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Rund um den( Klassenjustiz- Zu Unrecht macht man diesem Urteil den Dorwurs der Klassen- justiz. Es gibt keine Klassenjustiz in Rußland wenigstens keine einseitige. Beweis: die deutschen Ingenieure und Techniker wurden freigesprochen. Hätte das Gericht gewollt, so wären sie natür» lich genau so Perurteilt worden wie ihre russischen Kollegen. Denn nicht nur für Falstaff sind Gründe wohlfeil wie Brombeeren. Mit dem allgemeinen Begriff dersozialen Gefährlichkeit" kann man jeden Mißliebigen erledigen. Warum also hier nicht? Es ging nms Geschäft? Die beut- schen Jndustrietonzerne, die AEG. usw., hatten offen ge- droht, keinen Ingenieur, kein Dynamo und kein Stück Kabel mehr nach Rußland zu schicken, wenn ihren Angestellten nur ein Haar gekrümmt würde. Man muß zugestehen, daß das russisch« Gericht, an der Spiße der allgewaltige Generalprokurator Krylenko , g e- wisscnhaft auf diese Drohung eingeschwenkt ist. Der Freispruch der Deutschen läßt sich im kommunistischen Jargon alsein hundertprozentiges Urteil im Inter- esse des T r u�t k a p i ta l s" charakterisieren. Innenpolitisch Klassenjustiz des Bolschewismus, außenpolitisch Klassenjustiz des ausländischen Trustkopitals einseitige Klassenjustiz, ist das wirklich nicht! Es gibt keine Todesstrafe! Eine Todesstrafe wie in Deutschland ... besteht in der Sowjet» union überhaupt nicht." Wo steht das geschrieben? Im Kommentar derRoten Fahne" zum Schachty -Prozeß. Hinterher erfährt man allerdings, daß an die Stelle der Todes- strafe die segensreiche Einrichtung derphysischen Vernich- tung des'Konterrcvolutionär s" getreten ist. Der Unter- schied zwischenTodesstrafe" undphysischer Vernichtung" deckt sich genau mit dem zwischen Köpfen und Erschießen. Leugne einer den Fortschritt! Weiter im Text derRoten Fahne": Der Tod als Maßnahme der sozialen Verteidigung des sozio- listischen Aufbaues wird in der Sowjetunion verschwinden, sobald das Kapital, sobald die Sozialdemokraten auf ihre An- schlüge gegen die Sowjetunion verzichten, die sie ihren sozialistischen lilufbau in Ruhe vollenden lassen. Logik! Man erinnert sich:Der§ 218 wird sofort oerschwinden,

Schachty-Prozeß. aber für wen? wenn die Abtreibungen aufhören." Oder:Die Todesstrafe wird ab» geschafft, sobald die Herren Mörder den Anfang machen!" Die Anschläge" der Sozialdemokraten bestehen bekanntlich in einer fach- lichen Kritik an den Staats- und Wirtschaftsverhältnissen Sowjet» rußlands . Man braucht bloß diese Kritik einzustellen und bis Erschießungen werden aufhören? Wirksamer kann Mussolini sein System auch nicht verteidigen. Kunst des Zitierens. Der Sinn und die Absicht dieser Kritik an dem Urteil geht au» den Lehren und Folgerungen hervor, die derV o r w ä r t s" und die bürgerliche Presse aus dem Urteil im Schachty -Prozeß ziehen und die sich ungefähr so äußern:..." So schreibt dieRote Fahne" und zitiert dann in Anführungs» zeichen mehrere Sätze, die sie sich selber ausgedacht hat. Vergebens sucht man in dem Kommentar desVorwärts" zum Schachty -Prozeß auch nur dem Sinne noch einen Satz, der sich mit dem Zitat der Roten Fahne" deckt. Aber das Konnnunistenblatt ist gegen den Vorwurf der Fälschung gesichert. Es Hot ja geschrieben, daß derVorwärts" sichunge- fähr so" geäußert habe. Und darunter läßt sich auch schließlich das Gegenteil verstehen! Kritik der Prozeßführung. In einem Blatt lesen wir folgende Sätze: Es mag fein, daß vieles, was die Angeklagten vor und wäh- rend des Prozcstes von ihrer Schädlingsarbcit erst den aus­wärtigen Auftraggebern, dann den Untersuchungsrichtern und cnd- lich dem Obersten Gerichtshof erzählt hoben, übertrieben war in der Hoffnung auf höhere Belohnung, auf mildere Bestrafung. Wenn dem so ist, so hat dieser Prozeß das Gute gehabt, daß man im Ausland mit Greuelmärchen über Geheimorganisationen und Sonspiralionen in wirtschaslo- organisationen und Mimsterzimmern nicht mehr hausieren wird." Es oerdient immerhin Beachtung, daß diese Sätze geschrieben stehen im Abendableger derRoten Fahne"! Was diese selber nicht verhindert, munter weiter mitGreuelmärchen über Geheimorganisationcn und Konspirationen zu hausieren". .Jonathan.

Behörden und Republik . Zwei Wünsche an das Kabinett permann Müller. Aus Kreisen der Postbeamten wird uns geschrieben: Die Reichsregierung hat dem Reichstag den Gesetzentwurf zur Nominierung des 11. August als Nationalfeiertag zugehen lassen. Sie beweist damit, daß sie gewillt ist, das Ansehen der Republik auch nach außen zu fördern und zu festigen. Kein Zweifel: sie wird auch die Kraft finden, ihren Willen durchzusetzen. Hier eine An- rcgung, die geeignet ist, die Reichsregierung in diesem Bestreben zu unterstützen. Nach der vom Landtag gebilligten Flaggenverordnung der preußischen Regierung haben in Zukunft am 11. August und an anderen hierfür bestimmten Tagen auch die Amtsgebäude der G e- m e i n d e n und die Schulen die deutsche Nationalflagge zu setzen. Schwarz-Rot-Gold wird also auch auf dem platten Lande in den Dörfern amtlich gezeigt werden. Wieso soll dies aber nur durch preußische oder Gemeindebehörden geschehen? Es gibt doch ist vielen Dörfern und Marktflecken auch P o st a g e n t u r e n, die Reichs- behörden sind und deren Vorsteher den Diensteid auf die Reichsoer- fafsung abgelegt haben. Weshalb werden die Postagenten nicht an- gehalten, ebenso wie die Postämter die Postflagge zu setzen? Den kleineren Postanstalten auf dein platten Lande eine Postdienstflagge schwarz-rot-ogld mit dem Posthorn zu liefern ist keine uner­schwingliche Ausgabe. Sie macht sich außerdem sehr gut dadurch bezahlt, daß durch vermehrtes Zeigen der Reichsfarben auch die ländliche Bevölkerung mehr und mehr an sie gewöhnt wird. Gut wird es sich ausnehmen, wenn auf dem Gutshause des Herrn Rittsr- gutsbesitzers von und zu X, der gleichzeitig das Amt des Postagenten bekleidet, die schwarzrotgoldene Flagge an den Feiertagen der Re- publik weht. Neulich, als der junge Fürst Bismarck in Friedrichsruh feine Hochzeit feierte, hatte der Postagent, ein Angestellter des Fürsten , die Handelsflagge gehißt. Müssen die Postagenturen als Reichsbehörden die Nationalflagge setzen, wird sie künftig auch über Friedrichsruh wehen, lind sollten sich die Herren weigern, so wird es dagegen Mittel geben. Es sind genug Kriegsbeschädigte da, die nur darauf warten, endlich die Verwaltung einer Postagentur übertragen zu erhalten. Der erste Wunsch an das Kabinett Hermann Müller geht also dahin, mizuordncn, daß auch alle Postagcnturcn künftig die Reichs- postflagg« zu hissen haben. Weiter: Zum 30. Geburtstag des Reichspräsidenten von Hinden- bürg wurden für sämtliche Reichsbehörden Hindenburgbilder beschafft und in den Dienstzimmern der Behördenoorsteher aufge- hängt. Natürlich läßt sich dagegen nichts einwenden. Als nun aber republikanisch gesinnte Beamte hier und dort den Versuch machten, auch Bilder des verstorbenen Reichspräsidenten E b e r t in den Di«nsträumen aufzuhängen, wurden sie von den Vorgesetzlen daran gehindert: es wurde ihnen einfach oerboten. Ja, der Vorsteber des Postamts 1 in Dortmund , ein rechtsradikaler Obcrpostdirettor, besaß sogar die Geschmacklosigkeit, das Bild Eberts, das Beamte in ihrem Erfrischungsraum angebracht hatten, entfernen zu lassen, weil das Postamtpolitisch neutral" sei. Er wollte dann gnädigst erlauben, daß das Ebertbild in dem im Kellergeschoß gelegenen Zimmer des Betriebsrats aufgehängt wird. Hierin muß WandA geschaffen werden. Der zweite Wunsch an das Kabinett Hermann Müller ist: B e- schaff ung guter und würdiger Ebertbilder für sämt- liche Reichsbehörden und Anordnung, sie in den Dienstzimmern der Behördenvorsteher an gleichwertigen Stellen, wie sie dem Hinden- burgbild eingeräumt wurden, auszuhängen. Beide Wünsche betreffen Aeußerlichkeiten, die aber ihren Wert haben.

Spater vielleicht! Kommunistischer Reichstagsabgeordneter für Koalations- Politik. Der Berliner Volkswille", das Organ der U r b a h n s- Leute, berichtet aus dem Ruhrgebiet : Endlich, nach langer Zeit, hat die KPD. , Ortsgruppe Karnap im Ruhrgebiet , sich mal wieder aufgerafft, eine öffentliche Ver- sammlung zu veranstalten. Diese fand letzten Freitag statt. Als Referent war der neugebackene Reichstagsabgeordnet« Adler, Hamborn , verpflichtet worden. Er sprach über das Thema:Die große Koalition im Reichstag". Seine Ausführun- gen gipfelten in der Richtung, daß man sich heute noch nicht an einer Regierung beteiligen könne, vielleicht aber später einmal. Danach scheint dieser Adler- Hamborn ein nachdenklicher Kopf zu fein. Wahrscheinlich hat er das neue bolschewistische Weltpro- gramm gelesen und sich danach ausgerechnet, daß es bis zum Kom- niunismus mindestens noch hundert Jahre dauern wird. Bis dahin wird aber doch noch einiges passieren, und die sehr wand- lungsreiche KPD. wird sich inzwischen auch noch oft wandeln. Weiß man also, was noch kommt? Ja, und vielleicht kommt es noch schneller, als man denkt! Die Reaktionäre melden sich. Landbunb gegen Rationalfeiertag. Der Gesamtoorstand des Reichslandbundes veröffentlicht folgenden einstimmig gefaßten Beschluß: Die Einsetzung des 11. August als Nationalfeiertag ist abzu- lehnen. Politisch liegt kein Grund vor, den Tag der An- nähme der Verfassung, deren starke Reformbedürftigkeit heute in allen Kreisen des Volkes anerkannt wird, zu feiern. Wirtschaftlich ist der August als Erntemonat für den Landwirt zur Schaffung überflüssiger Feiertage im höchsten Grad« ungeeignet. Der Reichslandbund hat damit seine republikfeindliche Stellung wieder einmal offen bekundet. Es ist derselbe Landbund, der im Fordern von Subventionen sich täglich überbietet, Staatsmittel von der Republik in Anspruch nimmt, wo er sie bekommen kann, und zum Dank dafür den Steuer st reik propagiert. Die Leute dieses Landbundes lieben es, die republi- kanifchen Minister mit ihren Abordnungen zu belagern. Wie wäre es, wenn die Minister der Republik endlich einmal den politischen Quertreibern vom Landbund eine gebührende Ant- wort für ihre Ratschläge erteilten und sie als landwirtfchaft- lich« Sachverständige ablehnten"

Wie ans Moskau gemeldet wird, erhielt K a l i n i n von Aman llllah aus Kabul ein Telegramm, worin der König für die ihiv erwiesene Gastfreundschaft während seines Besuches in Rußland dankt.

Eine ganze Familie erstickt. Vater, Mutter und Kind. In Veert bei Holländifch-Limburg stürzte zur Rachlzcit anscheinend infolge Blitzschläge» eine Seilenmauer des Gelrcidefpeichers der Firma Gebr. van de Venne ein. Die Ge- stcinsmasicn und große Viengen Getreidevorräte sielen aus da» Dach der Vohonng des Betriebsleiters und b e. gruben diesen, seine Frau und ihr fünf Monate altes Kind, die einen qualvollen Erstickungeiod starben.

Oer Tote von Mein-Machnow. In der Rotwchr erschossen. Vor einigen Tagen wurde, wie wir mitteilten, ein früherer Fuhrmann ll e b e aus der KolonieWest" bei Stahnsdorf auf einer Wiese bei Klein-Machnow erschossen aufgefunden. Der Schütz« wurde bald festgestellt in einem Arbeiter W. aus Klein-Machnow . W. gab an, daß er Hebe beim Diebstahl in feinen: Garten überrascht und in der Notwehr erschossen habe. Ohne zu wissen, daß er seinen Gegner so schwer getroffen hatte, war W.

Robiles Erfolg.

Die Expedition Robilcs soll keine praktischen Erfolge gezeitigt haben? Im Gegenteils Sie hat Oertlichkeiten für Mussolini ausgekundschastet, die sich hervorragend zur Llnterbringung der politischen Verbannten eignen.

wieder weggegangen. Die Ermittlungen ergaben, daß die Darstellung W.» wohl der Wahrheit entspricht. W. ist ein unbescholtener Mann, der schon seit zwanzig Jahren in einer großen Fabrik arbeitet. Wiederholt wurden in seinem Garten Diebereien verübt. Das veranlaßte ihn, Nächte hindurch den Garten zu überwachen. Sa war er auch in jener Nacht wieder auf Posten. Jetzt überraschte erinllebedenDieb und gab eine» Schuß aus ihn ab, als dieser mit einem Messer aus ihn eindrang. Diese Darstellung ist glaubhaft, und ihr entspricht auch die Sllyißrichtung. W., der vorläufig festgenommen worden war, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Akten wurden von der Kriminalpolizei der Staats- anwaltfchaft eingereicht.

Die Ltntersuchung über das Autobusunglück. Das Autobusungiück, das sich am gestrigen Freitagabend am Lützowuser ereignete und bei dem 14 Fahrgäste verletzt wur- den, ist, wie die bisherig« Umersuchung ergeben hat, zum gröhte.r Teil aus das schlüpfrige Pflaster zurückzuführen, auf dem der Auto- bu» ins Schleudern geriet. Eine gewisie Schuld trägt allerdings der Fahrer, der offensichtlich zu scharf gebremst hat, ohne genü» gend auf die Gefährlichkeit des Pflasters zu achten. Die Verletzungen der Fahrgäste haben sich glücklicherweise als wenig schwer her. ausgestellt und sämtliche Derunglückte konnten von den Rettung»- stellen, wo ihnen die erste Hilfe zuteil wurde, wieder in die Woh» nungen entlassen werden. Der verunglückt« Wagen ist ein Fahr» zeug eines ganz modernen Typs, der erst ein halbes Jahr in Be- trieb stand.

Neuer Konflikt in der Rheinschiffahrt. Vor einem Streik des holländischen Personals. Rotterdam . 7. Zuli.' Die Verhandlungen der Unternehmer und der Arbeiter in d?e niederländischen Rheinschiffahrt find gescheitert, da die Unternehmer die Forderung von Mehrarbeit de» Personals von Schleppschiffen nicht fallen lassen wollten. Das jetzt laufende Uebereinkommen war bereits abgelaufen, aber um eine Woche verlängert worden, um Ge- legenhsit zu Verhandlungen zu geben. Der Transportarbeiterbund wird am Sonnabend und Sonntag feine Mitglieder zu einer Der- sammlung zusammenberufen, in der wahrscheinlich der Streik be« schloffen werden wird.

Einrepublikanischer" Studienrat. Ter Studienrat Freitag von der Studienanstalt in Ostenburg am Main hielt Ende März 1928 bei einer Veranstaltung des Vereins für das Deutschtum im Ausland eine Rede, in der er unter anderem ausführte, das deutsche Volk feiein Volk ohne Fahne". Wir müßten den Zustand erreichen, daß es nur noch Deutsche und Richtdeutsche gäbe. Darauf ließ der Redner mit wogerechtem Erheben der rechten Hand die Zuhörer in ein dreifaches ,F)eil" einstimmen. Auf Veranlassung der Republikanischen Beschwerdestelle hat nunmehr der hessische Minister für Kultus und Bildungswesen den Studienrat Freitag aus das Ungehörige feiner Aeußcrung hingewiesen. » Die sozialdemokratische Stadtverordnetensraktion Dortmunds hat bei dem dortigen Oberbürgermeister Einspruch gegen die von der Stadt geplanten Empfangsfeierlichkeiten für Köhl und Hünefeld erhoben, nachdem bekannt geworden ist, daß diese sich für reaktionär« Organisationen mißbrauchen lassen und im Haus« Doorn einen Be- such abstatten wollen. * Als Folge der Nachgiebigkeit Seipels gegenüber Mirffolini wer» den In den letzten Gemeinden S ü d t i r o l s, in denen neben ita- lienifchen auch deutsche Aufschriften sind, die letzteren noctz in diesem Jahre oerschwinden.