Beilage
Sonnabend, 5. Mai 1928
19
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Wir hören die Stimme der Welt! Rückständigkeiten im deutschen Funkwesen.
Zehntausende, ja Hunderttausende von Rundfunkhörern in Deutschland hörten in den letzten Monaten Uebertragungen aus fernen Kontinenten. In Süddeutschland gelang es,
mehrere australische Stationen in den Lautsprecher zu bekommen. In ganz Deutschland konnten am vorigen Sontag die Empfangsfeierlichkeiten mitgehört werden, die New York für die deutschen Ozeanflieger veranstaltete. Das waren Gelegenheitsübertragungen. Mehrere mittel- und offeuropäische Sender haben außerdem begonnen, regelmäßige Uebertragungen auf die Sender anderer Länder zu überfragen.
-
spieliges Experiment, wie es diese elf Senderfolosse neben dier. zehn 3wischenfendern auf verhältnismäßig fleinem Terrain be
deuten.
-
Genders nahm zahllosen Teilnehmern die Möglichkeit zum Fern Was wurde damit erreicht? Jede neue Verstärkung eines empfang, weil der Ortsfender alle auswärtigen zudeckte und über tönte. Wer sich einen genügend empfindlichen Apparat faufte, mit dem er zunächst mehrere Stationen empfing, war oft wenige Wochen später Wochen später nach Berstärkung des nächstgelegenen Senderswieder nur noch auf diesen einen angewiesen; dann konnte er sich höchstens neue, fostspielige Zusagapparate anschaffen, die aber über furz oder lang audy wieder veraltet waren. Bei diesem Bettlauf mit der Reichspost unterlag natürlich der Hörer als wirtschaftlich Kein Rundfunkhörer wird vorerst den tiefen Eindruck vergessen schwächerer Teil. In Festreden wurde immer ein großartiger fönnen, den vor kurzem die erste Austauschsendung Weltrundfunt" prophezeit, für den es teine Hindernisse zwischen zwischen Berlin und Warschau hinterließ. Nicht das Pro- den Völkern mehr gebe- aber in der Praxis blieb der Rundfunkgramm, nicht die einzelnen Konzertstüde waren dabei das Mächtige, empfang in fleine und fleinste Provinzen aufgeteilt, in deren Mitte 3wingende, sondern die Ueberwindung aller politischen Grenzen und ein überlauter Gender wie ein Wachhund die lokalen Belange" und räumlichen Entfernung, die an diesem Abend zum Ausdruck fam ihre Grenzen bewachte. Demgemäß spaltete sich auch die Hörerschaft der Sieg über alles Trennende zwischen den Menschen. Da faßen fehr bald in zwei Teile mit ganz verschiedenen Interessen: während zur ſelben Stunde deutsche wie polnische Hörer an ihrem Empfänger, der fünstlich verteuerte Europaempfang einer kleinen Minderheit hier wie dort mit dem gemeinsamen Gedanken an das andere, vorbehalten ist, fennt die große Masse fast nur die örtlichen Senfremde Land, von dem sonst nur in Korridorstreitigkeiten die Rede bungen, die unter ständiger Zensurkontrolle zustande kommen. Von ist. Und an diesem Abend verstanden sich die Millionen ausgebem pölterverbindenden Rundfunk" bleibt bei dieser Organisation zeichnet. Das bedeutet mehr als die zwischenstaatlichen Gelehrten mur noch eine beispiellose Propagandamöglichkeit übrig, um in tongreffe der Borfriegszeit; denn diesmal sind es die Massen, denen türzester Frift Nachrichten wie Reden und Gesinnungen ohne jede diese geistige Einheit zum Erlebnis wird. Leider stehen solche Widerspruchsmöglichkeit unter Millionen Menschen zu verbreiten. Stunden im deutschen Rundfunt noch recht vereinzelt da. Bielleicht ermutigt es Berlin , daß auch der akustische Erfolg diesmal-befriedigen tonnte. Schon ziemlich regelmäßig findet ein derartiger Brogrammaustausch zwischen Desterreich, der Tschechoslowakei und Bolen statt, auch Uebertragungen zwischen London - Brüssel- Köln find jetzt geglückt. Selbst innerhalb der deutschen Grenzen hat diese Methode ihren guten Sinn, wie fürzlich ein Abend der fünf Ditrophone bewies, an dem Frankfurt , Kassel , Stuttgart , Mannheim und Freiburg charakteristische Dialertdichtungen aus tauschten. Das müßte als praftsches Kapitel zum Einheitsstaatauf das ganze Reich ausgedehnt werden. Auch an akustischem With mird es nicht fehlen, wenn Sachsen , Preußen und Bayern mitein ander sprechen.
Die Uebertragung auf den Ortssender.
Bei allen diesen Experimenten wird die Berbindung zwischen den Sendern durch Draht, nämlich mit Rabelleitungen hergestellt, fo daß nach ausreichenden Vorversuchen, abgesehen von akustischen Qualitätsschwankungen, der Erfolg kaum ausbleibt. Ganz anders gehen dagegen die drahtlosen Uebertragungen ferner Stationen Dor fich, wie sie dem Stuttgarter Sender mehrmals mit Amerika gelungen sind und wie sie in Berlin mit europäischen Sendern gefegentlich Prof. Leithäuser im Auftrag des telegraphischen Reichs. oints vorführte. Hier wird der fremde Sender zuerst mit einem Röhrengerät auf drahtlosem Wege empfangen, verstärkt und dann erst durch Drahtleitung auf den betreffenden Ortsfender meiter. geleitet. Unter diesen Umständen fann es sehr leicht vorkommen, baß der drahtlose Fernempfang nicht so flar und deutlich ausfällt, mie es zur Ueberleitung auf den Ortssender nötig wäre. Deshalb ist es für den einzelnen Hörer natürlich weit einfacher, mit einem eigenen Röhrengerät gleichsamt aus erster Hand auswärtige Sender zu erhalten. Ihm genügt schon schwächerer Lautsprecherempfang, durch den sich auch manche Störungen ausgleichen lassen, und zudem stehen ihm noch Ropfhörer zur Verfügung. Und durch diese Fernempfangsversuche entdecken wir erst den ursprünglichen Sinn des Rundfunts: er stellt das Berbindungsmittel ber arbeitenden Menschen dar, das sie über ihre enge Umgebung hinaushebt und einen dauernden Kontakt mit der Welt herstellt.
9: 163
Berbesserung der Sendetechnik tut not!
Die Wenigen, die sich heute noch troß der Rosten hochwertige fernten Auslandssendern unvergleichlich viel bessere Resultate Fernempfangsgeräte anschaffen konnten, erzielen bei weit entals mit den meisten einheimischen Großfendern. Wer außer halb feines Ortssenders deutsche Stationen durch Fernempfang hören möchte, wird also in den meisten Fällen über kurz oder lang refignieren müssen, um sich schließlich an so ausgezeichneten Sendern wie Rattowiß, Mailand , Toulouse usw. schadlos zu halten. Man hat sich bei uns nun einmal auf die dauernde Senderverstärkung festgelegtein folcher Plan liegt schon wieder für Berlin vor! und scheut sich jetzt, Fehler richtigzustellen und vernachlässigte Faktoren endlich nachzuholen. Das muß mit aller Schärfe gesagt werden, um den deutschen Rundfunt aus seiner gegenwärtigen Rückständigkeit herauszureißen.
Die Deffentlichkeit erhält den Rundfunk wirtschaftlich in vielen Fällen mit sehr großen Opfern, für sie ist er geschaffen worden, und sie befigt auf ihn das erste Anrecht. Mögen heute Austauschsendungen in großem Maßstab den Schaden aufzuwiegen suchen, den die unglückselige Senderpolitit bei uns anrichtete die Butunft muß wieder wie in anderen Ländern dem Fernemp. fang die Bahn zu ebnen suchen. Berbesserung der Sendetechnik, Verminderung der Sendestärte, engste Zusammenarbeit mit der Deffentlichkeit: nur dadurch kann der Rundfunk für alle die umwälzende Bedeutung gewinnen, die sich vorerst in seltenen Augenblicken zeigt.
WAS DER TAG BRINGT.
Ein braver Untertan.
Eugen Gömöri berichtet dem ,, Brager Tageblatt": Ich hatte vor furzem im Bureau einer altehrwürdigen Uniformierungsfabril der alten Kaiserstadt Wien zu tun, die natürlich tief in der Kaiserzeit und im alten Desterreich verwurzelt ist. Und da entdeckte id) auf der Band ein Diplom mit schönem Rahmen und wunderschönen falligraphischen Buchstaben. Ein Meisterwert in seiner Art. Und der Text, den ich mir in aller Eile niederschrieb, lautete wie folgt:
Da wird immer so viel über den Bildungswert des Reifens geschrieben, denn der Deutsche müsse das Ausland kennen. Das ist ja alles schön und wahr nur daß diese aaitze Reisepropaganda den meisten nichts müßt, weil sie fich wirtschaftlich faum einen Sommerurlaub in der weiteren Umgebung leiften tönnen! Gemik kann der Radioempfang nicht einer Auslandsreise gleich gestellt werden, aber er bietet bisher die einzige praktische Gelegenheit, in direkte, ständige Beziehung mit dem europäischen Leben zu treten und dabei Erlebnisse zu gewinnen, die wenigstens under gleichlich eindrucksvoller und unterhaltender sein können als Bücher und Zeitungen. Zugegeben, daß die Programme, vor allem die franzöfifchen, teilweise noch recht unvollfommen das geistige Geficht ihres Landes wiedergeben. Und trotzdem wird der Hörer innerlich teicher, sein Gesichtskreis weiter gespannt, wenn er abends Sendungen aus England, Italien , Polen , aus Desterreich, der Tschecho an mich, Slowakei , Dänemark oder Frankreich zwischen seinen vier Wänden hören fann.
Die Hörer werden in zwei Klaffen getrennt.
Wie kommt es, daß davon in Deutschland faum die Rede ist, obwohl doch so viel vom Fortschritt des Rundfunks gesprochen und cefchrieben wird? Nicht einmal, daß der Fernempfang im Laufe
Anläßlich der Allerhöchsten Besichtigung meines Dbjektes in der Anläßlich der Allerhöchsten Besichtigung meines Objektes in der Jubiläumsausstellung 1898 geruhten
Se. Majestät Kaiser Franz Josef I.,. Raiser von Desterreich, König von Ungarn ,
S. L.,
folgende allergnädigste Ansprache huldvollst zu richten: Sind Sie Selbsterzeuger?
Wie lange besteht Ihre Fabrit?
Ist das hier ein Generalsgürtel?
Sehr schön, es ist auch sehr schön arrangiert! Stolz und dankbaren Herzens verewige ich diese Allerhöchste
G.
gesetzt wird, fich gebantlich in die Lage des Tieres zu versetzen. Auf Beranlassung des Tierschutzvereins veranstalteten die Schulen in New York eine Tierschutzwoche. Ein gut Teil des Unterrichts wird den Haustieren gewidmet und die Kinder auf die Sünden aufmertfam gemacht, die sie oder die Erwachsenen häufig gegen die Tiere begehen. So wird der heranwachsenden Generation ge lehrt, darauf zu achten, daß das Pferd rechtzeitig seinen Durst stillen fann, oder die Kaze nicht allein, in der Wohnung gelassen werden barf, wenn man sie für mehrere Tage verläßt. Durch eine solche Tierschuhwoche werden alle Kinder gleichzeitig auf ihre sozialen Pflichten gegenüber den Tieren aufmerksam und damit dieser Gegen stand zum allgemeinen Gesprächsgegenstand der Kinder auch außer halb der Schulstunden gemacht.
In fünf Stunden von Paris nach London .
Konturrenz hebt das Geschäft", das kann man auch in bezug auf unsere modernen Berkehrsmittel jagen. Die drohende Kon furrenz des Flugzeuges als Verkehrsmittel auch für die Allgemeinheit veranlaßt die Eisenbahn- und Schiffahrtsgesellschaften, ihre Anftrengungen zu verdoppeln. So wird im Juni dieses Jahres eine neue Verkehrsverbindung zwischen Paris und London eröffnet wer
Mährend ich immer mehr Bänder dem Rundfunt anschließen. Auszeichnung zur Ehre meines Namens und meiner Nachkommen. in etwa fünf Stunden zurückzulegen, welche Geschwindigkeit bisher
-
mährend sich also der Raum ständig erweitert, den uns die im selben Augenblid mird in Rabiotecnit erfchloffen hat Deutschland die Sorerschl verhältnismäßia immer Pleiner, die in diefen Raum vordringen darf, und immer mehr Menschen müffen fich mit dem einen Programm des Ortspenders beanünen. Wie ist das möglich? Ein Blid auf unsere Sender zeigt die Urs fachen. Ueber ganz Deutschland sind neun Hauptsender verbreitet, deren Sendeenergie von Jahr zu Jahr vergrößert wurde; heute beträgt sie durchschnittlich zehn Kilowatt, d. i. ungefähr das Fünf his Siebenfache ihrer früheren Energie. Und doch werden sie von den beiden jüngsten Sendern noch weit übertroffen, vom Deutschland fender mit 45 Kilowatt und von Langenberg mit gar 60 Kilowatt. Rein anderes Land ristiert bisher ein auch nur annähernd so toft
Neben diesem Wiener Untertan sind selbst die treuesten Wilhel Baris nach Calais fährt, wird die Strede in einem Durchschnitts. ministen die reinsten Revoluzzer! Kinder und Tiere.
Man fann oft Graufamfetten von Rindern gegen Tiere beob achten. Der eine mag das für einen Instinkt" halten, der andere vor allem Unwiffenheit darin sehen, eine Ahnungslosigkeit, daß das Tier leidet. Wie man bas aber auch erflären mag: ficher ist, daß man Kinder dazu erziehen kann, folche Quälereien zu unterlassen. Dem Kind muß es ins Bewußtsein gerufen werden, daß es dem Tier, mit dem es spielt, Schmerzen verursacht. Das normale Kind wenigstens wird das unterlassen, sobald es dies ertennt und in Stand
mur mit Flugzeugen erreicht werden konnte. Der Zug, der von tempo von 100 Kilometer in der Stunde durchmessen, ohne unter. wegs anzuhalten. Zoll- und Gepädrevision werden durch Ertra beamte son während der Fahrt erledigt werden, so daß in Calais tein Aufenthalt eintritt. Die Passagiere begeben sich vom Zuge un mittelbar in das Fährboot, das von Calais nach Dover nur 55 Minuten unterwegs sein wird, eine Geschwindigkeit, die jede bisher erreichte noch um 20 Minuten schlägt. Die furze Strede von Dover nach London wird in 75 Minuten zurückgelegt werden, und auch hier wieder wird die Handgepäck- und Paßrevifion bereits im Zuge während der Fahrt stattfinden, damit der Zeitreford eingehalten werden tam
ians and ro grd thi