Der Abend
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B 94 45. Jahrgang.
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Schulelend im Junkerparadies.
Menschenwürdige Arbeiterwohnungen und Schulhäuser sind Luxus.
Infolge der Kritik sozialdemokratischer Abgeordneter
im Landtag von Medlenburg- Schwerin veranstaltete der Rechtsausschuß des dortigen Landtages eine Besichtigungsfahrt unter Beteiligung von Regierungsvertretern. Dabei traten, wie der folgende Bericht zeigt, geradezu schreiende Mißstände im Schulwesen zutage.
Das Schulhaus
Die Fahrt ging zunächst nach Leuchholz. ist ein baufälliger, strohgedeckter alter Raten. Die Lehrerwohnung, ein paar winzige dunkle Räume mit morschen Fußbodenbrettern, befindet sich in einem derartigen Zustand, daß seit Jahren fein verheirateter Lehrer gemagt hat, sich dort niederzulassen. Der Bodenraum ist nur mit halsbrecherischen Turnübungen auf einer verfallenden Treppe zu erreichen. Die jungen, unverheirateten Lehrer, die naturgemäß häufig wechseln, finden auf dem Gutshof ein Unterfommen. In der Lehrerwohnung hat man dürftig und schlecht eine Arbeiterfamilie untergebracht.
Der als Schulzimmer dienende Raum gleicht eher einer Höhle als einem Klassenzimmer.
Er besteht aus einem länglichen Gelaß, das den Bergleich mit vielen Biehställen nicht aushalten kann. Das wenige Licht, das durch viel zu kleine Fenster an der Schmalseite des Raumes hereindringt, reicht selbst an den hellsten Tagen nicht aus für die am entgegengesetzten Ende schreibenden oder lesenden Kinder, von denen sich vierzig und mehr auf banfartigen Gestellen drängen. Deutlich sieht man es an ihren blassen, verfümmerten Gesich tern, daß sie nicht nur in der Schule sondern auch in ihren Wohnungen, typischen Landarbeiterwohnungen Licht und Luft entbehren müssen. Der Eingang zur Schulflaffe ist ein schiefwinkliger kleiner Raum, der nicht einmal den beim Strohdach vorgeschriebenen Feuerschutz aufweist. Aborte sind nicht vorhanden. Nicht besser sieht es in Biebom aus.
Ständige Einsturzgefahr der Decke im Schulraum bedroht die Schüler, morsche Fußbodenbretter mit großen Löchern für Ratten und Mäuse und aufgerissene Wände vervollständigen das Bild des Schulzimmers und der Lehrerwohnung.
Das Betreten des Bodenraumes über Lehrer. wohnung und Schulzimmer ist buchstäblich mit Lebensgefahr verbunden. Wir werden darauf aufmerksam gemacht, nur auf die Balfen zu freten. In den Schornsteinen befinden sich große Löcher, die den Funten ungehindert den Weg zu dem dicht darüber liegenden Strohdach freigeben. Gegen ein gar zu großes Loch hat man ein altes Stück Blech, durch einige Steine gehalten, gestellt. Wenige Minuten später fuhren wir an dem erst flassigen Herrenhaus des Besizers Don Hasenwinkel und Blebom mit seinen herrlich gepflegten Bartanlagen vorbei.
In Mad som bei Ilom baut der neue Besizer für seinen Hof die reinsten Lurusgebäude. Ein Vieh stall für 80000 Mart,
eine Scheune für 70000 Mart find fertig, eine neue Straßenpflasterung auf dem Hof in Arbeit; tommt man aber durch den Torbogen des neuen Bichhauses in die eigentliche Dorfstraße, verändert sich das Bild. Die Wohnfaten der Arbeiter sind die alten. Ein Schulgebäude ist überhaupt nicht da. In einer alten Holländerei hat man ein fleines Zimmer als Unterrichtsraum auf das dürftigste hergerichtet. Sonderbar mutet in dem urväterlichen Hausrat ein Radioapparat an Eine Wohnung für den
unverheirateten Lehrer ist weder in diesem noch in
irgendeinem anderen Gebäude des Dorfes vorhanden. Er kommt jeden Tag von Stontrow herüber. Das Herrenhaus steht den größten Teil des Jahres leer. Die Schulkinder sehen blaß und tränklich aus.
Nicht ohne Grund sind in unseren Aciuuden" Nicht ohne Grund sind in unseren gesunden" ländlichen Bezirken Rachitis und Tuberkulose weiter verbreitet als in unseren Städten. Kennzeichnend für die Einstellung der Gutsgewaltigen sind die Worte des Administrators von Madsow: Erst kommt bei uns die Produktion, dann der Lugus."
Dabei bringen die teuren Wirtschaftsgebäude selbst nach Ansicht
Schloß Ruhwald kein Kinderheim.
Die in verschiedenen Zeitungen wiederholt gemeldete Notiz, daß das idyllisch auf dem Spandauer Bod" gelegene Schloß Ruhwald" zu einem Kindererholungsheim umgewandelt werden soll, beruht leider auf einem Irrtum. Nach unseren Informationen ist wohl das im Besitz der Stadt Charlottenburg
befindliche Gebäude zu dem genannten Zweck schon mehrere Jahre vorgesehen; die Mittel dagegen, die für den Umbau eingesetzt waren, sind in den letzten Jahren immer im Etat gestrichen worden; so find sie in diesem Jahr gar nicht mehr eingesetzt worden. Zurzeit dient das Schloß als Frauentagesheim.
Rätsel um den Geltower Leichenfund
1000 Marf Belohnung für die Aufklärung im Fall Kotlewski.
Die Leiche des Hausdieners Kotlewiti wurde am 8. April bel Geltow aus der Havel gelandet. Am 24. Januar hatte. feine Arbeitsstelle bei der Firma Silberberg u. Auerbach in der Jerufalemer Straße verlassen und war seifdem verschwunden.
guter Freund an der Ecke Jerufalemer und Kronenstraße, dem er
Selbstmord liegen feine Anhaltspunkte vor, ebenso für einen Unglücksfall, wird obige Belohnung ausgefeßt für Personen, deren Angaben zur Aufklärung führen.
Im wesentlichen tommt es auf folgende Feststellungen an: Wer hat Kollewfti am 24. Januar nach 17 Uhr, insbesondere in der Folgezeit, noch gesehen?
Wer kann über Personen Auskunft geben, mit denen Kotlewski in Beziehungen stand, oder über Personen, die seine Bekanntschaft juchten? Wer hat beobachtet, daß Mitte bzw. Ende Januar dieses Jahres eine Dame mit einem Privatauto sich in der Dan
ein Rendezvous gegeben hat? Ist Kollewski in Potsdam , Geltom und Umgegend gesehen worden? Mitteilungen, die unter Hinweis auf obige Belohnung, die ausschließlich für das Publikum bestimmt ist, und die die Behörde auf Wunsch streng vertraulich behandelt, werden an die Kriminalkommissare Strewe und Johannes Müller, Polizeipräsidium Berlin, Zimmer 330a, Hausanruf 452, an die nächste Polizeidienststelle oder an die Staatsanwaltschaft Potsdam zu 3. J. 353/28 erbeten.
Daß Kotlewski das Opfer eines Verbrechens geworden ift, hält die Kriminalpolizei jeßt für sicher. Zur weiteren Klärung hat die Oberstaatsanwaltschaft von Potsdam eine Belohnung Kotlewski seine Arbeitsstelle verlassen. Kurz zuvor traf ihn noch ein von 1000 m. ausgesetzt. Am 24. Januar gegen 17 Uhr hatte versprach, um 7 Uhr abends zum Schwimmen zu kommen. Seitziger Straße mit einem großen schlanken jungen Mann( Kotlewski) diesem Zusammentreffen fehlt jede Spur von ihm. Kot lewski zeigte für Sport großes Interesse und war Mitglied eines Schwimm- und Ruberpereins. Er war befleidet mit einem graugrünen Mantel, mit schwarzem Schalkragen, grünlichem Manchester jadett und Weste und hellgrauer Hoje. Er trug schwarze Touristenschuhe, hellblaues gestreiftes Barchenthemd ohne Krawatte und blaue alte Seglermüze. Die Müze und eine schwarze Lebertasche sind bisher noch nicht gefunden. Die Ledertasche, die er selbst aus seiner früheren Schultasche umgearbeitet hatte, besaß, oben einen Ledergriff und einen Lederriemen als Verschluß. Kotiewski war ein schlank gewachsener junger Mann, 1,78 Meter groß. Er trug blondes Kopfhaar ungescheitelt nach hinten gefämmt. Er hatte blaue ugen, gebräuntes Geficht und aufrechten Gang. An der linken Stienseite hat er eine längliche Barze. Kotlewski hat anscheinend auch in homoferuellen Rreifen vertebrt. Für den Fall, baß er einem Berbrechen zum Opfer gefallen ist- für einen
Roßbach und Reichswehr
Forthegung auf der 2. Geitel
Berichte im Innern des Blattan.
Hierzu sei noch folgendes bemerkt: Wichtig ist die Aufklärung einer Befundung eines Bekannten Kotlewskis. Dieser erzählte ihm in der Untergrundbahn, daß er mit einer Dame ein 3ufammentreffen am Wittenbergplay verabredet habe. Ob das Wahrheit oder nur Prahlerei war, ist immer noch nicht festgestellt. Wahrscheinlich aber hat Stotlewiti nur geprahlt. Hätte er wirklich eine Verabredung gehabt, so wäre er sicher nicht in der Arbeitskleidung, in der er ja tot aufgefunden wurde, sondern in besserer Kleidung hingegangen. Wie der junge Mann ins Baffer gekommen ist, ist noch ganz rätselhaft. Vom Lande aus fann er an der Fundstelle nicht hineingeraten sein. In der ganzen Gegend trennt ein etwa 8 bis 10 Meter breiter Schilfgürtel den Uferrand von der eigentlichen Wasserfläche. Es kommen nur zwei Stellen in Betracht, von denen aus er den Strömungsverhältnissen nach an die Fundstelle getrieben sein kann, die Baumgartenbrüde
marie Prashan fw been in der Musi