Amerika häli sich fern. �epavaiionsfroge außerhalb des amerikanischen Interessen Washington . 15. September. Präsident<?>ootidga lieh Verlanten, er glaube, die europäischen Vorschläge für die Einsetzung von Kom> Missionen zum Studium der Möglichkeit der Räumung des noch besetzten deutsche» Gebiets seien eine Angelegen- beit, an der die Bereinigten Staaten nicht teilnehmen sollten. Er sei gleichfalls der Ansicht, die Vorschläge, die sich mit dem Ziele beschäftigen, die deutschen Repara- tionsverpfüchtunge« klarer festzusetzen, berührten eben- falls ein Problem, das außerhalb der allgcmei. neu Interessen der Vereinigten Staaten -liege. Tie amerikanische Regierung werde sich selbst. verständlich nicht an Konferenzen über die Reparations» frage beteiligen, da sie weder mit dem Rheinland noch mit den Reparationen offiziell irgend etwas zu tun habe. Etwas anderes sei es. wenn der Völker- bund diese Fragen aufnehme und amerikanische Privatpersonen als Mitglieder in die Konferenzen berufe; dagegen sei natürlich nichts einzuwenden. O Diese Haltung des amerikanischen Staatschefs ist zunächst einmal in der gegenwärtigen politischen Situation begründet. Die Vereinigten Staaten stehen dicht vor den Wahlen. Am 6- v�m ber wird der Präsident, der Vizepräsident, und ein Tc�-Ties Senats der Vereinigten Staaten gewählt; ebenso finden in vielen Einzelstaaten Wahlen statt. Das ist keine Station, in der die amerikanische Regierung neue außen- politische Wege einschlagen kann; wurde sie doch damit die kommende Regierung binden. Das widerspricht völlig der sabrhundertalten Tradition der amerikanischen Demokratie. Aber dieser Zustand dauert nicht nur bis in den November hinein— er dauert bis zum März 1929. Aus dem Ge- danken heraus, daß man dadurch das Land vor einer zu stark wechselnden Krisis bewahrt, Hot man die Einrichtung getroffen, dag der neu gewählte Präsident erst vier Monate nach der Wahl sein Amt antritt; ebenso ziehen erst dann die neugewählten Abgeordneten in das Parlament ein. So besteht in Amerika ein Zwischenzustand zwischen alter und neuer Regierung, den man in Europa nirgends kennt. Ganz besonders in der Außenpolitik wirkt es sich darin aus, daß die alte Regierung während dieser Zeit nichts unternimmt, was die neue Regierung festlegen könnte. Aus allen diesen Gründen ist vor dem Ablauf von etwa sechs Monaten— von Mitte September bis Mitte März— wenig wahrscheinlich, daß die Haltung der amerikanischen Regierung in der Schulden- und Reparations- frage sich ändert. Ob das dann der Fall fein wird, hängt dann zum Teil davon ab, ob die Republikaner am Ruder bleiben oder ob die Demokraten sie ablösen. Dabei ist wahr- scheinlicher, daß der Republikaner als daß der Demokrat gewählt wird. An der New-Porker Börse wurde in den letzten Tagen gewettet, daß der Republikaner Hoover und nicht der Demokrat Smith das Rennen machen wird. Die Börse hat— mit einer einzigen Ausnahme— bisher niemals in ihren Prognosen geirrt. So sieht es zurzeit jedenfalls so aus, daß Hoovej� bisher Hirtschaftsminister Eoolidges, an die Mächt kommen und d,e zurückhaltende Politik seines, Vorgänger fortsetzen wird. Es ist bis auf weiteres für die amerikanische Regierung wegen des kommenden Regierungs- Wechsels nicht möglich, ihre bisherige Abneigung gegen eine Beteiligung an europäischen Reparationsverhandlungen auf- zugeben. Verbesserung in der Krisensürsorge. Noch ein Wort zur Nichtigstellung, Wir hoben den Angriff der„Roten Fahne" gegen den Reichs- arbeitsministcr, womit die Erwerbslosen auf den Sozial- demokratcn Wisscll gehetzt werden sollten, als Schwindel» Manöver entlarvt. Trotzdem oersucht dos Blatt auss neue, den Werdegang der Verordnung über die Höchstdauer der Krisenunter st ützung für Arbeitslose vom 27. August lS28 zu fälschen. Deshalb sei noch einmal auf dies« Angelegenheit kurz zurückgcgrissen, Das kommunistische Blatt, dos noch feinem eigenen Zeug- nis„die Lüge als bewußtes Sampsmittel" anzuwenden pflegt, redet sich damit heraus, es habe den ersten Satz der Verordnung über die Höchstdauer der Krisenunterstützung vom 27. August 1928 unter- schlagen, weil er:„aus«in« kommende Neuregelung hin- weist". Logisch denkende Leser meinen, gerade deswegen hätte der Satz gebracht werden müssen. Das Schwindeldlatt fragt den„Vorwärts", worin denn dos Neu« und Wesentliche jenes Satzes bestehe. Nun haben wir schon mit aller Deutlichkeit gesagt, daß dieser Satz die Verlängerung der Krisenunter- st ü tz u n g von 2« auf 39 Wochen ankündigt. Der erst- Satz im Artikel 3 der Verordnung über die Krisenunterstützung für Ar- beitslose vom 28. September 1927 lautet:„Di« Höchstdauer der Krisenunterstützung betrögt 26 Woche n" Dieser Sah ist gerade deswegen gestrichen und durch den, von der„Roten Fahne" wohlweislich unierschlogenen. Sah der neuen Verordnung vom 27. August 1923 erseht worden:..Die Einführung einer höchsl- bezugsdauer für die krisenuniersiützuog bleibt vorbehalten', um auf Grund dieses Vorbehalts die D« r l ä n g e r u n g der Unterstützung?- dauer von 26 aus 39 Wochen vornehmen zu können. Dieser Satz muß gerode darum der„Roten Fahne" sehr un- bequem sein, weil er ihrem Zweck der Verhetzung nicht dienlich ist. Es überrascht uns deswegen auch nicht, daß die„Fahne" sich auch gegen diese Feststellung taub und blind zeigt. Sie versucht abzulenken, indem sie behaupte«, Wisiell habe mit der Bedürftigkeits- Prüfung eine„bereitsauherKrastgetrete n« Bestimmung erneut erlassen". Wir haben dem gegenüber datenmäßig festgestellt, daß diese Bestimmung nie außer Kraft getreten war. sondern schon in die Verordnung über Krisenuiuerstützung für Arbeitslose vom 28. September 1927 aus dem alten Gesetz vom 19. November 1926 bzw. aus der Verordnung vom 1Z. Januar 1920 übernommen worden ist. Während ihres mehr als achtjährigen Bestehens hat die Bc- stimmung zu keiner Beanstandung Anlaß gegeben. Diese Tatsachen stehen fest und werden auch durch die verwegensten Deutungskünste nicht erschüttert._ Die afghanische Regierung hat eine amtliche Erklärung zu der Berhoftunq von Geistlichen verösientlicht. in der es heißt, daß die Geistlichkeit noch vor der Rückkehr Anurnullahs gegen den König und die Regierung agitiert habe. Die Verhandlungen mit der Geisllichkeit hätten zu nicht» geführt. Di« Regierung Hab« 6S Per» stznen oerhaftet und wird sie vor dos oberste Gericht stellen.
Oeutschnationale Balance.
»Unser Schiff hat links Schlagseite, wir müssen den Lambach über Äord wn."
„O weh, jeht hängt es nach rechts über,— wir müssen den Lambach wieder hineinholen."
»Vielleicht geht es, wenn wir ihn, seiner Aemter entkleidet, am Mast festbinden?"
.So, jetzt ist endlich dos Gleichgewicht da!"
Am Sonnabend begannen m Schweden die Wahlen zur 2. Kammer. Im Schweden gibt es noch das Zweikannnersystem. Formell sind beide Kammern gleichberechtigt, ober in der Praxis ist die 2. Kammer ausschlaggebend- Di« Wahlen, die in der Zeit vom IS. bis zuni 21. September vor sich gehen und deren endgültiger Abschluß kaum vor Ende des Monats, vielleicht erst später vor» liegen wird, sind weit über Schwedens Grenzen von Interesse, weil um die Mehrheit gekämpft wird. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß es der schwedischen Sozialdemokratie glücken wird, die Mehr- heit zu gewinnen, so daß Schweden dos eist« Land der Welt sein wird, in dem eine sozialdemokratische Regierung auf Grund jozioldeinokratischer Mehrheit im Parlament gebildet werden kann. Die Lage in der 2. Kammer, die 230 Mitglieder zählt, ist jetzt so, daß die Sozialdemokratie 105 Mandate hat: da, zu kommen 4 Kom- munisten, die ober nickst wie di« deutschen sind» sondern in allen praktischen Fragen mit der Sozialdemokratie zusammenorl«it«n; es ist nur eine Zeitfrage, warm die kleine kommunistisch« Gruppe vollständig in der Sozialdemokratie aufgeht. Der Anfang ist bereits bei den jetzigen Wahlen durch Listenzusammeniezung beider Parteien gemacht worden. Bei den vorigen Wahlen bekamen die Arbeiterparteien zusammen 815 000 Stimmen, davon 750 000 die Sozialdemokralen, und die bürgerlichen Parieien erreichlen zusammen 951 000 Stimmen. Die Zusammensetzung der Kommer braucht sich also nur um sieben Mandate zu verschieben, damit die schwedisch« Arbeiterpartei die Mehrheit in Schwedens Reichstag gewinnt. Gewiß hat es früher sozialdemokratische Regierungen in Schwe- den gegeben, zweimal unter Hjalmar B r o n t i n g und zuletzt unter S a n d l« r. aber diese Regierungen hoben sich auf ein« parlomen- tarische Mehrheit aus Sozialdemokraten und den sogenamrten ..Liberalen"— ähnlich den deutschen Demokraten — stützen müssen. Es oersteht sich von selsist, daß auf dieser Grundloge kein« ausgeprägte sozialistische Politik in Schweden getrieben werden konnte. Man mußte dort, wie in anderen Landern, koolitionspolitisch re° gieren. Damit soll nicht gesagt sein, daß die schwedischen Arbeiter unter diesen Verhältnissen nichts erreicht haben. Es sind soziale Re- formen durchgeführt worden, die Schweden zu einem sozialen ZNusterstrad machen. Di« Koalition? Politik mit bürgerlichen Parteien hat nicht, wie mehrere Genossen meinten, dazu geführt, daß unsere schwedisch« Bruderpart«! zum Stillstand gebracht worden oder zurückgegangen ist. Im Gegenteil steht die Sozialdemokratie nun auf dem Sprung, di« Mehrheit und die Macht zu erobern und damit der internatio- nalen Arbeiterschaft em leuchtendes Beispiel dafür zu geben, wozu eine zielbewußte Politik führen kann. In welch großem Maße die schwedischen Sozialdemokraten die Bürgerlichen verdrängt haben, sieht man daran, daß diese Parteien alle Gegensätze vergessen hoben und sich gegen die Sozialdemokrotie zu einem Block zusammengeschlossen haben. Gewiß finden in Schweden Berhälttrisroahlen statt, ober so nahe sind die Sozial� demotraten den bürgerlichen Parteien gar nicht, daß dies« jede einzelne Stimme zu verlieren fürchten.
Di« Frage, di« im Wahlkampf besonders hervortrat, war da? Wehrproblem. Di« Sozialdemokratie hatte aus ihr Wohlprogramm eine bedeutende Herabsetzung der Mi l it ä rau s g a b« n gesetzt. Das bedeutet so viel wie den Ansang der Abrüstung in ver- nünftigem Tempo. Ebenso wie in den anderen skandinavischen. Ländern, gehr man in Schweden gründlich und sorgfältig prüfend vor. Unser« schwedischen Genossen verlieren ihr Ziel nicht aus den Augen, selbst wenn sie hin und wieder einen kleinen Umweg machen. Den Wahlen ist eine riesig« Agitationsarbeit vorangegangsi. da beide Parteien olle technischen Mittel gebraucht hoben. Es ist eine Riesenarbeit, in einem Land wie Schweden durchgreifend zu agitieren. Don der Südspitze des Laiches bis zum nördlicher Teil, der über dem Polarkreis liegt, reift man drei Tage mit dem Schnellzug. Der Flächeninhalt des Landes ist beinahe so groß wie der des Deutschen Reiches, aber die Bevölkerungszahl ist etwa nur ein Zehntel derjenigen Deutschlands , so daß es verständlich ist. mit welch großen Schwierigkeiten es verbunden ist, die gesamten Bevölkerung zur Wahl zu bringen. Automobil« und Wahlfilme sind während des Wahlkampfes viel oerwendet worden. Wird die Hosftmng unserer schwedischen Genossen, die Stimmen- Mehrheit zu erringen, in Erfüllung gehen? Die international« Ar- beiterklasse wird es mit Jubel begrüßen, wenn die Sozialdemokratie in Schweden die Mehrheit erringt und damit zum erstenmal die Bildung einer sozialdemokrattschen Regierung in einem großen, selb- ständigen Lande ohne Koalition möglich ist. Oskar Iörgenfen. Oer Wahlausgang in Dänemark . Starker sozialistischer Stimmenzuwachs— aber keine Machtverfchiebung. Kopenhagen , 15J September. Die nunmehr vollzählig vorliegenden Wahlergebnisse vom Frei» tag zeigen folgendes Bild: Sozialdemokraten.., 614 Wahlmänner(-s- 203) Liberale....... 643,(— 53) Konservative...,. 268„(4-6) Demokraten,...'•» 185„(4- 8) Deutsche..,.,»* 27„(4-3) Konservative und Liberale werden also über 40 Sitze ver- fügen, während Sozialdemokraten, Demokraten und Faröer mit 36 Sitzen in der Minderheit bleiben. In der Zeitung„Sozialdemokraten" erklärt der Parteiführer Stauning. daß für die liberale Regierung 444 082 und gegen die Regierung 453 186 Stimmen abgegeben worden seien. Di« Wähler hätten sannt über das Kabinett Madsen Mygdal ihr Urteil ge- sprachen. Das Ministerium könne nichts anderes tun, als Neu- wählen für das Folkething auszuschreiben, um dadurch porla- mentarisch« Klarheit zu schaffen. Hierauf hat der Ministerprüssdent durch das liberale Pressebureau erwidert, daß er die Forderung der Sozialdemokraten als unbillig abweisen müsse. Das Ergebnis habe im ganzen den Wahlausgang vom Jahre 1926 bestätigt.