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Rr. 34545. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Ein aussterbender Beruf.

Krommar

nicht zu vermedhjeln mit

Der Beruf der Solzschneider den Holzschnigern, die ebenfalls symer um ihre Eristenz tämpfen, weil Mangel an Arbeit besteht und die Mashine in Konkurrenz getreten ist ist auch einer der aussterbenden Berufe, die der Technik den Plaz räumen müssen.

OB

Unter Holzschneidern verstand man in neuerer Zeit ein Kunstgewerbe, das mit geübter Hand, scharfem Auge und großem zeichnerischen Können Bildmerke, Zeihmungen und Photos hauptsächlich zu Illustrationszwecken auf Holz übertrug, fie gleichsam in das Holz einschnitt, so daß die Holztafel zum Druck des Bildes verwendet werden kann. Die Zeichnung mit allen Feinheiten und Tiefen erscheint ähnlich wie der in Blei gegossene Buchstabe erhaben auf der Tafel; das Weiße ist weggestochen. Mit Druckerschwärze eingerieben, druckt der Holzschnitt dam auf dem Papier die ursprüngliche Zeichnung. Es laffen sich bis 10 000 gute Abdruce damit herstellen und nach dem neueren Berfahren, wo der Holzschnitt zur Herstellung eines Galvanos dient, noch viel mehr. Aber ursprünglich war der Holzschnitt große Kunst. Unsere berühmtesten deutschen Meister Dürer , Holbein der jüngere und Lucas Cranach waren zugleich auch Salzschneider und be­faßen eine große Gehilfenschar, die zur Bervielfältigung ihrer Werke täfig war. Man wird aus Kunstauktionen gelesen haben, wie diese Holzschnitte heute mit Gold aufgewogen werden. Beim Aufkommen des Kupferstichs wandten sich die berühmten Maler und Zeichner dieser Technik zu, die durch die Beweglichkeit der Linienführung( Radierung) größere Möglichkeiten zu fünfte lerishen Effekten bot. Bei Verbreitung der Buchdruckte hnit in den nächsten Jahrhunderten fanden die Holzschneider immer steigendere Verwendung. Sie wurden zum Illustrieren der Bücher herangezogen, was der Drucklegung ganzer Bogen mit vielen Seiten mehr entsprach als der Kupferstich, der eine spezielle Behandlung jedes einzelnen Blattes erforderte( Kupfer rand). Borträts, Städteanfichten, Genealogien, Landkarten und andere Wiedergaben brachten viele aufträge. Bis zu Ende des 19. Jahrhunderts vertrat der Holzschnitt in großem Maße die Il­luftrationstechnik. Im Anfang dieses Jahrhunderts erwuchs dem

Die Nacht nach dem Verrat.

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Roman von Liam O'Flaherty . ( Aus dem Englischen überseht von K. Hauser.) ,, Ich habe dir gesagt, du sollst still sein." Mary sagte das mit leiser, ruhiger Stimme, während sie auf das Bett zufchritt, die Hände immer noch an den Hüften. Sie steckte die geballten Fäuste in die kleinen Jackentaschen und sagte beinahe zilchend: Das ist so recht deine Art, über den eigenen Sohn herzufallen."

Sie mußte nicht, warum sie das sagte, aber sie fühlte, daß irgendeine Kraft sie trieb, gegen den Vater den toten Bruder zu verteidigen. Vielleicht war es, weil sie Zuhörer hinter sich hatte. Denn seltsamerweise haßte sie selbst Francis, seit sie vor zwei Jahren die Stelle als Kontoriftin bei Gogarty und Hogan befam, weil er zur revolutionären Organisation gehörte. Früher mar fie felbft eine Revo­lutionärin gewesen, allerdings nicht Mitglied irgendeiner Organisation., Sie pflegte Versammlungen zu besuchen, bravo zu rufen, sich mit gereizten alten Herren herum zuzanken und dergleichen. Während der letzten zwei Jahre aber hatte sich ihre Lebensanschauung deutlich geändert, laangsam, aber sicher. Zuerst begann sie ihre Illusionen zu verlieren", wie sie Francis mit der frühreifen Art eines Mädchens von neunzehn Jahren gesagt hatte. Dann pflegte fie ihm Borlesungen zu halten, wie wünschenswert es wäre, in die beffere Gesellschaft zu tommen. Das war die Zeit, mo sie die Bekanntschaft Joseph Shorts machte, eines jungen Mannes, der bei Gogarty und Hogan seine Lehrzeit ab diente, Golfhosen trug und jeden Sonntagmorgen vom Bahnhof Hartortstreet abfuhr, um irgendwo auf dem Lande Golf zu spielen. Schließlich geriet fie in heftigen Wider spruch zu allen ,, revolutionären Theorien" überhaupt, weil fie alle Moral untergrüben". Sie wurde religiös, und es fam ihr die Idee, sie könne Dan Gallagher, den Führer der revolutionären Bewegung, befehren. Diese ganze letzte Entwicklung war indessen erst vor kurzem vor sich gegangen und in ihrem Charakter noch nicht ausgereift. Er war noch weich und empfindlich. Es gab darin noch keine Angewohn­heiten der Denkweise, die zusammen mit tiefen und bitteren Borurteilen sich zu festen lleberzeugungen" formen.

Darum hatte Fe to plöblich mithersprochen, aus dem

Dienstag, 24. Juli 1928

Neuerdings erfährt der Holzschnitt von der tünstlerischen Seite her eine Art Wiedergeburt. Es sind damit die groben, mit breiten Messer geschnittenen Original" holzschnitte ge­meint, die auch als Linoleumschnitt dem modernen Stil Rech nung tragen.

F. N.

Der kleine Heinz wiedergefunden. Die Entführerin verhaftet.

anat

Holzschnitt wiederum eine sehr gefürchtete Ronkurrenz durch die Er­findung der Lithographie( Steinabzug, wo auf einen präpa rierten Stein die Zeichnung erhaben stehen bleibt, während der übrige Teil weggeäzt wird) und des Stahlstichs, der eine leich tere Bearbeitung zuließ, dafür aber an Weichheit und Bildwirkung dem Holzs hnitt nicht gleihkam. Wir sehen, wie sich die Technik immer mehr den Berfahren nähert, die heute den Holzschnit: im Buchgewerbe fast restlos verdrängt haben, der Zintägung und der Autotypie, die äußerlich dem Holzschnitt gleichen, aber ihre Herstel­lung dem photochemischen Laboratorium verdanken..

Nur durch die hohe Kunst Adolf Menzels erlebte der Holz schnitt eine Neuer medung. Er hat dann aber auch viel zuz an die Geschmacksverbildung beigetragen, wenn man Wandbilder denkt, die mit ihren fitschigen Borwürfen noch in vielen Familien aufbewahrt bleiben. Zuletzt fand der Holzschnitt meist nur noch Anwendung in befferen Modejournalen, bei indu­striellen und Katalogabbildungen, wo es nur der Feinheit der menschlichen Hand gelingt, auf einem einfa hen Schwarzweißbilde die Weichheit und verschiedene Tönung von Stoffen( farierte Stoffe, Holzmaserung usw.) zur Wirkung zu bringen. Heute zeichnet der Beichner auch nicht mehr auf den Holzblod( Buchsbaum) wie früher, sondern die Photographie überträgt die Zeichnung auf den zu bearbeitenden Holzschnitt. Bor 30 Jahren waren etwa 500 Holz­schneider in Berlin tätig, jetzt sind es nur noch etwa 40 bis 50, die Ein großer Berliner Bez­sich alle gegenseitig bei Namen fennen. lag, der bis jetzt noch ein Dutzend Leute für die Modebilder beschäf= tigte, geht auch zu der bekannter Strich ägung über, meil er sih sagt, daß die feinen Unterschiede das anspruchslose Publikum nicht mehr merkt. Dazu kommt, daß ein Klischee in wenigen Stunden hergestellt werden fann, während der Holzschneider so­viel Tage mie Stunden braucht. Eine Ganzseite der alten Gar­tenlaube" erforderte immer mehrere Wochen.

Haß gegen gesetzliche Ordnung heraus, der in den Slums traditionell und erblich ist. Das ist die eine große Romantit der Slums: das tiefe Haßgefühl gegen die Unterdrückerhand des Gesetzes, die sich zuweilen ausftredt, um irgend jemand zu paden, während eines Straßenaufruhrs, bei einer indu­striellen Auseinandersetzung, bei einem nationalen Aufstand. Das ist der Weckruf aller geistigen Erregung, die in dieser traurigen Umgebung teine andere Ausdrucksmöglichkeit findet, weder in der Industrie noch in Geschäften noch in dem besser verständlichen Suchen nach einem religiösen Ver­ständnis der gesamten Schöpfung.

Sie wandte fich an die Leute: Ich stehe zu dem, was Francis getan hat. In politischen Dingen bin ich anderer Francis getan hat. In politischen Dingen bin ich anderer Ansicht, aber jeder Mann hat ein Recht auf seine eigene Meinung, und jeder Mann sollte für seine Rechte fämpfen, so gut als..." Sie wurde verwirrt und stammelte etwas. Dann hob fie plöglich mit begeisterter Gebärde ihre Hand und rief mit lauter Stimme: ,, Ganz gleich, er war mein Bruder, und ich halte zu ihm."

Dann hielt sie plötzlich ihr Taschentuch an die Nase und schnaubte heftig. Ein lautes Beifallsmurmeln erhob fich Der Bater machte einen halben Versuch, etwas zu sagen, unterließ es aber. Man hörte Frau McPhillip etwas vor fich hinjagen, aber niemand schenkte ihr Aufmerksamkeit. Niemand bemerkte sie außer Gypo, der immer noch auf dem Boden saß und sie ansah, die Erinnerung an ihre frühere Güte gegen ihn liebkosend wie ein fostbares Gut, von dem Güte gegen ihn lieblojend wie ein fostbares Gut, von dem man fich trennen muß. Obwohl er die Ursache all der Auf­regung mar, hatte man ihn vergessen in der noch größeren Erregung über die Auseinandersetzung zwischen dem Bater und der Schwester des toten Revolutionärs.

Sie ein Freund meines Bruders waren, dann sind Sie hier Mary wandte sich an Gypo und redete ihn an: Benn millkommen. Kommen Sie einen Augenblick in den Flur, ich möchte mit Ihnen reden."

Gypo fuhr zufammen, die Büschel seiner Augenbrauen zuckten bedrohlich wie Schlangen, als er Mary ansah. Aber er schwieg. Sein wildes Starren machte sie verlegen, sie errötete leicht. Sie huftete in sich hinein und hielt den Finger vor den Mund. Sie begann haftig zu reden, als mollte sie sich vor dem ungeschlachten Riesen entschuldigen für ihre Kühnheit, etwas verlangt zu haben.

,, Es ist nur, meil Francis uns erzählte, daß er Sie im Dunbon- Logierhaus getroffen habe, bevor er zu uns fam. Sie sind der einzige, den er in der Stadt getroffen hat, bevor

Die Entführung des fleinen Heinz Nicolai, über die wir ausführlich berichteten, hat eine schnelle Auf­tlärung gefunden. Durch die Aufmerksamkeit eines G a st­wirtes in der Beteranenstraße fonnte die Ent­führerin des Kindes gestern nachmittag verhaftet werden. Der kleine Heinz wurde in ihrer Wohnung ge­fund und munter vorgefunden und seinen Elfern wieder zugeführt.

Folgende Einzelheiten werden zu der seltsamen Kindesent­führung, die einen beinahe unerwartet glücklichen Ausgang genommen hat, noch bekannt: Noch gestern vormittag waren von der Kriminalpolizei nicht die geringsten Anhalts­punkte über das Motip und den Aufenthaltsort des kleinen Heinz ermittelt werden. Da immerhin mit der Möglichkeit eines Ver­brechens gerechnet werden mußte, wurden die weiteren Nach­forschungen der Mordkommission übertragen. Durch die Intelligenz eines Gastwirtes, der in der Veteranenstraße ein fleines Lofal betreibt, ist es nun gestern nachmittag gelungen, das verschwundene Kind wiederzufinden und die Ent­führerin, eine offenbar franthaft veranlagte Frau, die 27jährige Lina Karow, die aus Weglar stammt, unschädlich zu machen.

Der Gastwirt hatte in den Morgenzeitungen gerade die Be= richte über die Entführung des Kleinen gelesen, als ihm plötzlich einfiel, daß nur wenige Minuten zuvor eine Frau mit einem kleinen blonden Jungen in seiner Wirtschaft gewesen war. Sie hatte für fich ein Glas Bier und für das Kind eine Limonade bestellt. Der Wirt eilte sofort auf die Straße und hatte Glüd! Er sah noch, mie die Frau mit dem Kleinen in das Haus Veteranen= straße 23 hineinging. Der Mann lief zum nächsten Polizei­revier und machte von seinen Wahrnehmungen Mitteilung. Unter Leitung des sofort alarmierten Kommissars Dräger murde das ganze Haus sorgfältig durchsucht. Im dritten Stock­werk kamen die Beamten schließlich an die Wohnung einer älteren Frau. Kaum hatten sie die Räume betreten, als sie in der Küche den kleinen Heinz spielend vorfanden. Die Ent= Das führerin befand sich in einem anderen Zimmer. Kind wurde sofort seinen beglüdten Eltern wieder zu­geführt. Die Frau wurde festgenommen. Sie wohnte zu­letzt in der Waffertorstraße und war vor einigen Tagen mit dem Kinde zu der Frau in der Beteranenstraße zugezogen und hatte erzählt, das Jungchen sei ein Kind ihrer Schwester. Ueber die Beweggründe zu der Entführung gibt sie an, daß fte zuerst nur habe mit dem Knaben spazieren gehen wollen. Da­bei habe sie sich so verspätet, daß sie die Vorwürfe der Mutter gefürchtet und sich deshalb nicht zurückgetraut habe. Ob diese Angaben stimmen, steht allerdings noch dahin.

In der Umgegend der Veteranenstraße war es wie ein Lauf­feuer bekannt geworden, daß die Entführerin des Kindes verhaftet sei und bald abtransportiert werden sollte. Im Hand­umdrehen hatte sich in der an und für sich schon belebten Straße eine mehrhundertföpfige Menschenmenge angesammelt, die, als die Frau im Gewahrsam der Beamten am Hauseingang erschien, in laute Verwünschungen ausbrach. Den Beamten gelang es nur mit großer Mühe, die Berhaftete vor einer gehörigen Tracht Prügel zu bewahren.

Der fleine Heinz befindet sich nun wieder wohlbehalten bei seinen Eltern, denen die erste Nachricht von der Auffindung ihres Kindes kaum faßbar schien. Alle Zweifel waren aber bald beseitigt, als die überglückliche Mutter den Kleinen wieder in ihren Armen hielt.

Im Berlauf der weiteren Untersuchung wird die verhaftete Lina Karow auch Kriminaltommissar 3apfe vorgeführt

er hierher fam, und da dachte ich, es fönnte sein, daß... Sie fönnten vielleicht...

Verwirrt hielt sie inne, maßlos erstaunt über die Ver­änderung, die mit Gypo vor fich ging. Eine heftige Er­regung hatte ihn, während sie sprach, ergriffen, so daß sein Geficht sich verzerrte, als starrte er einem atemraubenden Schrednis entgegen. Dann hielt sie inne. Sein Gesicht stand immer noch starr ihr gegenüber. Dann sprang er irgendeinem Grund auf die Füße, und dabei stieß er mit seiner höchsten Stimme die Worte heraus: ,, Nun gut!"

aus

Wie er Kopf und Oberkörper vorneigte, um auf die Füße zu fommen, drehte sich ihm seine rechte Hosentasche mit der Deffnung nach unten. Bier Silbermünzen fielen mit raffelndem Geräusch auf den Zementfußboden. Die Münzen waren das Wechselgeld, das er in der Kneipe bekommen hatte.

Er war versteinert. Jeder Muskel seines Körpers wurde steif. Sein Gehirn stand still. Seine Rinnbaden preßten fich zusammen wie die Zähne einer Bärenfalle, die blind zuschnappt. Hinter den Augen empfand er die köstliche Kälte und jenes eifige Gefühl, vor einem verzweifelten und blutigen Kampf zu stehen. Denn er war sicher, daß die vier weißen Silbermünzen, die nacht, so nadt auf dem Boden lagen, den Berrat an seinem Kameraden so deutlich anzeigten wie ein lautes Bekenntnis auf dem Markt.

Irgend jemand bückte sich, das Geld aufzuheben. ,, Laß fie liegen," stieß Gnpo hervor.

Er schoß nieder auf den Boden, und seine rechte Hand

bedeckte weitgespreizt die Münzen mit dem dumpfen Klang, mit dem ein schwerer, toter Fisch auf ein Eisendeck fällt. Ich wollte sie dir ja bloß geben," feuchte der mehl­bestäubte Mühlenarbeiter, der sich gebückt hatte, um sie auf­in der linken Faust gesammelt hatte und aufstand, auf die zuheben. Gypos Schwung hatte ihn in die Knie geworfen. Gypo hörte nicht auf die Erklärung. Als er die Münzen rechte Hand gestützt, lauschte er, in Erwartung des Angriffs.

Aber es gab teinen Angriff. Jedermann war starr und mie hypnotisiert von den seltsamen Bewegungen des ver­wirrten Riefen. Sie starrten alle mit offerem Munde außer Bartin Mulholland und Tommy Connor, die sich ansahen, sonderbar, mit engen Augen. Als seine Blicke durch das 3immer streiften, fah Gypo die beiden. Angesporni von einem plöglichen Impuls hielt er seine Rechte hoch über den Kopf, er stampfte mit dem rechten Fuß, warf den Kopf zurück und schrie, während er starr aufwärts sah: Ich fchmöre vor Gott dem Allmächtigen, ich warnte ihn, dem ( Fortsegung folgt.) Haus zu nahe zu kommen."