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Gefahren der Weltraumfahrt.
Seit nicht gmy«nem Monat hat oas Projekt Fahrt i» den leeren Raum ganz erheblich« Fortschritte zu verzeichpen gehabt. Und zwar gleich drei, die vou verschiedenen Seiten kamew In Deutschland hat zunächst, wie allbekannt, dos estste Raketen- fohrzeug der Well erfolgreiche Probefahrten bestanden,. die nunmehr federmann die Verwendbarkeit des Rückstoßprinzips, das als em. ziges technisches Mittel auch im leeren Raum wirken, kann, gezeigt haben. Die beiden anderen Fortschritte stick» mehr literarischer ilrt. Es gibt eigenllich selten ei» Buch, auf dos sozusagen gewartet wurde, aber wenn es überhaupt welche gibt, dann gehört ein stv eben im Verlage von chachmeister u. Thal in Leipzig erschienenes Sammelwerk«Die ZNäglichkeit der Wellramnsahri" dazu, dos erstens das gründlichste, was es bisher darüber gibt und gleichzeitig erstaunlicherweife auch noch das verständlichste ist. Doch ist es un- möglich, hier nähere Inhaltsangaben zu machen, dazu müßte da» halbe Buch abgeschrieben werden, der Hinweis möge genügen. Drittens nun, und das ist ganz besonder» bemerkenswert, hat fich in Frankreich die„5c>a6tä Astronomaque de France* geschlossen hinter die beiden französischen Raumfohrwerfechtpr gestellt und außerdem Robert Esnault — Pelteries Buch ,Xa PossihüW de« Voyages Interplanetaires*—(übersetzt tautet d« Titel genau so, wie der des chachmeisterfchen Sammelwerk««)— erscheinen lassen. Da man bei so intensive» Fortschritten nun wirklich nicht mehr garantieren kann, ob nicht schon übermorgen da oder dort ein streng geheim erbautes« Raketenschiff zum Kriegsplaneten zischen wird. mag es angebracht fein, sich einmal die Gefohnen anzusehen, denen die Insassen vorvusstchtlich ausgesetzt fein werden. In gegnerischen Auslassungen wird dieses Monte nt ober zweifellos stets stark über- triebe«, so daß fich, wenn man die Argumenie Idieser Abhandlungen zusammenzählt, etwa folgendes Bild einer Mcmdfahrt ergibt: Erstens steigt die Rakete gar nicht auf, denn: der gesamt« Brenn- stoffvorrat explodiert im Augenblick des Anfohrens. Ist dos sonders barerwesse nicht erfolgt, so wird die vorher errechnete Kurv« oersehll, u»ck> es geht irgendwohin ins Endlose. Den Iusasten selbst werden bei der Abfahrt sämtliche Rippen eingedrückt, dos Herz demoliert und das Gehirn zerquetscht, so daß man auch als Richtmediziner der Anficht werden kann/ daß sie tot seien. Haben sie aber die Anfahrt überstanden, so tötet sie die Schwerelojigkett während des freien Fluges vollends. Leben sie aber immer noch, dann passiert folgen- des: Em Meteorstein reißt eine Wand des Fahrzeuges weg und fle sterben l. am Luftmongel, 2. weil die Aden» im druckwsen Raum platzen, 3. weil die ultraviolette Strahlung der Sonn« fie verbrennt und 4, weil die von Kohlhörster entdeckte Höhenstrahlung* der so- genannten Mirasterne sie tötet. Zum Schluß stürzt das Ganze in die Sonn« oder auf einen Mondkrater. Wenn dies alles stimmt«, müßte man wirklich einmal em« Raumfahrt mitmachen, um zu erfahren,«vi«viel Tod« der Mensch
dem, eigentlich sterben kann, ahn« begrabe« zu werden. Dos tsf denn nun aber im Ernst von allen diesen Gefahren zu halten? Bon de» technischen natürlich gar nichts, denn es wird sicher möglich fem. die großen bemannten Maschinen so zu bauen, daß sie nach Wunsch funktionieren, zumal man durch den vorangegangenen Bau kleinerer Apparat« sicherlich schon praktische Ersahrungen gesammelt hohen wird. vi« medizinischeck Gefahren seien zurückgestellt und vorerst die astronomischen besprochen. Da ist zunächst die Meteoriiengofahr übertrieben. Wie man in jedem besseren Lehrbuch nachlesen kann und wie auch Astton amen auf Anfrage noch einmal versicherte», bc trägt die Entfernung der meteorischen Partikelchen voneinander selbst i» den dichtesten Mcteorfchevärmen, die man kennt, viele viele Kilo» meter, man rechnet aus je 10« Kubikkilomcter je eins! Dazu müßte man aifo schon ausgerechnetes Pech l)oben. Da nun die Wand des Fahrzeuges undurchlöchert bleibt, fallen auch di« Gefahren der ultra» violetten Sttahlung und des Lustmangels fort. Bleibt die.Hohen- strahlung*. um die ich vor einiger Zeit bei drei Fachleuten Umfrage hielt. Da ich die Namen nicht nennen soll, bezeichne ich sie als A, B und C Professor A nun antwortete etwa: ,L>os ist die gc- ringst« Gefahr, ich habe bei Ballonhochfahrten recht stark« Gaben Höhensttahlung ohne Schaden ertragen.* Professor B schrieb:„Die Furcht vor der Hähensttahlung ist wahlgemeint, aber unnötig. Wenn Sie aber Wert darauf legen, es genau zu erfahren, so fragen Sie doch einmal die Kollegen A und. C* Professor C griff zum Rechenstift und gab zur Antwort:„Mißt man die Strahlungsintensität an der Ionisierung der Luft, so erträgt der hypohettsche Raumfahrer die und die Stärke, die durch die Wandung der Rakete um so und so viel Prozent noch geschwächt wird. Die Arbeiter in Uranbergwerkcn haben also ihr ganze» Leben lang da« Dreifache von dem auszu- holten, was der Ratet enführer abbekommt und ihn angeblich schon töten soll.* Im Ganzen ist es so, daß der gefragte Arzt technische Bedenkcck hat, der Techniker astronomische, der Astronom medizinische usw. Was die Gefahren de» Aufstiegs betrifft, so ist man sicher, daß der erhöhte Andruck bei der Anfahrt ertragen wttd(wenn es auch «ine große körperliche Anstrengung ist) und daß man der Andrucks-, lostgtstt(fälschlich: Schwerelosigkeit) bei der freien Fahrt kein Ge-t rauht beilegen braucht. Wäre sie nämlich gesährlich, so müßte jeder Schwimmer, der vom Turm springt, jeder Fallschirmabspringer vor dem Oeffnen seines Schirmes und vollends die Artisten, die sich aus Preßluftkononen schießen lassen, während ihres Fluges sterben. Man kann di« Pesorgnis für das Gelingen ruhig den Technikern allein überlassen. Ist die Maschine sertiggestellt, so kommt alles andere von selbst, und bei einiger Borsicht wird auch alles gut Sehe».
Breihundertfünfzig Tote. Do» Senri Sarbusse. Aui dem Bahnhof von Madane, dicht an der italienischen Grenze, herrschte w einer Winternacht des Jahres 1917 ein un- gewöhnlich starker Verkehr. Die Reisenden auf den Bahnsteigen| und in den Wartesälen sahen einander merkwürdig ähnlich Alle waren sie armselig gekleidet, einer wie der andere gleich jammer- voll. Leid lag auf den Gesichtern der meisten, Leid krümmte ihre Rucken, Leid machte ihre Berne schwer. Auch der stärksten Züge beschattete ein« Maske des Schmutzes und der Müdjgkett. Wenige nur sahen aus wie Menschen sonst. Schemenhaft gingen sie auf den steinernen Fkiese» ans und ab oder saßen auf dem Boden. Das grelle Licht der elektrischen Lcnpen ließ ihre Gestalten zur Hälfte ganz hell, zu? anderen Halste dunkel erscheinen. Daher sahen auch manche Gesichter wie schwarze Löcher aus, andere glänzten wie Lampions. Dabei sa!)en sie glücklich aus. Sie sprachen laut miteinander, manche sangen sogar oder pfissen. Es. waren französische Soldaten von der italienischen Front, die nach den schweren Kämpfen an der Piave in Urlaub fuhren. Die Piave. Dies Wort hat in den zehn Iahren fein« schreck- Irche Kraft eingebüßt, ist vergessen worden. Zehn Jahre löschen auch dos Furchtbarste im Gedächtnis des Volke» au». Damals hieß.Piave*: aufregend«, zermürbende Anstrengung, ei» zäher Kampf gegen Soldaten, di« anderen großm Herren unter- »an waren und auch getan hatten, was ihnen befohlen war. Sie waren marichierl� hatten gerostet, waren wieder marschiert, hatten gestürmt, hatten geschossen, sich beschießen lassen: sie hatten Verluste gehobt, und ihre Reihen waren licht geworden. Es ist nicht zuviel ge'agi: alle hatten sie Selbstmord begangen, doch nicht alle waren wirkliö) gestorben. Schließlich, als sie immer weniger geworden waren, wurden sie au, der Front gezogen. Da fanden diese Soldaten Freud « daran, von ihren Kämpfen zu erzählen und prahlten mit ihren Erinnerungen wie Kinder. Jetzt waren sie schon in Frankreich ,»est von der Piave,«rnd konnten das Triumphgefchrei nicht mehr hören, das da unten ihre Tapferkeit auslöste. Sie»»arteten auf dem französischen Grenz- bahnbof Madane auf ihren Zug. Endlich fuhr der ersehnte Zug ein, hielt längs des Bahnsteigs: die Soldaten stiegen»in und alle suchten sich in den Ecken niederzulassen. Di« dem Krieg Entronnenen waren setzt wieder freie Menschen und mit Herz und Magen schon daheim. Fünfhundert LKtte! Doch nerzogerte sich die Abfahrt. Der Lokomotivführer war noch nicht auf der Lokomotive, sondern stand auf dem Dahnsteig nnh ftihrte lange Gespräche mit den betreßten, ordenbehangenen Herren, die den Abtransport beaufsichtigten. Er besaß die Un- Verschämtheit, nicht einer Meinung mit ihnen zu sein. Er erklärte ihnen:.Die Abfahrt ist unmöglich.* Das empörte die Offizier«. ..Wie kann«in Franzose das Wort.unmöglich* aussprechen? Solche dummen Ausslüchte! Unmöglich ist kein Wort der fron- zösischen Sprach«.* Der Lokomotivführer erwiderte nur:.Der Zug ist zu schwer.* In der Hoffnung, st« wüßten es nicht, machte er sie austnerk- sam. daß die Streck« voller Kuivon und steiler Abhänge sei. Sich auf sie mit einem zu schweren Zug zu wagen, hieß, di« Gewalt über Hie Maschine zu verlieren. Es ist schließlich nicht zu verlangen, daß hohe Offiziere über solche Kleinigkeiten Bescheid wissen. Doch b'tten sie wissen können, daß eine Bahn, die vom Kamm der Alpen i t« französisch« Ebene hinabführt, ein starkes Gefälle haben muß. Aber hier ging es um das Prinzip, daß der Befehl eines Vorgesetzten heilig ist. und daß alle Gründe gesunden Menschen- Verstandes demgegenüber nickst stichhaltig sind: und der Befehl zur Abfahrt lag vor. Umsonst suchte der kleine schwarze Kerl mit wilden Gebärden die Richtigkeit seiner Ansicht zu verteidigen und nachzuweisen, daß ihm die Maschine bei dem ersten Gefälle durchgehen würde. Di« Vorgesetzten, deren Orden im Lichte der Bogenlampen glitzerten. befahlen die Abfahrt. Schon wurden die Urlauber in den Abteilen ungeduldig, reckten di« Köpfe heraus und fragten:„Worum fahren wir nicht?* Natürlich weigerte sich der Lokomotivführer trotzdem, abzu» fahren. Die Furcht vor dem sicheren Verderben war zu groß. Erst al» die Offiziere ihm die Abfahrt formell befahlen, bestieg er di« Maschin«: der Zug setzte sich in Bewegung und verließ den Bahnhof. Aber bald kam er ins Rollen. Die Bremsvorrichtungen ver- sagten. Er raste das Tal der Are entlang. Hie? fchlängelt sich der Schienenweg an den steilen Felsusern des Flusies. Immer rasender wurde di« Fahrt, immer mehr kam das Eigen- gewicht der Wagen zur Geltung. Schon gab der Führer Gegen- dampf: doch nur immer schneller glitt der Zug und raste wie ein Expreß der Ebene zu. Hier war Menschenkraft hilfws. Di« Lokomotive kreischte und war in dick« Rauchschwaden ein. gehüllt. Die Bremsen waren so stark angezogen, daß di« Klötze in Brand gerieten. Bald stand der gan,« Zug in Flammen und fegte auf den Dahnhof Saint-Michel de Maurienne zu wie ein feuriger Komet. Di« in den glühenden Sifenköfigen«ingeschlossen waren— die fünfhundert Mann, die glücklich dem Morden an der Piave«ni- kommen waren—. wurden sich bald dieses Rennens in den Tod bewußt. Fäuste ballten sich. Beherzte versuchten, die Türen zu öffnen, die der Luftdruck sofort wieder zuwarf. Diel« sprangen durch di« Fenster in den Abgrund, den die Nacht nicht sehen ließ. Keinsr kam lebend davon: zerfetzte Leichen bezeichneten die Todes- fahrt bis zu dem Ort, wo di« endgültig« Katastrophe eintrat:«ine »rück« hinter einer scharfen Kurv«, unweit de» Bahnhof? Saint- Michel . Der feurige Komet mit den Menschen in seinem Innern jagt« dahin wie ein« Granate, und statt der Kurv« der Schienen zu folgen, geradeaus wetter. Die Lokomotive stürzte in den Abgrund und riß die Wagen mit. die über sie geschleudert wurden und sich wirr aufeinander türmten. Eine Flammensäul« schlug hoch. Nur ein paar wilde Schreie gellten noch aus dem Scheiter- Haufen.--- In derjekben zog man hundertfünfzig Verletzte«U» de» glühendes Trümmern hervor. All« anderen«otcn verkohlte
Leichen: dreihundertfünfzig Soldaten, die frohen Mutes einig« Tag« Ruhe erwartet hatten,«he sie von neuem in den mörderischen Kamps ziehen sollten. Die Zeitungen veröffentlichten am nächste» Tage gräßliche Einzelheiten über das„Unglück* von Saint-Michel de Maurienne. Sie wurden behaglich von Leuten am warmen Kamin gelesen, deren Gewissen genau so rein war wie das der Offiziere von Modane, di« den verbrecherischen Befehl gegeben hatten. Niemand zog diese Offiziere zur Verantwortung, und alle sind sie seitdem befördert worden. Mir erschien es als Pjljcht, an das„Unglück zu erinnern und die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. (Aus dem Manuflrwt«bkrtrage» von vtto?l«chst«.)
Wahliricks. Da» aufregende politische Schauspiel der Wahlen, das uns jetzt wieder bevorsteht, facht di« Leidenschaften besonders an. Bestechungen der Wähler und bettügerische Tricks waren im Alrertum gang und gäbe, wie wir bereits aus dem herben Spott des Koniödisndichters Aristophanes erfahren. Auch in unseren Zeiten hat es an solchen „Wahltricks* nicht gesehtt. Was nützt z. B. das„Wahlklofett*, die streng abgeschlossene Abteilung, in der jeder Wähler fem« Stimme abgibt, wenn nach Schluß der Wahlhandlung die richtig« Urne durch eine täuschend ähnliche mit„gewünschtem Inhalt* ersetzt wird. Dieser schlaue Vertauschungskniff ist verschiedentlich bei nordamerikanische» Wahlen durchgeführt worden, bis er schließlich herauskam und zu schweren Beftrajungen führte. Die Wahltommiflion erregt».nach beendetem Gefecht*«inen künstlich herbeigeführten Streit: daraushin wurden sämtlich« unbequem« Zuschauer„zur Aufrechterhaltung der Ordnung* an die Lust befördert, und dann konnte man ungestört die Urne beseitigen. Dafür war eine„Ersatzurnc* vorbereitet, die der ersten vollkommen glich, und in diese Urne hatte man jedesmal, wcim ein Wähler vorn im Lokal fein« Stimme abgab, zu gleicher Zett einen gefälschten Wahlzettel in di« Urne gelegt. Di« Zahl der Stimmen war also richtig: nur der InHall der Zettel war derart verändert, daß der Günstling der Kommission«ine einwandfrei« Mehrheit erhielt. Wenn der Held des berühmte» Gogolschen Romans einen schwunghasten Handel mit„toten Seelen* treibt, so hat man in Frankreich sogar das Kunststück fertiggebracht, die Toten wählen zu lassen. Dieser Trick wurde in den achtziger Iahren bei den franzö- fischen Kammerwahlen immer wieder angewendet. So befanden sich zum Beispiel bei der Wahl im Jahre 1WS in einer lüdfranzösischen Stadt unter den 1ö lX>0 Wählern nicht weniger als ZZO. di« längst das Zeitlich« gesegnet hatten. Bei den meisten von ihnen handelt« e» sich um Leute ohne festen Wohnsitz, um Bewohner von Hotel» usw., die man aus Angabe von dritter intevessierter Soll« hm«nfach auf die Liste gesetzt hatte: die nötigen Strohmänner erschienen dann. um für die Toten„ihre Stimm« abzugeben*. Ein klassischer Trick, der in Frankreich ebenfalls häufig ausgeführt wurde, bestand darin, daß der Wahlzettel, den ein„gefährlicher* Gegner abgab, ans irgend- eine Weise keimllich uird dadurch ungültig gemacht wurde. Das sran- zöstsche Gesetz schreibt nämlich vor. daß der Stimmzettel auf kein« Weise von außen kenntlich sein darf, weshalb alle schmutzigen Zettel beanstandet und für ungültig erklärt werden. Dar Wahlkommiss«.
der mit den Kandidaten unter einer Decke steckt, sorgt einfach dafür, daß unter der Tischkante etwas Fett oder Farbe angebracht ist, womit er dann die mißliebigen Stiimnzettel unauffällig beschmutzt. Bei einem Wohlsbandal, der schließlich zu einer Gerichisperhondlunq führt«, stellt« sich heraus, daß der Kommissar diesen Trick mehr als A) Jahr« lang angewendet hatte, um sein« politischen Freunde bei den Wahlen durchzubringen. Ein eigenartiges Manöver soll häufig bei den Wahlen in Ungarn vorgekommen fein. Da die Wahlen früher ösfenllich waren, ja wartete man mir solange, bis der von dem Komitee bevorzugte Kan- didat die nötige Stimmenmehrzahl erhalten hotte. Dann wurde ein- fach die Dorsuhr soweit vorgestellt, daß sie den Schluß des Wahlaktes anzeigte, und daraushin wurde di« Wahl für beendet und der be- günstigte Kandidat für gewählt erklärt.
Die Biene als„Süßmaul". Der Münchener Zoolog« Prof. K. v. Frisch beschäftigt sich seit langem mit der Erforschung des Bienenlebens und hat uns hier«ine ganz neue Welt erschlossen, die die seltsamen Wunder des hochentwickelten Bienenstaates in ein ganz neues Licht rückt. Sein« neuesten Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Geschmacks- sinn der Biene, und er hat jetzt, wie er in den„Naturwisseiffchaften* mitteilt, dl« Frage beantwqrtet, welche Nahrung die Biene noch als süß empfindet und daher annimmt. Es zeigt sich dabei, daß das Sprichwort ,Hn der Not frißt der Teufel Fliegen* auch auf die Bienen sich anwenden läßt, denn fie verschmähen unter ge- wissen Umständen auch sehr schwach gesüßte Lösungen nicht. Aber wenn die Süßigkeit unter einer gewissen Grenze liegt, dann ver- hungert die Biene als das Süßmaul*, das sie nun einmal ist, lieber, als daß sie eine Speise zu sich nehmen würde, deren Ge- schmack sie nicht mehr als süß empfindet. Der Gelehrte hat de- obachtet, daß die eine Biene an die Süßigkeit einer Zuckerlösung größere Anforderungen stellt als eine andere: manche Süßmäuler verschmähten schon eine 17-prozentige Rohrzuckerlösung, während andere noch eine 4-prozentige zu sich nahmen. Wenn mm solche verwöhnten Bienen am Fusterschälchen abgefangen und in einen kleinen Käfig gebracht wurden, in dem sie reichlich Wasser hatten. aber kein Futter erhiellen, dann stürzten nachher die hungrigen Bienen auch auf eine Rohrzuckerlösung, die nur 8— t Prozent Süßigkeit enthielt. Alle Bienen nahmen noch«wer Hungerzeit die S-prozeittig» Rohrzuckerlösung zu sich, manche weniger anspruchs- voll« auch noch di« 4-prozentige. Aber keine Diene, wenn sie auch noch so hungrig war, ließ sich dazu bewegen, eine Z-proz«nt>ge Zuckerlösung;u sich zu nehmen: die Tiere verhungerten ouHnahws» los lieber. Hier liegt also der„Schwellenwert" für die süße Ge- schmacksempfindunA d« Biene. Das Leben hat sie gelehrt, in Zeiten der Not auch mit weniger süßer Nahrung vorlieb zu nehmen: aber wenn sie überhaupt keine Süßigkell mehr schmeckt, dann will sie nichts mehr genießen. Frisch fand auch im Freien, im Hoch- sommer und Spätsommer, wenn der Futterbedars stark ist und die Beute gering, bei den Bienenvölkern denselben Grenzwert, während sie im Frühling bei reichem Honigsegen die weniger süße Nahrung verschmähten. Wenn die Natur Besseres bietet, wollen die Süß« mäuler nur das Süßeste schlecken. Ist Schmalhans bei ihnen Küchen- meist«, dann nehmen sie auch mit weniger süßer Speise vorlieb. nur muß die Süßigkeit von ihrem Geichrnackssirni überhaupt noch empfunden werden. �