Kr. 229• 45. Mrgang*1, RiMooch, 46. N«!«92»
Neues Stadtviertel an der Hauptstraße.
Zwischen zwei Bahnlinien, der Wannseebahn und der Ringbahn, ist in unmittelbarer Nähe der Hauptstraße in Schöneberg innerhalb weniger Jahre ein neues Stadtviertel ent. standen, dessen moderne Wohnbauten von der dörflichen Vergangen- heit Schönebergs nichts mehr ahnen losten. Da liegen die„Gödlien- gärten" mit ihren prächtigen Grünanlogen, da reihen sich in der Rubensstraße schier endlos lichte, freundliche Wohnbauten, in weißen und gelben Farben gehalten, die trotz der Wiederholung desselben Kautypus kaum langweilig wirken und in angenehmer Weise ab- stechen vön den verräucherten Hinterhöfen der Ebersstraße. Parallel zur Rubens st raße läuft eine der neuesten Straßen Berlins , die Eifackstraße. Sic bildet die Verlängerung der Inns- Drucker Straße, beginnt am Viadukt der Ringbahn, wenige Schritt« »om Untergrundbahnhof Haupt st raße. und endigt an der Baumeisterstraße, am Damm der Wannseebahn . Rund äOO Wohnungen sind zu beiden Seiten der Eisackstraße teils geschaffen. teils im Entstehen begriffen. Der Block auf der Ostseite, der Ottober lSZS begonnen wurde, ist fertiggestM und bereits bezogen. Er ent> Höst 1kl Wohnungen, in der Hauptsache?s4-Zimmer-Wohruingen, deren Miete 60 Wk. pro Monat beträgt. Um die Miete so niedrig stellen zu können, wurde von der Einrichtung einer Zentralheizung und eines Fahrstuhls abgesehen. Die architektonische Lösung der Aufgabe, diesen riesigen Vaukompler zu gliedern, ist gut gelungen. Mächtige, fünf Stock hohe turinartige Bauten an beiden Enden steigern die lange Frontlinie zu wuchtiger Geschlossenheit. Als Licht- und Luftfänger gedachte, in rechten Winkeln vorspringende Gloserker beleben die etwa 160 Meter lange Front: van diesen Glas- erlern'hat man eine bequeme Möglichkeit, die ganze Straße nach beiden Seiten zu beobachten. Eine Neuerung, die von vielen Müttern begrüßt wird, stellt das Kindertagesheim dar, das «in der Ostseite angebaut und vom Pcstalozzi-Fröbelhaus aus be- trieben wird. 100 Kinder werden hier tagsüber beschäftigt, be- kommen ihre Mahlzeiten unter Aufsicht ausgebildeter Hortnerinnen. Später sollen noch Spielplätze auf dem Terrain des städtischen Fried- Hofes, der hier angrenzt, geschaffen werden. Auf der anderen Seite der breiten Eisackstraße, die in der Mitte zwischen den Fahrdänimen Rasenanlagen mit doppelten Baumrechen schmücken, erheben sich die erst zum Teil fertigen Bauten der Westseite für ZZ4 Wohnungen, mit Z. 3 und
3)4 Zimmern. Zum linterschied von der Oftseite erhält die Westseite Zentralheizung und Laubenanbauten noch der Hofseite. Breit« Grünflächen, mit Rosen- und Ligufterhecken, steigen allmählich zu den Laubeneingängen an. Auch die Eingänge zu den Kellern liegen nach der Straße zu. In der Mitte der Westseite, nach der T r ä g e r- st r a ß e zu, wird ein L e h r l i n g s h e i m für 15 Lehrlinge eingerichtet. deren Eltern außerhalb Berlins wohnen. Sie werden von einem Pfleger aus dem Pestalozzi-Fröbelhaus betreut. Grünflächen und Spielplätze für Kinder werden den Raum bis zur Rubensstraße füllen. Bei sämtlichen Bauten wurde mit einfachen Mitteln eine gute Wirkung erzielt: Roter Porphyrputz bei den Wandflächen. Borsatzbeton mit Muschelkolk bei den Konstruktionsteilen. Die Ent- würfe stammen von Professor Lassen. Bauherr ist die Gemeinnützige Ballgesellschaft Berlin -Heerstraße, ausführende Firma die Berlinische Boden-Gcsellschaft. Bis Februar 1929 sollen sämtliche Wohnungen bezogen sein. Oer tote Pferdehändler. Ga Raubmord nach S Lahre» aufgeklart. Unter verdächtigen Umständen wurde im Jahre 1920 der Landwirt und Pferdehändler Wilhelm S r o u f e an, Vrüsfow(Mark Vrandenborg) in der Nähe des Ortes am User eines Sees tot aufgefunden. Es hotte den Anschein, al» ob die Wellen seine Leiche angespült hätten. 2000 Mark. die Krause am Tage vorher in einem Lokal noch bei sich gehab» hatte, fehlten. Dieser Umstand. Verletzungen am Kops der Leiche und einige Sampsspuren in der Nähe des Sees ließen auf ein verbrechen, einen Raubmord, schließen. Die damals angestellten Ermittlungen blieben jedoch ergebnislos, dos Verfahren wurde eingestellt. Bor einigen Monaten tauchten nun in Brüssow neue Verdachts- Momente auf. Dos Gerücht, daß der Mörder im Dorfe selbst zu suchen sei. belebte sich und wollte nicht verstummen. Auf Deran- lassung der Staatsanwaltschaft P r e n z l a u entsandte jetzt die Landeskriminalpolizcistelle Berlin den Kriminalassistenten Zimmer- mann nach Brüssow . Diesem gelang es, das Verbrechen aufzu- klären. Er sammelte so viel Beweismaterial gegen einen 50 Jahre alten Rechtskonsulenten Erich Z a st r o w und einen 31 Jahr« alten Arbester Alfred R i e ck, die beide in Brüssow wohnen, daß sie unter
Jade London : W vlfsblUt. Dann kam eine Zeit, wo das graue Wölflein den Vater in der Wand nicht mehr erscheinen und verschwinden sah, wo er sich nicht mehr am Eingange zum Schlafe nieder- legte. Dies geschah am Ende einer zweiten, doch weniger harten Hungersnot. Die Wölfin wußte, warum Einauge nicht zurückgekommen fei, allein wie sollte sie das, was sie gesehen hatte, dem grauen Jungen mitteilen? Denn als sie selber die linke Gabel des Flusses nach Beute hinauf- gegangen war, da hatte sie dort, wo die Luchsin wohnte, Einauges einen Tag alte Spur gefunden und am Ende der- selben alles, was von ihm übrig war. Es waren da noch viele Zeichen des Kampfes, der ausgefochten worden war, und des Rückzuges der Luchsin in ihr Lager nach ge- wonnenem Siege, vorhanden. Bevor die Wölfin umkehrt«. hatte sie dies Lager gefunden, aber es waren sichere An- zeichen da, daß die Luchsin drinnen fei, und so hatte sie sich nicht hineingewagt. Danach vermied die Wölfin den linken Flußarm auf ihren Jagdzügen. Sie wußte wohl, daß in dem Lager der Luchsin Junge wären, und sie kannte jene als ein starkes, heimtückisches Geschöpf und als eine tüchtige Streitkraft. Zwar hätten ein halb Dutzend Wölfe einen fauchenden Luchs vor sich her auf einen Baum hinauftreiben können, doch für einen Wolf allein war es eine gefährliche Sache, es mit einer Luchsin aufzunehmen, die Junge hatte. Aber Wildnis beibt Wildnis, und die Mutterliebe bleibt die schützende, verteidigende Liebe, ob in der Wildnis oder außerhalb derselben, und es sollte eine Zeit kommen, wo die Wölfin sich um des grauen Jungen willen auch den linken Flußarm hinaufwagen und dem Lager in den Felsen und dem Zorn der Luchsin Trotz bieten sollte. 4. Die Wand der Außenwelt. lim die Zeit, da die Mutter anfing, zu ihren Iagdzügen die Höhle zu verlassen, hatte das graue Junge sich das Ber - bot, den Eingang zu meiden, wohl gemerkt. Nicht nur war ihm dasselbe van der mütteklichsn Nase und Pfote häufig nachdrücklich eingeschärft worden, sondenr in ihm hatte sich »"ch der Instinkt der Furcht entwickelt. Allerdings war in seinem kurzen Leben tu der Höhle nie etwa» pafsiert, was
ihm Furcht eingejagt hätte, dennoch war das Gefühl da, war ihm von Tausenden seiner Borfahren vererbt worden. Direkt war es Erbschaft von Einauge und der Wölfin, allein sie hatten es von all den Generationen von Wölfen geerbt, die vor ihnen gelebt hatten. Furcht— das Erbe der Wildnis. dem kein Geschöpf entgeht—, kann nicht für ein Gericht Linsen veräußert werden. So also kannte das Graue die Furcht, ohne zu wissen, was dieselbe eigentlich bedeute. Möglicherweise sah es die- selbe als eine Schranke des Lebens an, denn es hatte schon gelernt, daß es solche Schranken gäbe. Es kannte den ungestillten Hunger, die Härte der Höhlenwand, den derben Stoß der mütterlichen Nase, den hurtigen Schlag ihrer Pfote,— all dos hatte ihm gezeigt, daß nicht alles in der Welt Freiheit sei, sondern daß es im> Leben Hemmnisse gäbe. Diese Hemmnisse waren für ihn Gesetze: war man diesen gehorsam, so entging man der Strafe und war glück- lich. Nicht daß es sich das wie ein Mensch überlegt hätte, son- dern es teilte die Dinge in solche ein, die wehe täten, und in solche, die angenehm wären, und danach vermied es die einen, um die Annehmlichkeiten der anderen zu genießen. So kam es, daß es. dem Gebot der Mutter und dem Gesetz jenes geheimnisvollen Schrecknisses, der Furcht, ge- horfam sich von dem Eingang der Höhle fern hielt. Diese blieb für ihn die weiße, Uchte Wand. War die Mutter abwesend, so schlief es die meiste' Zeit, und in den Zwischen- zelten verhielt es sich ruhig, indem es den Kitzel mi Halse unterdrückte, der sich in winselnden Tönen Lust machen wollte. Als es so einst wachend dalag, hörte es in der weihen Wand einen seltsamen Ton. Es wußte nicht, daß ein Vtel- fraß draußen stände und zisternd ob der eigenen Kühnheit vorsichtig den Inhalt der Höhl« beschnupperte. Das Wölf- lein wußte nur, daß der Ton seltsam klänge wie etwas, was es noch nie gehört hätte und darum war es für ihn voller Schrecken, denn das Unbekannte vor ollem flößte ihm Furcht ein. Das Haar auf feinem Rücken richtete sich lautlos empor. Was wußte es davon, daß bei irgendeinem Ton sein Haar sich emporrichten sollte? Das war kein ange- borsner Instinkt, nur der sichtbare Ausdruck der ihm inner wohnenden Furcht, für die es in feinem Leben keine Er- klärung gab. Auch war die Furcht von einem weitern In- stuckt, dem. sich zu verbergen, begleitet. Das Wölfiem
dem bringenden verdacht der Täterschaft festgenommen und iiberfichrt wurden. Zastrow hat jetzt ein Geständnis abgelegt, während Rieck feine Teilnahme noch bestreitet. Die Leiden waren am Bor- abend mst Krause im Dorfkrug und zechten mst ihm. Sie blieben nüchtern, während Krause schließlich angetrunken war. Arm in Ann verließen endlich alle drei den Krug und gingen noch dem See zu. Plötzlich nahm Zastrow seinen schweren Eichenstock und versetzte Krause einen wuchtigen Hieb ins Genick. Er schlug hinter- rücks zu, weil er sich anders an den sehr kräftigen Mann nicht heran- traute. Krause brach zusammen, wxrde seiner Barschaft be» raubt und in den See geworfen. Der Wind trieb die Leiche dicht ans Ufer heran. Frau Zastrow, zu der Krause in engeren Be- Ziehungen stand, war den drei Männern nachgegangen. Äl» sie sah. daß ihr Mann aus den Pferdehändler«inschlug, wandte ste sich un> und ging nach Hause. Zastrow selbst erzählte ihr später, was vor- gefallen war. Er und Rieck wurden in Untersuchungshaft genommen, während die Frau auf steiem Fuße blieb.
Die Frau erdrosselt. Selbstmordversuch des Täters. Zw Hanfe Sickiagenflraße 4 wurde gestern nach. mittag«ine furchtbare Ehetragödie entdeckt. Zn feiner Wohnung wurde der 46jährige Reifend« Albert Streich - ha» und feine 4Zjährlge Ira» Gertrud durch Gas vergiftet bewußtlos aufgefunden. Die wiederbelebuvgsverfuche der Jeuerwehr waren nur bei dem Maua von Erfolg. Der Arzt, derdeuIodderArunsest- stellte,»ahm am hat» verdächtige Würgemale wahr und kaw zu dem überraschenden Ergebnis, daß ste den Tod nicht durch die Gaseinwirtuug. sonder« durch Erdrosseln gesunden haben mußte. St reich hau wurde daraufhin als Polizeigefangener in» Staatskranlenhau» gebracht. Das Ehepaar Streichhan bewohnt feit vielen Jahren im dritten Stockwerk des Dorderhauses Sickingenftraße 4 eine aus zwei Stube» und Küche bestehend« Wohnung. Der Mann war von Berns Stadt- reisender. In letzter Zeit waren die Einkünfte sehr gering. so daß sich wirtschaftliche Sorgen einstellten: deshalb kam es zwischen beiden häufig zu erregten Auseinander- s etzungen. In den gestrigen frühen Nachmittagsswnden bemerkten Hausbewohner auf den» Treppenstur starken Gasgeruch, der aus der Wohnung der St.fchen Eheleute drang. Als auf Klopsen nicht geöffnet wurde, schöpft« mau Verdacht und benachrichtigte den Ber- walter des Hauses, der die Wohnungstür ösinet«. Den Eintreten- den bot sich ein erschütternder Aiiblick. In der völlig niit Gas er- füllten Küche log S t r« i ch h o n mit dem Gasfchlauch im Munde bewußtlos auf dem Fußboden. In dem angrenzende» Schlafzimmer wurde die Frau Strcichhan im Bett liegend leblos aufgefunden. Inzwischen war die Feuerwehr und der Arzt der R« t t u n g s st e l l« 32 gerufen worden, die sich um die Leblosen bemühten. Die Wiederbelebungsnersuch« mit Sauerstoff waren bei dem Mann nach langivicrigen Bemühungen auch erfolgreich. Dagegen kannte der Arzt bei der Frau nur noch den Tod»est- stellen. Lei der näheren Untersuchung der Toten bemerkt« der Arzt om hals würgemalc und krahwunden. Jetzt kau» der B-rhacht auf, daß Frau Strcichhan einen gewaltsamen Tod gefunden hatte und von ihrem Mann erwürgt worden war. Die Kriiniiialpolizei und Mordkommission wurde daraufhin verständigt. Es wurd- dtinn einwandfrei festgestellt, daß die Unglückliche von ihrem Mann vermutlich im Schlaf erdrosselt worden ist. Als der Täter sah, was er au- gerichtet hatte, drehte er die Gashähne auf,»nn seiner Frau in den Tod zu folgen. Das Befinden Streichhans, der als Polizeigefangener in das Staotskrankenhous übergeführt wurde, ist ernst, doch besteht keine Lebensgefahr mehr. Seine Vernehmung»var aus diesem Grunde bisher auch noch nicht möglich. Deshalb konnten auch Einzelheiten, insbesondere die Ursache über den Gattenmord, der wahrscheinlich schon in der Nacht vom Montag' zum Dienstag verübt worden ist. noch nicht geklärt werden.
war außer sich vor Schreck, doch blieb es so regungslos und still, als ob es versteinert oder tot wäre. Als die Mutter heimkam, knurrte sie, als sie die Spur des Vielfraßes fand. Sie eilte in dib Höhle und leckte und liebkoste ihr Junges voll ungewöhnlicher Zärtlichkeit, und dieses fühlte, daß es einer großen, unbekannten Gefahr entgangen sei. Aber noch andere Kräfte arbeiteten in dem jrnigeu Wolfe, vor allem seine zunehmende Stärke. Instinkt und mütterliches Verbot verlangten von ihm Gehorsam, aber sein Wachstum drängte ihn zum Ungehorsam. Die Mnttcr und seine Furcht warnten ihn vor der weißen Wand, aber Wachs- tum ist Leben, und das Leben strebt von jeher nach dem Lichte. Die wachsende Lebenskraft in ihm ließ sich nicht mehr eindämmen, sie stieg mit jedem Bissen, den es aß. mit jedem Atemzug, den es tat, und am Ende wurden Furcht und Gehorsam eines Tages von dem Lebensdrange weg- gefegt, und das Wölflein schritt wackelnd und breitbeinig dem Eingange zu. Ungleich den andern Wänden, mit denen es bisher zu tun gehabt hatte, schien diese, als es ihr näher kam, vor ihm zurückzuweichen. Seine zarte, kleine Nase, als es dieselbe tastend vorstreckte, kam nicht mit einer harten.Fläche in Berührung. Das Materiol, aus dein diese Wand ge- macht mar, schien, ebenso wie dos Licht, zurückzuweickien. auch konnte man durch dasselbe schreiten, und da in seinen Augen Substanz und scheinbare Form eins und dasselbe mar, so trat es in das, was ihm als Wand erschien, hinein und badete sich gleichsam darin. Es war höchst seltsam. Man kennte also durch feste Wände schreiten, wobei das Licht immer heller wurde. Dann riet ihm die Furcht dringend umzukehren, aber das drän- sende Leben in chm trieb ihn vorwärts. Plötzlich befand es sich am Rande der Höhle. Die Wand, vor der es sich ge- wähnt hatte, wich auf einmal in unermeßliche Ferne zurück. Das Licht wurde blendend hell, es tat seinen Augen wehe, und die jähe Ausdehnung des Raumes�machte ihn schwindlig. Nach und nach gewöhnten sich jedoch seine Augen an die Helligkeit und paßten sich der größeren Entfernung der Gegenstände an. Das erste, was ihm auffiel, war, daß nun die Wand so ungeheuer weit zurückgewichen war. Denn sie erschien jetzt wieder, aber merkwürdig weit entfernt. Auch mar ihr Aussehen verändert. Sie war jetzt bunt. Bäume waren darauf, die einen Fluß umgaben, und über den Bäumen ein Berg und über dem Berge der HimmA. (Fortsetzung jolgt.)