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Nr. 190
45. Jahrgang
Technik
Sonnabend
21. April 1928
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Oelgewinnung einst und jetzt.
Das Del spielt in der modernen Industrie eine wichtige Rolle. Als Ausgangsstoff für die Delgewin nung dienen zum großen Teil auch Pflanzensame oder Früchte. Dieser Samen wird bei den bishe üblichen Berfahren in den Delmühlen verarbeitet. E wandert zunächst in eine Sichtmaschine, mir gereinigt und dann zerrieben. Stampfwerke, Balze ober Rollergänge nehmen das Saatgut auf, zerquetscher es, die Kollergänge aber zermahlen es endlich z feinem Mehl. Nach diesen Arbeitsvorgängen wird es für gewöhnlich in dampfgeheizten Behältern vor gewärmt und gelangt dann zur Presse. Man schütte es in große Säcke oder Preßtücher, und unter den Druck der Presse tritt das in dem so bearbeitete Samen enthaltene Del heraus. Im Anschluß dara. erfolgt dann noch die Reinigung und Bleichung. Diese Berfahren des Delpressens war eine wesentliche Ber besserung der primitiven Oelschlägerei, bei de der Delfame einfach in Säde geschüttet, zwischen zwei stehende Platten gelegt wurde, die man mittels Keilen hart gegeneinanderpreßte. Bei diesem Verfahren ge lang es nicht, das in dem Samen enthaltene Del in befriedigender Weise auszuscheiden.
Ansicht der Oelextraktionsmaschine.
Vorwärmung geschieht derart, daß Miscella", ein Gemisch von Del und Lösemitteln, aus einem Miscella- Filtergefäß nach einen mit Heizschlangen versehenen Borverdampfer geführt wird, wo sich Lösemitteldämpfe entwickeln, die in den Korb eintreten und die Saat Dorwärmen. Infolge der Berdampfung von Lösemitteln bleibt im Borverdampfer hochkonzentrierte, destillationsreife Miscella zurüd,
Neuzeitliche Oelgewinnung. Die Erfolge der Automatisierung in der Fertigwarenindustrie und in anderen Fabritationszweigen. gaben vielfach den Anstoß, das System des ununterbrochenen Arbeitsganges auch auf mehr oder weniger entfernt| die letzten Spuren von Del aus dem Saatgut entfernt sind. Die liegende Gebiete zu übertragen. Die Schwierigkeiten, die hier bei überwunden werden müssen, sind oft groß, namentlich, menn es sich um ein Produktionsverfahren, wie zum Beispiel die Delgewinnung handelt. Um so erfreulicher ist es zu hören, daß es auch gelungen ist, das bekannte Ertraftionsverfahren zur Gewinnung von Delen und Fetten mittels flüchtiger Lösemittel zu automatisieren. Die Borsigsche Automatische Extrattionsmaschine( System Simon) ist der erste vollkommen mechanisch und automatisch arbeitende Delgewinnungsapparat und stellt in seine Einfachheit geradezu eine geniale Lösung dar. Diese neue, in faft allen Rulturstaaten geschüßte Bauart unterscheidet fich grundsäglich von den sogenannter Extraktionssystemen. Während bei letzteren jeweils eine große Saatmenge in einem zeit raubenden, vielstündigen Arbeitsgang extrahiert werden muß wozu eine teure Anlage notwendig ist, werden bei der neuen Kon struttion fleine Saatmengen in ein und demselben Arbeitsgang in etwa einer halben Stunde verarbeitet.
Bei der Borsig- Simon- Maschine wird ein mit 60 bis 90 Kilogramm Saatgut gefüllter Rorb in ben Extrafteur" eingebracht und dort in Drehung versetzt. Der Korbinhalt wird nun durch eine zentral angeordnete, gelochte Welle hindurch ab. wechselnd mit dampfförmigem refp. flüffigem Lösemittel vorgewärmt und gewaschen, bis
Linahass
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die nach einem Zwischen und Sammelbehälter abfließt. Die Waschung wird zunächst mit Miscella aus dem breiteiligen Miscella- Behälter orgenommen, indem verschiedene Konzentrationen irtulierend durch den Korb hindurchgepumpt werden. Die hochkonzentrierte Miscella wird nach dem Filter jefäß und von dort durch Ueberlauf ebenfalls nach em Zwischen und Sammelbehälter geleitet. Unabängig von den einzelnen Arbeitsgängen wird die Jesättigte Miscella nach einem mit Schwimmerventil ersehenen Regulierbehälter gepumpt und gelangt on hier aus in den gut durchgebildeten Destillierpparat, der ein vollständig lösemittelfreies Del liefert. Die in den Kondensator entweichenden LösemittelJämpfe werden dort niedergeschlagen und sammeln ich im Lösemittelbehälter, aus dem das Lösemittel ur weiteren Ertraffion entnommen wird. Nachdem Die borangegangenen Arbeitsvorgänge fast alles Del ntfernt haben, wird die Saat mit reinem Lösemittel jewaschen und anschließend mit Wasserdampf behandelt, um alle Reste von Lösemitteln aus dem Schrot zu entfernen. Damit ist die eigentliche Extrattion, die etwa 30 Minuten Jauert, beendet, was durch ein Glocken= zeichen angezeigt wird. Alle Operationen sind mechanisch und automatisch und werden durch Steuerung von Ventilen und auto= matische Rupplung von Triebwerf. teilen mittels Bowdenzügen in bestimmter Zeitund Reihenfolge vorgenommen. Die Seele der ganzen Maschine ist eine mit Noden versehene Steuerwelle, die Bowdenzüge betätigt. Die einzigen von Hand zu tätigenden Operationen sind: Füllen und Einsehen des Korbes in den Extrakteur, Drud auf den Knopf zur Einschaltung der Steuerwelle und Herausnehmen und Entleeren des Korbes.
Die neue Maschine hat ihre erheblichen Vorteile. Eine kleine Anlage bedingt geringere An= schaffungstoften, schnellere Amortisierung sowie Raum- und Bautostenersparnis. An umlaufender Lösemittelmenge wird nur ein Biertel des sonstigen Bedarfes notwendig, wodurch der Verlust an Lösemitteln ebenfalls geringer wird. Es ist aber auch möglich, die Qualität des Deles wesentlich zu verbessern und ein hochwertiges Produtt mit niedrigerem Gehalt an Eiweiß und Schleimteilen auf den Markt zu bringen, was besonders für den Absah von wertvollen Speiseölen außerordentlich wichtig ist. Der im Schrot verbleibende Delgehalt ftellt sich, je nach dem Aufbau der zur Berarbeitung fommenden Saat, auf nur etwa 1 Prozent. Ebenso ist der Schrot vollkommen frei von Löses mittelrückständen, da der Dampf infolge der ständigen Drehung des Korbes auch die letzten Spuren von Lösemitteln austreibt.
So arbeitet die Anlage fast ohne jeden menschlichen Eingriff.
Die Mechanisierung marschiert!
Der Chemifer und der Tod.
Nicht freiwillig gibt die Natur ihre Geheimnisse preis, schwere Opfer fordert sie für ihre Enthüllung. Wie viele Menschen, die fühn fremde Meere zu durchqueren suchten, fanden in den falten Wellen ein Grab, wie viele Forscher, die unbekannte Länder, das gefahr polle Dickicht der Urwälder und die tödlichen Einöden der Büften durchstreiften, wurden Opfer heimtückisch lauernder Katastrophen, wilder Tiere, qualvoller Krantheiten! Heute reifen wir ficher auf gewaltigen Dampfern über den Ozean, fahren in Autos und Eisen bahnen durch die entlegensten Länder. Jene Opfer ihres Aufwärtsstrebens haben uns die Stufen gebahnt, die zur Höhe führen.
Gewaltig ragen die Schlote der chemischen Fabriken in die Höhe. Dort ist die wilde Kraft der Moleküle bezwungen, menschlicher Geist machte sie sich dienstbar. Wir kennen nur die Tüde ber Clemente, fichern uns vor ihren Attacken. Aber dieses Wissen ist teuer ertauft. Der Chemiker, der forschend in unbekannte Gebiete feiner Wissen schaft vordringt, ist Gefahren ausgefeßt wie der Entbeder frember Länder, feine Warnungstafeln stehen auf seinem Wege, die Katastrophe trifft ihn mehr oder weniger wehrlos und unvorbereitet. Heute sind uns schon viele Stoffgruppen bekannt, die eine Gefahr, Explosion oder Vergiftung, in sich bergen. Aber zahllos sind noch die unenthüllten Tücken der Materie, die durch keine Erfahrung erschöpft, auf teine Beise vorausgefagt werden fönnen. Berühmte Chemiter erzählen oft von dem Mißgeschick, daß sie während ihrer Arbeit traf. Tulong entdeckte im Jahre 1811 eine neue Berbindung, den Chlorstidstoff. Blöblich explodierte der neue Stoff mit außer ordentlicher Heftigkeit und raubte Dulong ein Auge und drei Finger. Der verunglückte Forscher fuchte nun andere vor einer Schädigung durch diese unheimliche Substanz zu bewahren, leider tat er das auf recht ungeschichte Weise: er perheimlichtefeine Entdeckung. So tam es, daß zwei Jahre später Davy und Faraban die gleiche Berbindung zum zweiten Male entdeckten und durch eine neue Explosion gleichfalls schwer verlegt wurden. Ucber eine andere recht heimtüdische Verbindung berichtet der berühmte Liebig in einem Briefe an seinen Freund Wöhler: Die knallfäure lassen wir unberührt. Wie Du, habe auch ich verschworen, mich mit diesem Zeug ferner abzugeben. Bor einiger Zeit habe ich, in bezug auf unsere Arbeit, Knallfilber durch Schwefelammonium zerfeßen wollen; im Augenblid, wo der erste Tropfen in Die Schale fiel, explodierte die Maffe, ich wurde rüdlings nieber geworfen und war vierzehn Tage lang taub und nahe daran, blind zu werden." Der Chemiter 2. F. Gehlen arbeitete in feinem Laboratorium, als sich während einer Reaktion eine ganz geringe Menge des furchtbaren Giftes Arsenwasserstoff, eines Gases, entwidelte. Gehlen atmete Gift ein und starb nach achttägigem qual pollen Leiden. Zwei junge Chemiter arbeiteten mit Que dilber bimethyl, morauf sie beibe ertranften. Die Kranten magerten
Schnitt durch die Oelgewinnungsmaschine.
beängstigend ab, bald wurden fie völlig taub und blind und begannen wirres Zeug zu reden. Die Unglüdlichen starben ingeift is ger Berblödung, der eine nach 14 Tagen, der andere nach einem Jahre. Diese Aufzählung fönnte man beliebig fortfeben, denn groß ist die Zahl der toten Helden der Wissenschaft, und jedes Jahr vergrößert sie. Doch soll hier gleich bemerkt werden, daß, wie oft fie fich auch ereignen, die chemischen Unfälle meistens recht harmlos ver laufen. Jeder Beruf schließt die Möglichkeit eines Unfalles in sich ein, und die Zahl der Opfer in den chemischen Berufen ist nicht größer als anderswo.
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Besonders schmerzlich aber empfinden wir jene Ungüdsfälle empfinden und meist sind Arbeiter ihre Opfer, die durch Unvorsichtigkeit und Dummheit verursacht werden. Sie sind nicht das Entgelt für wissenschaftliche Entdeckungen, finn- und zwecklos wurde durch einen findischen Versuch oder einen törichten Scherz manches Leben vertan. So bot einmal in einer Fabrit, in der mit 3yantali gearbeitet wird, ein Arbetter ſeinem Nebenmann ein Wasserglas, gefüllt mit einer Lösung dieses Giftes, an. Scherzhaft forberte er ihn auf:„ Da, trint!" Ahnungslos ergriff der andere das Glas und leerte es in einem Buge, ehe es ihm der erschrockene Spaßvogel noch entreißen fonnte. Wenige Sefunden später brach dieses Opfer eines dummen Wizes tot zusammen. Recht feltfam ist das Geschich, das einen anderen Arbeiter traf. Der Betroffene hatte dabei allerdings nichts zu lachen. Ein Italiener arbeitete in einer Schweizer Fabrit an einer baulichen Reparatur. Da sah er in einem Gefäß ein Stück Tuch liegen. Holla," dachte er, Gerade recht für eine was für ein schönes Baumwolltuch! Schürze!" So nahm er es und nähte sich eine Schürze daraus. Ein Arbeitskollege entwendete sie ihm und trug sie mit besonderer Befriedigung über ihre gute Qualität. Als er sich einmal ein Pfeifchen anzünden wollte, da explodierte die schöne Schürze, warf einen Danebenstehenden glatt auf den Boden und brachte dem Träger selbst schwere Brandwunden bei. Die schöne Schürze war nämlich aus Schießbaumwolle angefertigt worden.
Die Fortschritte der Wissenschaft bergen immer neue Gefahren quellen für den Menschen in sich. Doch gleichzeitig ist die Wissen fchaft bemüht, Borkehrungen gegen diese Gefahren zu treffen. Entfeßlich aber ist es, wenn sie sich Zerstörung und Mord zum Ziel fegt. Die Teilnehmer tünftiger Kriege werden ihre Opfer fein, meit, Dr. Robert E. weit mehr als bisher.
Eine ausgezeichnete Fachzeitschrift.
Die Energie", die bisher das technische Fachorgan des 3entralverbandes der Maschinisten und Heizer und deren Berufsgenossen in Deutschland war, ist nunmehr auch zum technischen Fachorgan des
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Deutschen Metallarbeiterverbandes geworden. Diese ausgezeichnet geleitete und vor allem auch mit guten, klaren Abbildungen versehene Zeitschrift erscheint jetzt im 33. Jahrgang. Sie wird in Zukunft so geleitet werden, daß sie jedem Metallarbeiter ein wichtiges Hilfsmittel für seine berufliche Fortbildung sein wird. Der technisch interessierte Metallarbeiter wird in ihr Arbeiten finden über die Berufskunde( Physil, Mathematit, Werkstoffkunde, Metallbearbeitung usw.) Ferner wird sie das ganze Gebiet des Maschinenbaues von der Werkzeugmaschine bis zur Kraftmaschine behandeln. So dürfte jeder Metallarbeiter innerhalb eines Jahrgangs stets das finden, was für ihn wissenswert erscheint. Eine besondere Einrichtung diefer Zeitschrift ist der technische Fragetasten, in dem Jeder Leser das Recht hat, Anfragen aus der Berufspraris zu stellen, aber auch zu beantworten. Aus der ersten Nummer, die vor kurzem erschienen ist, geht das geNummer bestätigen den Willen, in der Richtung dieses Programms famte Arbeitsprogramm der Schriftleitung hervor. Die Auffäße der zu arbeiten. Es werden der Reihe nach folgende Themen behandelt: Technik und Physik, der Perlitguß, Härten, Vergüten, Anlassen, Hochdruckdampf von 100 Atmosphären Ueberdruck im Großkraftwerk Mannheim , Doppelschraubenturbinendampfer Arcona, die elektrische Bogenlampe, Leipziger technische Messe, das technische Rechnen. Das legtere Thema ist eine ausgezeichnete Anleitung zum Selbststudium. Der Verlag wird voraussichtlich die in einzelnen Abschnitten wieder= gegebenen Anleitungen zu eineni Buch zusammenfassen. Hier wird das technische Rechnen in einer so angenehmen und leicht faßlichen Form geboten, daß es jedem intelligenten Metallarbeiter möglich wird, sich in diese Dinge einzuarbeiten. Der Bezugspreis der Zeitschrift ist, troßdem sie auf 32 Geiten Umfang angewachsen ist, nicht erhöht worden. Es wäre daher zu wünschen, daß recht viele Metallarbeiter von diesem hervorragenden Bildungsmittel Gebrauch machen. Man kann dem Schluß des einleitenden Aussages der neuen erweiterten Nummer nur zustimmen, wenn es dort heißt: Auch für die technische Bildung gelten die Worte: Wissen ist Macht und Bilbung macht frei! Jeder in der Elektrotechnit, Maschinen- oder Metall. industrie Tätige muß bestrebt sein, im eigensten Interesse seinem technischen Bildungsorgan, der ,, Energie", die weiteste Verbreitung zu sichern. Je größer der Lesertreis ist, um so leichter wird es möglich fein, das Organ noch auszubauen und zu erweitern, ohne die Bezugstoften zu erhöhen. Und so wird es gelingen, eine Fachzeitschrift zu schaffen, die in Auflage, Ausstattung und Inhalt unerreicht dasteht und auf die die Mitglieder beider Verbände( Metallarbeiter- Berband und Verband der Maschinisten und Heizer) stolz sein können.
M. M.