ä. Unterhaltung unö AAissen
Gchlesischer Bilderbogen.
Von Max Barchel.
Fehlisch wartet« in Liegnitz am Dahnhof schon mit seinem Auto. Die Stadt lag bald hinter uns, wir rasten durch das grüne, flache Land, an den wohlbestellten Feldern grotzer Dominien vor- über. Keine Industrie räucherte den klaren Himmel an. Nichts war zu sehen als blühende Wiesen, weidende Kühe, die roten Dächer versteckter Dörfer und in den großen Rübenfeldern die gebeugten Leiber der Mädchen und Frauen. In Dünzlau aber rauchte die Industrie. Glashütten lagen am Wege, große Töpfe- reien wurden sichtbar, die Kampfplätze, von denen aus die alte Stadt Dünzlau erobert wurde und in sozialistische Verwaltung kam. Vor dem Glas und dem Ton war der Stein da. Von den Ar- beitern in den nahen Warthauer Brüchen ging die Bewegung aus. Di« Steinarbeiter sprengten nicht nur die harten Felsen, sie spreng- ten auch das Granitgebirge, das vor ihrer Liebe zu Deutschland stand, sie machten die Wege fm zur Eroberung der Dörfer und Städte, zur Eroberung und Schassung einer Heimat. Tillendorf jenseits des Bober ist ein langgestrecktes Arbeiter- darf. Es wird sozialistisch verwaltet. Eine große, neue Schule steht auf einem schmalen Hügel. Der Gemeindevorsteher ist ein Maurer. Unser Wagen rennt mühelos die Straße empor und kommt durch die großen Wälder, die nun beginnen und von der polnischen bis zur sächsischen Grenze reichen. Mitten in den Wäl- dern liegt Wehrau-Klitschdors. Klitschdorf und der ganze Wald ringsum gehört dem Fürsten Solms-Baruth. In dieses Dorfschloh und in diese Wälder kam vor dem Krieg jedes Jahr der ehemalige Kaiser. Vor seiner Ankunft wurde von den Dörflern und Lakeien der Empfang geprobt, die stürmische Begeisterung geübt, die Liebe einexerziert. Fehlisch, der Parteisekretär aus Liegnitz , war früher Tischler und hatte selbst auf dem Schlosse gearbeitet. Er erzählt von jenen Tagen. Klitschdors und die Dörfer ringsum sind vom Fürsten abhängig. Ihm gehört der Wald, das dürftige Feld, die Glashütten, die Eisenhütten, das Elektrizitätswerk. Der Sozialis- mus faßt erst 1919 hier Fuß. Der ersten Landarbeiterversammlung traten sofort 66 Waldarbeiter bei, der Parteiversammlung 54 Ge- nassen. Heute gehören die Dörfer in diesem Gebiet fast alle zu den Stützpunkten unserer Bewegung. Viele Gemeinden haben sozialisti- sche Mehrheiten. Das Landgebiet wird von großen Tonwerken beherrscht. Die Töpferei dominiert in manchen Dörfern, aber alle Dörfer, die wir durchfahren, sind abhängig von dem großen Werk in Siegersdorf, die Proleten kommen stundenweit hierher zur Arbeit. Die Landschaft ist lieblich, aber schon jetzt zeigt sich, was auf der Fahrt ins Gebirge so grausam klar wird, daß gerade die schönste Landschaft mit der tiefsten Armut verknüpft ist. Da ist die kleine Stadt Raum- .bürg, das Zentrum der Töpferei und der katholischen Enklave einiger Dörfer. Die Töpferei geht kaputt und wird von den Groß- betrieben aufgefressen. Die Söhne der Töpfer wandern in die Tex- tilbuden ab, in die Ziegeleien, in die nahen Tonröhrenwerke, in die Steinbrüche. Es ist kein Leben und kein Sterben in dieser Stadt. Das Wasser wird von den Hydranten der Straße geholt, es gibt keine Kanalisation, keinen Aufschwung, die Leute leben so hin. Wir fahren aus dem sichtbaren Verfall, in die Bewegung des Daseins hinein, in die Webcrstädte und Dörfer der Lausitz, berühren die alt« Stadt Lauban , sehen bald die schöne Basältkuppe der Landeskrone aufragen, die blauen Höhen des Jfergebirges und fahren spät abends in Görlitz ein. Aber Görlitz ist nur Station, ist nicht unser Ziel. Wir schlendern durch die historischen Gassen der Altstadt, gehen durch eine.Verräthergasse", bummeln durch den lebhaften Betrieb eines Jahrmarktes, stehen vor alten Türmen und dem Herr- lichen Rathaus, wandern durch den herrlichen Stadtpark an der Reiße, bewundern alt« Brunnen und besuchen am nächsten Morgen unsere Freunde im neuen Volkshous. Görlitz ist eine sehr berühmte Stadt und war im Mittelalter Zentrum der Tuchmacherei. 1538 gab es hier über 209 Tuchmacher, 1700 aber 500 Tuchmachermeister und 400 Gesellen. Krieg und Pest haben die alte Stadt gerüttelt und geschüttelt und von der stolzen Höhe gestürzt. Im Jahre 1816 hatte Görlitz nur noch 136 Einwohner. Heute streift es dicht die 100 000-Grenze einer Großstadt. Tuch und Leinewand sind gestürzt, Metall herrscht jetzt in Görlitz . Die Arbeiterbewegung ist tief ver- wurzelt. Nach Weihwasier, dem Zentrum der Glasindustrie, ist es nicht mehr weit. Wir fahren nicht nach Weihwasier, wir fahren nach Marklisia am Fuß« des Jfergebirges und finden eine klein« Stadt, die viel grausamer stirbt als Naumburg . Marklisia wird von Textil be- herrscht. Ein Konzern beschäftigt rund 1000 Arbeiter. Die Fabriken arbeiten nur vier Tag«. In diesen vier Tagen werden von den Textilern 16 bis 17 Mark verdient. Davon kann kein Mensch leben,
auch im Isergebirge nicht, und so wird die Frau in die Fron der Maschinen eingespannt. Die Stadt hat 2400 Einwohner und aus den Kopf der Bevölkerung kommen rund 100 Mark Stadtschulden. Die Dörfer ringsum wehren sich gegen jede Eingemeindung. Marklisia ist erbarmungswürdig arm und elend. Das Straßenpflaster ist vollkommen mittelalterlich, die Wohnungsverhältnisse sind ent- setzlich. Wir besuchen einige Wohnungen, kommen selbst aus der Großstadt und finden Wohnhöhlen, aus denen selbst die Land- streicher fliehen würden. Im Dachgeschoß eines alten Hauses wohnt ein« 69 Jahre alte Frau mit ihrem verheirateten Sohn und feinen Kindern zusammen. In dem einen Raum— er dient zum Wohnen, Schlafen und Kochen— hausen und schlafen fünf Menschen, die alte Frau und die vier Kinder. Zwei Kinder hat man nach Görlitz in einem Heim untergebracht. Das Bett der Eheleute— der Mann hat Glück, das heißt, er arbeitet sechs Tage!— steht in einer Mansarde, deren Decke der spitze Winkel des Daches ist. Aus einem kleinen Kanonenofen wird Essen gekocht. Es gibt Brühkartoffeln. Jeden Tag gibt es hier Kartoffeln, das Arme-Leute-Esien. Eine andere Wohnung zeigt den Zerfall noch viel deutlicher. In der schmalen Kammer oersuchen starke Pfähle das morsche Doch zu stützen. Vergeblich. Jeder Regenschauer sprüht in den armen Raum. Auch die Stube ist gepfählt, die Decke senkt sich und kann jeden Tag herunterbrechen. Alle diese Stuben und Kammern, und wir haben zwei gesehen, sind feucht und verschimmelt und eignen sich durchaus nicht für die Berufskrankheit der Textiler, für die Schwindsucht. Die Stadt ist verschuldet und kann nicht bauen, die Hausbesitzer sind meistens arme Teufel und können erst recht keine Reparaturen ausführen lassen. Die besten Geschäfte in der Stadt macht neben den Textilbuden der— Pferdeschlächter. Natürlich gibt es hier ein großes Siechenhaus. Die Stadt hat es neu aus- gebaut. Die Proleten hier sind so arm, daß sie die Groschen für die Gewerkschaft oder Partei sehr mühselig aufbringen können. Nur 35 Prozent der Textiler sind in der Gewerkschaft. An Gemeinde- Zuschuß für die Wohlfahrtspflege wurden im vergangenen Jahre rund 7000 Mark ausgeworfen und knapp 25 000 Mark für die Schulen, das sind rund 10 Prozent des ganzen Budgets und mehr, als die reiche Stadt Liegnitz für ihre Schulen ausgibt... Deutschland muß neu entdeckt werden. Wir wisien Bescheid über die Lage in China und sind über die sozialen Verhältnisse in Chile informiert. Die Korrespondenten der großen Zeitungen fahren um die ganze Welt und berichten mit gelindem Gruseln über die Spe- lunken m Singapore und San Franziska, sie schildern die Not und Ausbeutung der Kinder in der indischen Textilindustrie und brauch- ten doch nur ins schlesische Gebirge zu reisen, um ihre humanen oder moralischen Feuilletons zu entwerfen. Bielleicht reifen sie auch ins schlesische Gebirge, aber da besuchen sie nur die Bäder... Auch wir verließen Marklisia, die geschlagene Stadt, und suhren durch das liebliche Vorgebirge und streiften durch Dörfer, die fast alle nckch Dominien, das heißt Gutsbezirke haben, sahen, die ersten Burgeii, die Vorposten her ragenden Reihe alter Kastelle und Raubritter- schlösser, verweilten an den großen Talsperren, die das wilde Wasser der nahen Berge in großartigen Seen stauen und seine wühlende Gewalt in Elektrizität umformen, sahen jenseits des Wassers die alte Neidburg, in der sich eine Jugendherberge eingebaut hat und in die auch die Arbeiterwohlfahrt jedes Jahr einen Teil ihrer Kin- der schickt. Wir fuhren weiter über die Berge und in die Berge und kamen auch in das Bad Flinsberg , in die dunkle jausende Herrlichkeit schwarzer Wälder, in die Einsamkeit stiller Weg«, in das Tosen stürzender Gewässer. Die große Flurbereinigung in Deutschland setzt langsam ein. Auch in Flinsberg , dem vornehmen Modebad, haben die Kranken- lassen eigene Erholungsheim«. Ist es aber nicht grausam und arotesk, daß ein Arbeiter erst sehr krank sein muß, ehe er die ge- segnete Schönheit seiner Heimat kennen lernt? Um Flinsberg baut sich der bunte Jahrmarkt jedes Kurortes auf: Cafäs und Kaufläden, Musik und Tanzsäle, gepflegte Anlagen, gepflegte Menschen. Ja, ogar die kleinen Hunde, mit denen die Damen spazieren gehen, ind gepflegt. Im Isergebirge , vornehmlich auf der anderen Seit« n Böhmen, glühen die Glashütten. Drüben und auf unserer Seit« blasen die Arbeiter mit den langen Pfeifen lautlos— nur der Schweiß glänzt auf den geäderten Stirnen— die Kelche, Gläser und Schalen, die dann funkelnd und geschliffen die schimmernden Weintrauben aufnehmen oder den gelben und roten Wein. Aber nicht für die Textiler oder Glasbläser. Um die Arbeit in den Hütten zu sehen, verließen wir Flinsberg und fuhren ins Riesengebirge hinauf, zur Iosephinenhütte in Schreiberhau .
Zm Schweiße des Angeflchts.. Von B. Reumaml. Schon im Himmel, als er noch mit den Engeln zusammen den Schöpfer des All in Lobgesängen pries, hörte er sagen, daß Arbeit so ein Ding sei, das das Leben versüße. Und als scholastischen Kommentar zu dieser Behauptung fügten die gut dotierten Ver- dolmetscher des göttlichen Willens hinzu, daß der Allmächtige den Menschen nicht nur wegen der Erbsünde aus dem Paradies vertrieben habe, sondern vielmehr darum, weil er, der erste und größte Psycho- analytiker aller Welten und Zeiten, erkannt hat, daß, wenn ex von seinen Ebenbildern endlich Ruhe haben will, ihnen die gebratenen Tauben nicht in den Mund fliegen dürfen. Und da es zum Wesen eines Gottes gehört, bis in die Fingerspitzen extrem zu sein, so hat er gleich befohlen: Im Schweiße deines Angesichts usw. Natürlich wußte damals Gottes kleiner Chorist, recte unser zukünftiger Mitbürger noch nicht, daß es so etwas wie„Erziehung" gibt und daß man Kindern nicht alles sagen darf. So erfuhr er zum Beispiel nicht, daß nicht alle Menschen im Schweiße ihres Angesichts arbeiten müsien und noch vieles andere nicht. Er wußte auch nicht, nach welchen Prinzipien die Einteilung der Zöglinge in die Welt- Marschkompanie erfolgt und von welcher Bedeutung sie für das weitere Leben ist, denn sonst hätte er vielleicht versucht, es sich zu richten. Jedenfalls wurde ihm eines schönen Tages, als er vor der himmlischen Musterungskommission, der ein gewesener österreichisch- ungarischer Oberst für besondere Verdienste um sein irdisches Vater- land vorstand, erschien, ein schriftlicher Marschbefehl erteilt, und als Reiseziel eine kranke, blasse Frau, die in einer dunklen, nassen Stube wohnte und im Schweiße ihres Angesichts arbeiten mußte, bekannt- gegeben. Neun Monate lag er in der kranken, blassen Frau und lebte ihr Leben mit. Bei der Arbeit, die sie im Schweiße ihres Angesichts verrichten mußte, wurde er geschüttelt, er hörte das Klopfen ihres Herzens, den Husten ihrer Lungen, und die tiefen Seufzer, die sie herunterschluckte, drangen bis zu ihm. Nach Ablauf dieser Zeit hieß es„Das Licht der Well" erblicken. So lautete der Marschbefehl. Das Seufzen der kranken, blassen Frau wurde lauter und lauter, zum erstenmal hörte er Weinen. Und als er„das Licht der Welt" erblickte, war er im Zweifel, ob das Licht sei, denn er sah nur eine dunkle, nasse Stube. Zum erstenmal hörte er eine tiefe Stimm«, in der merkwürdigerweise etwas zitterte. Denn oben im Jenseits sprach man ganz anders. Wie es sich bald herausstellte, gehört« diese Stimme dem Manne, der, wie es in der dem Marschbefehl beigefügten Instruktionsnota hieß, im Besitz einer ihm gnadenweise überlassenen Bezugskarte auf lebenslängliche Vaterschaft war. Nun machte sich unser neu einrückender Weltbürger, der oben von einem geschwätzigen Portier im Vertrauen erfahren hatte, daß „Groß sind die Festlichkeiten, mit denen sie empfangen werden", für die Empfangsfeierlichkeiten parat und legte sich nach himmlischen Zeremoniell eine Antrittsrede' in cher ollem seinen Altersgenossen gemeinsamen Plärrsprache zurecht. Und fchon verabreichte ihm die „Welt des Lichtes" die erste Enttäuschung. Mit dem Ehrgeiz einer Antrittsrede war es vorbei, denn in den neun Monaten, die er in der kranken, blassen Frau oerlebt hatte, floh ihr Blut durch seine Adern, von ihrem Herzen in sein Herz, und er hatte wie ein einfacher Mensch einfach fühlen gelernt. Er erkannte an der tiefen Trauer, die ihn aus den Augen der kranken, blassen Frau und denen des Mannes mit der tiefen Stimme, in der etwas zitterte, anstarrte, daß ihi�en gar nicht festlich zumute sei. Natürlich war auch Trauer für ihn bisher ein Buch mit sieben Siegeln, denn oben im Himmel sang man nur Lobgesänge und das Fleisch des Liviathan reichte für alle Zeiten Mein kleiner, lieber Bruder! Nicht, daß du gekommen bist, stimmte sie traurig, sondern wie du leben wirst. Floß doch das Blut der tranken, blassen Frau durch deine Adern, von ihrem Herzen in dein Herz... Und da er wie ein einfacher Mensch denken und fühlen gelernt hatte, so legte er sich still an die Seite der kranken, blassen Frau und oerbarg sein Köpfchen an ihren müden, trockenen Brüsten. Das ist die Geschichte der Storchzeit unseres junden Freundes. Was jetzt folgt, ist Leben, Leben— das meinem und deinem so öhn- lich ist wie der Schweiß meines Angesichtes dem Schweiße deines Angesichtes, wie Träne— Träne und Blut— Blut ähnlich ist. < Willst wissen, wie er gelebt hat? Wie Haft du gelebt, Bruder? Nicht einmal eine Wiege Hot er gehabt, denn der Schweißertrag unseres Angesichtes reicht nicht für eine Wiege für unsere Kinder, die wir auf allerhöchsten Befehl zum Lobe des Allerhöchsten in die Welt setzen. In einem Korb verbrachte er seine Kindheit, einsam und freudlos, und wenn das Leben auf die Fensterscheiben der dunklen, nassen Stube brennende Fragezeichen hinschrieb, war nie- mand da, der sie ihm hätte beantworten können. Der Schweiß des Angesichtes konnte auch nicht die Brüste der kranken, blassen Frau mit Milch füllen, und sie blieben trocken und müde. Und bevor er � noch wußte, was Leben ist, und bevor er noch ahnte, was Tod ist, starb sie. Die Lungen, deren Husten ihn schon vor seiner Geburt erschüttert hatte, rieselten in einem roten Strom Blutes, das einst- mals von ihrem Herzen in sein Herz geflossen war, aus ihrem Munde auf den schmutzigen Fußboden und die letzten Tropfen kalten Schweißes bedeckten ihr Angesicht. Nun blieb er allein mit dem Manne mit der tiefen Stimme, die jetzt noch mehr zitterte. Sein weiteres Leben? Wie hast du gelebt, Bruder? Schule: Der Lehrer dozierte im selben Tone wie die gut- doiiertcn Vcrdolmetscher des göttlichen Willens:„Du sollst nicht! Du sollst nicht:... Nur eines sollst du ja:„Im Schweiße deines Angesichtes" und so wuter. Und merkwürdigerweise schaute dabei »d-r Herr Lehrer immer nur ihn an. wie wenn das nur für ihn Geltung hätte. Jetzt begann er erst richtig zu erfassen, was für Be- deutung die Einteilung der Kinder in die Wcllinarschkompanie für da? Erdenleben hat. Kinder und— Kinder. Er— und die anderen. Und ein noch zaghaftes und leises„Warum?" richtete seine junge Seele an die heilige Ordnung der Welt. Oft schien es ihm, daß die verschiedenen Näschereien und Spielzeuge, die die ..anderen" mit hatten, den Schweißgeruch des Mannes mit der tiefen Stimme, in der etwas zitterte, ausströmten. Aus das noch zaghafte und leise„Warum" seiner jungen Seele wußte sein junger Verstand noch keine Antwort. Im Schweiße deines Angesichtes... Er hätte noch gern ge- lernt, aber eines schönen Tages sagte ihm der Mann mit der Be- zugskarte auf lebenslängliche Vaterschaft:„Es geht nicht weiter. Mit mir geht es zurück, ich habe fast keinen Schweiß mehr. Du mußt in die Lehr'." Und er ging in die Lehr'. Wie er gelebt hat? Wie hast du gelebt, Bruder? Schweiß und Schweiß, Demut und
Erniedrigung und keinen Lohn. Nur hie und da fiel in das lauter gewordene„Warum" feiner jungen Seele ein Wort eines älteren Arbeitsgenossen, hie und da sah er einen Blick, eine Faust den Hammer stärker drücken, und sein älter gewordener Verstand begann die Antwort zu ahnen. Die Lehrzeit war um.„der Mann muß hinaus ins feindliche Leben." Im Schweiße deines Angesichtes... er schwitzte reichlich. Eines Tages wurden er und viele andere aus der Fabrik hinausgeschmissen. Das hatte man im Himmel, selbst- verständlich aus„Erziehungsgründen", nicht gesagt, daß es passieren tänn, daß man im Schweiße des Angesichtes arbeiten will und man weiß nicht wo. Darum wurde das„Warum" seiner jungen Seele lauter und stärker, aber in seinem Verstand regte sich schon, obzwar noch zaghaft und leise, die Antwort. „Auf die Straße!" rief einer der Arbeitsgenossen, und er und die vielen anderen gingen auf die Straße und schrien:„Arbeit! Arbeit! Wir wollen im Schweiße des Angesichtes arbeiten!" Plötz- lich tauchten„hoch zu Roß" uniformierte Menschen auf, deren Ge- sichtcr seinem und seiner Arbeitsgenossen so ähnlich waren, wie Schweiß Schweiß und Blut Blut ähnlich ist. und schrien aus ihm unbekannten Gründen:„Auseinandergehen! Auseinandergehen!" „Wir wallen ja nur arbeiten! Im Schweiße des Angesichtes arbeiten!" Es half nichts. Diese uniformierten Menschen, deren Gelichter seinem und seiner Arbeitsgenossen so ähnlich waren wie Schweiß Schweiß und Blut Blut, schrien unablässig:„Auseinandergehen! Auseinandergehen!" und als es nicht wirkte, begonnen sie zu schießen. „Arbeiten! Arbeiten! Brot!" „Auseinandergehen! Auseinandergehen!" Und während er im Chore feiner Arbeitsgenossen mitschrie, wurde in seinem Verstand die Antwort auf das„Warum" feiner jungen Seele geboren: Zwei Wellen... Ja, aber warum schreien und schießen gerade die, deren Gesichter seinem und seiner Arbeits- genossen so ähnlich sind, so rücksichtslos? Und während die neue Frage in ihm auftauchte, fühlte er plötzlich einen Stoß im Rücken, und er taumelte zu Boden. „Arbeiten! Arbeiten!" .Auseinandergehen! Auseinandergehen!" hörte er noch rufen.
und sein Blut rieselte wie das der kranken, blassen Frau, das einst- mals von ihrem Herzen in sein Herz floß, in einem roten Strom auf die grauen Straßensteine. „Arbeiten! Arbeiten!"„Auseinandergehen! Auseinandergehen!" Und der kleine Chorist Gottes starb. Bruder!
Kein Aussterben der Indianer. Die allgemein verbreitete Annahme, daß die Ureinwohner Amerikas zum Aussterben verurteilt seien, erweist sich, im Licht der Tatsachen besehen, als falsch. Die Statistik läßt vielmehr erkennen, daß sich die Indianerbevölkerung während des letzten Vierteljahr- Hunderts vermehrt hat. Ein großer Teil der Indianerstämme hat sich modernisiert und den Lebensgewohnheiten der Weißen angepaßt: andere wiederum haben die Tradition hochgehalten und sind Jäger und Fischer, wid ihre Vorfahren, geblieben Im Staat New Dork gibt es die„hundertprozentigen Nachfahren der reinrassigen Indianer"/ die Onondagas, die etwa 20 000 Acres Boden bebauen.
Ziegenmilch gegen vlitzgefahr? In früheren Jahrhunderten war man der Ansicht, daß ein Feuer, das durch einen Blitzsträhl verursacht worden ist, nicht mit gewöhnlichem Wasser gelöjchi wer- den könne, sondern daß dazu andere Löschmittel notwendig seien. Diese Ansicht käm auch in einer offiziellen Berliner Feuerardnung aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts zum Ausdruck. Es hieß in dieser Feuerordiiung ausdrücklich: Feuer, das durch einen Blitz- strahl verursacht worden ist, könne, wie von alters her bekannt, niemals durch einfaches Wasser gelöscht werden. Am besten, sei es. dabei Ziegenmilch zu verwenden: habe man diese nicht zur Hand, so müsse das Wasser durch bestimmte Zutaten gegen das„Blitzfeuer" erst„sicher" gemacht werden. Ob die Berliner Ratsherren, die diese Feuerordnung erließen, selbst ausprobiert haben, daß„gewöhn- liches" Wasser gegen das„Blitzfeuer" nicht hilft, wird nicht berichtet. Reue Tiefseeforschungen. Der amerikanische Tiefseesorscher Dr. Beebe hat einen neuen Tauchzylinder konstruiert, mit dem er eine englische Meile tief tauchen will, um das Geheimnis der Tiefsee zu erforschen. Er befindet sich zurzeit in England auf der Suche nach einer Glasart, die dem gewaltigen Druck des Wassers ftandhäll,