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DER SRRUNC ÜBER DEN SCHATTEN
VON KARL SCHRÖDER  - ZEICHNUNGEN VON PAUL THESING  Copyright 1925 by»Der Bücherkre!« G. m. b. H." Berlin   STT 61. Ich las. Ich fetzte
22. Fortsetzung. Ach! Ich weiß nicht! Ich möchte es doch gern einmal jehen." Und ich sah es. Und auf einmal konnte ich hinter dürren Worten und Aisfern das blutige Schicksal gequälter Menschheit lesen. Es war«in kleines Industriedorf, wo Jens arbeitet«,«ine Eisen- gicßcrei, in deren Besitz auch Braunkohlengrubcn waren. »Sehen Sie," sagte er, als wir ankamen,gleich dem Fabriktor gegenüber, das da, das ist unser« Kantine. Da müssen wir essen und trinken. Sie gehört der Fabrik. Die hat sie für ein Riesengeld ver- pachtet. So kriegt die Gesellschaft mit der Pacht gleich«inen großen Teil des Geldes wieder zurück, das sie als Lohn und Gehglt aus- zahlt. Ein hübscher Kreislauf, nicht wahr?" Wir gingen über das Fabrikgeländc. Ein ekles Gewirr von Klcinbahnweichen, vcrjauchten Rinnsalen und toten Kohlcnschotter- straßen. Zerfetzte, geschändete Ratur.
Gleich hinter den Fahrilmauern, Und doch. Nicht einmal hier hatte man sie ganz töten können. Gleich hinter den Fabrikmauern, den Zäunen und Drahtgeflechten wucherte es. Dicht hinter den furchtbaren Staub kohlenhalden begann Wald, Fichten- und Birkenbestand in buntem Wechsel mit pracht- vollen Durchblicken. Niedrig zwar, aber voll erstaunlicher Frische. Viele klein« Täler,«nstanden aus eingefallenen Schächten, ver- fchobenen und gebrochenen Erdschichten, waren mit kleinen, durch- sichtig klaren Tümpeln und Teichen gefüllt. Wie die schönsten Juwele stmkelten sie in der Sonne und füllten die Lust mit würziger Frische. Es war Spätherbst, die herrlichste, frischest« Jahreszeit. Ich liebe den Hcrbfr, seine kräftigen Schotten, seine blaudunkel lastenden Tannen. Ich liebe ihn, wenn die Aepsel mulschen, wenn die Kühe auf der Weide dampfen und die kräftige Jauche in die Erdfurchen dringt. Ich höre dos Kreischen erregter Dogelschworme, die schnatternde Neugier rupfender Gänse, das Klappern der Windfänge auf dem Dach Der Regen rauscht und der Nebel rieselt; Hagebutten leuchten und Tollkirschen funkeln. Graugrün mit Schaumkronen jagen die Wellen ans Ufer. Reif und trächtig horchen die Frauen auf das Leben der Zukunft.  -- Da, wo Jens arbeitete, war nicht viel zu sehen von solcher Natur, aber doch noch Schönheit und Reife genug. Die Menschen dort aber sahen es nicht; konnten es nicht sehen. Die krochen in Staub und Hitze der Grubenlöchcr, trieften in sengen- der Glut vor den Gießöfen, drehten den armseligen Lohn in der Hand. Das Sehen war ihnen vergangen. Ja, ja," sagte Jens,in der Welt sieht es anders aus, Herr Fchlow, als in den Büchern. Aber ein einzelner kann da nichts ausrichten." Als ich von dieser Fahrt zurückkehrte, kam mir wie von selbst der Gedanke, daß Ich mich mit Wirtschaftsgeschichte beschäftigen müßte. Vielleicht fand ich da eine Antwort. Mit diesem©«dcmken kam eine große Freudigkeit über mich. An demselben Tage noch fuhr ich in die Bibliothek und verließ sie mit einem Armvoll Bücher; unter ihnen warDas Kapital  " von Karl Marx  . Es war mir ein eigenartiges Gefühl, unter dem Arm ein Buch ZU tragen, dos eine ganze Welt in Bewegung brachte. Ich kam auf den Schloßplatz und ging am Dom vorüber. Mit plötzlichem Entschluß trat ich ein... Ein«.Andachtsstunde". Ich setzte mich in ein« Ecke, die Bücher auf den Knien und hört« zu. Ein ernster Mann sprach, schlicht und eindringlich. Was ist unser Leben? Wer kann es fassen? Niemand. Wer kann«s verstehen? Niemond. Es ist höher als Menschenwitz. Aber mitgehen können wir; zuerst langsam und schüchtern, dann immer festeren Schrittes, und zuletzt werden wir erkennen, daß die Uner­bittlichkeit des Werdens und Vergehens nur Güte ist." So sprach er. Ich lauschte mit ollen Sinnen; aber ich blieb kühl und nüchtern. Wort«, Worte! dachte ich, damit kann man niemand helfen. Zärtlich drückte ich die Bücher an mich und ging nach dem Norden zu.»Sieh da! drüben di« Kaserne. Wie man sich so schnell ändern kann. Ist es möglich, daß dort noch alles so ist wie zuvor?" Als ich zu Hause ankam, öffnete ich das Fenster. Gegenüber, in der Fabrik, pfiffen Dampfstrenen den Schluß der Arbeit. Ich nahm den kleinen Spiegel von der Wand und sah hinein: Wie alt ich aussah! Das Gesicht spitz, die Augen tief in den Höhlen, die Nase sprang scharf und schnial vor. Und Falten über der Stirn. Falten schon! Angst ergiss mich.Nur nicht alt tverdenl Jetzt noch nicht!" Hastig grijj ich nach Marx  '»Kapital", blätterte', las, am Fenster
stehend. Jenes 13. Kapitel über Zkinderarbett mich; ich las und las. Kinder, kleine Kinder! Nicht«ins! Diele, viele Hunderttausende. Endlose Züge bleicher Kinder. K i n-- der!! Sind dos noch Menschen? Tiere sind menschlicher als diese Menschen. Weiterlesen, weiterlesen! Immer weiter!! So also ist das? So hängt das olles zusammen? Ja, ja, so ist es. Das wußte ich ja alles. Warum habe ich es nur nicht schon längst begriffen? Weil du zuviel an dich gedacht hast, Heinrich Fehlow, und zuwenig an die anderen!" Es war tief in der Nacht, als ich aufhörte zu lesen. Ich verließ das Haus und ging die Chaussee nach Tegel   hin- unter; immer weiter bis an den See, der im Dunkel leuchtete. Ein starker Wind jagte Schaumkronen über das Wasser. Am Ufer drückten die Wellen leise schmatzend das Schilf herunter. Ich war in einem Zustand wie nie vorher im Leben. »Wo stehst du, Heinrich Fehlow?" An der Grenze. An der Grenze stehe ich." Ich bog vom See in den Wald ein und wieder auf die Chaussee und kam an jener Stelle vorüber, wo der große Humboldt gelebt hat. Sie haben alle nach der Wahrheit gesucht. Wer hat sie denn, die Wahrheit? Immer nur Teile enthüllen die Menschen. Es gibt keine»ewig«" Wahrheit. Aber es gibt«ine Wahrheit jeder Gegen- wart. Und diese Wahrheit werde ich jetzt gewinnen. Gegen Morgen erst kam ich in mein« Wohnung zurück. Aber ich war nicht im geringsten ermüdet. In meinem Kopse wetterleuchtete es; nach allen Richtungen durchzuckten hell« Blitze das Dunkel. Ich fühlte nein: ich sah es; ich griff es mit Händen: Ich stand an einem neuen Anfang. Am Anfang eines offenen, geraden Weges, der sich zusehends verbreiterte und hinten am Ende hineinführte in ein einziges Meer von Licht und Klarheit. Im Biergespann jagten die Gedanken geradeaus, und wie sie in mächtigen Sprüngen vor- wärtsstürmten, sah ich neben ihnen, unter ihnen, hinter ihnen die Schotten des alten.Ich" zerflattern und zerstieben in alle Winde. Ich schrieb den Eltern. Schrieb alles, ivas ich dachte, was war und was ich wollte. Nicht lange, und ich hielt die Antwort des Daters in HänÄen: »Wir wollen nicht klagen, mein Junge. Die Menschen müssen
> ihr Schicksal erfüllen, wie ein inneres Gesetz es ihnen abzwingt. Wohl gehst du jetzt einen anderen Weg, als wir es wünschen. Du wirst ihn ohne uns gehen. Geh ihn, wenn du nicht anders kannst; aber geh ihn ehrlich bis an das Ende. Vergiß uns nicht, denn deine Mutter hat viel geweint." Das war wieder mein Vater. Ja, so war er. Und nun war es gut. Einen Tag war ich dann bei den Eltern: die Ackerschollen dufteten wieder, das Vieh brüllte über die Weide am Hang; im Sonnenaufgang breitete ich die Arme über das Land, und leichter ging ich in die Zukunft.-- Gerade am Tage, als ich zurückkam, geriet ich im Stadtinnern in«ine riesige Menschenansammlung. Dichte, unübersehbare Massen strömten aus allen Richtungen unter die»Linden". Eine Demon- strotion für das Wahlrecht: für das gleiche, geheime Wahlreckst aller. Vereinzelte schrien; herrisch fordernd. Dann schrien Gruppen, ge- ballte Massen: scharf, kantig. Bald klang es wie Jauchzen, bald wieder wie rasendes Fauchen und Knurren. Uebcr mich kam etwas Neues, Fremdes, was ich noch nicht kannte. Mein Ich war ausgelöscht, und doch war es gleichzeitig mächtiger und selbstgewisser als jemals zuvor. Eine dopclte Kette von Schutzleuten sperrte die Zugänge noch dem Schloß ab. Berittene mit blanker Waffe die Schuppen­ketten unter dem Kinn, nahmen die volle Breite der Straße ein; drängten uns zurück. Langjm, widerwillig wich ich mit den branden- den Wellen der vielen. Da hörte ich hinter uns wütende» Schimpfen: Hunde! wollt ihr vorwärts! Banditen! Vaterlandsverräter; wir werden euch schon Mores lehren." Im nächsten Augenblick lag ein Pferdekopf dicht an meiner Schulter. Der Schaum vom Maul des brutal gezügelten Tieres sabbert« über meine Schulter. Eine rasende, kalte Wut packt« mich. Wer weiß, was geschehen wäre. Sicher ist, daß ich ohne Besinnen, wie ein Tiger, gegen Pferd und Mann angesprungen wäre. Aber obwohl ich mich blitzschnell um- gedreht hatte, entging mir das Objekt des Angrssfes Das Pferd bäumte, kam seitwärts nieder und die aufgefüllte Welle riß mich weiter. Da wurde plötzlich, nicht weit von uns, ein Mann empor- gehoben; er zeigte«inen blutenden Armstumpf. Im selben Augen- blick stieß ein markerschütetrndes Geschrei in die Luft und rollte weiter in donirerndeni Echo durch die breiten Straßen des reichen Berlin  . Ich hörte noch einen hellen Schlag. Ein Berittener stürzte vom Pferde. Und dann hagelte es Steine von allen Seiten. tFortsetzung folgt.)
Rätsel-Ecke desAbend".
Kreuzworträtsel.
W ag e rech t: 1. männlicher Vorname: 4. Nebenfluß der Donau  ;(5. Gewohnheit: 9. Getränk; 11. Löwe; 12. Welt; 14. hobräisch für Herr; 16. matt; 18. Ruincnsätte auf dem Peloponncs; 20. Papier  - menge; 21. Stadt in Virkenfeld: 22. Infekt; 24. Versammlungsraum; 2S. Sestenes; 26. kaufmännischer Ausdruck; 28. Fragewort: 30. Lügen- strafung; 32. Negerstamm: 33. höherer Beamter. Senkrecht: 1. Fluß in der Rheinprovinz  ; 2. elektrische Maßeinheit; 3. Gerät beim Kafteetrinken; 4. mohammedanischer Name Jesu; 5. ostikanischer Fluß;?. Farbe; 8. Medikamentenhülle: 10. oltgcrmanijcher Bibel- Übersetzer; 13. ein Begründer der Sozialdemokratie: 14. Wegschabung; 15. Epos; 17. alttestamentlicher weiblicher Vorname; 19. weiblicher Vorname: 23. Rand; 24. Existenz: 26. Heldenmutter: 27. begeistertes Gericht: 28. persönliches Fürwort; 29. Besprechung; 31. persön» liches Fürwort. Silbenrätsel. an bahn berg chri da dek del e e e««i fant ger kel land le len Ii meiß mi mi na ne ner san je sech sechs jen ftel sti ten ücht und weiß zig. Aus diesen Silben bilde man 14 Wörter folgender Bedeutung: 1. Teil eines Gefäßes; 2. weiblicher Vornap«: 3. Karten- spiel; 4. immergrüne Schmarotzerpflanze; 5. Alpenblume; 6. dunkel- häutig« Bölkerschaft; 7. Fußbekleidung; 8. männlicher Dornanre; 9. exotisches Tier; 10. Organ: 11. bedemender Erfinder; 12. Der- kehrsmittel; 13. fagenreick�r Berg in Hessen  ; 14. alt« Schweizer  Landschaft.   Die Ansangsbuchstaben dieser Wörter von oben nach unten und dt« dritten Buchstaben in umgekehrter Reihenfolge gelesen, nennen einen Ausspruch Lassolles.(ch und ck= ein Buchstabe.)
Zahlen-Reimspiel.
3
Es stand 1 3 4 S bei der Hex' 123456 Eingedenk des Zweckst. Das macht dos Hänf-l 1 2 ö S.
Anagramm. 1. Ranke Wunde; 2. Bergamo   Mauer; 3. Zar Sauf; 4. Tell Tand; 5. Reich Wefel; 6. Haus Dornen; 7. Span Bitte; 8. Nota espeer; 9. Faun Tor; 10. Probe Reifer; 11. Hans Biene; 12. Brieg   Sieger; 13. Hort Ode. Aus jeder dieser Wortgruppen ist durch Umsetzen der Buchstaben e i n neues Wort zu bilden. Die zu suchenden Wörter bezeichnen: 1. Wich- ttgen Zweig der kaufmännischen Wissemchafti 2. Ort in Oberbayern  ; 3. biblische Person: 4. europäischen Freistaat: 5. Stadt im Rheinland  ; 6. Stadt in Mitteldeutschland  ; 7. religiös« Sekte; 8. Sprache; 9. Göttin: 10. französischen   Revoluttonär; II. Verkehrsmittel; 12. schlesisch-böhmisches Gebirge; 13. männlichen Vornamen. Sind die Wörter richtig gesunden, so Neimen die Anfangsbuchstaben der- selben, nacheinander gelesen, einen Ausspruch des Philosophen Friedrich Nietzsche  . Aufbau. Hast du zu Hand mal etwas Hühnersamen. Setz' einen Kopf danor, so nennt mit Namen Man eine Münze, die Rumänien   hat. Nun einen Fuß daran, dann ober in der Tat, Wird es sehr traurig, und man möchte ihm entflieh'«. Drum nochmals einen Kopf, dann ist es anzuzich'n, Und ist es auch recht elegant, modern und chic, Bedeutet es der Modedame höchstes Glück, Magisches Ouadrat.
Slus den Buchstaben dieser Figur bilde man fünf Wörter, die, von oben nach unten und von links nach rechte gelesen, folgende Bedeutung haben: 1. Kartenspiel; 2. weiblicher Borname; 3. Neben- fluß der Wolga  ; 4. Lachssisch; S. Teil eines Musikinstruments. Auflösungen der Rätsel aus voriger Rummer. Kreuzworträtsel. Woqevecht: 3. Tim; 6. Hai; 8. Opa; 9. alt; IT. Uri; 18. Ehe; 19. Lid; 20. Ode; 21. an; 22. er. Senk- recht: 1. Stop; 2. Kitt; 4. Ipst?. Mai; 6. Hag; 7� als; 11. Aula; 12. Urin; 13. Sid; 14. Leo; 15. Uhdc; 16. Geer. Pfingstausflug. Silbenrätsel: 1. Monolog; 2. Internationale: 3. Toni: 4. Unterhaus: 5. Nazarmer: 6. Sozialdemoratie: 7. Degenhard: 8. Ananas: 9. Sekundärbahn: 10. Vogelschau: 11. Oberprästdeni: 12. Litanei; Sompeildium. �Mst uns das Volk, mit uns der Sieg!" Abstrichrätsel: Siflbje, Gefra).(An)ode. R(hi)n.(Fl)ie. der.((Beilage, N(ot). Im(st). M(al)er.(Ta)g. Jlt(is). E(i-). S(ah)n«, (H«)u, Zu(lu). Wa(hn).(Reigen. Siege oder Niederlagen: Immer gilt es neu zu wagen! Kapselrätsel: Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! Zahlenrätsel: 1. Reichsbanner; 2. Eisen; 3. Irene; 4 China  : 5. Hansa: 6. Sieben; 7. Becher; 8. Aachen  ; 9. Narbe; 10. Nochen; 11. Eisen; J2. Stecher,