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Beilage

Donnerstag, 19. Juli 1928.

im

tschechischen Industrie­

WILDING

Krommar

15 spolusjyse mo

zentrum

murde nach vierwöchiger Dauer vor kurzem erfolglos eingestellt. Benn auch nach dem Umfturz das tschechisch- nationale Element im Rohlenrevier einen starten Aufschwung nahm, so haben sich die Deutschen doch in zahlreichen führenden Posten erhalten; auch die Zahl der qualifizierten Arbeiter ist zu einem gut Teil deutsch , wäh­F rend die große Masse der Arbeiter Tschechen, Polen und Slowaken sehr zum Berger der tschechischen Chauvinisten, die alle Betriebe in den Händen national verläßlicher Leute sehen möchten. Daher erklärt sich wohl auch die starke Bevormundung der Aus­länder, die vor allem die in dortigen Betrieben beschäftigten Reichs, deutschen betrifft. Nach dieser Verordnung teilt man die Ausländer

Schornstein neben Schornstein, hochragende Fördertürme mit freisenden Räderpaaren, Kühltürme, aus denen ganze Wolfen weißen Dampfes in den rußigen Himmel schmelen, Inarrende Draht. feilbahnen mit den unablässig rollenden Kohlenmägelchen, ausge dehnte Halden, die fleinen Gebirgen gleich bis in die Stadt hinein­reichen und mit ihrer einförmig violetten Färbung einen melancho lischen Zug in die Landschaft bringen, dazmijden mogende Getreide felder, stille Teiche, träumerische Haine so baut sich aus den nerschiedenartigsten Elementen hart an der oberschlesischen und polni­fchen Grenze das Zentrum der tschechoslowakischen Industrie- das Dftrau Karminer Renier auf.

l

Mit Riesenschritten geht heute Dstrau, das nach. Eingemeindung zahlreider benachbarter Ortschaften den stolzen Namen Groß­Oftrau" führt, den Weg aller Industriestädte; saugt die Bevölkerung aus dem umliegenden flachen Lande und ballt fie in den zahllosen Betrieben und Bergwerken zusammen. Schafft soziale Fragen, die im Falle Ostrau durch die gemischtsprachige Bevölkerung sich beson. dars fompliziert gestalten. Alles ist auf einmal zu flein gemorden. In amerikanischem Tempo steigen umfangreiche Riesenbauten in die Höhe ,, Palais", wie man hier zu sagen pflegt, ein neues Rathaus, in dem die tschechischen Sozialdemokraten mit dem Bürger­meister Jan Protes das Wort führen, eine neue Sparkasse, ein meues Kreisgericht.

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In den alten engen Gassen fällt eine alte Bude nach der anderen der Spizhade zum Opfer und macht großen gefunden Neu­bauten Plaz. Da ist das Lidovy dum", der Mittelpunkt der Jozial­demokratischen Arbeiterbewegung, in dem sich auch die Redaktion des Parteiorgans und das Sekretariat der Arbeiterakademie befinden. Dann der moderne Bau des Künstlerhauses", in dem Ausstellungen tschechischer und deutscher Künstler stattfinden. Nicht nur, daß die Ausstellungen eine hohe Besuchsziffer aufweisen, es wird auch ver Pauft. Nicht meit vom Künstlerhaus" wird ein Baffagenbau nach Mailänder Muster aufgeführt. Die große Wohnbauaktion für die Arbeiter und Angestellten des Eisenwerts Wittowiz anläßlich seines 100jährigen Bestehens wird das Gesicht Ostraus weiter verändern. de 2000 Einwohner zählte Ostrau vor hundert Jahren. Heute be­schäftigt das Eisenwert Wittowiß, das man getrost mit den Krupp­Werfen vergleichen fann, allein 18 000 2rbeiter. Früher Eigentum der Olmützer Bischöfe, ging es später in die Hände einer Gesellschaft über, deren Hauptteilhaber Baron Rothschild war. Die Zahl der im Dftrau- Karminer Revier beschäftigten Bergleute beträgt 40 000. Biele pon ihnen verfuchten vor einigen Jahren, in Frankreich unter­

Krommer

bilden

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Der Flötenbläser

Krammes

lockt Kunden für seine Korbwaren.

140 PAW Eitelkeit und ,,

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

in zwei Kategorien: folde, die vor dem 1. Mai 1923 in die tschecho. flomatische Republik gekommen sind, und solche, die nach diesem Termin hereintamen. Die letzteren, wollen sie nun als Angestellte oder Arbeiter bleiben, bedürfen einer Bewilligung des Landes arbeitsamtes, die nur für ein Jahr erteilt wird. Für die erste Kate­gorie pon Ausländern aber hat man die etwas merkwürdige Be­stimmung getroffen, daß sie sofort ihre günstigere Position verlieren und als Ausländer zweiter Güte behandelt werden, sobald sie in Laufe eines Jahres länger als sechs Wochen oder sich auf einer ein­maligen Reise länger als drei Wochen außerhalb der tschechoslowaki­schen Republik aufhalten. Reichsdeutsche, die z. B. als Ingenieure hier tätig sind und häufig Studienreisen ins ferne Ausland unters nehmen müssen, werden von dieser Bestimmung in erster Linie be­troffen. nella pet da pipe

stand gegen das große Projekt der Oberkanalisation bemerkbar, das Aus politischen Erwägungen heraus machte sich auch der Wider. erst in Zusammenarbeit mit reichsdeutschen Stellen durchgeführt murde. Die Strede von Kosel bis Dderberg bearbeiteten die Deut schen, während die Tschechen den Rest bis Prerau übernehmen follten. Dieser großangelegte Plan, der Ostrau zu einer Handels­metropole ersten Ranges mit zwei Häfen in Witkowitz und Hruschau erhoben hätte, ist wieder einmal auf die lange Bant geschoben wor­den, obwohl seine große Rentabilität einwandfrei festgestellt ist. Für das Eisenmerk Bitfowig, das eigene Erzgruben in Sweden bejizt, hätten sich die Transportkosten von Erz auf dem Kanal beträchtlich perbilligt.

Mit ihren Industrieprodukten ist die Tschechoslowatel in erster Linie auf Deutschland als Absatzgebiet angewiesen, während das befreundete Bolen fast überhaupt nicht in Frage fommt. Die Politik der Annäherung der Tschechoslowakei an Deutschland . eine Folge der deutsch - französischen Verständigung, macht sich erst in beschei denem Umfang geltend. Die mit Infanterie, Artillerie und Tants geipidten Grenzgarnisonen lassen sich nicht nur mit der naiven Freude des neuen Staates an seiner schimmernden Wehr" erklären; in erster Linie dienen sie zur Aufrechterhaltung des Gebietsstandes. Deutschland hat an die Tschechoslowakei nur das Huldschiner Länd­den verloren, das Ostrau unmittelbar benachbart ist aber nicht weniger als 3,5 Millionen Deutsche leben in der tschechoslowakischen Republik. Diese starte Minderheit fämpft jetzt in den gemischt. sprachigen Gegenden um den Arbeitsplatz, um die Scholle, um die Schule, mährend im alten Defferreich das Verhältnis gerade um­gefehrt war.

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Daß unter dem neuen Regime fulturell und sozial für den Arbeiter mehr geleistet wird, steht außer Zweifel. Die vielen origi nellen Typen, denen man heute noch im Ditrauer Industriegebiet begegnet, geben der betriebſamen Stadt zwischen Oder und Oftra­miga ein besonderes Gepräge. Bosniafen" haben um ihren Leib einen wandernden Laden geschnallt, auf dem es Spiegel, Hosen: träger, Zahnbürsten, Pfeifen, Kinderflappern und hundert andere nigliche Sachen gibt. Eine Glüdspuppe" mird in einer Glasjänste herumgefahren und prophezeit aus den Karten die Zukunft. Slo­matische Korbwarenverkäufer suchen, durch Blafen auf der Hirten­flöte die Borübergehenden anguloden. Auf den steilen Kohlenhalben, hart über bem Fluffe, fauben Frauen und Mädchen mit hoch geschürztem Rod die restlichen Kohlenstüde. Eine eigentümliche Atmosphäre von Gemütlichfeit" und Beithaben" liegt über der färmenden Stadt, die in vielen Zügen schon östlich" anmutet, aber erft jetzt ihrer schlummernden Kräfte gewahr wird und sich gewaltig zu reden und zu ftreden beginnt.

"

Wissenschaft".

Der Rummelplatz des Lächerlichen.

Man wird nicht gerade behaupten fönnen, daß an den Univer­fitäten ausschließlich wissenschaftliche Arbeit geleistet wird. Schon immer find dort tiefgründige" Probleme gewälzt worden. So Ma koja moniafchrieb z. B. vor zweihundert Jahren der Superintendent Gühting in Chemnitz zwei Dissertationen darüber: Ob die Götter einen Bart gehabt und lleber die Ursachen desselben Bartes", und noch im Jahre 1905 erschien das Wert eines Professors der Theologie über die Topographie der Hölle. Auch die Chikagoer Universität befaßt sich mit ernsten Fragen; so hat man jetzt dort willenschaftlich ermittelt, daß ein junges Mädchen oder eine Frau 1800 Dollar im Jahre verdienen sollte, wenn sie aus eigenen Mitteln ihren Bedarf an Seidenstrümpfen und Theaterbefuchen decken will. Das Wirtschaftsinstitut dieser Universität hat eine genaue Auf­

Die ,, Glückspuppe", zime

eine mechanisch betriebene Kartenlegerin. zukommen; die Mehrzahl fam enttäuscht zurüd, nachdem sie mit tapper Not ihre Schulden bei den Betriebsfantinen abgezahlt hatten.

Zweifellos stellt der Arbeiter aus diesem ehemals zum alten Defterreich gehörigen Industriegebiet andere Ansprüche an Kost und Getränke als der Reichsdeutsche, ist ihm aber in bezug auf Orga nisation und Bildung unterlegen. Die bürgerliche Regierung, die in der Tschechoslowakei wieder am Ruder ist, bewirtte nur einen festeren Zusammenschluß der Arbeiterparteien, unter denen die Kommunisten gm stärksten find. Der von ihnen inszenierte Streit der Bauarbeiter

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ftellung gegeben, mieviel eine solche Frau auszugeben hat. Bezeich­nend ist, daß ein Drittel des Gesamteinkommens für Kleider drauf­gehen. Der Seidenstrumpf scheint überhaupt eine große Rolle in Amerifa zu spielen, denn in Milwaute erließ eine offizielle Persönlichkeit, die bei uns etwa dem Präsidenten einer Handels­fammer entspricht, einen Aufruf an die Studenten sämtlicher Hoch­schulen; darin marnt er die Akademiker beiderlei Geschlechts vor den Berkäufern von Seidenstrümpfen, die in Massen von redegewandten Reifenden den Studenten aufgehafft werden und sich, wie offiziell festgestellt wird, als Schund erwiesen haben: in fed

Die Eitelkeit hat auch im Arbeitsprozeß schon zu Kon fliften geführt, und diese Konflikte haben in amerikanischen Be­trieben zu Berordnungen Anlaß gegeben, wonach die weiblichen An­gestellten während der Arbeitszeit ihre Raje nicht pudern dürfen. Diese Maßregel wurde einem neugierigen Reporter gegenüber folgendermaßen begründet: Längere Beobachtungen zeigten, daß sich

Schatten über Harlem. bie Arbeiterinnen in der Stunde durchschnittlich viermal die Nase

sego

Ein Negerlied von Claude Me. Kay. Ich hör, ich höre Mädchen leise schreiten in Negerharlem, wenn der Abend fällt. Ich seh, ich sehe Schallen, Schalten gleiten- die Mädchenschalen, alles, ach, um Geld! O dunkle kleine Mädchen, die ihr spät und spähend Straßen auf und nieder geht...! O Enigkeiten bis zur Morgenglocke! 2 sl 0 Trippeln, Trippeln, Trippeln olme Ruh. Wann aus den Himmeln fällt die letzte Flocke und deckt in Gnaden Herz und Großstadt zu? O ihr auf dünnen Sohlen rindumreht- die ihr die Straßen auf und nieder geht. Du harte Welt, du treibst sie auf die Gasse du mirisi in Schande sie, in not und Leid, die heilig braunen Füße meiner Rasse­und randelst der Gefallenen Schüchternheit! 90eh mir, ihr Füsse, die ihr müd und spät, die Straßen Harlems auf und nieder geht! Uebersetzt von Josef Luitpold und Dr. Anna Nußbaum.

puderten; an die Puderorgie schließt sich jedesmal eine Reihe anderer Berschönheitserzezitien an, und das ergibt bei einer Belegschaft von Hunderten und Taufenden von Arbeiterinnen einen erheblichen Ber­luft für den Unternehmer. Auch vor und nach der Eitelkeitsaktion fchädigt has Bremsen und Wiederanlassen der Aufmerksamkeits­maschine die Intensität, der Arbeit. Den Damen entstand ein Ver­teidiger in einem Psychologen, von dem man nicht recht weiß, ob feine Ausführungen für die Damen schmeichelhaft oder Fränkend find. Er erklärte, eine Frau, die vor sich ständig den roten Schein ihrer schwigenden, ungepuderten Nase habe, werde dadurch non ihrer Tätigkeit abgelenft und arbeite langsamer, zerfahrener und ohne Ronzentration. Darum sei es mirtschaftlich flüger, den Frauen das Budern zu gestatten, denn ihr nachträglicher Eifer, den jie entfalteten, voller Zufriedenheit über ihre wiederaufgeblühte Schönheit, mache den kleinen Ausfall längst wieder wett.

Daß die Wissenschaft vor den Seidenstrümpfen und der Buder büchse nicht haltmachen würde, war vorauszusehen; es ist das Berdienst eines Fräuleins. Mary Dudderidge in Brooklyn , eine epochemachende Entdeckung veröffentlicht zu haben, die zweifel­los zu schweren wirtschaftlichen Kämpfen amischen sämtlichen Op­fifern und Tanzmeistern der Welt führen wird: die Dame hat mie, fagt sie nicht herausgefunden, daß man bei beginnender 2fugenschwäche nicht etwa zum Arzt oder zum Optifer gehen solle, um fich ein Augenglas zu besorgen, sondern auf den Tanz­boden. Die modernen Tänze, behauptet Fräulein Dudderidge, stärften nicht nur die Baden, sondern auch die Augenmuskeln. Db. das stimmt, wird sogar von ernsthaften Leuten bezweifelt.