Die Abenteurer im Ruhrgebiet .
Ausschluß der Deffentlichkeit im Meineidsprozeß Götze wegen Gefährdung der Staatssicherheit.
Nach der Mittagspause fand in dem Meineidsprozeß gegen Goeze die Bernehmung von Heinz Ostat Hauenstein ſtait. Hauenstein gab zu dem Beweisthema folgende Darstellung:
Kurz vor seiner Verhaftung ließ mich Schlageter, der den Stoßtrupp Essen leitete, wissen, daß Goege und Schneider mit seinen Leuten Fühlung genommen hätten, und daß sie einige pon Ober Schlesien her fannten. Schlageter äußerte damals schon ein gewijles Mißtrauen, ohne es jedoch näher zu begründen. Hauenstein gab tann eine Schilderung, wie man nach der Verhaftung Schlageters im Hotel Union in Essen persucht habe, ihn zu befreien. Hauenstein Tegte dem Gericht einen Brief Schlageters nor, in dem diefer sein Berhör durch die Franzosen und die Mißhandlungen schildert und mörtlich fagt, daß bei seiner Festnahme Berrat norliegt, der aus hem internsten Kreise verüht marden ist. Die Franzosen seien näm lich über die Arbeiten und Abfichten des Stoßtrupps Essen ganz genau unterrichtet gewesen. Dieser Brief ist, mie Sauenstein weiter hetundete, durch Vermittlung eines Gerichtsbeamten aus Berden in die Hände Houensteins gelangt. Bon diesem Augenblid habe man Pie Fühlung mit dem verhafteten Schlageter aufgenommen, und es fei sofort ein Plan zur Befreiung Schlageters ausgearbeitet worden. Kurz bevor diese Befreiungsaktion in die Tat umgesetzt werden fonnte, wurden Werner, Becker und Sadowski verhaftet, und es crfolgte der Abtransport Schlageters nach Düsseldorf , was man aber crft einige Tage fräter ermitteln fonnte.
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Havenstein schildert ferner, daß amei Tage nach der Verhaftung nan Sadnmifi.usm. Schneider oder Götze bei ihm in Elberfeld er schienen feien und ihm bestellt hätten, der Inspektor Höve rann von der Reche Graf Beußt" wolle ihn, Hauenstein , in Effen spreden, weil das Hauptgeleis der Zeche gesprengt merden müffe, da die Franzosen von den Holdenvorräten die Kohlen in großen Mengen abtransportierten. Als Treffpunkt hätte der Betreffende das Café Welther vorgeschlagen. Er hat den Zeugen Rölbel nach Essen in das Café Welther geschickt, und dieser stellte feft, daß mohl Goehe und Schneider, nicht ober der Inspektor Hövermann in dem Café waren, und daß das Lofal von französi. schen Kriminalbeamten umstellt mar.
Hauenstein betonte dann noch, daß er Schneider und Goeße für die Berräter Schlageters sowie Beckers und Sadowskis halte, meil sie versucht hätten, ihn, Hauenstein , an die Franzosen auszuliefern, und meil auch die französischen Kriminalbeamten sie als die Verräter bezeichnet hätten.
Sodann murde der Betriebsdirektor Höver mann aus Effen als Beuge gehört, der befundete, daß Schneider und Goeke lediglich als Arbeiter angestellt gemefen und als solche aus der Grubenfalse bezahlt worden seien. Sie hätten allerdings angeboten, Berichte über die fommunistische Bewegung zu geben. Goeke und Schneider hätten in der Grube aber nur 10-11 Schichten gefahren, und schon om 9. April fei das Gerücht aufgetaucht, fie wären die Verräter Schlageters. Vors.: Sie sollen Gocke und Schneider beauftragt haben, Hauenstein nach Effen zu holen? Zeuge( mit Bestimmt. heit): Ausgeschlossen. Ich habe niemals den Wunsch geäußert, Hauenstein fennenzulernen, aber deutlich zu erfennen gegeben, daß das für mich fein Intereffe habe. Ich habe erst gestern Hauenstein hier im Gericht fennengelernt.
Es wurde sodann der frühere franzöfifche Kriminal: beamte Müller als Zeuge aufaerufen, quf Grund dessen Ausfagen in dem Beleidigungsprozeß Schneider gegen Hauenitein die Berhaftung Goeges im Gerichtsjaal erfolgte. Staatsanwaltschaftsrat Dr. Kirchner beantragte, den Zeugen, der inzwischen von den Fran3pfen in contumaciam zu lebenslännlicher 3manasarbeit verurteilt morden ist, megen Gefährdung der Staatssicherheit unter Ausschluß der. Deffentlichkeit zu hören. Das Gericht gab dem Antrane statt. Nach dieser Bernehmung würde dann die Berhandlung auf Withnach bormillag 9% Uhr vertagi.
Preußen stellt fest.
Zur Umschuldungsaktion in der Landwirtschaft. ...... Die preußische Regierung hat gegenüber den dauernden Ent ftellungen über ihre Haltung in den Agrarfragen durch landbünd lerische und deutschnationale Kreise es immer noch notwendig, durch Klarstellungen ungerechtfertigte Angriffe abzumehren. Sie weift mit Recht darauf hin, daß sie gegenüber den utopischen Plänen der Landbundleute von 1927( Hepp, Schlange- Schöningen ) mit Hilfe einer Auslandsanleihe von Riefenausmaßen die Umschuldungsaktion durchzuführen, den Weg zu einer individuellen Behand Iung und vernünftigen finanziellen Beschränkung gewiesen habe, momit ihr die Entwicklung recht gegeben hat.
Im Rahmen der dann praktisch gewordenen Umschuldungsaftion des Reiches hat Preußen ferner die Wege gewiesen, die Durchführung der Aktion zu vereinfachen und zu verbilligen. Sie, hat erreicht, baß bei den Treuhandstellen feine hauptamtlichen Ge schäftsführer eingesetzt werden, deren Bestreben es vielleicht gewesen märe, unzwedmäßigermeise den Treuhandstellen eine umfangreiche Gefchäftstätigkeit zuzuweisen.
Endlich weist die preußische Regierung auf ihren Bor shtag hin, die reichsgejegliche Umschuldungsaktion wesentlich zu ergänzen und zu erweitern. Sie schlug vor, über die Umschuldungsaktion hinaus hochverzinsliche kurzfristige Kredite, die die Landwirte schwer belasten, in längerfristige Kredite mit erträglichen Zinssäßen umzuwandeln. Auf diesem Wege follte für die Landwirtschaft schneller, einfacher und in größerem Umfange eine Hilfe gesichert werden, die ohne großen Apparat sehr vielen Bayern hilft und vor allem einen größeren Kreis erfaßt, als es durch die Umfchuldungsattion möglich ift.
Es wäre unferes Erachtens an der Zeit, daß den letzten, noch immer unausgeführten preußischen Borschlägen sehr bald und ernsthaft nähergetreten würde.
Protest der Provinz Sachsen . Gegen Ableitung der Bode in den Mittellandfana.
Der Provinzialausschuß der Provinz Sachsen hat sich in Jeiner Sigung vom 25. Juni mit den wasserwirtschaftlichen Broblemen der Provinz Sachsen beschäftigt und eine Entschließung gegen die Absicht des Reichsverfehrsministeriums gefaßt, den Mittellandtonal statt mit Elbe - und Wesermasser durch teilweise 2 bleitung der Bode zu speisen. Wie der Amtliche Preußische Preffedienst mitteilt, steht der Provinzialausschuß nach eingehender Brüfung der mafferwirtschaftlichen Fragen innerhalb ter Broning Sachfen auf dem Standpunkte, daß eine Ableitung Don Bodewasser zur Speifung des Mittellandtanals im Interesse der Trintwafferperfprgung und der Förderung der Bandestultur nicht verantwortet werden fann. Durch eine folche Ableitung würden die Ie bensmitigen 3ntereffen der Provinz, insbesondere der im Gebiet der Bode und Elbe liegenden größeren Städte und der hochenimidelten, Landwirtschaft im Bodegebiet, auf das allerschwerste gefährdet Der Provinzialausschuß steht außerdem auf dem Standpunkie, daß einer solchen Ableitung von Badewaffer ebenso die Bestimmungen des Artikel 97 Abjak 3 der Reichsverfassung, wie die Bestimmungen des§ 7 Absah 3 des Vertrages zwischen dem Deutschen Reiche einerseits sowie den Ländern Preußen, Sachsen , Braunschweig
Beim preußischen Doktor.
Preussen
sinondon
K
Dr. Otto Braun : Sie fommen ja gar nicht durch die Zür, lieber" Freund. Wollen Sie nicht erst mal ein paar Monate müllern...?"
Urteil im Bela- Khun- Prozeß.
Am Dienstag begann nor den Biener Schöffen der Broses gegen Bela Khun wegen Geheimbündelei und megen Anmeldung unter falschem Namen. Bela Khun gibt zu, fich falsch angemeldet zu haben, erklärt aber, daß er seinerzeit, als er ausgewiefen und nach Rußland transportierb murde, auch unter falschem Namen weggefchidi morden fei: Er habe gegen die seiner zeitige Ausmeifung protestiert und nicht gewußt, daß dieser Brotest abgemiesen worden sei. Abgesehen davon habe er fich falsch on melden müffen, meil seinerzeit nach seiner Berhaftung in Defterreich der Versuch gemacht worden sei, ihn zu vergiften. Im übrigen bestreitet Bela Rhun Geheimbündelei begangen zu haben. Die Kom munistische Partei sei in Desterreich nicht verboten.
Im Verlauf des Prozesses wurden dann Briefe und Dokumente verlesen, die bei Khun gefunden worden find. Khun erklärt, daß die ungarischen Dokumente bei der Polizei falsch überfest murden. Go heiße es in einem Brief, den er geschrieben habe, er sei über die franzöfifchen Wahlen nicht entzückt. Der lleberjeger der Polizei überfeste aber, er fei bei den französischen Wahlen sehr angestrengt. Damit hätte nämlich der Beweis erbracht werden sollen, daß er auch die kommunistische Agitation während des französischen Bohl tampfes geleitet habe. Das Gericht läßt durch Gerichtsdolmetscher die Ueberfegung prüfen Sie ertförten, daß die fragliche Stelle tat fächlich falsch übersetzt ist. Ebenso bestätigten sie, daß auch eine andere Stelle, über die fich Khun beschmere, falsch überfest murde. In den Briefschaften ist nur davon die Rede, daß Bolizeispitzel schnell entfernt merden müßten, mährend der Dolmetscher der Bolizei übersetzte, sie seien ins Jenseits zu befördern. Die übrigen Brieffchaften betreffen die Streitigkeiten in der ungari schen Kommunistischen Partei. Es ergibt sich daraus, daß zwischen Bela Khun und dem Führer der ungarischen Kommu nisten Alpari eine große Feindschaft besteht. In einem Brief
und Anhalt andererseits vom 24. Juli 1926 miberspreden. Der Brovinzialausschuß. bittet deshalb den Reichsvertehrsminister dringend, einen endgültigen Berzicht auf die Speifung des Mittellandfanals mit Bodewasser auszusprechen.
Der Kampf um eine Inschrift. Der vernünftige belgische Reftor und der rabiate amerifanische Architekt.
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In Löwen tobt seit Wochen ein heftiger Streit wegen der ant 4. Juli stattfindenden Einweihung des von Amerifanern gestifteten neuen fatholischen Universitäts bibliothetgebäudes. Der amerikanische Architekt Warren hat für die Balustrade eine in Stein gehauene 3n schrift in jämmerlichem Küchenfatein angefertigt, die heißen foll: Was der teutonische furor zerstört, ward durch ameritaWas der teutonische Furor zerstört, ward durch amerika nische Spenden wieder aufgebaut." Der Rettor der Lömener Universität, Brälat Ladeuze, widerfeste fich dieser sowohl der Sprache wie der Gesinnung nach barbarischen Inschrift und ließ eine inschriftlose Balustrade anbringen. Der amerikanische Architekt fämpfte jedoch mit allen Mitteln für seine Inschrift. Auch die belgische Breffe setzte sich mit wenigen Ausnahmen für die Inschrift ein, während der Löwener Universitätsrettor wegen seiner Saltung in schäbigfter Weife angegriffen wurde.
Am Sonnabend tam es nun zu einer entscheidenden Schlacht. Warren beauftragte einen belgischen Architekten, die Balustrade mit seiner Inschrift anzubringen. Der Reftor der Univer fität war dagegen mit einer amtlichen Ermächtigung zur Stelle und erklärte, die Anbringung der Inschrift im gegebenen Falle mit Gewalt zu verhindern. Da der Architekt nicht nachgeben
erklärt Bela Khun, daß Alpari nicht mit Bomben, sondern mit Stintbomben arbeitet,
Urteil: Drei Monate, davon zwei verbüßt.
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quo aliquien. 26 Juni( Eigenbericht) Heute abend um 10 Uhr wurde das Urteil im Bela- khunProzeß verkündigt. Bela Khun wurde wegen Geheimbündelei, veebotener Rüdfehr und Falschmeldung zu drei Monaten frengem Arreft, verschärft durch einen Faftiag, verurteilt. Außerdem wird er aus dem Bundesgebiet verwiesen. Die Untersuchungshaft ab 26. April wird angerechnet, so daß er nur noch einen Monat zu verbüßen hat. Ein Mitangeklagter murde megen Mitfchuld zu einem Zonal Arrest verurteilt, der andere freigesprochen.
Der Großdeutsche Klub" hatte den zurzeit in Karlsbad meilenden Justizminister Dr. Dinghofer am Montag abend telegraphisch aufgefordert, fofort nach Wien zurüdzukehren und bie Weigerung seines Ministeriums, Bela Khun auszuliefern, zu be gründen. Dinghofer hat es abgelehnt, dieser Aufforderung zu ent sprechen und statt dessen ein. Telegramm an den Führer der Großdeutschen Partei gerichtet, in dem er seine Demiffion zur Kennt nis gibt. In unterrichteten Kreifen wird das Borgehen der Großdeutschen Partei gegenüber dem Juftizminifter als eine auf persön liche Motine zurückzuführende Intrige betrachtet. Der Bundes kanzler, dem von dem Führer der Großdeutschen Partei über die Demission Mitteilung gemacht wurde, beabsichtigt, zunächst selbst das Juftigministerium zu übernehmen. Eine Neubelegung wird wahr. scheinlich erst zum Herbst vorgenommen werden.
mollte, ließ ihn der Rettor durch die Polizei abführen. Eine große Menschenmenge wohnte diefem Auftritt bet. Der Amerikaner erflärt jetzt, er werde die belgischen Gerichte anrufen, um seine Inschrift durchzusetzen.
Polens ,, realer Pazifismus". Unbedingter Einspruch gegen jede Revision.
Am Montag begann hier der internationale Friedenskongreß, an dem aus Deutschland v. Gerlach und Quidde , aus Frankreich Bouiffon teilnahmen. Bei ihrer Stellungnahme richtet sich die polnische Preffe fast ausschließlich nach Zalestis These vom jo genannten realen Pazifismus, worunter der Verzicht auf jegliche Revision des bestehenden politischen Zustandes verstanden wird. Der„ Kurjer Warszawski" meint ironisch: Bazifisten seien zwar durchaus wohlmeinende Leute, aber ihre Beschlüsse fänden ungefähr ebensoviel Bea htung wie die eines Kongreffes von Boldoniologen. Der„ Kurjer Bolsti" verurteilt jeden utopischen Bazifismus", der eine Revision der gefchaffenen Lage in Europs anstrebt, da dies nur Unruhe schaffen und die Saat fünftiger Striege ausstreuen würde. Der Kurjer Boranny" versteigt fich fogar zu einer Barmung por pazifistischen Ideen, die zu einer affe des deutfd) en Imperialismus" werden könnten.
Ministerpräsident Schroeder verunglüdt. Der medlenburgschwerinische Ministerpräsident Genoffe Schroeder ist auf einer Dienstfahrt mit dem Stadtwagen verunglückt. Bei einem Schlagloch murde er mit folcher Bucht gegen, die Wagendede geschleudert, daß er sich start blutende Kopfwunden und eine Rüdenverlegung zuzpg. Die Berlegungen sind nicht lebensgefährlich, machen jedoch eine ärzt fiche Behandlung notwendig.