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Donnerstag, 7. Juni 1928
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Spalausgabe des Vorwärts
Die Armee der südchinesischen Freiheitsbewegung hat soeben Peking besetzt; so gut wie das ganze China ist wieder in die Hand einer einheitlichen Regierung gekommen. Ueber die sozialen und militärischen Kämpfe, die in den letzten Jahren zu diesem Ergebnis führten, unterrichtet das Buch des englischen Arbeiterabgeordneten C. Malone: ,, Das neue China und seine sozialen Kämpfe", das soeben in der Verlagsgesellschaft des ADGB . zum Preise von 3,50 M. tür Gewerkschaftsmitglieder( sonst 5 M.) erschien. Wir entnehmen der historisch- politischen Einleitung, die Franz Jos. Furtwängler dazu schrieb, den folgenden Abschnitt über ,, Die Armeen im Bürgerkrieg". Unsere Bilder sind gleichstalls diesem Buche entnommen.
Bas an dem unklaren Bilde Chinas , welches der Europäer aus der Lektüre der Zeitung gewinnt, vielleicht am meisten verwirrt, ist die Zahl der einander bekämpfenden Armeeführer und militärischen Abenteurer, von denen jeder sich ,, General " nennt. Ja, man hört zuweilen fragen, was denn nun jeder dieser Armeeführer eigentlich ,, molle". Sehen wir von der Nationalarmee der Kuomin Tang ab, die um die Einigung und Freiheit des Landes kämpft, und auch von dem noch zu erwähnenden Marschall Feng Yu Hsiang, so wollen sie alle dasselbe: als richtige Bandenführer ihre Macht erhalten und vermehren. Mit diesem Bestreben stehen sie im Kampfe gegen die
Die historische" Englische Brücke in Shameen, Kanton, von der aus der britische Generalkonsul gesehen haben will, auf welcher Seite des nur wenige Meter breiten Kanals der erste Schuß fiel, der am 23. Juni 1925 das Blutbad von Shakee eröffnete, das auf das Nankinger Gemetzel der Engländer vom 30. Mai folgte und der gewerkschaftlichen und politischen utorog Bewegung der Chinesen einen gewaltigen Antrieb gab.
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Armee der Nationalregierung, und nur ausnahmsweise machen sie sich sogar die Mühe, den Berrat an der Volksbewegung mit der Theorie der Erhaltung oder des Schutzes der lokalen, provinziellen Eigenart des von ihnen beherrschten Gebietes zu drapieren, ähnlich mie feinerzeit manche uns sattsam bekannte Separatisten" im befetzten Gebiet Deutschlands . Die materielle Macht, die ihre militärischen Unternehmungen in Gang hält, ist die Unterstügung, die je eine Ausländergruppe jeweils einem dieser Abenteurer angedeihen läßt. Dem einen geben die Engländer Flugzeuge, Gewehre und die ,, Erlaubnis", die Steuern seiner Provinz für seine Armee zu verwenden, dem anderen lassen die Japaner dies Wohlwollen an= gedeihen.
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Diese Armeen und ihre Kriegführung erinnern wenn man von der Verwendung von Flugzeugen absieht in mehr als einer Hinsicht an den 30jährigen Krieg in Europa . Glücklicherweise auch darin, daß, außer den Distrikten, in denen der Kampf unmittelbar stattfindet, das Land nicht allzusehr davon berührt wird. Der modern anmutenden Kampfesweise mit Flugzeugen steht auf der anderen Seite die Belieferung der Truppen mit Regenschirmen gegenüber, was immerhin auf eine nicht gerade ,, rationalisierte" Kriegführung schließen läßt. Auch der Handel Chinas wird durch den Kampf nicht sehr stark beeinflußt, wie wenigstens von verschiedenen Seiten versichert wird.
Der erfolgreichste und bis vor kurzer Zeit mächtigste unter den ,, Generalen" ist Tschang Tsolin, der schon von 1921 und 1922
Eine der chinesischen Arbeiterinnen, die beim Rudern von Transportbooten und anderer Schwerarbeit gleichzeitig ihr Kind auf dem Rücken tragen.
an start in Erscheinung trat. Dieser beherrscht das nördlichste Gebiet Chinas , insbesondere die Mandschurei , die Provinz Tschili mit Peking , Teile von Schantung und Schansi.
In diesen Gebieten haben die Japaner hervorragende strategische und wirtschaftliche Interessen( fie besitzen die dortigen Eisenbahnen, viele Handelsunternehmungen und beherrschen die Hafenstadt Dairen mit ihren 200 000 Einwohnern und dem intensivsten Handel des stördlichen China ). Tichang Tsolin war deshalb immer der besondere Schühling Japans , das ihn auch bei der Berfolgung seiner Pläne
unterstützte. Aus der Kontrolle von Peking , das er seit 1926 beherrscht, erwachsen ihm vielerlei Vorteile. Malone nennt ihn( in Uebereinstimmung mit dem Urteil hervorragender Chinesen) den schlimmsten Feind des chinesischen Bolles". Die geographische Lage feines mandschurischen Herrschaftsbereichs im fernen Norden macht sein Heer für die Nationalarmee, deren Siege über die von fremden Mächten unterstützten Hordenführer das chinesische Volk einigen sollen, schwerer angreifbar als irgendeine der übrigen Banden. Um 1924 waren seine Truppen weit nach dem Süden vorgedrungen. Seine Hoffnung, sich ganz China zu unterwerfen, hat Tschang Tsolin nach den erfolgreichen Nordexpeditionen. der Nationalarmee 1926 und 1927 wohl endgültig aufgeben müssen. War er früher der große Rivale des Südens im Kampf um die chinesische Herrschaft, so ist er heute lediglich noch der erste unter einigen Abenteurern. Außer dem militärischen Abenteurer Tschang Tsolin hatten die Chapaner im Norden Chinas auch ein politisches Helfertum unter den Chinesen in der sogenannten Aufu Clique, einer politischen Gruppe, die den Japanern in die Hände spielte und dafür von diesen finanziert wurde. Sie sei hier genannt, weil ihr Name in Büchern und Zeitungsberichten über China zuweilen zu lesen ist.
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Im Gebiet der Landesmitte, am Vangtse- Fluß( und auch in Hantau!) herrschte bis ins Jahr 1926 der mit englischen Geldern unterhaltene u Pei- Fu, der von den Engländern zu jener Zeit nicht nur unter der Fahne des ,, Antibolschewismus" gegen die chinesischen Freiheitsbestrebungen, sondern gelegentlich( 1922) auch gegen Tschang Tsolin im Norden, d. h. mittelbar gegen die Japaner, vorgeschickt wurde. Er ist bereits ein betagter Mann und spielt seit der Vertreibung seiner Truppe aus Hankau durch die Nationalarmee 1926 in dem inneren Kampf um China keine Rolle mehr. Malone schildert ihn als einen alten Trottel. In den Städten und Provinzen, in denen er regierte, unterdrückte er vor allem die Arbeiterbewegung und ließ die Gemertschaftsführer verhaften und erschießen.
Rund um die internationale Niederlassung von Schanghai re= gierte zu jener Zeit Sun Tschuan Fang, ein ehemaliger Unterführer von Wu Pei- Fu , der persönlich als sehr befähigt gilt, und von dem zuweilen prophezeiend gesagt wird, daß man fünftig noch viel von ihm hören werde. Auch er ist inzwischen von der Nationalarmee weit nach dem Norden verjagt worden.
Ein anderer, in lezter Zeit oft genannter unter den Abenteurern, die wir hier nicht alle aufzählen können, ist Tschang Tsung Tschang, der zur mandschurischen Armee gehört und zeitweise von Schantung aus gegen die Nationalarmee kämpfend fein Glück versucht.
Eine besondere Figur stellt unter den militärischen Führern der chriftliche"( getaufte)( Marschall Feng Yu Hsiang dar, der vor einigen Jahren eine Zeitlang in Moskau war.
Seine Kuo Min Tschun( ,, Bolfsarmee") kämpft im Norden, unabhängig von der Nationalarmee der Kuomin Tang, aber für das gleiche Ziel wie die lettere, gegen Tschang Tsolin und die Mandschurischen Armeen. Nachdem man lange Zeit nichts mehr von ihm gehört hatte, tauchte er in der zweiten Hälfte von 1927 wieder mit
einer starken Truppe in der Provinz Honan auf. In seiner Armee find größere Trupps mohammedanischer Reiter aus der Provinz Kansu ( bis wohin sich, vom Westen her, der feilförmige Ausläufer des Verbreitungsgebiets der Islam- Religion nach China hin erstreckt). Ein mit Feng verbündeter Armeeführer, der also auch der Nationalarmee und der Kuomin Tang nahesteht, ist der in letzter Zeit viel genannte Regent der Provinz Schansi, en si Shan, der mit Feng zusammen als eine Art Unterführer die Nordtruppen von Südwesten her angreift, wenn die Nationalarmee von Südost vorstößt.
Chinas Freiheitskampf: Die Whampoa- Militärakademie zu Kanton, die Kriegsschule und das Rekrutendepot der Kantonand armee , gegründet von Tschiang Kai Schek.
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In den Kämpfen der Nationalarmee( damals Kanton- Armee) gegen Beting und die den Fremdmächten dienstbaren Generale" des Nordens trat um 1926 ein militärischer Führer hervor, der den Verhältnissen innerhalb der Kuomin Tang eine Wendung gab.
Tschiang Rai Sched, der schon zu Lebzeiten Sun Yat Sens militärischer Führer in Kanton war, dort die Wampoa- Militärakademie gründete und bald auch erfolgreiche Kämpfe gegen den Norden führte, riß die Oberleitung in der Nationalarmee an sich und errichtete im Frühjahr 1927 die Diftatur im Yangtse- Gebiet.
Wichtig sind die Aenderungen innerhalb der Kuomin Tang, die der neue Kurs des militärischen Führers Tschiang Kai Schef zur Folge hatte, in bezug auf Politik und Arbeiterbewegung. Der neue General fehrte sich mit aller Schärfe gegen die kommunistische Bewegung und alle kommunistischen Einflüsse in der Kuomin Tang
Die englische Preffe berichtet aus China , daß in diesen Tagen| diesem Ort gewesen und wurde daher von den Mönchen als alter in Lhe, dem nördlichsten Punkt Indiens August Filchner ange- Bekannter gut aufgenommen. tommen ist, der Führer der deutschen wissenschaftlichen Tibet - Während dieser Zeit erkrankte der Forscher lebensgefährlich und Expedition. Jahrelang hatte man von Filchner und seinen Leuten die Mitglieder feiner Expedition befürchteten schon das äußerste. nichts mehr gehört und glaubte daher, daß sie in dem unwirtlichen| Nach seiner Genesung erkannte Filchner, daß es unmöglich sei, nach Lande zugrundegegangen seien. Jetzt aber stellt es sich heraus, daß der Küste hin sich durchzuschlagen; außerdem war ja seine Aufgabe es nur der Ausbruch der chinesischen Unruhen war, der erst halb erfüllt: so fehrte er zurück nach dem eigentlichen Tibet und Filchner jede Berbindung mit Europa unmöglich machte. Die begann unter schwierigen Umständen von neuem mit seinen wissenExpedition Filchners hatte die Aufgabe, die noch unerforschten Teile schaftlichen Arbeiten. Nach Jahren waren seine Vorräte aufgeNord Tibets , also die Route, die von Sven Hedin und den braucht, Kleider und Instrumente waren beschädigt, aber trotzdem anderen Tibetforschern der letzten Jahrzehnte nicht berührt worden verfolgte der Forscher seine ursprünglich geplante Route. Doch nicht waren, geographisch zu erforschen und außerdem in zwei Richtun nur Klima und Boden hinderten sein Vorwärtskommen: Je mehr er gen, zunächst von Westen nach Often und dann von Norden nach sich Lhasa , der Hauptstadt Tibets , und dem Sitze des DalaiSüden eine Kette von erdmagnetischen Messungen vorzunehmen. Lama näherte, umso argwöhnischer wurde er von den Eingeborenen Diese Messungen sind ja heute nicht nur, wie früher, ausschließlich bewacht. Man weiß ja aus Schilderungen früherer Forschungsvom wissenschaftlichen Standpunkt aus höchst intereffant, sondern be- reifender, mie peinlich sorgfälltig die Tibetaner darauf achten, daß kommen heute durch die rasende Entwicklung des Flugverkehrs auch kein Fremder ihr Metta betritt. höchst aktuelle Bedeutung: denn nur, wenn sich die Abweichungen des Kompaßausschlages einigermaßen genau tabellarisch festlegen laffen, wird es möglich sein, sich überall auf der Erde nach der Karte genau zu orientieren.
Diese Aufgabe, deren Bedeutung vielleicht erst in Jahren oder Jahrzehnten ganz deutlich zu Bewußtsein kommen wird, hat Filchner mit seiner Expedition unter den allerschwierigsten Umständen gelöst. Er begann seine Reise in Kuldscha am Mi, nahe der russischen Grenze. Zunächst ging alles gut, besonders deswegen, weil Filchner die Unterstützung der russischen Regierung genoß. Aber als er dann quer durch Libet, in das eigentliche China vorsties, stellten sich ihm ungeahnte Schwierigkeiten in den Weg. Inzwischen war ja der Bürgerkrieg in China von neuem ausgebrochen; alle Verbindungen mit den europäischen Siedlungen an der Ostküste waren abgeschnitten und man begegnete überall den Fremden mit dem allergrößten Mißtrauen. So fam es, das Filchner in der Provinz Ransu, der Grenzprovinz zwischen China und Tibet , halt machen mußte. Ueber ein Jahr war er gezwungen, im Kloster Kumbum zu bleiben, einem der größten, ältesten und bedeutendsten Kloster der ganzen buddhistischen Welt. Filchner war schon auf früheren Reifen an
abteilung vorzufinden, aber er sah sich in seinen Erwartungen ge Filchner hatte damit gerechnet, in Lhasa eine englische Truppentäuscht. Dagegen wurde er von den Tibetanern völlig eingeschlossen, geradezu in feinen Belten belagert und Tag und Nacht aufs genaueste fontrolliert. Ohne Proviant, am Ende seiner Kräfte wuchs täglich die Erbitterung der fanatischen Bevölkerung gegen den Forscher. Da gelang es ihm, nachts unbemerkt von den Truppen Lama, einen an den kommandierenden der englischen Grenztruppen. einen Boten abzuschicken mit zwei Briefen, einen an den DalaiDadurch wurde seine Lage geändert: der Dalai Lama sicherte ihm den Abzug nach Indien zu und unterstüßte die Expedition fogar noch mit Mehl und anderem Proviant Filchner hatte auch in den schweren Tagen der Bedrohung durch die Tibetaner seine Forschung nicht aufgegeben: So stellte er feine astronomischen Messungen, als ihm nachts das Verlassen seines Zeltes verwehrt war, durch einen Schlitz in der Zeltleinwand weiter an. Endlich gelangte er in Che auf englisch - indisches Gebiet: Aber auf diesem letzten Gebirgsmarsch hatte die Expedition nochmals bei der schlechten Bekleidung unter der Kälte aufs heftigste zu leiden.
Fred Bernd.