Nr. 212
45. Jahrgang
trog
W
Technik
Sonnabend
5. Mai 1928
Europas größte und kleinste Schleuse.
Schleusenbauten sind seit Jahrtausenden befannt. Bereits die alten Aegypter verwendeten beim Bau des ersten Sueztanals, bei dem sie einen Teil des Nils in die Kanalftrede einbe30gen, umfangreiche Staumerte zum Ausgleich der Höhenunterschiede. Es muß daher als ein technisches Märchen bezeichnet werden, daß der holländische Ingenieur Simon Stevin Er. finder der Schleusen sein soll. Stevin hat erst 1618 über Schleusen berichtet, während schon aus früheren Zeiten sehr flare Beschreibungen von ausgeführten Schleusenbauten vorliegen. Der Hauptunterschied zwischen den Echleusenbauten der früheren Jahrhunderte und denen der heutigen Zeit liegt vor allem in der Bauausführung, durch die mit wenig Wasser der Schleusenbetrieb durchgeführt werben fann und vor allem in der Schnelligkeit, mit der eine Schleufung erfolgt.
Europas größte Binnenfchifffahrtsschleuse wird in den Mittellandt anal eingebaut. Es handelt sich hier um die Schleusengruppe Anderfen auf der Etrecke zwischen Peine und Hildes= heim. Diese Schleuse dient zur Ueberwindung eines Gefälles non 15 Meter. Die Schleusenkammern werden eine nutzbare Länge von 225 mtr. und eine Breite von 12 Mtr. haben. Sie werden in der Lage sein, außer einem Schleppdampfer drei 600- TonnenStähne oder 2000- Tonnen- Rähne gleichzeitig aufzunehmen. Da bei einer so großen Schleuse mit erheblichen Wasserverluften zu rechnen ist, hat man sie als Sparschleuse ausgeführt. Rechts und fints von jeder Schleusenmauer sind übereinander in fünf Stodmerten Spar beden eingebaut. Jedes Stockwert ist in fünf Abschnitte von je 42 Mir. Länge und 16 Mir. Breite unterteilt morden, so daß auf jeder Seite der Schleusenfammer fich je 25 solcher Spar beden befinden. Man hat berechnet, daß die Wasserverluste beim Betrieb der Schleufe in der Setunde 6,3 Rubitmeter beiragen. Sie ent. Stehen durch Berdunstung und Bersiderung des Baffers, dann aber vor allem durch Spaltver lufte der Schleusen und durch Verluste des
Wie die Schreibfeder entsteht! Die fleine, unscheinbare Stahlfeber, die wir so oft benußen, hat eine sehr interessante, gar nicht so bedeutungslose Entstehungsgefchichte. Es ist noch gar nicht so lange her, als man sich noch vielfach zum Schreiben des Federfiels bediente. Man schnitt aus einer langen, fräftigen Gänsefeder eine Spize heraus, spaltete sie und
benutte diesen Federkiel zum Schreiben. Dazu gehörte eine gewiffe Kunstfertigkeit. Es entstand eine förmliche Industrie, die solche Schreibfebern in verschiedenartigster Ausführung für eine leichte oder eine schwere Hand, auf den Martt brachte. Der Gänsefiel aber war mir ein sehr unvollkommenes Schreibgerät, dessen Spize auf Sem Papier fragte und sich nur zu bald abnußte.
Da tam Alois Senefelder , den man den Altmeister der Lithographie nennt, zuerst auf den Gedanken, eine Schreib. feder aus Stahlblech zu formen, die er in einen Holzschaft zur besseren Führung steckte. Diese Neuerung vermochte sich aber nicht gleich durchzusehen. Es vergingen mehrere Jahrzehnte, bis die ersten, schon recht brauchbaren Stahlfebern allgemein angeboten und verwandt wurden. Sie hatten mit unseren heutigen modernen Febern zwar eine gewisse Aehnlichkeit, dagegen war die Ausführung und die Qualität nach unseren Begriffen noch sehr mangelhaft. Unsere heutigen Federn werden selbstverständlich fabrikmäßig her. gestellt: Als Rohmaterial zur Federnfabrikation dient beftes Holzfohlen Tiegelgußstahlblech, das besonders für diesen 3wed hergestellt wird. Die großen Tafeln werden auf Blechscheren in Streifen zerschnitten, die etwa 7-10 cm breit und etwa 1% Meter lang find. Damit die Dichte des Werkstoffes erhöht und die Stärke vermindert wird, werden mehrere solcher Streifen zusammengelegt und gewalzt. Die Streifen werden nunmehr sorgfältig ge glüht, damit fie für die Weiterverarbeitung weich und gefügig werden. Auf besonderen Stanzen, die heute vollkommen felbfttätig den eingeführten Blechstreifen verarbeiten, früher jedoch mit der Hand bedient wurden, schlägt ein Stempel die Federform aus dem Blech heraus. Das geschieht in der Weise. daß die Spigen der Feder ineinandergreifen und die stumpfen Enden nach außen gekehrt sind, damit unnötiger Abfall des wertvollen Stahlbleches verminden wird. So entstehen nun Massen von flachen Federformen, die auf einer anderen Maschine die Prägung, d. h. den Firmennamen und die Federbezeichnung erhalten. Eine dritfe, vierte und fünfte Maschine, die in gleicher Weise vollkommen automatisch die zugeführten Federn bearbeiten, stellen die kleinen drücken Queripalten und Lochungen her und Biegung und die Wölbung ein. Der Längsschnitt, der die Federn erst brauchbar macht und das Herausfließen der Tinte ermöglicht, wird jedoch erst nach dem Härten der Feder vorgenommen. Das Härten geschieht auf besonders eingerichteten Härteöfen, die die gleichmäßig auf einem rollenden Band zugeführten Federn erwärmen und dana chauf einer gleichfalls angeschlossenen Trans porteinrichtung dem Abkühlbad zuführen. Man härtet in Del und mildert die erzielte hohe Härte auf Federhärte durch das sogenannte Anlassen. Es sind jeẞt schwarze federharte" Federn entstanden, die auf einer Schneidevorrichtung den Längsipalt bekommen. Die Federn werden nunmehr noch blant gebeizt, die Spigen geschliffen und poliert und großweise zum Verkauf in Schachteln verpadt.
die
Die ganze Fabrikation, die wir vorstehend in großen Zügen geschildert haben, ist durchaus nicht so einfach, wie man es vielleicht glauben tönnte. Die verschiedenen Spezialmaschinen, die zur Her
中
Die Schleuse bei Anderten.
Schleufenbetriebswassers. Durch die Einrich tung der Sparkammern werden drei Viertel der benötigten Wassermengen bei jeder Schleufung gefpart. Zum Füllen einer Schleuse werden nicht weniger als 42000 Kubikmeter Wasser benötigt, von denen nur 11 500 Kus bifmeter aus dem oberen Kanalniveau zu entnehmen sind. Diese Arbeit wird von Pumpen besorgt, die elektrisch angetrieben werden. Um den 3erstörungen durch Temperature unterschiede vorzubeugen, hat man das ganze Baumert durch sechs Querfugen in sieben Teile getrennt. Dadurch wird die Bildung von Rissen in dem Riesenbauwert vorgebeugt. Die einzelnen Kammern der Schleusenanlage werden durch sogenannte lmläufe, Ranälen von über 2½ mir. lichter Weite gefüllt und entleert. Besondere Schüßen schließen diese Umläufe gegen das Unter- bezw. Oberwasser ab. Die in der Schleuse vorgesehenen Wasserspeicher find durch Ventilschächte mit den Umläufen verbun den. Außerdem hat man noch Reserveumläufe vorgesehen, um bei Betriebsstörungen feine Stodungen eintreten zu laffen. Sämtliche Schüßen können durch elektrischen Antrieb von einer zentralen Stelle aus bedient werden. Zur Fertigstellung des ganzen Bauwerkes werden etwa 250 000 Stubifmeter Beton, etwa 10 000 Tonnen Rund- und Formeisen benötigt. Nicht meniger als 2 192 000 Rubikmeter Erde mußten bel Der Durchführung des Schleufenbaues bewegt werden.
Im Gegensatz zu diesem Schleusenriesen steht Das Bild der heutigen Technit, das die kleinste im Betrieb befindliche Schleuse Europas zeigt. Sie ist in der nächsten Nähe von Berlin im Kreife Teltom zu finden und regelt den Wafferstand zwischen dem idyllisch gelegenen Baez. fee und der Dahme . Sie ist so groß, daß fnapp ein fleines Ruderboot darin Platz finden tann. Sie wird natürlich ausschließlich von Hand betrieben. Sie mutet gegenüber der großen Schleuse des Mittellandkanals an wie ein min ziges Modell, an dem man das Wesen der W. M. Schleuse vorzüglich studieren kann.
stellung der Federn benötigt werden, haben eine außerordentlich| treffenden Metalles geben. So können Färbungen und Farbtöne lange Entwicklungszeit hinter sich, und es ist viel Geist und Ueberlegung aufgewendet worden, die maschinellen Arbeitsgänge fo vollkommen zu machen wie sie heute schon sind.
Das Jirotkasche Tauchverfahren. Ein neues Veredelungsverfahren für Leichtmetalle. Der Ingenieur B. Jirotta hat ein Verfahren gefunden, das er Jirottaisieren" nennt und das nicht nur für Muminium und feine Legierungen, sondern auch für andere Leichtmetalle, felbst für einige Schwermetalle äußerst wertvolle Ergebnisse zeigt. Es handelt sich hier um ein rein chemisches Ber fahren, das feinerlei Borbehandlung verlangt und überaus billig ist. Das Berfahren besteht darin, daß die betreffenden Stücke in je nach dem beabsichtigten Zwecke verschiedenartig zusammen gelegten Lösungen chemischer Stoffe eingetaucht werden. Bon befonderer Bedeutung sind neben der Zusammenfeßung berartiger Bäder deren Temperatur und die Eintauchbauer. Die Ein. richtung zur Durchführung dieses Verfahrens ist die denkbar einfachste Sie besteht aus mehreren Gefäßen zur Aufnahme der Bäder, die mit einer regulierbaren Heizvorrichtung ausgestattet find, um die Babflüffigkeit auf der nötigen Temperatur halten zu tönnen. Ergänzt wird diese Anlage noch durch eine Spülvor. richtung sowie eine Trodeneinrichtung. Die Behand lungsdauer ist unabhängig von der Größe der Gegenstände, Nur der gewünschte Farbton bestimmt die Zeit. Die Wirkungen, die sich durch das Jirottaifieren" erzielen lassen, find ganz außer gewöhnlich. Man kann die Oberfläche des zu behandelnden Leichtmetalles mit ganz beliebigen, äußerst fest haftenden, glatten Metallüberzügen versehen. Durch Anwendung von Blei, 3int, 3inn, Kupfer, Messing, Bronze, Silber, Gold u. ä. laffen sich Metallüberzüge erzielen, die dem behandelten Stüd das Aussehen des be
And
will
hergestellt werden vermittels dieser Ueberzugsschichten, denen man den metallischen Charakter nicht ansieht. So werden u. a. durch diesen Veredelungsprozeß schwarze, ebenholzartige, mahagonifarbige rötliche mie opalisierende Ueberzüge hergestellt. Besonders wertvoll ist es, daß durch diefes Tauchverfahren eine sehr fest haftende Ueberzugsschicht ge
bilbet wird, die auch gleichzeitig ein Schuß gegen Einwirkungen hemischer und atmosphärischer Einflüsse ist. Antragsgemäß wurden Dom Reichsausschuß für Metallschuh, Berlin , ausgedehnde Prü fungen der Jirotaschen Ueberzüge bez. ihrer aftfähigkeit ( 3erreißprobe, Biege, Torsions, Tiefzieh wie Druckprobe) des weiteren bez. Roft- und Sizebeständigkeit vorgenommen, die über Erwarten günstig ausfielen. Das Anwendungsgebiet des fehr billigen Berfahrens schließt weite technische Mägfichteiten in fich, ganz abgesehen von der Zeitersparnis, die das Berfahren mit sich bringt. Es ist nur bei fertiggestellten Teilen zu verwenden. Jede weitere Nachbehandlung der fertiggestellten Stüde fällt dann jedoch fort. So ist das Verfahren im Auto- und Flugzeugbau zu verwenden. Ein weiteres Gebiet läge bei der Herstellung von Beleuchtungstörpern aus Aluminium, die durch Batina , Silbers, Gold. u. a. Ueberzüge veredelt werden sollen. Auch für Schmuckgegenstände ließe es sich gut verwenden.
Bücherschau.
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Von den neuen Forschungsarbeiten deutscher Ingenieure" ift vor allem das Sonderheft: Dieselmaschinen III", aus der Feder ber bedeutendsten Spezialforscher wissenschaftlich und wirtschaftlich von größter Bedeutung für In- und Ausland. Gerade auf diesem Gebiete liegen noch ganz außerordentliche Möglichkeiten für unsere Industrie, und die vorliegenden Arbeiten beweisen, daß hier mit größter Energie und höchft begrüßenswerter Schnelligkeit Theorie und Pragis, einander ergänzend, zusammen arbeiten, uns hier den Vorsprung zu erhalten und zu erweitern, den unsere Bolkswirtschaft nur zu gut gebrauchen tann. Auf 100 Seiten ist hier eine ungeheure Stoffmenge zufammengedrängt. Bon der 15 000 PSMaschine im Kraftwerk Neudorf- Hamburg werden wir durch alle Berwendungsmöglichkeiten in Spigen und Erfaßfraftwerken, im Schiffbau ufw. bis zum raschlaufenden Fahrzeugmotor mit dem genialen Gegenkolbengetriebe von Prof. Junters geführt. Ueberall Tomprefforlose Einsprißung des Brennstoffs den uns Leuna hoffentlich bald in erforderlichem Umfange liefert und von be rufenster Seite Würdigung der Strahleinspritzung, die, etwas sparfamer, bei größeren Maschinen bis zum Düsendurchmesser 0,3-0,2 Millimeter herunter arbeitet, wo sie ihre untere Grenze findet und bei tleineren Maschinen das Feld der Borkammereinsprigung überläßt, furz, ungemein vielseitig und demgemäß interessant.
Mit größter wissenschaftlicher Eraftheit geht Dr.- Ing. S. Ert ( Physikalisch- Technische Reichsanstalt) in feinen 3ähigkeitsmeffungen an Flüffigkeiten und Untersuchungen von Vistosimetern" vor. Es handelt sich bei diesen Flüssigkeiten natürlich gewöhnlich um Schmierole, deren Zähflüssigkeit bei Gleitlagern umso geringer sein soll, je größer die Umdrehungsgeschwindigkeit und je geringer der spezifische Flächenbrud im Lager ist. Meist eingeführt ist wohl der Bistosimeter nach Engler im Prinzip ein Trichter, der mit dem zu prüfenden Dele gefüllt und deffen Ausflußzeit gemessen wird. Seine Ginfachheit ist sein Vorteil, und es bleibt abzuwarten, ob ihn genauere, aber fompliziertere 3ähigkeitsmesser auf die wir aus diesem Grunde nicht eingehen fönnen verdrängen werden. Dipl.- Ing. F. A. L