutung für die gesamte Arbeiter bewegung, für die Republik und den Sozialismus ist, mit aller Kraft teilnehmen würde, die ihm seine geschwächte Gesundheit noch lasse.
Auf Wunsch der Versammlung mußte Bernstein am Vorstandstisch Plaz nehmen, wo er den Dank von Vertretern aus den Reihen seiner Mitkämpfer und Schüler entgegennahm. Die Kundgebung, an der sich nicht nur die Delegierten, sondern auch die dichtgefüllten Tribünen in spontaner Begeisterung beteiligten, war ein anfeuernder Auftakt zum weiteren Kampf, eine Rundgebung für die Geschlossenheit und Schlagkraft der Partei.
Sozialismus.
Köhl, v. Hünefeld und Fizmaurice sind die ersten Menschen, die im Flugzeuge von Europa aus Amerika erreicht haben. Ihre Namen gehören seit gestern ebenso der Geschichte an wie die Lindberghs, Chamberlins und Levinés, denen es schon zuvor gelungen war, den gleichen Weg in der umgekehrten Richtung zurüdzulegen. Das Abenteuer der Bremen" hat dabei noch einmal bewiesen, daß der Flug über den Ozean heute noch ein äußerst gefährliches Unternehmen ist, dessen Gelingen oder Mißlingen von Gunst und Ungunst des Zufalls abhängt. Dennoch wir erleben heute, was alle Generationen vor uns faum zu träumen gewagt hatten.
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Wenn zum Glück, nicht allein, oder vielleicht am wenig dann ist unsere Zeit, trotz aller Not, glücklich zu nennen. Die sten, Wohlleben, sondern vor allem starkes Erleben gehört, Männer, die so große sportliche und technische Leistungen vollbringen, verschaffen sich durch Gefahr und Entbehrung Glücks gefühle, und die Welt nimmt miterlebend an diesem Glück Anteil.
In verschiedenen deutschen Zeitungen liest man, daß die beiden Deutschen, die den Ozean überflogen, stramm ,, nationale" Männer seien, die zum Start die schwarz
Bremen" will weiterfliegen. Weißrote Fahne aufgezogen hätten. Einer von ihnen, ber
York, 14. April.
Das hiesige Bureau des Norddeutschen Lloyd erhielt eine Nachricht von den Fliegern der Bremen", die besagt, daß mit der Ausbesserung des Flug Zeuges begonnen wurde, daß es aber zwei bis drei Tage dauern werde, ehe der Weiterflug möglich sei. Der Zeitpunkt des Abflugs sei noch nicht festgelegt. New
York rüstet zum Empfang.
Baron von Hünefeld, habe sogar vor dem Abflug ein Gedicht an den Ertaiser nach Doorn gesandt. Da die gegnerische Presse diese Nebenumstände beinahe für wichtiger zu halten scheint als den geglückten Flug selbst, so wollen auch wit nicht unterlassen, sie zu registrieren. Es ist richtig, daß ins besondere der Baron v. Hünefeld ein Schwärmer für die Monarchie ist, dessen Fanatismus jeder Probe gewachsen ist. Selbst die persönliche Bekanntschaft mit dem Herrn von Doorn und dem früheren von Wieringen hat ihn von seiner Schwärmerei nicht abzubringen vermacht. Mit der Sache des Dzeanfluges hat das freilich wenig zu tun. Wer hat sich, als Chamberlin und Leviné bei uns gefeiert wurden, darum gefümmert, ob die beiden frischen jungen Leute Republikaner, Demokraten oder Mitglieder des Ku- Klur- Klans waren? Det New York, 14. April. Versuch unserer Rechtspresse, aus einem großen technisch Obwohl der ganzen Lage der Dinge nach naturgemäß über den sportlichen Ereignis parteipolitisches Kapital zu schlagen, ist Tag, an dem die Helden der Bremen" in New York eintreffen grotest. Auch der glühendste Monarchismus eines erfolg werden, noch nichts gesagt werden kann, werden hier die Vorreichen Fliegers fann nichts daran ändern, daß die Mon bereitungen für ihren Empfang, der nach dem Emp- archie in Deutschland tot und begraben ist. finden der New- Yorker Bevölkerung dem Empfang Lindberghs nicht nachstehen soll, eifrig fortgefeht. Bemerkenswert ist der Optimis. mus, mit dem während der aufregenden Wartezeit die Bevölkerung an der Auffassung fefth elt, daß den Ceuten der„ Bremen" das Wagnis gelingen werde. Nachdem die Nachricht von der Candung eingetroffen war, waren auf den Straßen wie in den Berfehrsmitteln überall Aeußerungen in dem Sinne zu hören, man habe feinen Augenblid daran gezweifelt, daß die" Bremen"-Ceute es schaffen würden.
Aus den hier vorliegenden Aeußerungen informierter Stellen läßt sich entnehmen, daß es der„ Bremen- Befahung auf Greenly Island, obwohl dort alles noch vereist ist und nur zwölf Menschen dort wohnen, hinsichtlich der Unterbringung und Ernährung an nichts fehlen wird.
Der Eindruck in 3rland und England.
London, 14. April .( Eigenbericht.) in einen wahren Taumel der Begeisterung verfegt worden. Irland ist nach der Nachricht von der Landung der Ozeanflieger Das in seinem Temperament fühlere England hat die Nachricht von der Rettung der Flieger dagegen im wesentlichen mit einem Aufatmen der Erleichterung derüber entgegengenommen, daß die Dzeanfliegerei nicht nette Toderopfer gefordert hat. Die gesamte Londoner Presse vom Sonnabend einschließlich der überaus deutschfeindlichen Lord, Rothermere gehörigen Evening Nems" beglückwünscht die deutschen Atlantifflieger in ritterlicher Beise zu ihrem Erfolg, obgleich sich in die Glückwünsche deutlich das Bebauern darüber mischt, daß es nicht Engländer find. die den Ozean als erfte in der Ost- West- Richtung bezwungen haben. E vening News stellt feft, es sei eigentümlich genug, daß die britische Nation, die feinen Anlaß gehabt habe, sich über die deutschen Flieger während des Krieges zu freuen nunmehr zwei deutsche Flieger in so herzlicher Weise beglückwünsche. Aber Wa gemut tenne teine nationalen Grenzen.
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In einer Auseinandersehung Vanderveldes und de man in der Gesellschaft" fanden wir jüngst folgendes Zitat aus den Schriften des französischen Philosophen Bergson:
In vielen tausend Jahren, wenn wir rückblickend nur noch die großen Linien der Vergangenheit wahrnehmen können, werden unsere Kriege und unsere Revolutionen taum mit. 3ahlen, vorausgesetzt, daß man sich ihrer überhaupt noch erinnert; aber von der Dampfmaschine und allen sie begleitenden Erfindungen wird man vielleicht so sprechen, wie wir es heute von den Bronze- oder Steinwerkzeugen tun; sie werden ein Zeitalter bedeuten.
Vandervelde gibt dieses Zitat zustimmend wieder, um die materialistische Geschichtsauffassung gegen de Mans Angriffe zu verteidigen. Für Marg ist freilich alle Geschichte" eine Geschichte nicht der Technik, sondern eine Geschichte von Klassenfämpfen", und in ihrem Mitelpunkt steht so nicht die Materie sondern der Mensch. Marg wäre auch gewiß nicht mit Bergson der Ansicht gewesen, das entscheidend Große unserer Zeit, das, was ihr Bedeutung über die Jahrtausende hinaus verleiht, bestehe ausschließlich in dem Fortschritt der Technik.
Bir Sozialisten sind vielmehr der Ueberzeugung, daß unsere Zeit in der Geschichte als diejenige fortleben wird, in der die Menschheit zum Bewußtsein ihrer selbst zu erwachen begann. Daß die Technik in diesem geistigen Prozeß die Rolle der Erweckerin gespielt hat, ist ihr Ruhm, den ihr niemand bestreitet. Sie hat die Menschen in RiesenStädten und Mammutbetrieben zusammengeballt, hat fie unter die Faust der Maschine gepreßt und zum Kampf für menschlichere soziale Zustände geradezu gezwungen. Sie hat aber zugleich auch dem unterdrückten und ausgebeuteten Menschen die Mittel in die Hand gegeben, die er zu seinem