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Umstellung im Landbund.

Nach der Prügel, die sie im Wahttampf bezogen haben, halten es die deutfchnaiionalen Großagrarier für rätlich, sich von der Spitze hinter die Front zurückzuziehen.

Die Roheit als Staatsmethode. Natürlich in Muffolim'en.

Oer Kall Frieders. Oos vom tandtag befürwortete Gnadengesuch abgelehnt. Weimar . 2. August. Das Gnadengesuch des Oberstaatsanwalts Dr. Frieders ist nuw nehr abgelehnt warben. Dr. Frieders empfing heute folgendes schreiben: Das thüringische Staatsmini st erium hat eschlossen, die von und für den Oberstaatsanwalt Dr. Frieders ein» ereichten Gnadengesuche auch das vom Landtag über» ziesene abzulehnen. Gez. Trier . * Das thüringische Staatsministerium hat die letzte De- egenheit. den Fall Frieders aus der Welt zu schaffen, vorbei- 'ehen lassen. Diese Haltung beweist, daß die nach den letzten lJahlen neugebildete Thüringer Regierung den Kurs der �rdnungsregierung fortsetzen will. In der Haltung der Thüringer Regierung liegt eine un- 'ötige Härte, ja Grausamkeit gegen Frieders. Seit langer seit liegen die Gnadengesuche vor. Die Staatsregierung hat ie Entscheidung darüber hinausgezögert. Am 3. März teilte ie der Frau des Verurteilten mit: Aus Ihre Eingabe vom 2. Februar 1928 teilen wir Ihnen -rgebenst mit, daß die Staatsregierung Ihrem Gesuch um Begnodi- mng Ihres Ehemannes zurzeit mit Rücksicht auf das dem Landtag vorliegende Gnadengesuch nicht nähertreten kann." Damals wollte die Staatsregierung die Entscheidung des Iandtoges abwarten. Die Entscheidung i st erfolgt, er hat as Gnadengesuch der Regierung zurVerücksichtigung überwiesen. Nun geht die Regierung über den Land- mgsbeschtusj hinweg, und lehnt ab. Dazu brauchte sie nicht vom März bis zum August zu warten! Wenn sie ohne und logen den Landtag die Gnade versagen wollte, wäre es : e ii s ch l i ch e r gewesen, die Entscheidung nicht unter einem Lorwand hinauszuzögern. Es gibt nur eine politische Erklärung für diese Hallung: daß eine der Koalitionsparteien mit der Sprengung des Kabinetts für den Fall der Bewilligung der Begnadigung nedroht hat. Damit ist diese Gnadensache tatsächlich zur Tabinettsfrage gemacht worden. Wenn die Landtags- Parteien, die für die Berücksichtigung des Gnadengesuches ge- fimmt haben, konsequent ihren Willen durchsetzen wollen, oleibt ihnen nur noch der Weg des Mißtrauensvotums. Dos ist eine Frage, die im wesentlichen die Demokraten angeht, für die der Minister P a u l s e n in der thüringischen Staats- regicrung sitzt._

Südslawische Regierungserklärung. Dekemitnis zum Parlamentarismus. Warnung vor kroatische Sonderbündelei. Belgrad . 2. August. In dar Stupschtina verlas Ministerpräsident Koroschez die Regierungserklärung. Darin wird das Parlament aufgefordert. oer neuen Regierung das Vertrauen auszusprechen, um ihr die Weiterführung der gesetzgeberischen Arbeiten zu ermöglichen. Die Regierung sei entschlossen, noch in dieser Session die Gesetzentwürfe --her die Vereinheitlichung der Steuergesetzgebung, sowie Astgliichung der Gerichtsbarkeit in den Teilgebieten und über die Staatsbürgerschaft zu erledigen. Von größter Bedeutung sei auch die baldige Verabschiedung der Gesetze über die landwirtschaft» lichen Kredite. Di« Regierung beabsichtige, mit allen Staaten idandelsoertragsverhandlungen aufzunehmen, um die A u s f u h r der Landeserzeugmsse zu sichern Der Ministerpräsident erklärte zu den Ereignissen des 29. Juni, die Regierung bedauere sehr, daß nicht alle Parteien an der Durchführung des Regierunge Programms mitarbeiten wollten. Der Anschlag auf Raditsch und seine Parteifreunde sei die Tat eines linzelnen, sie dürfe nicht verallgemeinert werden. Un» möglich sei es. die gesetzgeberische Arbeit wegen diese» Ereignisses zu unterbrochen. Es sei eine große Zlogerechtigkeil. wenn man ganze parlamenk». grnppeu oder, was noch schlimmer sei, einen großen Teil de« Volkes grundlos der Urheberschaft dieser Tai beschuldige. Parlament und Volk seien an diesem bedauernswerten Ereignis unschuldig und verurteilten es. genau so wie die ganze Kulturwelt. Die Regierungsparteien wünschten aufrichtig, daß alle Abgeordneten, die grundlos aus der Stupschtino ausgeschieden seien,.zurück- lehren. Die Skupschtina allein sei dos einzige Forum zur Lösung aller Fragen. Die Tat vom 29. Juni werde ihr« ge- nchtliche Sühn« finden, und es sei zu hoffen, daß damit auch die Kroaten einsehen werden, daß diese Tot nicht zum Streitfall zwischen Brüdern werden dürfe. Bedauerlich wäre, wenn sich Parteien und Persönlichkeiten finden würden, die das traurige Ereignis aus- mutzen sollten,.um die Dolksmassen zu Schrillen gegen die Ver- i a s s u n g zu verteilen. Die Regierung wäre dann verpflichtet, der Verfassung und dem Gesetz Achtung zu verschaffen. Karoschez schloß, daß sich die neu« Regierung ihrer Derpslich- tungen aus dem Völkerbunde bewußt sei und die bisherig« Politik -ortsetzen werde. Sie werde den Zustand aufrechterholten, der ourch Friedensverträge und durch Freundschafts- und Bündnisver» rige geschaffen wurde. Die Regierung wünsche, mit allen Nachbar- itaaten freundschaftliche Beziehungen zu unterhallen, auch wenn diese noch nicht bestünden. Jede neue Aktion zur Erhaltung des Friedens werde von der Regierung gefördert werden. Die Erklärung wurde von der Rogierungstoalition wiederHoll durch stürmischen Beifall unterbrochen. Minutenlang ."auerte der Beifall, als Koroschez erklärte, daß sein Kabinett den Gesetzen und der Verfassung Achtung verschaffen werde. Von der Opposition nahmen nur die deutschen Abgeord- rieten an der Sitzung teil. In Agram haben die verhällnisie clvc wettere Zuspitzung ersahreu. Auch am Donnerstag kam es zu fortgesetzten Demon- strarionen gegen das Belgrader Kabinett. Man hörte Rufe: ..Es lebe das kroatiiche Parlament!"Es lebe der kro- otifche Staat!"Es lebe Radusch und Pribitschewitschl". Das kroatische Gegenparlament setzte heute sein« Arbeit in ge­heimer Sitzung fort. Die Abgeordneten erstatteten Bericht über die Stimmung der Bevölkerung in ihren Wahlbezirken. Der OesfeMlichkeit wurde eine einzige Rede, die des Vizepräsidenten P r e d a w i t s ch mitgeteilt, der behauptete, Koroschez habe 1924 in einem vertraulichen Gespräch gesagt, der einzige Ausweg für die Slowenen sei, sich an Italien anzuschließen: er, Koroschez, hoffe, daß in diesem Falle die Slowenen von der italienischen Regierung kullurelle Autonomie erhallen würden. Derselbe Koroschez stelle sich heute an die Spitze der kroatenseindlichen serbischen Marteren.

Dem bereits erwähnten BuchTirol unterm Beil", veröffentlicht von dem ehemaligen Bozener Abgeordneten Dr. Reut-Rieolussi. einem deutschen Klerikalen, entnehmen wir noch folgende Tatsachen: Die Finanzer kommen eines Tages im Dezember 1924 auf den Hof des Vinzenz Weis st einer, eines 69jährigen Mannes, Nach- schau zu hallen, ob Schmuggelware verborgen werde. In der Kammer der Töchter wird in deren Anwesenhell aus einem Kasten eine Mundharmonika samt Futteral herausgezogen. Einer der Finanzer behauptet, beim Oefinen des Futterals sei ihm daraus eine Dose Sacharin in die Hand gefallen. Die Weis- steiner Töchter aber haben gesehen, wie der Soldat das Sacharin selbst in das Futteral hineinsteckte. Die Finanzer finden dann einige alte Pferdedecken, die aus der Kriegszell von durch- ziehenden Truppen zurückgeblieben waren. Da alle Kriegsbeute abzuliefern gewesen wäre, so haben die Finanzer nun zwei Anklage- punkte. Sie fordern daher den allen Weissteiner auf, mll ihnen in die eine halbe Stunde cntfemle Kaserne zu kommen, um dort ein Protokoll zu unterschreiben. Der Alle kann aber vom Hof« nicht fort, weil dringendste Arbeiten nötig sind, und erklärt, er werde am nächsten Tage kommen. Da er am nächsten Morgen nicht rechtzeitig in der Kaserne erscheint, eilen die Finanzer wieder auf den Hof, um ihn zu h o l e n. Der Bauer liegt in der Sttibe auf der Ofenbank. Drei Nächte Hot er nicht mehr geschlafen. Das Vieh ist sein Haupt- vermögen, da darf nichts versäumt werden. Darum schläft er jetzt nach getaner Arbeit fest auf der Bank. Die Finanzer treten in die Siube und stoßen den Weissteiner aus den Boden herunter. Mit einigen Fußtriiten wird er wach- geschreckt. Warum er nicht rechtzeitig in die Kaserne gekommen sei? Der Bauer versucht es mit seiner schweren Müdigkeit zu rechtfertigen. So soll er jetzt mit den Finanzern gehen. Vinzenz Weissteiner ist zu«r- mattet, er geht nach dieser rohen Behandlung nicht in die Kaserne. Die Finanzer verhaften ihn. Welssteiner weigert sich nunmehr erst recht, mllzugehen. Nun holen die Finanzer vor dem Hause eine Leiter, ergreifen den Allen und werfen ihn gefesselt darauf. Er läßt es widerstandslos geschehen, wird mll einem Finanzieri- mantel zugedeckt und dann in die Kaserne getragen. Der Weg ist stell und der Boden hart gefroren. Von Zell zu Zell lassen ihn die Finanzer mll Absicht aus den Boden fallen, laden ihn wieder auf und tragen ihn weller. In der Kaserne wird er aus den Boden geworfen und schwer geschlagen. Ein Finanzer kniet ihm dabei auf den Bauch. Dem Alten bricht Blut aus dem Munde. Man läßt ihn dann den Tag über liegen. Am Abend kommen zw« Knechte, um sich nach Weissteiner zu erkundigen. Die Finanzer deuten in den Winkel: Dort Legt der Alle noch, nun könne er wieder heimgeführt werden. Die Knechte fassen den Allen rechts und links unter dem Arm und schleppen ihn heim. Dort muß er zu Bett gebracht werden. Der Arzt Dr. Eliskoses wird gerufen und stellt zahlreiche Mißhandlungen fest. Da der Bauer an Arterienverkalkung leidet, besteht Lebensgefahr. Sechs Wochen liegt er hoffnungslos. Inzwischen erstatten die Angehörigen eine eingehende Anzeige beim Kommando der Finanzieri: gegen die beteiligten Finanzer wird eine langwierige Strafuntersuchung eingeietter und eine Reihe Zeugen, darunter der Bauer, seine Kinder, sein« Knecht«, der am kritischen Tage zufällig anwesend gewesene Nachbarbauer Haider und der Arzt vernommen. Eine Amnestie wird erwartet und bevor es noch zur Verhandlung kommt, macht sie dem Verfahren ein Ende. Die Finanzer gehen firaslosan». Einig« Monate vergehen, da erhallen Vinzenz Weisftemer, sein« Kinder, seine Knechte, der Nachbar Huber und der Arzt, zusammen zehn Personen, ein« neue Vorladung. Diesmal sind sie Beschul- digte. Es gill die Ehre der Finanzer wieder herzustellen. Diese be- zeugen in der Doruntersuchung unter Eid, daß sie im Hause Weis- steiner vollkommen ordnungsmäßig vorgegangen seien und den Bauern in der Kaserne sehr zuvorkommend behandell hätten. Der Staatsanwalt erhebt in oller Farm gegen Weissteiner und Genossen, sogar gegen den Arzt, die Anklage wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung. Man ersucht mich um Uebernahm« der Verteidigung. Der Fall ist so haarsträubend, daß ich ihn trotz der ungünstigen Aktenlage für hossnungsooll ansehe. Durch die Anzeige des Finauzkoamuwdos

und durch die Anklage des Staatsanwattes geht wie ein roter Fade» der Gedanke: Hier ist ein Sompiolt zur Entehrung der nationalen Truppen: es muß ein Exempel statuiert werden. Besonders unangenehm ist der Behörde die imLandsmann" er- folgte Veröffentlichung des Falles. Bei der gerichllichen Verhandlung steigt meine Besorgnis. Der Vorsitzende Trafaglio oersteht kein Wort deutsch. Die Einvernahme der Angeklagten macht er sich leicht. Er läßt sie durch den Dolmetsch fragen, ob sie bei dem blieben, was sie in der Vor- Untersuchung angegeben hätten. Dies wird bejaht. Die Finanzer treten hocherhobenen Hauptes vor und bezeichnen die Behauptungen der Anggtlagten als verleumderisch« Lügen. Sie bezeugen unter Berufung auf ihren Diensteid, daß sie in jeder Beziehung einwand» frei vorgegangen seien. Die Verhandlung wird zur Einvernahme auswärtiger Zeugen vertagt. Angesichts der Situation hat mich gegen alle Erwartung bedeutend« Aufregung ergriffen, die ich krampfhaft verberge. Alle» kommt darauf an, ob die Richter fähig sind, gegen besseres Wissen einen Justizmord zu begehen. Sind sie einer solchen Ungsheuerlichkell fähig, so können sie die Angeklagten schuldig sprechen, da ja alle Zeugen der Tat auf der Anklagebank sitzen. die wahren Schuldigen aber als Zeugen dastehen. Trotzdem tröste ich die Angeklagten, die kein Wort italienisch verstehen und sich daher von der fürchterlichen Gefahr kein rechtes Urteil machen können. Vor der letzten Verhandlung mußte ich das Land vorüber- gehend verlosten. Mein Nachfolger in der Verteidigung hatte die Genugtuung, den Freispruch der Angeklagten zu erzielen. Die Richter hatten rn diesem Falle es ist schon länger her schließlich ihr Gewissen nicht zum Opfer gebracht, aber die S ch ä n d- lichtest eines Versuches, Schuldlos« ins Gefäng« vis zu werfen, bleibt auf den anderen Behörden haften.

Belgische Kammerkrise. «Sensationeller Rücktritt des Präsidenten. Brüssel . 2. August.(Eigenbericht) Kammerpräsident Abg. Emile B r u n e t- Charleroi(Soz.) ist zurückgetreten, hat sein Abgeordnetenmandat niedergelegt und Brüstel sofort oerlasten. Dieser Schritt hat bei allen Parteien der Kammer geradezu Bestürzung hervorgerufen, da BruNet. der sein Amt ununterbrochen seil dem Waffenstillstand ausgeübt hat. außer- gewöhnlich hohes Ansehen genießt und die Geschäfte mtt unvergleich- licher Geschicklichkest und Energie geleitet hat. Der Grund zu seinem Entschluß ist in jener A n a r ch i e zu suchen, die in den Parlainents- Verhandlungen der letzten Wochen eingeristen ist und auf die S t o r r- köpfigkeitderRegiernng und der Kammermehrheit zurück- zuführen ist, die Mlitäroorlage um jeden Preis durchzupeitschen. Diese Absicht führte zu stürmischen Szenen und großem Zeitverlust. Ein Ende ist vorläufig noch gar nicht abzusehen. Der Rücktritt Bruneis wird van der Sozialistischen Kammer- ftaltton lebhaft bedauert. Für die Regierung und die Mehrheit kann er unter den gegenwärtigen Umständen geradezu kata­strophale Folgen haben, da es jetzt bei der überaus gereizten Stimmung der Abgeordneten vollständig aussichtslos scheint, unter der Leitung eines anderen Präsidenten die Debatte ordnungs- gemäß weiterzuführen. Am Donnerstag wurde die Kammer noch Kenntnisnahme von dem Rücktritt ihres Präsidenten auf Frellog vertagt. Di« bürgerlichen Fraktionen beschlosten dann. Delegierte zu Brunei zu entsenden und ihm um Verzicht aus seinen Entschluß zu ersuchen. Die Gruppe der Radikalen Linken hat Brunei in einem Brief ihre lebhafte Sympathie ausgesprochen und chn gebeten. auf seinen Entschluß zu verzichten. Ministerpräsident Jaspar tat das gleiche.

�eichsdeulsckte Bürgermeister nach Wien . Zum feierlichen Ab- schluß des Schubert-Jahres an des Unoergänalichsn Todestaa im November ladet die Stadt Wien die BürgermeifterVl l erreich T- deutschen Großstädte ein. Sie dürften auch Gelegenheit haben, zu sehen, wie das Volk des roten Wien den Tag der Republik