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Ar. 234* 4Z. Jahrgang Sonnabend, Il9. Moi4S2S
Vor dem Entscheidungstag.
Was jeder Wähler und jede Wählerin wissen soll! Morgen. Sonntag, 20. Mai, werden die Wahlen zum Reichstag und zum Landtag vollzogen. Wer ist wahlberechtigt? Wahlberechtigt ist, wer die Reichsangehörigkeit hat und am Wahltage mindestens 20Iahrealtist. Zum Preußischen Landtag   darf aber nur wählen, wer außerdem seinen Wohnort in Preußen hat. Wana wird gewählt? Gewählt wird in den Stunden von 8 bis 17 Uhr, d. h. von vormittags 8 Uhr bis nachmittags 3 Uhr. Punkt S Uhr werden die Wahllokale geschloffen, und es kann dann keinVerspäteter mehreingelassen werden. Doch dürfen Wahlberechtigte, die im Wahllokal noch vor Schluß des Lokals eingetroffen find, auch über S Uhr hinaus bis zum Schluß der Wahlhandlung noch wählen. Es empfiehlt sich aber, den Gang zum Wahllokal nicht bis zum letzten Augenblick hinauszuschieben. Am besten ist es, m ö g- lichst in den Vormittagsstunden seine Wahl- Pflicht zu erfüllen. Wo wird gewählt? Wo jeder Wahlberechtigte seine Stimme abzugeben hat. das ist aus den öffentlichen Anschlägen zu ersehen. Die'Abftimmungsbezirte sind diesmal größtenteils anders abgegrenzt als bei der vorigen Wahl, und oft sind andere Wahllokale genommen worden. Jeder Wahlberechtigte sollte sich beizeiten vergewissern, in welchem Wahllokal er diesmal zu wählen hat. Legitimation! Ratsam ist auch, eine Legitimation mitzunehmen. Die Wahlvorsteher sind berechtigt, so etwas zu fordern, und sie tun es manchmal.
Jade London  : Da traf es auf einen Wirbelwind in Federn. Der heftige Angriff und die wütenden Flügelschläge der Schneehuhn- mutter blendeten und verwirrten es. Es steckte den Kopf zwischen die Pfoten und schrie jämmerlich. Aber die Schnee- Huhnmutter schlug immer ärger mit den Flügeln, denn sie war in großem Zorn. Da wurde es auch böse. Seine win- zigen Zähnchen ergriffen einen Flügel des Schneehuhns und rissen und zerrten mit aller Macht daran. Das Schneehuhn wehrte sich und schlug mit dem freien Flügel um so heftiger nach ihm. Dies war sein erster Kmnpf, und es war davon wie begeistert. Es vergaß das Unbekannte vollständig, es fürchtete sich vor nichts mehr. Es kämpfte gegen ein lebendiges Wesen, das Fleisch war. Die Lust zu töten regte sich in ihm. Es hatte soeben kleine Wesen vernichtet, nun wollte es ein großes töten. Es war in seinem Eifer ganz glücklich, ohne zu wissen, daß es glücklich sei. Es bebte vor Entzücken über Empfindungen, die ihm ganz neu und fo großartig waren, wie es solche nie zuvor gekannt hatte. Es hielt an dem Flügel fest und knurrte durch die zusammengebissenen Zähne. Die Schneehenne schleppte es aus dem Busch. Als sie sich umdrehte, versuchte sie, es wieder ins Gebüsch hineinzuziehen, aber es zerrte sie hinweg und ins Freie. Die ganze Zeit über machte sie einen Höllenlärm und schlug nach ihm mit dem Flügel, so daß die meisten Federn umherstoben. Das Wölflein war in furchtbarer Erregung, das Blut feiner streit- baren Vorfahren kreiste rasch in seinen Adern. Dies war echtes Leben, wenn es sich dessen auch nicht bewußt war. Die Bedeutung der Welt für ihn wurde ihm jetzt klar, da es das tat, wofür es geschaffen war, nämlich seine Nahrung zu töten und darum zu kämpfen. Dies war der Endzweck seines Da- seins, und indem es das vollbrachte, wozu es da war, erreichte das Leben für ihn den Gipfelpunkt. Nach einer Weile stellte das Schneehuhn den Kampf ein. Das Wölflein hielt immer noch an dem Flügel fest, und beide lagen auf der Erde und schauten einander an. Es versuchte. grimmig zu knurren. Da gab ihm jenes mit dem Schnabel einen Hieb auf die Nase, die von den früheren Wenteuern noch schmerzte. Es krümmte sich vor Schmerz, doch hielt es fest, allein das Schneehuhn hieb immer wieder nach ihm. Wieder krümmte es sich und winselte, dabei versuchte es rück- wärts auszuweichen, vergaß jedoch, daß es, wenn es fest-
Wer wirb gewählt? Jeder einsichtige Wähler und jede einsichtige Wählerin wissen, daß sie nur die Liste der SPD. wählen können, d. h. Liste 1. Der Wahltag muß ein Tag de« Sieges der Sozialdemokratie werden! * Das Nachrichtenamt des Magistrats verbreitet folgende Warnung an die Berliner   Stimmberechtigten: Nach einer uns zugegangenen Mitteilung soll eine Partei an die Stimmberechtigten Stimmzettel versenden, die als amtliche be- zeichnet werden und in denen ein bestimmter Kreiswahloorschlaz bereits gekennzeichnet ist. Diese Stimmzettel sind Fälschungen. Wir machen deshalb die Stimmberechtigten erneut darauf aufmerk- fam, daß die Aushändigung der allein gültigen amtlich hergestellten Stimmzettel an jeden Stimmberechtigten nur wahrend der Abstimmungszeit im A b st i m m u n g s r a u m durch den von dem Abstimmungsvorsteher bestimmten Stimmzettel- Verteiler erfolgt. Jeder nicht im Abstimmungsraum in Empfang ge- nommene Stimmzettel ist ohne Ausnahme ungültig. Die letzten Wahlkundgebungen. Im Rundfunk, auf derDeutschen Welle", sprach gestern Reichstogsprösident Genosse Paul Löb« über die Pflichten des Staatsbürgers am Wahltage. Mag man zum Parlament stehen wie man will, es liegt eine moralische Wahl- Pflicht vor. Heute beeinflußt das Parlament entscheidend olle Fragen, die das deutsche Volk berühren. Es teilt nicht mehr wie einst Lob und Tadel aus. sondern es bestimmt in hohem Maße mit, wss geschehen soll. Wer nicht an der Entscheidung des Wahl- tages durch Abgabe seiner Stimme tetlnimmt, degradiert sich selbst zum Staatsbürger zweiter Klasse. Jeder selbstbewußte und un- abhängig denkende Mensch muß sich am kommenden Sonntag sagen: Mein erster Weg geht zur Urne! Das Recht zu wählen bedeutet für mich auch eine Pflicht zu wählen! Vor den Wilmersdorf  . er Wählern sprach gestern abend Reichstogsabgeardneter Genosse C r i s p! e n. Der große Saal desViktoria-Gortcns" war bis auf den letzten Platz gefüllt und prächtig ausgeschmückt mit Fahnen und Transporenten. Der Redner berichtete, nachdem er die Arbeit des Bürgerblocks kurz skizziert hatte, über die Erfolge sozialdemokratischer Gemeinde- und
hielte, das Schneehuhn nach sich zöge. Immer dichter hagelten die Hiebe auf seine schmerzende Nase herab. Die Kampfeslust verging ihm, es ließ die Beute fahren, drehte ihr den Rücken und rannte in schmachvollem Rückzüge quer über die Lichtung. Auf der anderen Seite legte es sich am Rande des Ge- büsches nieder. Die Zunge hing ihm aus dem Halse, seine Brust hob und senkte sich keuchend, und es winselte, da die Nase noch immer wehe tat. Wie es so dalag, überkam ihm plötzlich das Gefühl, als ob etwas Schreckliches hereinbräche. Das Unbekannte mit all seinen Schrecken stürmte wieder aus ihn ein, und instinktmäßig kroch es in den Schutz des Ge- büsches. Da traf ihn ein heftiger Luftzug, ein großer be- schwingtet Habicht war vom blauen Himmel herabgestoßen und hatte ihn nur uin Haaresbreite verfehlt. Während er im Gebüsch lag, sich von dem Schreck erholte und furchtsam umblickte, flatterte das Schneehuhn aus dem oerwüsteten Nest gegenüber heraus. Vertieft in seinen Ver- lust achtet es nicht auf den beschwingten Pfeil des Himmels. Aber das Wölflein sah alles und es war ihm eine Lehre und eine Warnung, es sah das rasche Niedersausen des Habichts, sah, wie er den Boden mit dem Körper streifte, die Fänge in das Schneehuhn schlug, es hörte seinen Schnierzens- schrei und sah den Habicht in die blaue Luft emporsteigen und das Schneehuhn mit sich forttragen. Es dauerte lange, bis das Wölflein sein Versteck verließ. Es hatte viel gelernt. Lebendiges war Beute und schmeckte gut, aber, wenn es groß war, konnte es auch Schmerzen ver- Ursachen. Darum war es besser, kleine Geschöpfe, wie Schnee- huhnjunge, zu verzehren, und die großen in Ruhe zu lassen. Dennoch fühlte es den Stachel des Ehrgeizes und den heim- lichen Wunsch, noch einmal den Kampf mit dem Schneehuhn zu wogen, nur hatte der Habicht es fortgetragen. Bielleicht aber gab es noch mehr zu erleben. Ee wollte hingehen und sehen. Es kam den sanften Abhang zum Flusse hinunter. Nie zuvor hatte es eine Wasserfläche gesehen. Das sah gut aus zum Gehen, es war glatt und hatte keine Unebenheilen. Es trat kühn darauf, aber sogleich ging e» unter und schrie vor Angst, denn von neuem hielt das Unbekannte es umklammert. Das Wasser war kalt, und das Wölflein schnappte keuchend nach Luft, denn statt der Luft, die es sonst geatmet hatte, hatte ihm Wasser die Lungen gefüllt, und es hatte dos Ge- fühl des Erstickens, was für ihn Tod bedeutete. Zwar kannte es nicht den Tod, aber wie jedes Tier der Wildnis hatte es eine instinklmäßige Furcht vor dem Tode, der sür ihn der
Staatspolitik in: Reiche. Das Vertrauen der Wählerschaft hat in überwiegendem Maße die sozialdemokratische Partei. Der Besuch der Kundgebungen in allen Teilen des Reiche» zeigt deutlich, daß die Arbeitermassen aus den bürgerlichen Parteien Schluß machen wollen mit der Unterstützung von Parteien, die ihre Interessen doch nicht vertreten. Die Sozialdemokratie hat in vier Jahren preußischer Regierungstotigkeit bewiesen, daß sie es sehr gut versteht, die Interessen der werktätigen Bevölkerung wahrzunehmen. Wenn ihr die arbeitende Bevölkerung dos Ver- trauen gibt, wird sie auch im Reiche an der Neugestaltung der politischen und wirtschaftlichen Gesetzgebung mitarbeiten. Zu gleicher Zeit, als die sozialdemokratische Versammlung tagte, hielt der d e u t s ch v ö l k i s ch e Block im gleichen Restaurant eine Ver- sammlung ab, die so schlecht besucht war, daß ein' kleines Ver- einszimmer genügte, um die Demonstranten aufzunehmen. Das Lautsprechcrauto der Partei besuchte Blankenburg  , Karow  , Buch, Lindenderg, Heinersdorf   und ver- «nstalt-ete zum Schluß auf dem Marktplatz in Pankow   ein Konzerl, verbunden mit einer Wahlansprachc. Die Wahlreden und musika- tischen Darbietungen begegneten größten! Interesse. Nicht cur die Siraßen, sondern auch dt« Fenster der Häuser waren sehr stark mit Zuhörern besetzt. Ganz besonders eindrucksvoll war die Voran- staltung in Buch, wo ein großer Demonstraticmszug Mit zirka 8<X> Teilnehmern der Genossen und der Kameraden des Reichs- bairners stattfand. Genosse Stadtrot W e n d t hielt an drei Stellen, unter anderem auch vor dem Hospital, zündende Ansprachen, die mit großem Beifall aufgenommen wurden. Es war dies eine Kund­gebung, wie sie Buch noch nie gesehen hat. Das Platzkonzert der Reichsbannerkapelle am D e n n e w i tz- platz wies eine ungemein starke Beteiligung auf. Als die Teil- nehmer im Anschluß daran nach demRattoilalhof"-Bülowstraße zogen, fanden sie bereits einen übervollen Saal vor. Einleitend sang die LiedertafelWest" stimmungsvolle Freiheitsgesänge, denen ein Referat der Genossi» Tode n Hägen folgte, die eindnicksvolle Worte besonders an die Frauen und Mütter richtete. Den Abschluß der Feier bildete die Vorführung des FilmsWas wir schufen", der das bisherige Wirken der Partei in wirtschaftlicher, gesundheit- licher und kultureller Beziehung zeigte. Die Bezirke Mahlsdorf  , Kaulsdorj und Kauls- d o r f- S ü d veranstalteten am Hiinmelfahrtstag prächtige Wahl- kundgebungen. Um 13 llhr nahmen die Demonstranten aus dem Wilhelmplatz in Kauls darf Aufstellung: nach Musikvorträg ei, einer Reichsbannerkapelle nahm dort Stadtverordnete!' Genosse L« m p er t das Wort zu einer Ansprache Dann zogen die Demo»- strante» in geschlossenem Zuge nach Mohlsdorf  ,>vo sich noch Hunderle anschlössen, bis zu dem Lokal Anders in der Bahnhof- straße. Dort oersammelten sich über All) Einwohner von Mahls- darf, die den Ausführungen des Genossen Litke reichen Beifall spendeten. In Kaulsdorf  -Süd sprach nachmittags um 5 Uhr im Lokal in der Heerstraße Ecke Köpenicker Straße   Genosse Hermann Lempert. Alle drei Kundgebungen nahmen einen glänzenden Verlauf. Auch die letzte Wählerveffammitmg in Blankenburg   zeigte einen glänzenden Besuch. Viele der Kolonisten uxiren erschienen, um zu beweisen, daß auch sie treu zur Partei stehen. Landtags» kandidat Genosse Harnisch sormuiiert« ausgezeichnet die Forde- rungen der Sozialisten. Der Beifall bewies, wie berechtigt sie sind. Er setzte sich von vornherein so unzweideutig mit den Kommunisten auseinander, daß die erschienenen Anhänger Moskaus   unverrichteter Sache den Heimweg antreten muhten. Der neu« Kommnnalfllm Was wir schufen" überzeugte von dem Aufbauwerk der SaziUs, dcmokraten. * Di« zweit« öffentliche Wahlkundgebung des Reichsbunde» jüdischer Frontsoldaten gestaltel« sich als Protest zu den Borgängen am letzten Sonntag zu einem neuen ausgesprochenen Bekenntnis zur deutschen Republik. Die Stadthalle des Stadthauses in der Klosterstraße war mit schwarzrotgoldenen Fahnen dekoriert, ebenso das Rednerpult. Für die Demotraten sprach Pfarrer Graue, der da« Problem des Antisemitismus von der religiösen Seite betrachtete. Das Zentrum vertrat Rektor K c l l e r m a n n, der daran erinnerte, daß auf der gleichen Stelle sein Fraktionsfreund Dr. Wirth dem Juden R a t h« n a u ein« Gcdächlnisred« gehalten hat. Das Zentruni ver-
höchste aller Schmerzen war. Denn der Tod war das eigent» liche Unbekannte, die Summe all seiner Schrcckeu, das höchste, gar nicht auszudrückende Unglück, das ihm passieren könnte, wovon es zwar nichts wußte, wovon es ober alles fürchtete. Es kam wieder an die Oberfläche, und die sanfte Luft strömte ihm in den geöffneten Mund. Es ging nicht wieder unter, sondern wie aus alter Gewohnheit"arbeitete es mit allen vieren und schwamm. Das Ufer, von dem es gekommen, war kaum einen Meter weit entfernt, aber es lag hinter ihm, und so schwamm es nach dem gegenüberliegenden, das ihm vor Augen lag. Das Flüßchen war nur schmal, aber es bildete hier ein Becken von etwa zwanzig Fuß Breite. Mitten im Wasser ergriff ihn die Strömung und zog ihn stromabwärts in eine winzige Stromschnelle unterhalb des Beckens. Hier war wenig Aussicht auf Schwimmen, denn das bisher ruhige Wasser wurde auf einmal ganz toll. Es drehte ihn bald auf den Rücken, bald auf den Bauch, es er- hielt ihn immer in heftiger Bewegung und schleuderte ihn bald gegen einen Stein, bald gegen einen Felsen, wobei das Wölf- lein jedesmal kläglich aufschrie. Die ganze Fahrt war eine Reihenfolge solch kläglicher Schreie, was auf eine große An- zahl Steine schließen ließ. Unterhalb der Stromschnelle be- fand sich wieder ein Beckeil, und hier wurde es durch die kreisende Bewegung des Wassers ans Ufer getragen und sanft auf ein Kieelager gebettet. Es kroch in wahnsinniger Angst von dem Wasser hinweg und legte sich nieder. Es hatte von der Welt etwas mehr kennen gelernt. Das Wasser war zwar nicht lebendig, aber es bewegte sich dennoch. Es sah so fest aus wie die Erde und besaß doch keine Festigkeit. Also waren die Dinge nicht immer das, was sie schienen. Zwar war seine Furckt vor dem Unbekannten nur ererbtes Mißtrauen, doch nun durch die Erfahrung verstärkt. Darum mußte man fort- während gegen den Schein auf der Hut sein. Man mußte die Beschaffenheit eines Dinges erst kennen lernen, ehe man sich darauf oerlassen konnte. Noch ein Abenteuer war ihm für diesen Tag vorbehalten. Es siel ihm plötzlich eiil, daß es eine Mutter habe, und ihn überkam da» Gefühl, daß es sie mehr als irgend etwas in der Welt herbeiwünschte. Nicht nur war sein Körper von all den durchlebten Abenteuern ermattet, sondern sein kleine» Hirn war auch müde. Nie zuvor hatte es in seinem ganzen Leben so schwer gearbeitet wie an diesem einen Tage. Auch schläferte ihn, also machte es sich auf, zvr Höhle Und zur Mutter zurück- zukehren, da das Gefühl der Einsamkeit und Hilflosigkeit es zu überwältigen begann.(Fonsetzirng ftfgt.)