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Rundgebung der Metallarbeiter

Karlsruhe begrüßt den Verbandstag.

Karlsruhe , 15. August.

Die Karlsruher Ortsverwaltung des Deutschen Metallarbeiter­herbandes veranstaltete anläßlich des Berbandstages in der badischen Bandeshauptstadt am Dienstag nachmittag eine Demonstration der Metallarbeiter, die sich zu einer imposanten Kundgebung der ge­amten Karlsruher Arbeiterschaft ausdehnte. Nach Schichtschluß trömten Tausende von Arbeitern und Arbeiterinnen nach der großen Freifläche vor der Stadthalle. Der Verbandstag hatte auf einstimmigen Beschluß hin seine Sigung auf einige Zeit unter: brochen. Bom Balkon der Konzerthalle sprachen die auf dem Berbandstag anmesenden Vertreter der ausländischen Metallarbeiterorganisationen, der Schweizer lg, Is Sekretär der Eifernen Internationale Do mes Wien, Gaillŋ= Brüssel und andere. Die Reden waren eine einzige Mahnung zum üdenlofen freigewerkschaftlichen Zusammenschluß aller Arbeiter gegen das geschlossene organisierte Unternehmertum. Sie maren zugleich, was besonders von der Rede des belgischen Metallarbeiter­führers gilt, eine Kampfansage gegen die Kriegs­schürer aller Schattierungen.

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Nicht enden wollender Beifall bewies, daß die Karlsruher Arbeiterschaft von den gleichen Idealen beseelt ist wie die Arbeiter. schaft der Nachbarländer.

Handtke vom Hauptvorstand des Metallarbeiterverbandes übermittelte der vieltausendköpfigen Menge die Grüße der Gewert schaftsführer, die nicht mehr zu Wort famen. Er versicherte unter dem Beifall der Demonstranten, daß auch der Deutsche Metallarbeiterverband im Kampfe gegen den Kapitalismus und den Krieg niemals erlahmen

werde.

Es war eine erhebende Schlußszene, als sich die deutschen und ausländischen Organisationsvertreter in fameradschaftlicher Treue die Hände reichten, die Menge in das hoch auf die internationale Arbeiterbewegung einstimmte und mit spontaner Begeisterung die Internationale anftimmte.

Die Schlagbäume herauf!

Ein fleiner Anfang.

In den letzten Tagen fanden im Reichsarbeitsministe. rium Berhandlungen mit Bertretern des fran30 sischen Arbeitsministeriums über Fragen des Arbeits­marttes statt. Die Verhandlungen wurden auf deutscher Seite von Geheimrat Dr. Weigert, Ministerialdirigent im Reichsarbeits­minifterium und Ministerialrat Dr. Beisiegel, auf französischer Seite von dem Ministerialdirektor im französischen Arbeitsministe­rum, Picquenard, und dem Leiter der Abteilung für aus­ländische Arbeiter im französischen Arbeitsministerium, Bouillot, geführt.

Es handelte sich insbesondere um eine Vereinbarung, die es den deutschen und französischen Arbeitneh mern ermöglichen foll, ihre beruflichen und sprachlichen Kenntnisse im Nachbarlande zu vervollständigen. Diese Arbeit­nehmer deren Zahl im Jahre auf 500 festgesezt ist, sollen zur Beschäftigung im anderen Vertragsstaat ohne Rüdsicht aufdie Lage des Arbeitsmarttes zugelassen werden.

Die Verhandlungen haben einen günstigen Verlauf genommen, so daß die Vereinbarung demnächst in Kraft treten wird. Näheres über die Durchführung der Bereinbarung wird seinerzeit mitgeteilt werden.

Zwischen Frantreich und England ist bereits vor einiger Zeit ein ähnliches 2btommen getroffen worden.

Gouverneur Aaron Saenz

wird von der Obregon- Partei zum Präsidentschaftskandidaten von Mexiko nominiert.

In einer Reihe von Berufen ist es für die Arbeiter und Ange­stellten unerläßlich, ihre Ausbildung im Auslande zu vervoll­fommnen. Erwähnt feien beispielsweise nur die Kellner, Köche, Friseure, abgesehen von den Angehörigen beson­derer faufmännischer und technischer Berufszweige.

Hat Löwenstein Gift genommen? Die Staatsanwälte dreier Länder streiten um die Leiche. Paris , 15. Auguft.

Der Meldung, daß Löwenstein vergiftet worden sei, ist sofort eine Abschwächung gefolgt. An zuständiger Stelle wird all­gemein zugegeben, daß in den Eingeweiden Löwensteins Gift stoffe festgestellt worden seien, ohne daß aber bisher in Erfahrung gebracht werden fonnte, in welcher Menge und melcher Art. Der Giftnachweis laffe nicht ohne weiteres den Schluß zu, daß Löwenstein vergiftet worden sei oder sich selbst vergiftet habe. Die festgestellten Giftstoffe tönnten vom fortgesetzten Gebrauch Don Arzneimitteln herrühren, in welchem Falle der Körper mit Gift durchsetzt worden sei. Nun sei es gerade bekannt, daß Löwenstein regelmäßig Durchfallmittel gebrauchte, da er an chronischer Verstopfung litt. Sollte aber eine abnor­male atute Vergiftung festgestellt worden sein, was bisher nicht zugegeben wird, so ergibt sich daraus fofort ein interessanter Rechts fall. Es fragt sich nämlich, welches Gericht zuständig sein werde, pas englische, französische oder belgische, um den Fall zu verfolgen,

Der himmlische Bagant.

Gedenken für Klabund.

Er hat unter uns gelebt und sehr fern. Er stand mit der einen Hälfte seiner Seele den Dingen des Lebens nahe, mit der anderen meilte er auf dem Mond, im Tierkreis, auf der Milchstraße . Für ihn hatte alles seinen eigenen, dichterischen Zusammenhang, der anders verlief als der logische und dennoch nicht unlogisch war. Des= halb fann man die besten und tiefsten seiner Werke nicht verstehen, sondern allein mitfühlen. Nur dann begreift man diese eigene dichterische Wirklichkeit, die trotz aller Phantasterei Wahrheit, weil dichterisch erlebt, iſt.

Klabunds Dramen und Romane sind Lyrit geblieben. Vision und Empfinden waren die Grundelemente seines Schaffens; der

Klabund.

echteste Rabund wird in feinen Liedern weiterleben. Wie jeder geborene Lyriker stand er dem Volkslied nahe. Er hat einmal sehr tempera­mentvoll den angeblichen Unfinn" des Soldatenvolksliedes gegen professorale Gelehrsamkeit verteidigt, jenen bekannten Abgesang zum ,, Guten Kameraden":" Die Vöglein im Walde..." usw. Gewiß ist das logischer Unsinn, aber ganz richtig empfunden, alle Sehnsüchte des Soldaten umgreifend: Böglein, Wald, Heimat und Wiedersehen. Seine eigene Lyrit mischte oft wundersam Kunst und Bänkel­fang. Er war direkter Nachkomme des François Billen, des fran­3öfifchen Volksdichters aus dem 14. Jahrhundert, deffen Verse Klabund im Himmlischen Vaganten" nachgedichtet hat. Bei aller Fremdheit des Gedankens gelingt es ihm immer wieder, den direkt zum Herzen fprechenden Gefühlston zu finden. In der Lyrik stand er

auch nicht mehr abseits, sondern ergriff Partei und fämpfte. Bie schön ist der bayerische Patriot gemalt in dem ,, Landwirt Würstlein von Eebelsdorf":

Der Landwirt Wurstlein von Sebelsdorf,

Ein Mann von echtem Schrot und Schors, Der hat den rechten Fled auf dem Mund, Der lockt feinen Ofen vor den Hund. Es fließt ein Bach durchs Beŋernland, Der Wittelsbach wird er genannt,

In seinem treuen Schoße tann

Sich bergen jedweder Untertan usw. usw.

Es geht bei ihm alles durcheinander: Satire der Zeit, Grotesfe des Elends, zarteste Liebeslyrik und vulgäre Bänkelsängerei. Die Kontroste sind groß. Es sind die Kontraste eines Dichters, der mit feinem visionären Schauen in das Zeitalter der Mechanit, der Reforde und des sozialen Elends sich gestellt sieht. Er hat für alles feine Note und sein Mitempfinden. Er ist Freund der Armen, Feind der Kriegsmetelei, doch letzten Endes lebt er fern von allem in seinem eigenen lyrischen Bezirk. Wer aber die unüberbrüdbaren Gegensätze der bunten Seele fennen lernen will, der taufe sich für wenige Groschen die Harfenjule"( Berlag ,, Die Schmiede"), nicht umfang­reicher und nicht besser ausgestattet als ein Reclamheft, ein letzter Bersuch, Lyrit in unserem Zeitalter populär zu machen. Aber obmohl Klabunds Lyrik alle Voraussetzung der Popularität in fich trägt, auch dieser Versuch, für billiges Geld Lyrik unter die Leute zu bringen, muß scheitern, weil in unserem Zeitalter das Organ für Lyrik abhanden gekommen ist.

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Wir sprachen einmal es mar nach einer Beerdigung einen gemeinsamen Bekannten. Klabund sagte: Er ist wie ein Kind, das eine Blume hat. Jemand nimmt ihm die Blume weg, und nun steht es da. Mir schien, daß er in diesem Bild sich selber malte. Zu Ende der Inflation ging der Notschrei eines Dichters durch die Blätter, dem sein Verleger für nahezu 4000 vera faufte Bucheremplare ein Honorar von einigen hunderttausend Bapiermart, auf 63 Goldpfennige aufgewertet, gezahlt hatte. Der Dichter war Klabund . Wenige Wochen später wurden von privater Seite Anstrengungen gemacht, dem wieder einmal hoffnungslos Tuberkulösen die Kur in Davos zu ermöglichen. Mit Mühe wurde ein verfallenes Leben gerettet für fünf Jahre. Immerhin, Kriegss und Inflationsgewinnler waren an dieser Rettung nicht beteiligt. Er hat noch den Bühnenerfolg des Kreidekreises" erleben dürfen. Aber man fut Klabund unrecht, wenn man die Tuberkulose, mit der er sein ganzes Leben rang, zu sehr in den Vordergrund rückt. Die wirkliche Tragit seines Lebens ist eine andere: die Tragif des unver­standenen lyrischen Menschen im Zeitalter der Technit. E. K- r. 119061010 elp sjangua

Neue Filme.

Die Grotesffilme.

( Ulfa- Palast am 300)

Um einen ganzen Abend amerikanische Grotestfilme zu ver­tragen, bedarf es schon einer neuen Sizewelle, die die Zus hauer in einen ähnlichen Zustand versetzt, wie die Verantwortlichen des Hauptfilms ihren Helden chereif durch einen Hammerschlag machen. Gewiß, diese ganz naive Freude des ewigen Jungen, der in den Amerikanern steckt, an diesem Grotesfult hat etwas Entwaffnendes, ja wohl auch Erfrischendes. Aber wenn man nun zwei Zweiafter dieses Genres genossen hat, erwartet man als Hauptgericht etwas anderes. Aber auch dieses Rash ein Baby" ist schließ lich dasselbe. Unsere lieben Kleinen" hatten sie an der Arbeit gezeigt, wie sie in Mutters Abwesenheit die Wohnung neu tapezieren, ein Thema, das mit wirklich witzigen Wendungen ge­fegnet ist. Aber die Kuchenschlacht alles in Shlagsahne" führte schon bis ans hahnebüchene und Geschmackloje, menn er­machsene Menschen sich ununterbrochen Schlagjahnetorten ins Ge sicht feuern. Und der Babyfilm vermied nicht die Klippen des Albernen. Dieser alte Student, der in einem unzurechnungsfähigen Zustande mit einer muskelträftigen Landpomeranze verheiratet wurde, die als eine Bogels heuche erscheint, wird nach 12 Monaten wieder eingefangen durch die Nachricht eines Familienzuwachses, der natürlich ein Schwindel ist. In der Eile werden gleich drei Babys besorgt, von denen eins ein erwachsener Zwerg ist. Sie verschwin den dann aber ebenso rasch wieder, und der Patient ist nach all dem Kuddelmuddel wie der Zuschauer froh, daß der Schrei nach dem Kinde vorläufig unerhört blieb. Karl Dane hat( als Student) das Geficht des ausgemachten Dämelacks und Pechvogels zugleich. Seine Partnerin Louise Lorraine Shießbudenfigur von Rang.

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Eva in Geide."

( Titania- Palast )

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Der Regisseur Carl Boese will eins, nämlich sich ausleben als Milieuschilderer, und darum ist es auch kein Wunder, daß ge­rade er Ernst Kleins Roman Nutt hen" verfilmte.

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Das Manuskript erzählt von einem fleinen, hungrigen Mädchen, das ein Schriftsteller per Zufall auf der Straße fennen lernt. Der junge Mann, der selbst arm ist, kommt auf die absurde Idee, aus der Kleinen eine Dame von Welt zu machen. Er und seine Freunde gründen eine G. m. b. 5. und bald trägt die Ausgelesene die aus­erlesensten Garderoben. Sobald die Kleine in fostbaren Kleidern steckt, läuft ihr das Gelb nach, reißen sich die Verehrer um sic. Aufwärts geht's, von Stufe zu Stufe, fie wird die Bertraute eines Schwerindustriellen, die Freundin eines englischen Adeligen. die Gattin eines erfausten Prinzen. Das alles ist natürlich nicht bissig. sondern im angenehmsten Plauderton erzählt. Zum Schluß wird die Geschichte freilich widerlich süß; denn die Kleine heiratet den Schriftsteller, der inzwischen durch den Roman Nuttchen" steinreich geworden ist.

Carl Boese , der überaus sorgfältig und liebevoll jede Einzelheit Aber behandelt, verhält durch seine Genauigkeit oft das Tempo. Boese fann sich ein gewiffes Schleppen erlauben, er hat sich mit feiner Eigenart schon derartig durchgesetzt, daß er eben sein Publi­fum hat. Lissi Arna spielt die fleine Rutte sowohl wie die

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große Halbweltdame in filmgemäßer Wohlanständigkeit. Uebrigens sicht Lissi Arna beffer aus, als fie photographiert worden ist. Ihr Partner Walter Rilla ist lebensecht, er bringt eine Leistung aus einem Guß. Margarete Kupfer ist mal wieder eine Zimmervermieterin von sehr persönlicher Färbung. Sie findet immer viele praktische Möglichkeiten zur Ausnutzung ihres so reso= luten Spiels. Alexander Murskis wunderbar feine Charaf­terisierungsfunft ist ein großer Gewinn für die Rolle des englischen Adeligen, die sonst so leicht feiner hätte zur Bedeutung erheben

fönnen.

Der Beifall war bei der Uraufführung so tumultarisch, daß un willkürlich der Eindruck einer starten Claque erweckt wurde. e. b.

Mehr als 100000 Studenten in Deutschland .

Nach den Zusammenstellungen des Statistischen Reichsamts betrug die Gesamtzahl der immatrikulierten Studierenden int Deutschen Reich im Sommersemester 1927 101 436, im Wintersemester 1927/28 101 657. Die Zahl der Studierenden überstieg damit in beiden Semestern zum ersten Male. die Ziffer von 100 000. Die Bunahme der Studierenden kennzeichnet den sich noch immer ver­stärkenden Andrang zum wissenschaftlichen Studium, der auch bes fonders aus den verhältnismäßig hohen Anteilzahlen der im ersten Semester stehenden Studierenden im Sommer femefter faft 18 700 Studierende oder 19,7 Proz. der Gesamtzahl- hervorgeht.

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Der Anteil der weiblichen Studierenden an der Gesamtzahl hat sich weiterhin verstärkt; er betrug im Wintersemester 1927/28 10.4 Proz. gegen 10,3 Proz. im Sommersemester 1927 und 9,4 Broz. im vorhergehenden Wintersemester.

Von den einzelnen Studienfächern zeigen seit dem Sommersemester 1925 besonders starke und stetige Zunahmen des Gesamtbestandes die Fächer, die auf die Lehrberufe vorbereiten, mit Ausnahme der Geschichte, ferner die medizinischen Fächer, vor allem die Zahnheilkunde und die Theologie. Eine Abnahme zeigen im allgemeinen die technischen Fächer( mit Ausnahme des Baufaches), die Landwirtschaft und die Pharmazie.

Nach der Zahl der Studierenden steht in der Reihen­folge der Universitäten Berlin mieder an der Spize; im Wintersemester hat es faft 11 000 immatrifulierte Studierende erreicht.

Reflame an Telegraphenstangen.

Die Ausnügung von Leitungsmasten zu Reflamezweden ist oft in einer so geschmadiosen Weise erfolgt, daß vielerlei Beschwerden bei den Behörden eingelaufen sind. Das Reichspostministerium hat sich daraufhin bereit erklärt, neue Reflameverträge für Telegraphen stangen nicht mehr abzuschließen. Allerdings müssen die noch be stehenden Verträge über die Reklameausnutzung der Stangen ein­gehalten werden. Im Wege der Untervermietung ist ein Teil der Telegraphenstangen einem Unternehmer zur Reflameausnügung überlassen worden. Es besteht daher die Möglichkeit, daß der Bächter auch Retlameverträge für Telegraphenstangen außerhalb der Drt schaften abschließt. Er muß aber die Einwilligung zur Anbringung der Reklame von den Behörden einholen, die für die Landstraße zu­ständig sind. Diese haben es daher in der Hand, die Genehmigung zu versagen, wenn die Reklame das Orts- und Landschaftsbild ver unstaltet.