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BERLIN  Dienstag 29. Mi 1928
10 Pf. Nr. 250 Bi23 45. Jahrgang.
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Hochwafferunglück in Schlesien  . Großer Sachschaden. Llnterfpütte Eisenbahnlinien.
Das Reichsbanner in Brandenburg  .
Massenaufmarsch im Brandenburger   Stadion.   Künstler spricht.
Das große weiße Schweigen. Keine zuverlässige Nachrichi von derItalia  ".
f" Äingsbay, 29. Mai. Eine drahtlose Nachricht des Dampfers..Citta di M i l a n o" besagt, daß er eine drahtlose Verbindung mit einem walfischdampfer herstellen konnte, der eine wahrscheinlich von derIlalia" kommende Nachricht. die aber nur schwer entziffert werden konnte, erhalten haben will. Daraus scheint hervorzugehen, daß dieJtalia" eine Notlandung auf der Insel Amsterdam   vorge- nommen hat. Der Kommandant derLitta de Tllilano" will die Hälfte seiner Mannschaft baldmöglichst zur Rettung aus- senden, doch machen starke Winde und Nebel die Expedition sehr schwierig. * Die Insel Amsterdam   liegt an der Nordwest.Küste von Spitzbergen.- Oslo, 29. Mai. Die letzte aus Singsbay am Montag abend 6 Uhr 24 eingegan­gene Nachricht stellt entgegen im Umlauf befindlichen Meldungen fest, daß keinerlei Nachrichten von derZtaiia" vor­liegen. Oslo  , 29. Mai. Wie aus Kingsboy gemeldet wird, ist man in Spitzbergen der Auffafsung, daß dieStalio" innerhalb des Gebietes, das zwischen dem 77. und St. Grad nördlicher Breite und dem 17. und 28. Grad südlicher Länge, also in der Nähe des Nordostlandes(Spitzbergen  ) liegt, gescheitert ist. Man meint, daß das Lustschiff bereits am Freitag morgen gegen 5 Uhr verunglückt ist, da von diesem Zeitpunkt ab sämtliche Radiosendungen derItalia  " plötzlich ausblieben. In Oslo   neigen di« Sachverständigen zu der Ansicht, daß die Eisdecke, durch die das Luftschiss während seines Fluges überzogen wurde, das Schiff durch ihr Gewicht heruntergedrückt hat. daß aber di« Mannschaft sich auf das Eis hätte retten können. Das Luftschiff hat bekanntlich für den Nordpol   flug Schlafdecken und andere Aus- stattungen sowie Proviant für mehr als vier Wochen mitgenommen. AulMi�Her Tetegramme aus«t, Acanzisko, daß vermiedene
drahtlose Stationen an der Küste des Stillen Ozeans Anrufe in vier verschiedenen Sprachen gehört haben, in denen Hilfe für die Italia  " verlangt wird, wird hier die Ansicht ausgesiprachen, daß diese Notsignale nicht von derItglia", fondern von derCitta di Miiaiio" stammen, die unaufhörlich SOS-Rufe hinaussendet. Die 16 Mann verloren? Rom  , 28. Mai. Die gegenwärtige Besatzung derItalia  " setzt sich wie folgt zusammen: General Nobile, Korvettenkapitäne M a r i a n o und Zappi, Redakteur Ugo Logo, Leutnant Viglieri: ferner die Professoren Pontremoli, Malmgreen und B e- h o u n e k, die Ingenieure C e c i o n i und Trojani, der Funker B i a g i sowie die Mechaniker Arduino, Caratti, Ciocca, Alessandrini und Promella. Im ganzen 1b Mann, über deren verbleib bisher keinerlei Meldungen vorliegen. Der Benzinvorrat Nobiles muß seit Sonnabend nachmittag erschöpft sein, wenn er nicht einen kleinen Rest sich für den letzten Notfall aufbewahrt hat. Die Schwebefähigkeit derItalia  " wird von Sachverständigen aus weitere 8 Tage, d. h. bis zum nächsten Sonnabend bemessen. Slber man weiß ja nicht, ob und wie das Luft- schiff beschädigt ist und ob es nicht vielleicht eins Notlandung vor- nehmen mußte. Jedenfalls hat di« Besatzung Proviant für 4 Wochen und dazu Hilf-mittel zur Jagd in der Arktis  . Außer einer Anzahl von Hilfsschiffen, darunter die Citta di Milano, dürften voraussichtlich mehrere Flugzeuge die Such- nach dem Luftschiff aufnehmen. ..->».'' Noch ist die Hoffnung nicht aufzugeben, daß Nobile und seine Begleiter geborgen werden. Aber es sei daran erinnert, daß die Entdeckung des Nordpols schon manches Opfer fordert«. Am furchtbarsten war das Schicksal der Expedition des eng- lischen Nordpolfahrers John Franklin  , der 1845 mit zwei Schiffen von England aufbrach und niemals wiederkehrte. 129 Menschen kamen in Hunger und Kälte um. 1881 wurde das SchiffI e a n n e t t e" des Amerikaners de Long mit 12 Mann Besatzung bei der Fahrt zum Pol vom Eise zerdrückt. ... Alle 12 Menschen kamen ums Leben...,
Entfesselte Gebirgswaffer. Die Wolkenbrüche der letzten Tage hatten in Nieder- f ch l e f i e n und in angrenzenden Gebieten von Sachsen   und Böhmen   Hochwasser zur Folge. K a h b a ch und Neiße   traten über ihre Ufer, durchbrachen an verschiedenen Stellen die Dämme und unterspülten Eisenbahnlinien, ver­schiedene Staubecken waren bis zur höchsten Grenze angefüllt. Erst die heute einsehende starke Witterungsbesserung ließ das Hochwasser merklich zurückgehen. Breslau  , 29. Mai. Die am zweiten Feiertag in Mittelschlesien erneut niederge- gangenen schweren Gewitter, die außerordentlich große Waster- mengen und hagelschlag mit sich brachten, haben namentlich die Glatzer Neiße  , die Lohe und ganz besonders die Weistritz hoch an- schwellen lassen. Das über die Ufer tretende Wasser verursachte in den Niederungen schwersten Schaden. Bei Breslau  -Galdschmieden trat in den späten Nachmittagsstunden ein Dammbruch ein, durch den größere Gebiete unter Wasser gesetzt wurden. Während das Pfingsthochwasfer in Niederschlesien   nach den bis- herigen Berichten nur großen Schaden an Feldern, Wiesen, Gärten und Fabrikanlagen angerichtet hat, ist ihm im deutschen   Teil des Riesengebirges leider auch ein Menschenleben zum Opfer gefallen. In Schmiedeberg ertrank ein Wann, der sich das Hochwasser an- sehen wollte. Gewaltige Schäden richtete das Hochwasser aus der böhmischen Seite, namentlich im Riesengrund an, wo fast alle Brücken und Stege weggerissen und die Bahnstrecken beschönigt wurden, so daß der Berkehr fast vollkommen unterbunden ist. Schwere Schäden im Katzbachgebiet. Die Katzbach führte bei andauernden Regenfällen starkes Hoch- waffer. Sie überflutete die Ufer und richtete im Stadtgebiet von S ch ü l n n u allentlzalben großen Schaden an. Bei der Neu- barth-Mühle mußten Wohnungen und Stallungen geräumt werden. An der St. Johanniskirche hatte die Katzbach etwa 15 Meter der aus Beton und Ziegelwerk bestehenden hohen Schutz- mauer unterwühlt und zum Einstur; gebracht. Die Platten des Bürgersteiges und die Chausseesteine sind in das Flußbett ge- stürzt. Riesige Wassermassen führte auch der S t e i n b a ch, so daß der Steinbachstauweiher mit 1,4 Millionen Kubikmetern gefüllt war. Aus dem Staubecken sahen nur die Kronen der Bäume. In der Zeit von 31 Stunden, vom Freitag abend bis Sonntag früh, gingen ins- gesamt mehr Niederschläge nieder als im ganzen ersten Vierteljahr 1928 zusammen, 78.4 Millimeter in den ersten 12 Stunden, 68,5 Millimeter in den letzten 24 Stunden. Bei Niederkausfung kam es in der Nacht zu einem Dammrutsch der Eisenbahnlinie. Der Zugver- kehr müßte während des ersten Feiertages durch Umsteigen aufrecht erhalten werden. Erheblich« Uferschäden waren auch längs der Katzbach und in Bad Hermsdorf zu verzeichnen. Die Hälfte der Ernte ist infolge Hagelschlages als vernichtet anzusehen. * Niederschlesien  , das schon 1926 durch Hochivasser große Schäden gehabt hat, ist durch eine neue Wetterkatastrophe wieder stark in Mitleidenschast gezogen worden. In dem schlesischen Ke- birg«, namentlich aber in den dem Riesen- und Eulengebirge vor- gelagerten Ebenen find durch starke Niederschläge in den Tagen vor Pfingsten Ueberschwennnungen eingetreten, die die erste Heu- ernte und die jungen Saaten vernichtete. Während der Berliner  in dem Riesengebirge   gut Bescheid weiß, von Hirschberg aus über Schmiedeberg, Krumnrhübel und Schrci-berhau zu Fuß oder im Winter auf Schneeschuhen zur Schneekoppe   emporstrebt, ist das östlich von den genannten Bergketten gelegene, kulturell bedeut­same Flachland weniger bekannt. Der lite-arisch Gebildete weiß freilich, daß am Fuße des Eulengebiraes sich die Malerdörfer hin- ziehen, in denen Gerhart Hauptmann   den Stoff zu seinem Meister­werk fand, aber Städte wie Fmnkerstein, Schweidnitz  , Iauer. Reickzenbach, die kleineren Orte im historischen Katzbachtale wie Goldberg, Schönau und Kauffung, sind trotz txir vielen Natur- fchönhciten und Kunstschätze, die sowohl sie selbst, wie ihre nähere Umgebung bieten, noch nicht auf der Speisekarte des ausfluzs- lüsternen Berliners. Die hohe Kulwr spricht sich auch in der wei-
Die Revision des Adshisinnden- abKommens abdeiehnl.
Bericht 2. Seite.
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