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DER SPRUNC UBER DEN SCHATTEN
VON KARL SCHRÖDER  - ZEICHNUNGEN VON PAUL THESING Copyright 192S by.Der BOcherkrei« G. m. b. H.* Berlin 8V 6t. bcrn, wie schnell, wie heftig und auf wie unabsehbare Zeit Schülev erkranken können. Unerschöpflich sprudelt die Quelle zur Förderung des Idealismus. Immer tieser aber wird die Klust, die uns von der chandarbeit, von der Natur und von der geistigen Gesundheit trennt. Wieder einmal auf der Suche nach Stunden lese ich am Schwarzen Brett: .Herren gesucht, die literarische Themen frei in die Schreib- Maschine diktieren können..Bei entsprechender Leistung höchste Bezahlung/ Ich hatte noch niemals frei in die Feder diktiert: kannte eine Schreibmaschine nur aus Schaufenstern. Aber ich war jung und in Not und dacht«, es wird schon gehen. Mit zwanzig Iahren �kann man alles. Hemmungen kommen erst, wenn man von einer Sache etwas versteht. Ich ging also hin, unterhielt mich fünf Minuten mit einem jungen Herrn, der sich als Geschäftsinhaber vorstellte, und wurde auf Grund dieser Unterhaltung ohne weiteres engagiert. j
11. Fortsetzung. Diese sechs Wochen Alleinseins aber genügten, mich bockbeinig zu machen. Und als die Herrschaften zurückkehrten, stellte ich die Forderung, mir monatlich fünfundsiebzig Mark zu zahlen: anderen- falls müsse ich die Stellung aufgeben. Daß der Mann keinen tödlichen Schlaganfall gekriegt hat, wundert mich: denn als ich mit meinem Vorschlag herauskam, blieb ihm im wahren Sinne des Wortes die Sprache weg. Er glotzte mich an, als ob er«in neues Wesen, irgendeine absonderlich« Kröte vor sich sähe. Dann lallte er ein paar unverständliche Worte, lächelt« blöde, fragte:Wa wa was?", um schließlich eine Art Tobsuchtsanfall zu kriegen, als ich meine Forderung wiederholte. Er stampfte mit den Füßen auf, schlug auf den Tisch, schleuderte Bücher und Hefte auf detr Fuboden und schrie mich an:
Sie hleihen hier, und damit basta!" Das wagen Sie?! Das ist eine unerhörte Undankbarkeit! Mensch, haben Sie sich das überlegt!? Was sind Sie denn? Wo kommen Sie her? Haben Sie in ihrem Leben schon so gut ge- gessen? Was? Denken Sie. ich habe meine Weine gestohlen? Aber.--->* er lief hin und her und schien ruhiger zu werden Sie bleiben hier und damit bastal" Ja: für fünfundsiebzig Mark, Herr Direktor/ Mir kam jetzt zustatten, daß ich ein halber Bauer war und ein pommerscher dazu. So erregt ich war, äußerlich blieb ich ruhig: gleichzeitig aber war mein Lerstand hell erleuchtet und auf jeden Angriff gefaßt. Jetzt wollte ich nicht mehr: beschimpfen ließ ich mich nicht. Als Rehberg begriff, daß ich nicht nachgeben wollte, hielt er es dummerweise für richtig, noch gröberes Geschütz aufzufahren. Wieder schrie und tobte er. fragte nochmal:Wollen Sie jetzt oder nicht?", und als ich abermals verneint«, ging er auf mich zu und brüllte: Eine Flegelei ist das! Ich werde es Ihren Eltern schreiben. Wissen Sie, was Sie oerdienen?* In demselben Augenblick schlug ich ihm mit der Faust schwer ins Gesicht. Er kippte hintenüber, und ich ging, ohne aufzusehen, zum Hause hinaus. Damit war diese Geschichte erledigt. Herr Rehberg hat nie mehr etwas von sich hören lassen. Ich habe diese Tat nicht bereut. Der Instinkt brach sich Lahn  durch wucherndes Verstandesgestrüpp. Wäre ich keingeistiger" Mensch gewesen, hätte diese Tat Anfang der Erlösung sein können. Aber in meinem Fall führte sie eher noch tiefer ins Gestrüpp. Zunächst freilich war ich erleichtert und schritt dahin wie«in Totschläger aus Rache, der zwar dunkel«ine schwere Zukunft ahnt, ober noch eben vollbrachter Tat auf weichen Wolken zu wandeln glaubt. Das dauert« natürlich nicht lange, dann begann eine grausame Zeit. Ich schrieb, was geschehen, den Eltern und stellte neu« Unter- richtsstunden in Aussicht. Der Dater selber antwortete. Er überließ sonst da� Schreiben der Muttsr. Zum erstenmal im Leben machte er mir heftige Vorwürfe.Man darf das schmutzige Wasier nicht ausschütten, bevor man reines hat," schrieb er,daß mußt du lernen, mein Sohn, oder du gehst zugrunde." Er versteht mich nicht mehr: wir sind uns fremd geworden," dachte ich und antwortete nicht. Ich suche Arbeit. Am Schwarzen Brett, im Vorraum der Universität, waren mit dem Stempel dieser Hochschule zahlreiche Zettel angeheftet, auf denen Studenten als Lehrer und für Unterrichtszweck« aller Art gesucht wurden. Hier fand ich auch die Adresse einesVcrmittlungs- bureaus", das die besten Stellungen und höchsten Gehälter»er- sprach. Das gerade suchte ich. Ich hatte zunächst fünf Mark für Schreibgebühren zu hinter» legen. Sie wurden, wie es hieß, nach Erhalt einer Stelle zurück- erstattet. Das heißt, kam die Vermittlung zustande, so waren als Entschädigung" dreißig bis fünfzig Prozent des ersten Monats-, wohlverstanden: Monatsgehalts, zu zahlen. Darauf wurden die gezahlten fünf Mark angerechnet. Wer keine Stellung erhiest, verlor auch die gezahlten fünf Mark. Wehe aber dem, der sich um dieEntschädigung" zu drücken versuchte. Er hatte auf Erden keine ruhige Stunde mehr. Ich hatte gar keine Vorstellung von der Ausbeutung, die hier getrieben wurde, und habe stöhnend, aber doch voll Dankbarkeit gegen eine so hilfreiche Institution meinen Obolus pünktlich entrichtet. Es gab erstaunliche Stellungen. Für zwei oder drei Privat- stunden ein Mittagbrot. Für emeu vollen Nachmittag Jßeauj-
sichtigung der Schularbeiten" von vier Kindern eine Taste Kaffee und eine Mark.Beaufsichtigung" ist natürlich nur ein betrügerisches Wort für Unterrichtsstunde. Kandidaten, ältere Studenten vor der Abschlußprüfung wurden als Hauslehreraufs Gut" zu einer ganzen Serie von Kindern gesucht für Unterkunft, Essen   und ein angemessenes Taschengeld". Als angemessenes Taschengeld wurden zehn oder zwanzig Mark angesehen, dafür aber beim EssenGesell- schaftsanzug" oerlangt. Do für diese Stellen auf Gütern nurjunge Leute mit religiös-sittlichem Lebenswandel" oerlangt wurden, so war dem Idealismus keine Grenze gesetzt. Sprach man von diesen Dingen, so schüttelten die, die es hörten, den Kopf. Dann aber vergaßen sie es und schließlich glaubten sie es nicht mehr. Ich ahnte noch nicht, daß die meisten Menschen von der Gesellschaft, in der sie leben, gar nichts wissen wollen. Wenigstens nichts, was sie stören könnte in der guten Verdauung. Ich habe wunderlich« Dinge erlebt. Ein Trick kluger Eltern, dem ich häufiger begegnete, war der,«ine Prioatstunde auf zwei Uhr Übermittags zu vereinbaren. Was ist schon dabei? Eine gut« Zeit, nicht wahr? Wer kann sich Böses denken, wenn's ihm das erstemal begegnet. Aber es hatte feine Gründe. In das Stunden- geld war nämlich Nachmittagskaffee mit eingerechnet. Im Anschuß an die ersten Unterrichtsstunden traf der Kaffee pünktlich um drei Uhr ein. Langsam aber wurde er hinausgeschoben, und durch diese »Zufälligkeit" ergab sich für solche klugen Eltern ein Profit von dreißig bis fünfzig Prozent. Und das sind herzerquickende Zahlen. Du mußt dich dagegen wehren!" sagen die klugen Leute, wenn sie es hören. Ja, wie denn?" Na, du mußt eben einfach später anfangen." Wenn ich dann erwidere:Was soll ich ober beginnen, wenn mir dann schrifllich wegen Unpünktlichkeit gekündigt wird Rest- Honorar anbei, abzüglich eineinhalb versäumte Stunden?" Dann zucken die Schwätzer die Achsel und hallen das für einen Ausnahme- fall, mich aber für einen Quengler und unglücklichen Patron. Schöner Ausnahmefall! Umgekehrt wird«in Schuh draus. Selten wie weiße Elefanten sind Stellungen, in denen man nicht rücksichtslos ausgeplündert wird. Rücksichtslos, sage ich, denn irgend- wie ausgeplündert wird man ja immer. Sehr geschätzt, besonders von besorgten Müttern, ist die Methode, sich bei weit geöffneter Zwischentür im Nebenzimmer mit einem Buch oder einer Handarbeit niederzulassen und dem Unter- richt zuzuhören. Dabei richten sie es so ein, daß ihnen der Lehrer den Rücken zukehren muß. Wie angenagelt habe ich dann stunden- lang gesessen nicht so sehr aus Angst wegen des Unterrichts, fondern um nicht merken zu lassen, daß meine Schuhsohlen zer- rissen waren. Es ist ja bedauerlich, aber schließlich kann man doch nicht ver- lumpt« Menschen ins gute Zimmer hineinlassen. Vielleicht stehlen sie gar." Nicht selten sind auch die Fälle, in denen dieDame des Hauses" oderFräulein Tochter" öffnet, hereinbittet und mitteill, der Sohn wäre leider im letzten Augenblick zur Geburtstagsfeier eines Freundes geladen worden. Aber vielleicht«in Täßchen Tee?" Ein ehrbarer Kleinbürger und Idealist weiß mit einer solchen Situation nichts anzufangen und kann sich dann nicht genug wun»
, vielleicht ein Täßchen Tee?
Da stand ich nun in einem Zimmer, dessen einzige Ausstattung ein Tisch und zwei Stühle waren. Auf dem Stuhl vor dem Tisch saß ein junges Mädchen an einer Schreibmaschine. Solcher Zimmer lagen sechs hintereinander und jedes enthielt das gleich« Mobiliar: einen Tisch und zwei Stühle. Nein, nicht doch ich übertreibe. Es war noch etwas da: Eine Pappschachtel war noch da, in jedem Zimmer: die stand auf dem Tisch. Und in dieser Pappschachtel lagen dieThemen", die zu bearbeiten waren. Die Sache war nämlich die: Ich war in eine sogenannteAuf- satzfabrik" geraten.(Fortsetzung folgt.)
WAS DER TAG BRINGT.
Das Doppelleben eines Mönchs. Fünfzehn Jahre lang hielt eine Räuberband« einen ganzen rumänischen Bezirk in Angst und Schrecken. Ueberfälle und Morde wollten nicht aushören. Alle Bemühungen der Polizei, den Führern dieser Bande auf die Spur zu kommen, blieben erfolglos. Ab und zu gelang es wohl, irgendeinen Räubertrupp unschädlich zu machen oder ein Räubernest auszuheben. Der Führer, ein geheimnisvoller Reiter mit Maske, der persönlich die gewagtesten Raubüberfälle leitete, blieb unauffindbar. Eines Tages wandte sich ober das Glück von ihm ab. Er wurde verhaftet, und da stellte es sich heraus, daß der Räuberhauptmann niemand anderes war als ein allgemein geachteter Mönch aus einem kleinen Kloster in der Röhe von Neamtu mit Namen Stefan Epure. Wie war er Räuber geworden? Er war es bereits, bevor er die Mönchskutte angelegt hatte. Einstmals hatte er ein geordnetes Leben geführt, selbst eine höhere Schulbildung war ihm zuteil geworden. Mit der Desertion aus der Armee begann fein Abstieg. Als ihn der Zufall mit dem Förster Ungureanu zusammenbrachte, faßten beide den Plan, eine Räuberbande zu organisieren. Ungureanu wurde bald gefaßt. Epure gelang es zu flüchten. Um die Spuren hinter sich zu ver- wischen, trat er als Mönch in das Kloster Neamtu ein. Nun war er sicher. Wer würde in einem Mönch einen Räuber vermuten? Und so verstand er es 15 Jahre lang meisterhaft sein Doppelspiel zu spielen. Tagsüber war er der mustergültige Mönch, der durch seine männliche Schönheit, Klugheit und Bildung angesehen und geehrt war, besonders bei den Frauen, die es für eine besondere Aus- Zeichnung erachteten, wenn sie ihm seine Hand küssen dursten. Des Nachts war er Räuberhauptmann, der alle Fäden der Raubüber- fäll« in seinen Händen hielt. Bei besonders schwierigen Unter- nehmungen tqjlte er die Gefahren seiner Leute. Nur zweien war sein Doppelleben bekannt: die beiden lebten als seine Spießgesellen als Arbeiter im Kloster. Es wird nun einen sensationellen Prozeß geben. Ein künstlicher See gegen den Staub. Der ehemalige historische See von Texcoco   in der unmittel- baren Nachbarschaft der Stadt Mexiko   war seit einigen Iahren trocken gelegt. Jetzt hat man das alte Seebecken wieder teilweise angefüllt, um die Entwicklung der starken Staubstürme zu ver- hindern, die alljährlich die Hauptstadt bedrohen. Ein Spitzelalmanach. Die Zentrale der KPD.   hat einHandbuch für die leitenden Funktionäre der Kommunistischen Partei  " herausgegeben, worin ein- gehende Angaben über das Spitzelwescn innerhalb der KPD  . gemacht werden. Ein wahrer Spitzelalmanach. Danach sind allein 700 Mit­glieder der KPD  . Spitzel, von denen 112 im Lichtbild wiedergegeben werden. Die gefährlichsten und noch tätigen Spitzel sind ab« dabs
nicht entHallen, weil aus Gründen der Illegalttät ihre Namen nicht genannt werden dürfen. Das Handbuch liefert den schlagenden Be- weis, daß in der Kommunistischen Partei bis hinauf zu den Zlbgcord- neten, Bezirkssekretären und Geschäftsführern in der Zentrale wie in der Handelsdelegation Spitzel, Verräter und Provokateure in Massen sind. Die verschwundene rote Pionierin. lieber einen tragischen Vorfall berichtet dieArbeiter-Zeitung  '' aus Moskau  . Die Eltern der 12jährigen Balja Snamenskaja gaben ihrer Tochter nicht die Einwilligung, rote Pionierin zu wer, den. Die Kleine kannte ober keinen sehnlicheren Wunsch, als es ihren Kameradinnen gleich zu tun. So wurde sie rot« Pionierin. Ms sie aber mit ihrem roten Schlips nach Hause kam. wurde sie von den Eltern getötet. Ihre Leiche schafften sie an das Ufer des Flusses. Mehrere Tage lang währten die Nachforschungen, ehe man das Kind fand. Ein Beitrog zum traurigen Kapitel: Alt und Jung, Achtung... Hochspannung...1 DieMagdeburgische Zeitung" läßt sich in einem Artikel:Sinlj Logen von der Körperschaftssteuer befreit?" folgendermaßen aus: Die in Rede stehende Loge untersteht der großen Mutters löge des Elektrischen Bundes in Frankfurt   a. M." Merkwürdige Sache. Man scheint in dieser Log« mit Hochspan» nung zu orbetten. Jedenfalls seien Neugierig« vor elektrische« Nackenschlägen gewarnt! Ein siebzehnjähriger Familienmörder. Ein amerikanischer Angerstein ist dieser siebzehnjährige Farmer in Kansas  , Oven Oberst! Er erschoß Vater, Mutter, drei Brüder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren und feine zwei Schwestern im Alter von sechs und acht Jahren nur deshalb, weil der Vater es ihm verboten hatte, das Auto zu benutzen. Er wollte aber gar zu gern Auto fahren lernen. Als er sich an das Steuer setzen wollte, jagte ihn der Vater davon. Oven   kehrte abends in das Elternhaus zurück, holte vom Boden die Jagdflinte, erschoß seine fünf Ge- schwister und gleich darauf die Mutter, die, von dem Geräusch herbei- gelockt, ihm entgegentrat. Als dann kurz darauf der Vater ins Haus kam, erschoß er auch diesen. Sämtliche Leichen schaffte er in die Küche, entnahm den Taschen des Vaters 40 Dollar, hotte aus der Scheune Heu, begoß die Leichen und den Fußboden der Küche mit Petroleum und entzündete es. Nach vollbrachter Tat begab er sich ins Kino. Gegen 10 Uhr abends bemerkten die Nachborn Rauch. schlugen die Fenster ein, drangen in das Haus und entdeckten das grausige Verbrechen. Als der Siebzehnjährige verhaftet wurde. leugnete er anfangs feine Schuld, war aber dald darauf geständig und sagte unter Tränen:Ich muß wohl wahnsinnig geworden sein. Wenn der Vater mir nicht verboten hätte, sein Auto zu benutzen, sq wäre ich kein Mord« geworden."