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Mecklenburgisches Schulelend. (Fortsetzung von der 1. Seite.) Ausschusses keine Verzinsung. Aber das sieht der Admini» strator n i ch t als Luxus an. MenschenwürdigeArbeiter» wohnungen und Schulhäuser zählt er zum überflüssigen Luxus des Lebens. Der letzte seßhafte Lehrer in Madsow war vorher Reitknecht seines Herrn. Nach einem Unfall bekam er die Schule als V e r s o r g u n g s st e l l e. Seit den siebziger Jahren hat sich kein verheirater Lehrer in Madsow niedergelassen. Im Schulhaus von Wehlenberg   hatte man ein gar zu schadhaftes Fenster am Vormittag erst notdürftig repariert. In der Lchrerwohnung, die eigentlich nur aus einem Zimmer und einer Kammer besteht, ist eine Arbeiterfamilie kümmerlich untergebracht. Der Lehrer kommt über Land. Das Schulhaus mochte als Ganzes von allen, die wir sahen, den kümmerlichsten und ärmlichen Eindruck. In Damshagen log dos Schulhaus vor einem durch aufgeschichtete Felsen gestützten Steilhang des Friedhofes. R> und mehr Kinder müssen 8 Jahre Unterrichtszeit in der modrigen Kellerlust des völlig falsch beleuchteten Schulzimmcrs zubringen und die übrige Zeit ihresKindheitsparadieses" in Tagelöhnerwohnungen, die in ollem noch schlechter sind als das Schulhaus. Der Lehrer hat eben seine �chlasstätte von einem Zimmer in ein anderes verlegen müssen, weil die Decke eingestürzt ist und Ratten und Mäuse ihm nachts auf den Kopf fallen. An anderen Stellen haben sie große Löcher im Fußboden. An einer Stelle hat der Maulwurf sich durch die morschen Bretter gearbeitet und einen großen Maulwurfshügel in die Stube gebracht, den er jedesmal in wenigen Tagen erneuert, wenn der Lehrer die Erde fortgebracht hat. In R o n n b e e l ist das Haus schon vor Jahren so baufällig gewesen, daß man im Unterrichtsraum und auf dem Boden ein kunstvolles Gerüst und Gebälk anbringen mußte, um das Haus innerlich zu halten. Und dann wieder muhten auf und ab Treppen gebaut werden, um über diese Balken hinweg zu einzelnen Wohnräumen zu kommen. Das Klassenzimmer, da, eher den Namen einer unterirdischen Spelunke oder höhle verdient, war von allen am dunkelsten. Da es die Schüler mit einem Male nicht beherbergen kann, kommt ein Teil am Vormittag, ein Teil am Nachmittag, so daß diese Höhle täglich 7 bis 8 Stunden am Tage mit jungen Menschenkindern bevölkert ist. Auch in'K i r ch g r a m b o w ist das Schulhaus schlecht und zu klein, so daß man die Schülerzahl teilen mußte. Die eine Klasse ist im Armenhaus untergebracht. An der Wand dieser Klasse hing bezeichnenderweise folgender Spruch: Tut Ehre jedermann. Habt die Brüder lieb! -Fürchtet Gott  , Ehret den König! Den Abschluß bildete, sozusagen im Vorbeigehen, eine Be- sichtigung des in Rahna vom Amt Grevesmühlen   neu erbauten Kinderheimes. Ein Bild, das uns aus der gegenwärtig gewordenen Vergangenheit' in die bessere tatsächliche Gegenwart zurückführte, eine freundliche, lichtvolle Stätte sürsorgender Tätigkeit für die Aermsten der Armen aus jenen Gebieten der dunkelsten Machthabung, die wir eben hinter uns gelassen hatteir. Natürlich suchen die Reaktionäre, die für dieses Schulelend verantwortlich sind, die Schuld auf die jetzige Regierung ab- zuschieben. Aber selbst der übrigens politisch rechts eingestMe Amtshauptmann Dr. Müller bestätigte aktenmäßig, daß die Drosten. die dafür zuständigen Beamten, doch allzu nachgiebig gegenüber den säumigen Schulunterhaltungspslichtigen gewesen wären. Die eigentlich Schuldigen an diesen Kulturdenkmälern aus Alt-Mecklenburg bleiben die Schulunterhaltungspflichligeu. das heißt in fast allen Fällen die Gutsbesitzer und Palronatc der Kirchen. Das Volk selbst aber wird zu entscheiden haben, ob die Denkmäler der Schande früherer Ritter- und Kirchenherrschaft alsStötten der Volksbildung" erhalten bleiben sollen oder nicht!
Hotzgewerbe vor dem Schlichier. 15 Prozent der Arbeiter ausgesperrt. Man kann nunmehr, da auch der Lohnzahlungstag vorüber ist. den Gesamtumfang der Aussperrung in der Berliner  Holzindustrie übersehen. Beschäftig« sind rund ZZ 000 Arbeiter, davon etwa 12 000 in den Betrieben, die derBabeho" angeschlossen sind. Davon waren nach der Statistik des Holzarbeiteroerbandes bis heute mittag als ausgesperrt gemeldet 3050 Arbeiter in ll3 Betrieben. DieBabeho" läßt durch die B. S.-Korrespondenz mitteilen, daß dem Aussperrungsbcschluhetwa 85 Prozent der Betriebe, meistens die großen Möbeltischlereien" gefolgt seien, wie lächerlich diese Be- hauptung ist, geht aus der Aufstellung, des holzorbeiteroerbande, hervor. Auch die Verbreitung dieser Behauptung durch die L. S.. Korrespondenz hindert nicht, daß die Aussperrung die größte Pleite ist. die jemals auf diesem Gebiete gemacht wurde. * Der Schlichter hatte zu heute vormittag �10 Uhr die Der. treter der Arbeiterorganisationen und die der Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Berliner   Holzindustrie(Babeho) geladen. um zu versuchen, den Konflikt in der Berliner   Holzindustrie bei' zulegen. Die Unternehmerbegründeten" zunächst ihre Forderung auf Lohnabbau mit den üblichen Argumenten. Demgegenüber wurde von den Gewerkschaftsvertretern ange- führt, daß auch die Arbeiterschaft ein Recht darauf habe, an der Rationalisierung durch die Erhöhung ihrer Kaufkraft teilzunehmen. Die Gewerkschaftsvertreter führten weiter an. daß gegenüber der Vorkriegezeit der L o h n a n t e i l am Fertigprodukt erheblich g e» fallen, die Arbeitsintensität jedoch bedeutend g e st i e g e n sei. Die Tatsache, daß die Berliner   Holzindustrie noch in großen Men- gen ihre Produkte in der Provinz abfetzt, beweist, daß Berlin  mit der Provinz trotz der hier höheren Löhne durchaus kon- kurrieren kann. Nach dieser gegenseitigen Aussprache begannen die üblichen ge- trennten Verhandlungen zwischen dem Schlichter und den beiden Parteien,
Roßbach und Reichswehr  . Wettere Vernehmungen im Zemeprozeß.
Der Andrang zum Stettiner Fememordprozeß ist weiterhin so stark, daß der Landgerichtsprästdent, um eine unparteiische Ver- teilung der zur Verfügung stehenden Karten für den Zuhörerraum zu gewährleisten, sich zu der Maßnahme veranlaßt gesehen hat, unter den Hunderten, die morgens Einlaß begehren, diese 30 Karten aus- losen zu lassen, damit sich niemand zurückgesetzt fühlen könne. Nach einem Zwischenspiel kam e» noch einmal zu Auseinander- setzungen zwischen Rechtsanwalt Bloch und General v. Pawlesz über die Tatsache, daß in einem Befehl die Organisation Rohbach nach dem Kapp-Putsch Reichswehrjägerbataillon 37 ge- nannt worden sei. Der General blieb aber dabei, daß damit nie- mals eine ordentliche Reichswehrtruppe gemeint fei, denn im ordent- lichen Reichswehretat gäbe es kein Reichswehrjägerbataillon 37. Der nächste Zeuge Oberst K a l d r a ck vom Stabe des Infanterie- regiments 2 in Allenstein   war seinerzeit Kommandeur des Reichs-
Das Schmalenbach-Gutachten
Gewaltig rauscht aus den Schächten der Strom der Profite, Aber das Auge der Wissenschast entdeckt nur einen schmalen Lach!
wehrbataillons in Stargard  . Ihm war bekannt, daß die Roßbacher Waffen hatten und Oberleutnant Roßbach habe auch häufig im Offizierkasino in Stargard   verkehrt, da er mit einem Adjutanten der Reichswehr   vom Kadettenkorps her befreundet war. Auch an einem Sportfest der Reichswehr   hatte sich Roßbach beteiligt, doch hätten dienstliche Beziehungen nicht bestanden. Oberst Kol- drack bestätigte, daß er den Gutsbesitzern, Ortsschulzen und' Bauern jener Gegend, die alle Waffen besaßen, die Waffenmeisterei der Reichswehr   zur Pflege der wassen zur Verfügung gestellt habe, solange über diese Wasfenbestände, die angemeldet worden waren, von der Regierung keine Verfügung getrosfen worden war. Aus den Beständen der Reichswehr   seien Massen nur ganz ver- e i n z e l t geliefert worden, da die ganze Gegend schon Waffen hatte, niemals aber für die Organisation Roßbach, sondern nur an Guts-- besitzer und Magistrate. Ihm sei auch nichts davon be- kannt, daß Roßbacher mit Fuhrwerken Waffen gebracht oder geholt hätten. General von P a w e l f z betonte in anschließenden erneuten Auseinandersetzungen, daß die Reichswehr   die Waffen nur an die Vertrauensleute des Landbundes gegeben habe, daß diese sich aber. wie sich jetzt herausstelle, offenbar der Roßbacher zur Ab- h o l u n g bedient hätte, wer die Wassen für die Vertrauensleute abholte, sei der Reichswehr   damals egal gewesen. Aus eine Bemer- kung von Rechtsanwalt Bloch, daß die Köpfe der Angeklagten fester sitzen würden, wenn die Reichswehr   erkläre, die Roßbacher hätten unter ihrem Befehl gestanden, erwiderte der Oberstaatsanwalt mit dem Hinweis auf die Reichsgerichtsentscheidung im Wilmsprozeß, wonach s e l b st ein Befehl der Reichswehr   die Angeklagten vor Strafe nicht bewahren könne. Oberst K a l d r a ck erklärte, daß ihm von einem Befehl der Reichswehr  , daß Verräterzu beseitigen seien, nichts b e» kannt sei. Im übrigen könne er menschlich verstehen, daß die Roßbacher sich noch immer als Soldaten fühlten und daß auch bildlich ge­sagt sich die Gedanken bei ihnen bilden konnten, daß Verräter vor ein Standgericht gebracht und erschossen werden müßten. Zeuge v. Bodungen: Ich habe in dem Befehl des Wehr- kreiskommandos, die Waffen mit allen Mitteln geheimzuhalten und Verräter mit allen Mitteln unschädlich zu machen, auch den Befehl zur Tötung verstanden. R.-A. Bloch(zum Zeugen Oberst Kaldrack): Wurden Sie von den Roßbachern militärischgegrüßt? Zeuge:Iawohl. R.-A Bloch: Aber ein gewöhnlicher Landarbeiter grüßte doch nicht militärisch. Oberst Kaldrack: Ach doch, in Stargard  . (Große Heiterkeit.) Als nächster Zeuge wurde der Führer der Oberfchlefienkämpfer. der einarmige General H ö f e r. als Zeug« vernommen. Vom Reichswehrminister ist ihm die Genehmigung.zur Aussage erteilt worden. Er verbreitete sich zunächst über seine militärische Stellung in den Iahren 1919 bis 1921 in Schlesien   beim Ober sch lesischen Grenzschutz. Ob damals Teil« der Organisation Roßbach vom Schlcsischen Selbstschutz bei der Reichswehr   in Stettin   angefordert worden seien, sei ihm nicht erinnerlich. Er halt« es sehr wohl für möglich, da Schlesien   in sehr großer Gefahr war. und kämpf- erprobt? Leute zur Abwehr eines neuen polnischen Ueberfalles ge- braucht wurden. 1921 unterstand General Höser dann der Organi- satton Roßbach in Oberschlesien  , und zwar sei sie schon dagewesen, als er den Oberbefehl übernahm. Rillmeister v. Loen sei mit seinen Leuten einer der Ersten gewesen, die zum Schutze der schwer- bedrängten Deutschen   in Schlesien   herangeeilt sei und auch mutig gekämpft habe.
Dokumente als Allpapier. Oer Beamte, der sie rettete, unter Auflage.
Die gleiche Groteske zum zweiten Male vor Gericht: Ein Ge- fängnisoberausseher namens Fischer rettet für die Allgemeinheit historische Staatspapiere, die von den Behörden zur Vernichtung be- stimmt waren: erwirbt sie, nachdem seine Vorgesetzten sich geweigert hatten sie ihm zu verkaufen, später auf rechtlichem Wege und... erhält dafür in der ersten Instanz drei Monate mit Bewährungsfrist. Als aber in der heutigen Berufungsverhandlung Landgerichtsdirektor Lemberg anregte, daß die Staatsanwaltschaft das Bersahren wegen Geringfügigkeit des Objekts auf- Grund des ß 153 der Strafprozeß» ordnung einstelle, da weigerte sich die Staatsanwalt- s ch a f t, der Anregung des Vorsitzenden nachzukommen. Die Vorgeschichte dieses Prozesses geht auf die Jahre 1922/23 zurück. Damals mußten sämtliche Ministerien durch das Finanz- Ministerium ihre alten Akten an das Tegeler Ge° fängnis abliefern, wo eine Altpapierverwert ungs- stell« eingenchtet worden war. Hier wurde das verschieden« Papier ooneincmder gesondert und in Ballen zu 59 bis 69 Kilo an Altpapierhändler teilweise zum Einstampfen verkaust. Der Ge- sängnisoberwachtmeister F.. der die Scrtierungsarbeit der Gefan- genen zu überwachen hatte, bemerkte eines Tages unter dem Alt- papier ein« Anzahl Sabinettsorders Friedrichs II. und auch ver­schiedene andere historische Papiere, die die Unterschriften der sächsi- sehen und preußischen Surfürsten und auch anderer historischer Per- sönlichkeiten führten. Er wandte sich an seine Vorgesetzten und meinte, es wäre doch zu schade, die Dokumente zu vernichten. Dies« erklärten aber, das Finanzministerium wisse, was es tue. Ein ander- mal fragte er, ob man ihm die Papiere nicht verkaufen wolle. Auch das wurde abgeschlagen. Da legte F. die historischen Dokumente beiseite, st eckte sie später in«inen Papierballen, und als dieser dem Altpapierhändler abgeliefert wurde, kaufte er bei ihm diesen Ballen und noch einige ander« und ließ sich eine Quittung von 159 999 Papiermark ausstellen. Das war im Juli 1923. Im Jahre 1928 beschloß Fischer, krankheitshalber seinen Ge- sängnisdienst zu verlassen. Er braucht« Geld und beschloß, einen Teil der Autogramme zu veräußern. So gelangten einige Auto- gramme in die Hände des Staatsarchivarius Dr. Meißner, des früheren Leiters des Hohenzollernarchivs, der alsbald feststellte, daß es sich u. a. um 43 Kabinettsorders Friedrichs II handelte, die an den französischen   Grafen de la Haye de Launey in Angelegenheiten des Akzise- und Zollwesens gerichtet waren. Seit ll>0 Jahren befand sich das Finanzminislcriui» aus der Suche nach diesen Kabinettsorder»: man nahm. an» daß der Graf, der im Unfrieden
mit dem Hofe geschieden war, sie vor seinem Tod« in Ungarn   ver- nichtet hat. So war man im. Staatsarchiv außerordentlich froh, die Kabinettsorders auf diese Weis« gefunden zu haben.Dieses Der- dienst hat also der Angeklagte?" fragte der Vorsitzende. Dr. Meißner schweigt. Die Frage ist aber für seine Einstellung zu der ganzen Sache-charakteristisch. Der Gefängnisoberwachtmeister soll verant- wortlich sein für ein Derbrechen, das keins war. Die wahren Schuldigen fehlen. Daß die Mißwirtschaft mit dem histo- rifchen Altpapier auch später fortdauerte, beweist allein schon der Umstand, daß noch drei Jahre später im Jahre 1926 in der Zelle eines schwedischen Häftlings wertvoll« historische Doku- m e n t e gefunden wurden, die dieser gleichfalls dem Altpapier eitt- nommen hat. Das Gericht verwarf die Berufung des Staatsan- w a l t s und gab der Berufung des Angeklagten statt. Es sprach den Angeklagten Fischer frei. Bleibt di« Frage: Hat der Angeklagte auch ein Anrecht aus diese historischen Dokumente oder nicht?
Ein Parlament der Jugend. Reichskonferenz des Verbandes der SAL. Leipzig. 21. April.(Eigenbericht.) Am Sonnabend und Sonntag tagt im Leipziger   Dolkshaus das Parlament der sozialistischen   Jugend. Aus allen Teilen des Reiches sind Delegierte der SAI. herbeigeeilt, um über die Geschicke der jungen Arbeiterorganisation zu beraten. Nachdem bereits am Freitag Hauptvorstand und Reichsausschuß zu wichtig«« Sitzungen zusammengetreten waren, wurde am Freitogabend der Auftakt der Konferenz durch eine groß angelegte A e- grühungsfeier der Leipziger   Jugendorganisation gegeben. Film, Sprechchor. Radio, Jazz und Gesangschor waren zu einer* kombinierten Handlung zusammengefaßt. Am Sonnabendmorgen um 9 Uhr wurde die Konserenz durch ein« Begrüßungsansprache des Verbandsvorsitzenden der SAI., Max Westphal, eröffnet. Eine große Reihe von Vertretern befreundeter Organisationen über- brachte Grüße der älteren Arbeiterschaft und der ausländischen Jugend. Den ersten Verhandlungspunkt bildeten die Berichte über die vergangene Arbeit.