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Morgenausgabe

Nr. 179

45. Jahrgang

A 91

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Der Borwärts erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jüuftrierte Beilagen Bolt und Zeit und Kinderfreund" Ferner Unterhaltung und Wissen"," Frauen Stimme" Technik" Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts".

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Sonntag

15. April 1928

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die eta ip altige Ronparetllezells 80 Bfennig Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zwet fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pfennig Stellengefuche das erste Bort 15 Brennig. jedes weitere Bort 10 Pfennig Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte Arbeitsmarkt Beile 60 Bfennig Familianzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden Straße 3. wochentägl von 8%, bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Unsere Berliner   Kandidaten.

Die Partei kampfbereit. Ehrung des Genossen Eduard Bernstein  .

Berliner   Bezirksparteitag.

endung des 78. Lebensjahres während seiner parlamentari­schen Tätigkeit geleistet hat. Diese Dantesworte wurden

Größe der Zeit.

Auf einem außerordentlichen Bezirksparteitag stellte immer wieder von Beifallsstürmen unterbrochen. Dann be- Der Ameritaflug.- Technik und Reaffion.- Technik und gestern Abend der Bezirksverband Berlin   der sozialdemokraſtieg Gen. Bernstein selbst die Tribüne, um in sichtbarer Er­tischen Partei die Kandidaten für die Reichs- und Landtags- griffenheit den Berliner   Genossen für diese Kundgebung zu

wahlen auf.

In seinen einleitenden Ausführungen stellte der Vor­fizende, Genosse Künstler fest, daß außer in der sozialdemo­trafischen Partei in feiner zweiten Partei in so weitgehender Demokratie die Mitgliedschaft die Kandidaten auswählen

fonnte.

Vor der Nominierung der Kandidaten für den Wahl­freis Potsdam II ehrte der Bezirkstag den aus Altersrück­sichten von einer Kandidatur zurücktretenden Genossen Eduard Bernstein  .

Die Kandidatenliste trägt die folgenden Namen: Für den Reichstag  .

Berlin  :

Artur Cispien

Hugo Heimann  Clara Bohm- Schuch  Siegfried Aufhäuser  Dr. Julius Mojes

Carl Litfe Lorenz Breunig  Albert Faltenberg Minna Todenhagen  Hermann Wäger  Friedrich Schlegel  

Henny Rewald

Anna Bormann

Berlin  :

Paul Hirsch  

Gertrud Hanna Otto Meter Erich Kuttner  Gustav Sabath Adolf Hoffmann  Eduard Zachert Helene Schmit

Potsdam II: Franz Künstler  

Dr. Suit Löwenstein

Surt He nig

Marie Kuhnert

Georg Wendt

Simon Batenstein Richard Krille

Dr. Croner

Richard Hille Willy Schneider  Helmuth Lehmann Emil Barth  

Für den Landtag..

Georg Maderholz

Karl Weiner

Dr. Käthe Frankenthal

Emil Alenz

Georg Buchmann  

Paul Hennig Karl Hetzschold Willy Marste

Erich Witte  

August Gebert

Potsdam II: Friedrich Bartels Hermann Harnisch Luise Kähler Georg Klausner August Heitmann Willy Drügemüller Mar Fechner Paul Amhoff

Karl Polenste

Hans Woywod Georg Oppel Auguste Bartels Hermann Cempert Georg Burgemeister Siegfried Hermes

Der Bezirksparteitag beschloß ferner, den Genossen Fa l- fenberg für die Reichsliste, den Genossen Professor Dr. Chajes für die Landesliste zu empfehlen.

Vor der Aussprache über die Kandidaten hielt Genoffe Hugo   Heimann ein fritisches Referat über die Finanz­politik des Bürgerblocks, das in die Forderung austlang, am 20. Mai Sorge zu tragen, daß Ordnung in   Deutschlands Finanzwirtschaft kommt.

Die Aussprache über die Kandidaturen erfolgte in voller Geschlossenheit und Kameradschaftlichkeit. Die Vorschläge wurden mit wenigen Ausnahmen unverändert angenommen. Die   Berliner Sozialdemokratie ist kampfbereit!

Kundgebung für Eduard   Bernstein.

Dem Führer und Vorfämpfer!

Am Beginn des Parteitages stand eine begeisterte Kund­gebung für Eduard   Bernstein, den Borkämpfer des Sozialis­mus, dessen Name unzertrennlich mit der Geschichte der  deutschen Sozialdemokratie verbunden ist.

Unter stürmischem, nicht endenwollendem Beifall dankte der   Berliner Vorsitzende, Genosse Künstler, dem Veteranen der   Berliner, der   deutschen und der internationalen Arbeiter bewegung für die aufopfernde Tätigkeit, die er bis nach Boll­

Genosse Bernstein erinnerte daran, daß er seinerzeit als einer der Ersten zu den Unabhängigen gegangen, aber auch als einer der Ersten zur Partei wieder zurück­gefehrt war, in der Erkenntnis der Notwendigkeit einer einigen Parteiorganisation. Bernstein versicherte, daß er an der weiteren Parteiarbeit und an dem Wahlkampf, der von besonderer Bedeutung für die gesamte Arbeiter bewegung, für die   Republik und den Sozialismus ist, mit aller Kraft teilnehmen würde, die ihm seine geschwächte Ge­sundheit noch lasse.

Auf Wunsch der Versammlung mußte Bernstein am Vor­standstisch Plaz nehmen, wo er den Dank von Vertretern aus den Reihen seiner Mitkämpfer und Schüler entgegennahm. Die Kundgebung, an der sich nicht nur die Delegierten, son­dern auch die dichtgefüllten Tribünen in spontaner Be­geisterung beteiligten, war ein anfeuernder Auftakt zum weiteren Kampf, eine Rundgebung für die Geschlossenheit und Schlagkraft der Partei.

Sozialismus.

Köhl, v. Hünefeld und Fizmaurice sind die ersten Menschen, die im Flugzeuge von   Europa aus  Amerika erreicht haben. Ihre Namen gehören seit gestern ebenso der Geschichte an wie die Lindberghs, Cham­berlins und Levinés, denen es schon zuvor gelungen war, den gleichen Weg in der umgekehrten Richtung zurüd­zulegen. Das Abenteuer der   Bremen" hat dabei noch ein­mal bewiesen, daß der Flug über den Ozean heute noch ein äußerst gefährliches Unternehmen ist, dessen Gelingen oder Mißlingen von Gunst und Ungunst des Zufalls abhängt. Dennoch wir erleben heute, was alle Generationen vor uns faum zu träumen gewagt hatten.

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Wenn zum Glück, nicht allein, oder vielleicht am wenig dann ist unsere Zeit, trotz aller Not, glücklich zu nennen. Die sten, Wohlleben, sondern vor allem starkes Erleben gehört, Männer, die so große sportliche und technische Leistungen vollbringen, verschaffen sich durch Gefahr und Entbehrung Glücks gefühle, und die Welt nimmt miterlebend an diesem Glück Anteil.

In verschiedenen   deutschen Zeitungen liest man, daß die beiden   Deutschen, die den Ozean überflogen, stramm ,, nationale" Männer seien, die zum Start die schwarz  

Bremen" will weiterfliegen. Weißrote Fahne aufgezogen hätten. Einer von ihnen, ber

Zeitpunkt noch ungewiß. New  

York, 14. April.

Das hiesige Bureau des Norddeutschen   Lloyd erhielt eine Nachricht von den Fliegern der   Bremen", die besagt, daß mit der Ausbesserung des Flug Zeuges begonnen wurde, daß es aber zwei bis drei Tage dauern werde, ehe der Weiterflug möglich sei. Der Zeitpunkt des Abflugs sei noch nicht festgelegt. New  

York rüstet zum Empfang.

Baron von Hünefeld, habe sogar vor dem Abflug ein Gedicht an den Ertaiser nach   Doorn gesandt. Da die gegnerische Presse diese Nebenumstände beinahe für wichtiger zu halten scheint als den geglückten Flug selbst, so wollen auch wit nicht unterlassen, sie zu registrieren. Es ist richtig, daß ins besondere der Baron v. Hünefeld ein Schwärmer für die Monarchie ist, dessen Fanatismus jeder Probe gewachsen ist. Selbst die persönliche Bekanntschaft mit dem Herrn von  Doorn und dem früheren von Wieringen hat ihn von seiner Schwärmerei nicht abzubringen vermacht. Mit der Sache des Dzeanfluges hat das freilich wenig zu tun. Wer hat sich, als Chamberlin und Leviné bei uns gefeiert wurden, darum gefümmert, ob die beiden frischen jungen Leute Republikaner, Demokraten oder Mitglieder des Ku- Klur- Klans waren? Det New   York, 14. April. Versuch unserer Rechtspresse, aus einem großen technisch Obwohl der ganzen Lage der Dinge nach naturgemäß über den sportlichen Ereignis parteipolitisches Kapital zu schlagen, ist Tag, an dem die Helden der   Bremen" in New   York eintreffen grotest. Auch der glühendste Monarchismus eines erfolg werden, noch nichts gesagt werden kann, werden hier die Vorreichen Fliegers fann nichts daran ändern, daß die Mon bereitungen für ihren Empfang, der nach dem Emp- archie in   Deutschland tot und begraben ist. finden der New- Yorker Bevölkerung dem Empfang Lindberghs nicht nachstehen soll, eifrig fortgefeht. Bemerkenswert ist der Optimis. mus, mit dem während der aufregenden Wartezeit die Bevölke­rung an der Auffassung fefth elt, daß den Ceuten der   Bremen" das Wagnis gelingen werde. Nachdem die Nachricht von der Can­dung eingetroffen war, waren auf den Straßen wie in den Ber­fehrsmitteln überall Aeußerungen in dem Sinne zu hören, man habe feinen Augenblid daran gezweifelt, daß die"   Bremen"-Ceute es schaffen würden.

Aus den hier vorliegenden Aeußerungen informierter Stellen läßt sich entnehmen, daß es der   Bremen- Befahung auf Greenly Island, obwohl dort alles noch vereist ist und nur zwölf Menschen dort wohnen, hinsichtlich der Unterbringung und Ernährung an nichts fehlen wird.

Der Eindruck in 3rland und England.  

London, 14. April  .( Eigenbericht.) in einen wahren Taumel der Begeisterung verfegt worden.  Irland ist nach der Nachricht von der Landung der Ozeanflieger Das in seinem Temperament fühlere England hat die Nachricht von der Rettung der Flieger dagegen im wesentlichen mit einem Aufatmen der Erleichterung derüber entgegengenommen, daß die Dzeanfliegerei nicht nette Toderopfer gefordert hat. Die gesamte Londoner Presse vom Sonnabend einschließlich der überaus deutschfeindlichen Lord, Rothermere gehörigen Evening Nems" beglückwünscht die   deutschen Atlantifflieger in ritterlicher Beise zu ihrem Erfolg, obgleich sich in die Glückwünsche deutlich das Bebauern darüber mischt, daß es nicht Engländer find. die den Ozean als erfte in der Ost- West- Richtung bezwungen haben. E ve­ning News stellt feft, es sei eigentümlich genug, daß die britische Nation, die feinen Anlaß gehabt habe, sich über die   deutschen Flieger während des Krieges zu freuen nunmehr zwei deutsche Flieger in so herzlicher Weise beglückwünsche. Aber Wa gemut tenne teine nationalen Grenzen.

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In einer Auseinandersehung Vanderveldes und de man in der Gesellschaft" fanden wir jüngst folgendes Zitat aus den Schriften des   französischen Philosophen Bergson:

In vielen tausend Jahren, wenn wir rückblickend nur noch die großen Linien der Vergangenheit wahrnehmen können, werden unsere Kriege und unsere Revolutionen taum mit. 3ahlen, vorausgesetzt, daß man sich ihrer überhaupt noch erinnert; aber von der Dampfmaschine und allen sie begleiten­den Erfindungen wird man vielleicht so sprechen, wie wir es heute von den Bronze- oder Steinwerkzeugen tun; sie werden ein Zeitalter bedeuten.

Vandervelde gibt dieses Zitat zustimmend wieder, um die materialistische Geschichtsauffassung gegen de Mans Angriffe zu verteidigen. Für Marg ist freilich alle Geschichte" eine Geschichte nicht der Technik, sondern eine Geschichte von Klassenfämpfen", und in ihrem Mitelpunkt steht so nicht die Materie sondern der Mensch. Marg wäre auch gewiß nicht mit Bergson der Ansicht gewesen, das entscheidend Große unserer Zeit, das, was ihr Bedeutung über die Jahrtausende hinaus verleiht, bestehe ausschließlich in dem Fortschritt der Technik.

Bir Sozialisten sind vielmehr der Ueberzeugung, daß unsere Zeit in der Geschichte als diejenige fortleben wird, in der die Menschheit zum Bewußtsein ihrer selbst zu erwachen begann. Daß die Technik in diesem geistigen Prozeß die Rolle der Erweckerin gespielt hat, ist ihr Ruhm, den ihr niemand bestreitet. Sie hat die Menschen in Riesen­Städten und Mammutbetrieben zusammengeballt, hat fie unter die Faust der Maschine gepreßt und zum Kampf für menschlichere soziale Zustände geradezu gezwungen. Sie hat aber zugleich auch dem unterdrückten und ausgebeuteten Menschen die Mittel in die Hand gegeben, die er zu seinem