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EinVerrat der Volksbühne". Oberflächliches Gerede oder sachliche Arbeit?
Piscators Stern ist im Sinken. Cs scheint, daß«r sich ousge- Heben hat. Zumindest hat seine InsHenierunzsart stark an Anreiz eingebüßt. Der Mangel an.�Zeitstücken" und neuen Ideen hat ihn soeben gar veranlaßt, ein Stück in seinen Spielplan auszunehmen, das bereits von der Aolksbühn« vor zwei Jahren herausgebracht wurde, und obendrein durch den gleichen Regisseur genau dieselbe Inszenierung vornehmen zu lassen. Schlecht besuchte chäuscr lassen für die Zukunft auch finanziell Schlimmes befürchten. In dieser Situation hat sich einer seiner unentwegten Freunde zu einer Hilssattion«ntschülossen. Herbert 3 he ring veröffentlicht eine BroschüreDer Verrat der Volksbühn e". Ganz augenscheinlich ist der tiefer« Grund nur der, von den Zweifeln an der politischen und künstlerischen Mission Piscators abzulenken z zu- gleich steht offenbar der Gedanke im Hintergrund, das Haus der Dolksbühn« für Piscator zuerobern" und ihm so eine neue, finan- ziell festere Basis zu schaffen. Das wird in der Broschüre zwar nicht eindeutig gesagt. Aber nur so ist die Attacke gegen die Volksbühn« zu erklären, die in der Broschüre geritten wird. Die Volksbühne steht gewiß nicht außerhalb der Kritik. Man kann an den Maßnahmen des Vereins wie an der Tätigkeit der von ihm unterhaltenen Bühnen dies und jenes aussetzen. Aber man darf es nicht in der Art Iherings tun. Was er schreibt, ist ohne Ver- ontwortunzsbewußtsein, oberflächlich, irreführend. Nicht einmal die Tatsachen, die er gegen die Volksbühne vorbringt, sind immer richtig. Vor allem aber werden die Gründe und Ursachen für die kritisierten Erscheinungen wieder und wieder falsch dargestellt. Bis Berufung der künstlerischen Leiter. Jhering will den Beweis bringen, daß die Volksbühne feit Uebernohme des eigenen Theaters am Dülowplatz immer mehr von ihren alten(in der Broschüre freilich herzlich wenig umrissenen) Zielen abgekommen sei; daß alle Gelegenheiten oersäumt worden wären, dem Theater«ine lebendige Berbindung mit den Zeittenden- zcn zu schaffen und daß so ein«muffige Philistcrbühne" entstanden wäre. Er erkennt das vor allen Dingen in der Berufung der künst- lerifchen Leiter des Hauses. Er macht der Volksbühne zum schweren Vorwurf, daß sie 1914 nicht Leopold Jeßner  , der damals noch Obcrregisseur in Hamburg   war, engagiert habe. Vielleicht wäre die Wahl Jeßners zum ersten Direktor des Theaters am Bülowplatz   tat- sächlich das Richtige gewesen. Aber ez ist kein Geheimnis, an wem es lag, daß Jeßner, der zur Wahl stand, damals nicht genommen wurde. Der Hauptrufer gegen ihn war Gustav Landauer  , der später in München   gemeuchelt wurde. Der gleiche Landauer, der von den Oppositionellen" um Jhering   immer wieder als einer der Ihrige» reklamiert wird. Der erste Direktor des Theaters am Bülowplatz  , Lefsing, war gewiß kein guter Griff der Dereinsleitung. Und das Abkommen mit Reinhardt, das der Direktion Lessing   folgte, mag man auch kriti- fieren. Aber lächerlich ist es, wenn Jhering es so hinstellen mächte, alz sei die Berufung emes Brahm-Schülers, nämlich Lessings, sowie die Reinhardts etwas wie«inAbfall" der Volksbühne von der bis dahin verfolgten Richtung gewesen. Brahms   Theater war jeder- zeitdie" Bühne der(alten) Freien Volksbühne gewesen, und die Neue" Freie Volksbühne, die Erbauerin des Theaters am Bülow- xlotz, war gerade durch ihr« Verbindung mit Reinhardt groß ge- worden. Der Vertrag, durch den Reinhardt das Theater am Bülow- Platz für einige Jahre gewissermaßen als Dependance feines Deutschen  Theaters erhielt, erklärt sich im übrigen ja, wie Herr Jhering wissen dürfte, aus der Not der Zeit. Di« beiden Volksbühnen waren durch die Einberufungen von Mitgliedern zum Heercsdieirst auf 38 000 Köpfe zusammengeschrumpft, während zur Aufrechterhaltung eines eigenen Theaterbetriebes wenigstens die doppelte Anzahl von Mitgliedern be- nötigt wurde. DasGauerkohl-Theater". In seiner Kritik Kayßlers und seines Nachfolgers Holl wider- spricht sich Jhering   selbst. Kayßler bracht« nach seinen freundlichen Wortenmuffiges, kleinbürgerliches Sauerkohl-Theater". Aber Kayßler engagierte Fehling, den Jhering als seinen Mann reklamiert, und Kayßler brachteMasse Mensch  " heraus, eine Aufführung, die Jhering zu den wenigen Großtaten der Volksbühne zählt. Was Holl betrifft, so war er es schließlich, der Piscator verpflichtete und zur Geltung kommen ließ, Piscator, der für Jhering   überhaupt den Gipfel darstellt.
Natürlich«rrogt es den besonderen Zorn Jhering  -, daß die Volksbühne nach dem Rücktritt Holls die Leitung des Theaters dem bisherigen Verwaltungsdirektor Ncft allein übertragen hat. Sicherlich kann man darüber streiten, ob Neft   ollen Anforde- rungen genügt, die man an den Leiter eines Volksbühnenhauses stellen muß. Immerhin spricht für Neft  , daß er als einer der tüchtigsten Fachleute gilt! daß Regisseur« wie Engel, Hilpert und andere, gegen die auch Jhering nichts sagen wird, volles Vertrauen zu ihm besitzen und mit ihm abgeschlossen haben. Sicherlich verdient Neft   mindestens dos gleich« Vertrauen wie jener Dr. Klein, der seit längerer Zeit die alleinige Leitung der Reinhardt-Bühnen hat. * Wie sich Herr Jhering   die Verhältnisse innerhalb der Ver- einsleitunz und bei den Theatern der Volksbühn« vorstellt, das kann bei Kundigen lediglich ein Achselzucken auslösen. Da wird«in Langes und Breites von demverlierenden" Einfluß Julius Vabs gesprochen. Aber weder war Vab richtunggebend, als er einmal zu Zeiten Kayßlers% Jahr lang Dramaturg des Theaters am Bölow- platz war, noch hat sich einüberragender" Einfluß Vabs bei seiner Mitarbeit im Künstleristhen Ausschuh des Vereins gezeigt. Wer den Generalsekretär des Vereins, Nestriepke, damit glaubt charakterisieren zu können, daß er sich im Interesse«inerNeutralität der Kunst" gegen einen lebendigen Spielplan wende und daß er dieDppv- sition"mundtot" zu machen suche, um desto freier mit dem christlich-deutschen Bühnenovlksbund kuhhandeln zu können, von dem kann man vollends nur sagen, daß er entweder Nestriepke gar nicht kennt, oder ihn bewußt zu verleumden sucht. Natürlich tischt Herr Jhering   auch wieder dos Märchen auf, daß der Vereinsoorstand die Opposition aus dem Künstlerischen Ausschuß ausgeschaltet habe und nunohne Kontrolle" arbeiten könne. Herr Jhering   hätte wirklich vorher bei seinen Freunden Erkundigungen einziehen können, die heut« wie stets im Künstlerischen Ausschuß der Volksbühne mitarbeiten. Ist es ihm nie bekannt geworden, daß sogar mehrere von seiner Avantgarde, dem Arbeitsausschuß der Sonderabteilungen, besonders vorgeschlagene Personen in den Künst- lerifchen Ausschuß berufen wurden? Dieungeheuerlichen Schiebungen"'. Jhering   wittert(angeblich) ungeheuerliche Schiebungen. Die Leitung der Volksbühne ist nach seiner Darstellung sozusagen darauf verpicht, ein paar Leuten, nämlich dem derzeitigen Direktor des Thalia-Theaters und dem tünfttgen des Theaters am Schiffbauer- dämm, große Gewinne in Gestalt vonUeberfchüfsen" ihrer Theater- betriebe zuzuschanzen. Es ist zwar nicht ganz ersichtlich, warum: aber immerhin! Hätte Herr Jhering   sich je die Mühe genommen, die Ab- rechnungen der Volksbühne zu verfolgen, die den Delegierten der Hauptversammlung ständig unterbreitet werden, so wüßte er auch, daß der Verein bei der eigenen Führung des Theaters am Schiff- bauerdamm im letzten Jahre etwa 120 000 Mark zusetzen mußte. Und das log durchaus nicht am Spielplan. Auch als dasGrabmal des unbekamtten Soldaten" gegeben wurde, als das jetzige Piscator- StückMarlborouyh zieht in den Krieg" lief, waren an jedem Abend einige 100 Mark zuzuschießen, weil die Einnahmen weiter hinter dep Ausgaben zurückblieben. Jedenfalls hat Herr Jhering   keine Ahnung von dem Etat eines Berliner   Theaters. Sonst könnte er nicht mit abendlichen Ausgaben des Thalia-Theaters von 000 bis 700 Mark rechnen. ch Genug von solchen Eittgegnungen auf Angriffe des Herrn Dr. Jhering. Die Volksbühne ist keine Einrichtung, die in Wolken- luckucksheiin liegt. So wird sie immer gewisse Mängel zeigen, die mit allem Irdischen verbunden sind: so wird sie es insbesondere nicht allen recht machen können. Sie hat natürlich mit den Der- Hältnissen zu rechnen, die heute allgemein eine gesunde Theater- führung bedrohen, sie kann ebenso wenig gute Stücke aus dem Boden stampfen, wie sie es nicht vermag, immer diejenigen Künstler zu verpflichten und ihrem Betrieb zu erhalten, die sie gern haben möchte. Ja, die Volksbühne hat es sogar sehr viel schwerer als andere Theater. Die Einnahmemöglichkeiten der Volksbühne sind aufs äußerste beschränkt. Auch keingroßer Erfolg" kann sie nennenswert steigern, da weder höhere Preise angesetzt, noch mehr Karten untergebracht werden können. Zuschüsse aber erhält die Volksbühne von keiner Seite. Und noch etwas kommt hinzu: Die Mitglieder würden dezimiert werden, wenn die Volksbühne sich ein- seitig festlegen, etwa den Kurs Piscator   einschlagen wollte.
praktische Mitarbeit und keine Phrasen! Das heißt gewiß nicht, daß die Volksbühne richtungslos den Wünschen der Mitglieder nachzulaufen hätte. Di« Volksbühne hat unter allen Umständen eine künstlerische Linie einzuhalten, und sie muß ihre besondere Aufmerksamkeit jenen Werken zuwenden, in denen die lebendigen, vorwärtsdrängenden Kräfte der Zeit zu Wort kommen. Sie hat weiterhin die Pflicht, an ihren Bühnen jungen Begabungen, die neue Regieideen haben, eine Freistatt zu bieten. Dies aber hat die Volksbühne im Rahmen des Möglichen sicherlich getan. Sie braucht sich der Werke, die aufgeführt wurden, nicht zu schämen. Wenn die Volksbühne Werke wie �KaisersGas". TollersMasse Mensch  ", AndrejewsKönig Hunger  ", Leonhards Segel am Horizont", PaquetsFahnen" und PaquetsSturm- flut". LunatjcharjkysDon Quichotte". AchardsMarlborough", RaynalsGrabmal", WelksGewitter über Gottland". Tollcrs Hinkemann  ", BrechtsMann ist Mann" und manches ähnliche Stück spielte, so spricht daraus auch ein- ehrliches Bemühen,Zeit- stücke" im Sinne Iherings in den Vordergrund zu rücken. Daß Berger, Fehling, Hilpert, Engel, Piscator usw. als Regisseure an ihren Theatern wirken konnten, zeigt überdies, daß sie auch in ihren Inszenierungen Wagemut im Sinne Iherings bewies. Herr Jhering   fordert auf zumSturm" gegen den derzeitigen Vorstand und Verwalwngsapparat(in Worten, die wiederum be- weisen, wie wenig Ahnung er von diesem Apparat hat). Es ist gewiß nur zu begrüßen, wenn ein stärkerer Wille zur Aktivität in der Mitgliedschaft aufkommt. Aber: Bitte, zu einer Aktivität, die nicht bloß in sachunkundiger Kritik und tönenden Phrasen besteht: die sich vielmehr in praktischer Mitarbeit äußert und aus dieser praktischen Mitarbeit erkennt, welches Wollen vorhanden ist, mit welchen Schwierigkeiten gerechnet werden muß und was sich praktisch als möglich erweist. Und diese Bitte gilt nicht nur für die Mit- glieder, sondern in erster Linie auch für Herrn Jhering   selbst.
Erweiterungsbau der Städtischen Oper Vor einiger Zeit gab es in der Berliner   Stadtverordnetenoer- sammlung lebhaft« Erregung über eine Vorlage, die sich mit der Ueberschrcitung der Mittel zur Instandsetzung der Restaurations- räume der Städtischen Oper in Charlottenburg   beschäftigte. In- zwischen sind die Räume fertiggestellt und dem Verkehr übergeben worden. Zunächst kann man feststellen, daß die Innenarchitekten Lefsing und Bremer nicht nur mit Geschmack, sondern auch mit Be« scheidenheit gearbeitet haben. Es gibt in diesen neuen Räumen, die jetzt einen unmittelbaren Zugang zur Oper haben, keinerlei über- flüssigen Prunk. Die Fassade an der Bismarckstraße ist bewegter ge- worden, weil man ihr im Hochgeschoß die neuen Räume vorgelegt hat. Während sich im Hochgeschoß und den darüber liegenden Räumen auch noch die alten schönen ovalen Säle befinden, die jetzt den städtischen Empfangsfeierlichkeiten dienen sollen. hat man im Untergeschoß ein ungemein gemütlich wirkendes Bier- lokal eingerichtet und es mit schönen farbigen Stichen und Litho- graphien aus Alt-Berlin ausgeschmückt. Ein fast noch gemütlicherer Raum ist die kleine für Ehauffeur« und Passanten berechnete Schwemme in der Krummen Straße. Der Vorgarten wird aus- gestaltet, aber daß man zwischen ihn und den Aufgang zu den Räumen die Autos sich einschieben läßt, die infolgedessen ihren üblen Atem den Gartengästen ins Gesicht blasen, kann nicht befriedigen. Im ganzen darf man sich freuen, daß die Städtische Oper jetzt auch mit einer Stätte zur würdigen Geselligkeitspflege, die den Be- dürfnissen der gesamten Bevölkerung Rechnung trägt, ausgestattet ist.
Berlin  -Paris   in 4 Stunden 50 Minuten. Paris  , L. ZRcki. Der französische   Alieger G i v o n hat die Strecke Berlin   Paris   mit einem Verkehrsflugzeug in 4 Stunden 50 Maulen zurückgelegt und damit den von einem deutschen   Flieger am ZS. April mit 5 Stunden 10 Mnulen aufgestellten Rekord geschlagen.
In Rüstringen   hat auf Veranlassung der sozialdemokratischen Stadtratssraktion der Magistrat die nach einem oldenburgischen Fürsten benannte Peterstraße in V e b e l st r a ß e�umgetauftt Äußer-
dem wurde eine Fried rich-Ebert-, eine Earl- Legten«. eine Erzberger-, eine Rathenau  - und eine Hugo- Preuß-Straße geschaffen. Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle Berlin   und Am- gebuog.(Nachdr. verb.) Etwas stärker bewölkt und ziemlich kühl ohne erhebliche Niederschläge: Nordwestwinde. Für Deutschland  : Im Süden einzelne Niederschläge, im Norden wolkig, auch im Osten Abkühlung.