Kriminalpolizei auf dem Stettiner Bahnhof
Der Stettiner Bahnhof steht unter besonders scharfer Aufsicht der Kriminalpolizei. Die Gegend gilt als verrufen. Die Tätigkeit der Kriminalpolizei auf dem Stettiner Bahnhof stößt nicht selten auf Widerstand. Zuweilen aber hat man den Eindruck, daß die Polizei selbst einen Teil der Schuld bei unliebsamen Ereignissen trägt. Das zeigten zum Beispiel zwei Gerichtsverhandlungen, die fürzlich vor dem Schnellrichter stattfanden.
3m Warteraum der IV. Klaffe ohne Fahrkarte.
3. ist ein braver Bautischler. Wenn er aber etwas zuviel ges trunken hat, wird er rabiat. Die Folgen davon sind Bestrafungen megen Widerstandes, Körperverlegung, Beamtenbeleidigung usw. Am 5. Juli verließ er Plögensee, wo er zwei Monate wegen einer Körperverletzung verbüßt hatte. Für die wenigen Pfennige, die er mitbekam, faufte er sich einige Schnäpse und einige Glas Bier. Dann ging er zum Stettiner Bahnhof, um dort die Nacht zu verbringen. Um 7 Uhr traf ihn bei einer Razzia der Kriminalbeamte an, stellte fest, daß er feine Fahrkarte hatte und forderte ihn auf, den Warteraum der 4. Klasse zu verlassen. Um 10 1hr tref er ihn ein zweites Mal an, diesmal schlafend. Wieder ohne Fahrkarte. Als er ihn aufforderte, mitzukommen, weigerte fich diefer mitzugehen. Das war Hausfriedensbruch. Und als der herbeigerufene Wachtmeister ihn anfassen wollte, erklärte er:„ Ich gehe von selbst. Faßt ihr mich an, so schlage ich noch ein paar von euch zu Boden,
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ich bin auch nicht aus Pappe" und wurde handgreiflich das war Widerstand gegen die Staatsgewalt. Dos Gericht verurteilte ihn, dem Antrage des Staatsanwalts entsprechend, zu zwei Wochen Gefängnis. Der Verurteilte bat, ihm doch eine Bemährungsfrist zu geben, er ſei Bautiſchler, eben sei Saison, er möchte doch ein wenig auf die Beine kommen, im Winter jei wieder nichts los. Der Richter meinte dazu: ganz ausgefchloffen". So blieb dem Bautischler nichts anderes übrig als zu erklären:" Donn trete ich eben die Strafe an". Hätte der Kriminalbeamte diefen Mann, der auf dem Stetiner Bahnhof nichts anderes wollte, als eine Nacht durchschlafen, nicht zorter anfassen können? Es mag ja sein, daß der Ausweis des Bautischlers, daß er eben erst aus Flögensee komme, nicht besonders vertrauenerweckend gewirkt hat. Aber trotzdem. quis
Der, aewerbsmäßige Gepäckdieb."
Der 20jährige Hellmann ist nur einmal und zwar im Jahre 1925 vom Jugendgericht wegen einer geringfügigen Unterschlagung bestraft worden und hat bis zum Jahre 1928 Bewährungsfrist er. halten. Seitdem hat er gearbeitet und nichts Nachteiliges ist über ihn bekannt geworden. In der letzten Zeit ist er arbeitslos. Bor dem Schnellrichter verantwortet er sich wenen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Er behauptet, auf dem Stettiner Bahnhof einen befreundeten Matrosen aus Eminemünde erwartet zu haben, als ein Mann zuerst an ihm vorbeigegangen sei und ihn dabei scharf angesehen habe, ihn aber bald darauf aufgefordert habe, den Bahnhof zu verlassen, da er doch kein Gepäck zu tragen bekommen würde. Er habe sich die Belästigung verbeten; der Herr sei aber nochmals an ihn herangekommen, habe ihn fortgemiefen. ihn danach angepodt; fie feien ins Boren gekommen, der Herr habe den Revolver gezogen und als die Leute seine( des Jugendlichen) Bartei ergriffen hätten, habe der Herr erst die Marke des Kriminalbeamten vorgewiesen und den Leuten gesagt. daß er ein gewerbs= mäßiger Gepäckdieb" wäre. Darauf sei er zur Wache gebrocht worden, wo seine Personalien festgestellt wurden. Der Becmte erklärt, daß es für ihn gar feinem Zweifel unterlag, mit einem beschäftigungslosen Menschen zu tun zu haben, der den Gepäckträgern Konkurrenz mache. Er habe ihm seine Marke bereits früher vorgewiesen. Das Gericht befand sich in einer schwierigen Lone. Weisen Ausiage sollte es Glauben schenken? Hatte der junge Mensch die Wahrheit gesprochen, so fonnte von Widerstand überhaupt feine Rede sein, weil ihm das Bewußtsein gefehlt haben mukte, es mit einem Benmten zu tun zu haben. Das Gericht entshied sich nach langem Hin und Her für den Beamten und verurteilte den Angeflaaten zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 M. Die Strafe ist mild. Man merkte es dem Richter an, daß er die Art und Weise, wie der Beamte in diesem Falle sein Amt ausübte, nicht ganz billigte; vielleicht hatte dieser junge Mensch gar nicht die Abficht, Gepäck zu tragen. Und wenn auch; wären dann derartige Auftritte trotzdem nicht zu vermeiden?
Blinde Deutschlandwanderer.
Der gänzlich erblindete Lautensänger Hermann Hartmann aus Hamburg hat mit seinem Führer W. Jüschte, welcher nur noch ein Auge besitzt, von Breslau aus eine Fuß wanderung
PROGRAMM
für die Zeit vom
17. bis 20. August
BTL
Potsdamer Straße 38 Rheinstraße 14
In Werder blühen die Bäume... Ein Ur- Berliner Lustspiel
gegangen werden; nur soviel muß anläßlich biefes Einzelfalles for statiert werden, daß es erschreckend ist, mit welcher Leichtfertigkeit der Verfassungstert interpretiert und gepreßt wird und auf welch gewundenen und skrupellos begangenen Pfaden das Gericht zu Beinem Ergebnis gelangt, das ihm erwünscht ist.
über Frankfurt a. d. D., Berlin , Hannover , Köln nach Amster= dam und von da zurück nach Hamburg angetreten und ist nach Zurücklegung von etwa 360 Kilometern gestern in Berlin ein getroffen.
Die Tour wird am kommenden Dienstag, vormittags 9 Uhr, nach Erledigung der Paßangelegenheit vom Anhalter Bahnhof aus zu Fuß fortgesetzt. Die Gesamtstrecke, die man bewältigen will, beträgt etwa 1600 Kilometer, bis Mitte Oktober soll es geschafft sein. Für einen Blinden eine bewunderungswerte Leistung!
In dem angeblich verfassungswidrigen§ 11 Arb.Ger.Ges. wird bestimmt, daß als Prozeßbevollmächtigte im Arbeitsgerichtsverfahren Rechtsanwälte und Personen, die das Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben", ausgeschlossen sein sollen, zugelassen dagegen Mitglieder und Angestellte wirtschaftlicher Vereinigungen, also im wesentlichen Gewerkschaftssekretäre bzw. Syndici. Diese Regelung bedeutet zwar eine Befferstellung der organisierten gegenüber der unorganisierten Partei, die im wesentlichen nur für sich selbst auftreten, nicht aber sich eines rechtskundigen Bevollmächtigten bedienen fönnen. Das Arbeitsgericht erblickt aber darin bereits einen Vers stoß gegen die Bereinigungsfreiheit, einen un mittelbaren 3mang zum Beitritt zu wirtschaft. lichen Vereinigungen". Das Gericht verwechselt mittelbaren und unmittelbaren Zwang. Höchstens letzterer liegt aber hier vor, also tein Verstoß gegen Artikel 159, sondern nur eine im gesamten Wirtschaftsleben ständig eübte Einwirkung. Von einer Verfaffungsverlegung fann ernstlich gar nicht die Rede sein.
Im übrigen hätte das Gericht dieses Spiel mit angeb wenn es, wie alle anderen Gerichte, in den seltenen Fällen, in denen die Parteien nicht vor dem Arbeitsgericht erscheinen fönnen, Referen dare zu ihrer Bertretung zugelaffen hätte. Dadurch, daß das Ge richt in einem früheren, juristisch unhaltbaren Beschluß die zu. laffung von Referendaren ablehnte, hat es diese Schwierigkeiten selbst erst geschaffen.
Die 32. Kammer des Berliner Arbeitsgerichts hat einem nicht organisierten Kläger, der durch seinen Beruf am persönlichen Erscheinen im Prozeß verhindert war, einen Rechtsanwalt als Bertreter beigeordnet. Das Gericht hielt sich zu dieser Entschei dung, die dem flaren Wortlaut des Gefeßes widerlichen Verfassungsverlegungen gar nicht nötig gehabt, spricht, für verpflichtet, weil der Kläger sonst gar feine Möglichfeit gehabt hätte, persönlich oder durch einen vom Gefeß zugelaffenen Bertreter den Prozeß zu führen. Infolgedessen wäre Rechts. genossen der Zutritt zum Richter versagt" worden, was gegen die Grundsäge der Berfassung verstoße. Zwar muß fich das Arbeitsgericht selbst dahingehend berichtigen, daß ein solcher Grundsatz" nirgends in der Verfassung ausdrücklich ausgesprochen sei, aber es findet sogleich noch eine weitere Verfassungs verlegung heraus: einen Verstoß gegen das Prinzip der Koalitionsfreiheit, Artikel 159 RV. Und auf diese angebliche doppelte Verfassungswidrigkeit gestützt, nimmt das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die Praris des Reichsgerichts die um strittenfte aller richterlichen Befugnisse, das Recht der Ber. fassungsmäßigkeit von Reichsgeseßen, für sich in Anspruch und erklärt den§ 11 des Arbeitsgerichtsgesetzes, der die Rechtsanwälte ausschließt, wegen Berfaffungswidrigkeit für unanwendbar.
Es soll bei der Kritik dieses geradezu unmöglichen Beschlusses auf die Frage des richterlichen Prüfungsrechtes nicht näher ein
aus dem 14. Jahrhundert stammend mit wertvollen
Kunstschätzen.
Der Beschluß ist nur eine Etappe in den konzentrischen und zielbewußten Angriffen gegen die wohlbegründete Bestimmung des Arbeitsgerichtsgesetzes, die den Ausschluß der Anwälte von der Arbeitsgerichtsbarkeit ausspricht. Bald versucht man es mit der Not der Anwaltschaft, bald mit der juristischen Konstruktion der Ver faffungswidrigkeit!
Die Arbeiterschaft wird auf dem Posten sein müssen, wenn eine Abänderung des zu ihrem Schuze geschaffenen Arbeits gerichtsgesezes verhindert werden soll.
Reformistische Arbeit der Weltrevolutionäre.
Aus Moskau wird gemeldet, daß Mittwochabend in Smo lenst ein außerordentlicher Kongreß der Gewerkschafts organisationen eröffnet wurde, an dem sich 250 Delegierte beteiligen. Die Einberufung des Kongresses erfolgt im Zusammenhang mit den im Gouvernementsapparat der Gewerkschaften plöglich aufgedeckten Mißständen und Unregelmäßigteiten, die sich auf die Industrieunternehmungen erftredten. Die Unregelmäßigkeiten haben den Industriebezirken erheblichen Schaden zugefügt. Ferner jollen auf dem Kongres Fragen der Arbeiterdisziplin besprochen werden, da die Disziplinlosigkeit der Arbeiter in den Fabriken ständig zunimmt.
Zur Eröffnung des Kongresses sind in Smolenst Vertreter des Zentraliomitees der Partei sowie Mitglieder des zentralen Gewert fchaftsrates eingetroffen, die Borträge über die Richtlinien der Partei und der Gewerkschaften halten sollen.
Die„ Eroberer" der Gewerkschaften, die die ganze ,, reformistische Tätigkeit der Gewerkschaften in fulturell höherstehenden Ländern in Grund und Boden verdammen, werden durch die Verhältnisse in Rußland gezwungen, vor der eigenen Tür zu fehren und die mühjame langwierige und reformistische Erziehungsarbeit einzuleiten, die die Gewerkschaften anderer Länder längst erfolgreich beendet haben. Lange genug hat das Moskau versäumt und die im eigenen Lande notwendigen Mittel im Auslande vergeudet, um die IGB.Gewerkschaften mit seinen Parolen zu beglücken" und Zersplitte rungs- und Zersegungszellen zu bauen.
Eine ganze Kapelle gestohlen.
Ein Mufiter aus der Grolmannstraße fam in der vergangenen Nacht mit mehereren Instrumenten nach Hause. Er ließ den Koffer versehentlich auf der Treppe stehen. Als er sich morgens seiner Kapelle wieder erinnerte, war sie verschwunden. Es war ein schwarzer Kalifofoffer, der ein Altsagophon und ein B- Sagophon, beide vergoldet, ein B- Klarinette und eine schwarze Flöte enthielt. Das andere war ein Koffer- Grammophon, Marte Ultraphon", mit zehn Platten.
Männerchor Friedrichshain ! Am Sonnabend, dem 18. ds. Mts., fährt der Chor nach Neuruppin . Treffpuntt pünktlich 16%, Uhr Stettiner Bahn hoj. Abfahrt 17 Uhr.
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Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle Berlin und Um gegend.( Nachdr. verb.) Weiterhin fühl und zeitweise heiter, bet westlichen Winden. Noch Neigung zu einzelnen Regenschauern. Für Deutschland : Im Süden und Westen langsame Befferung, im Osten noch strichweise leichte Regenschauer.
KINO TAFEL
Südwesten
Osten
Film- Palast Kammersäle Concordia- Palast
Teltower Str. 1-4. W. 6, Sbd. 5, Stg. 4 U. Andreasstraße 64
Süden
Mädchenschicksale Amundsen im ewigen Eis Bühnenschau
Norden
Pharus Lichtspiele
Müllerstr. 142
H
Viktoria- Lichtbild- Th. Müllerstraße, Ecke Seestraße
Arno
Vom Täter fehlt jede Spur
Ein Kriminal- Großfilm
mit Grita Ley, Hanni Weiße
Turmstraße 12
Die Königin seines Herzens mit Liane Haid , Kätho v. Nagi, Luigi Serventi
Für Jugendliche freigegeben
Alexanderstraße 39-40
( Passage)
Der Polizeiflieger von Kall. fornien
Ein Sensat- Kriminalfilm. Die Königin des Varietée
Beg. W. 6.15, 9. S. ab 4 Uhr
H. Porten in Gelerwally Wegner, A. Nielsen in Steuer mann Holck
Luisen- Theater Reichenberger Straße 34
Die Dame und ihr Chauffeur Beiprogramm und Bühnenschau Neukölln
Passage- Lichtspiele Neukölln, Bergstraße 151-152
Der Polizeiflieger v. Kalifornien Das Lied, das meine Mutter sang Bühnenschau
Tempelhot
48
Zwei rote Rosen Bühnenschau
Schwarzer Adler
Frankfurter Allee 99
Das Girl von der Revue Bühnenschau
Kosmos- Lichtspiele
Lichtenberg , Lückstraße 70-73
Die große Ausstattungsrevue: Tipp Topp, in 14 Bildern, 15 Mitw. Seine Hoheit der Dienstmann Gutes Beiprogramm
Friedrichsfelde
Tivoli- Lichtspiele Kammerlichtspiele
Pat und Patachon auf dem Pulverial
Humboldt- Theater
Badstraße 19
Fräulein Chauffeur mit M. Christians
Amundsen im ewigen Else froße Bühnenschau
Kristall- Palast
Prinzenallee 1-
Pankow
Palast- Theater
Die Königin seines Herzens Beiprogramm und Bühnenschau Breite Str. 21 a.
Nordwesten
Welt- Kino
All- Moabit
Zwei rote Rosen Nixcien
Gesundbrunnen
Badstraße 5
Operettenrevue: Mir ist heut' so uro e Bühnenschau
Beg. W 630, 9. S. 5, 6.30, 9 Uhr. Vom Täter fehlt jede Spur Der Tanzstudent
Weißensee
Schloßpark Film- Bühne
Berliner Allee 205-210
Die Königin seines Herzens Gr. Ausstattungs- Revue: 1000 Worte Liebe
Charlottenburg
Schlüter- Theater
Schlüterstr. 17.
W. 7, 9.15, Stg. ab 4 U. Carmen Bony in Liebeskarneval Der geheimnisvolle Ozeanilug
Schöneberg
Straße 27
Preis- Schönheits- Wettbewerb Wer ist die Schönste? Preisrichter. Filmstare und Sportgrößen. Entscheidung: Dienstag, den 21. August. Die Preise sind ausgestellt bei Alice Jacoby, Pankow, Breite Str. 16
Unterwelt
Guies Beiprogramm
01
Film: Liebe u. Trompetenblasen Steglitz, Schloßstr. 5, Ecke Gutsmuthsstr.
Nieder- Schönhausen
Ballschmieder- Lichtsp. Film- Palast
Badstraße 16
Eva in Seide mit Listi Arna Buffalo Bill junior
Große Bühnenscha
Blankenburger Str. 4
Mutter und Kind( Honny Porten) Madame wagt ein. Seitensprung