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yir. 439* 45. Iahrgaag

2. Beilage des Vorwärts

Gontckag,. September 1925

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Internationale der Angestellten. Zum 3. Lnternaiionaleu Kongreß in Dresden .

In den Tagen vom 13. bis 18. September findet in Dresden der 3. Kongreß des Internationalen Bundes der Privatangestellten statt. Dem eigentlichen Kongreß gehen Konferenzen der Fachgruppen der Techniker und Werkmeister und der Bankangestellten voraus. Die Fachgruppe der Tech­niker und Werkmeister beschäftigt sich insbesondere mit dem Schub des angestellten Erfinders: die Fachgruppe der Bank- angestellten mit der Frage der Alters- und Jnoaliditätsver- sorgung der Bankangestellten. Die ersten Versuche zu einer internationalen Zusammen- fassung der Angestelltenorganisationen setzen um die Jahr- hundertwende ein. Sie waren von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil man unter einem verschwommenen Pro- gramm sowohl die auf dem Boden der modernen Arbeiter- bewegung stehenden freien Angestelltenorganisationen wie die bürgerlichen Harmonieosrbände zusammenfassen wollte. Das lehnten die freien AngesteMenorganisationen ab. Anläßlich des Internationalen sozialistischen Arbeiter- kongresses 1S04 in Amsterdam traten die auf dem Boden des Klassenkampfes stehenden Handlungsgehilfenorganisatio- nen zu einer Konferenz zusammen, die die Errichtung einer Internationalen Auskunftsstelle beschloß. Von diesem Zeitpunkt kann man den Beginn einer wirk- lichen Internationale der Angestellten da- t i e r e n. Auf der 2. Internationalen Konferenz 1907 in Stuttgart kam in einer Entschließung zum Ausdruck, daß es zur Fuhrung eines erfolgreichen Kamvfes der Handelsange- stellten um Schutzgesetze und um Erhöhung des Lohnes not- wendig sei, sich mit allen übrigen Lohnarbeitern solidarisch zu erklären. Diese Konferenz forderte deshalb auch die orga- visierten Handelungsgehilfen auf, sich überall den Institu- tionen der organisierten Arbeiter anzuschließen. Auf dem Internationalen Kongreß 1910 in Kopenhagen wurde die Er- richtung eines Sekretariats beschlossen. Im Weltkrieg ging auch diese internationale Verbindung verloren: sie wurde jedoch im Oktober 1920 auf einer Tagung in Amsterdam wieder hergestellt. Ein Jahr später fand in Wien de?(Bründungskongreß des Internationalen Bunde» der Privatange st eilten statt, der sein Organisationsgebiet auf fast alle Angestellten ausdehnte. Bei seiner Gründung umfaßte der Bund bereits 25 Verbände mit 854 600 Mitgliedern. Bon der rückläufigen Bewegung wurden auch die Angestellten erfaßt. Inzwischen ist national wie international eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung ein- getreten; dem Internationalen Bund der Prioatangestellten sind zurzeit 47 Verbände aus 19 Ländern mit einer Mit- gliederzahl von 701 343, darunter 152 165 weiblichen An­

gestellten, angeschloflen. Bon deutschen LsA-Organisationen gehören dem Internationalen Bunde an: Zentraloerband der Angestellten, Bund der technischen Angestellten und Beamten, Allgemeiner Verband der deutschen Bankangestellten, Deut- scher Werkmeisterverband und Polier-, Werk- und Schacht- meisterbund für das Baugewerbe. So wie die freien Angestelltenorganisationen die Vor- kämpfer des Gewerkschaftsgedankens und der Solidarität mit den Arbeitern im nationalen Maßstab waren, so waren sie es auch im internationalen Maßstab. Der Sieaeszug dieser Gedankenwelt tritt deutlich in die Erscheinung bei einem Ver- gleich der Vorkriegszeit mit der Gegenwart. An Stelle der Harmonieduselei ist ganz allgemein die Anwendung oewerk- schaftlicher Kampfesmittel und eine enge organisatonfche Der- bindung mit den Arbeiterorganisationen getreten. Die bür - gerlichen Angestelltenverbände in Deutschland haben den An- schluß bei den christlichen oder hirsch-dunckerschen Arbeiter- gewertschaften gefunden. Auch international haben die früher im engstirnigsten Nationalismus schwelgenden bürgerlichen AngestelltenverbLnde durch Gründung einer christlichen und einer sogenannten neutralen Internationale die Notwendig- keit internationaler Zusammenarbeit anerkannt. Die Er- kenntnis ist jedoch bei diesen Verbänden nicht nur um einige Jahrzehnte später gekommen, Sinn und Ziel des nationalen und internationalen Gewerkschaftskampfes als eines Teiles des Befreiungskampfes der Arbeiterklasse ist den bürgerlichen Angestelltenverbänden auch heute noch verschlosien geblieben. Der diesjährige Kongreß des Internationalen Bundes der Privatangestellten beschäftigt sich neben reinen Gewerk- schaftsfragen insbesondere mit den Forderungen für eine i n- ternationale Angestellten- Sozialpolitik, außerdem steht noch das ThemaRationalisierung u n d A n g e st« l l t e" auf der Tagesordnung. Bei den inner- organisatorischen Fragen handelt es sich um die Regelung der Pflichten und Rechte der angeschlosienen Verbände bei Streiks und um die Regelung der Uebertrittsbestimmungen für die Mitglieder, die von einem Verband zum Verbände eines anderen Landes übertreten. Für die innere Organisation des internationalen Bundes steht ferner zur Aussprache die Frage einer stärkeren Durchgliederung nach Fachgruppen. Das soll insbesondere ergänzend geschehen für die Versiche- rungsangestellten, für die Handelsangestellten und für das kaufmännische und Bureaupersonal. Das Referat zu diesen Fragen hat der Vorsitzende des Bundes. Otto Urban, Berlin . Auf dem letzten Kongreß des Internationalen Gewert- schastsbundes in Paris hat bereits die Frage einer stärkeren Berücksichtigung der Angestellten in der Gesamtinternatinnale

eine erhebliche Rolle gespielt. Zu diesem Thema Oudegeest und der Sekretär des Internationalen Bundes der Privatangestellten, S m i t, Amsterdam . Dieser wird mich in Dresden zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen: seine Leitsätze betonen die Notwendigkeit einer noch engeren Ge- meinschaftsarbeit mit den Arbeitern und eine ausreichende Berücksichtigung der Angestellten in den dafür in Frage kommenden Organen. Bei den Fragen der internationalen Angestellten-Sozial- Politik, über die der sozialdemokratische Bundesrat M. K l e i n, Wien , spricht, handelt es sich in der Hauptsache um die Durch- führung des unter Führung des Internationalen Bundes der Privatangestellten in Montreux zustandegekommenen sozial- politischen Programms. Mit dem Internationalen Arbeits- amt haben auch darüber bereits Verhandlungen stattgefunden. Es ist anzunehmen, daß einige Fragen auch bald VerHand- lungsgegenstand auf der Internationalen Arbeitskonferenz werden. Für eine wirksamere Förderung der internationalen Angestellten-Sozialpolitik wird oerlangt, daß im Internatio- nalen Arbeitsamt ein beratender Ausschuß für alle in Be- tracht kommenden Angelegenheiten der Privatangestellten eingesetzt wird, in dem der Internationale Bund der Privat- angestellten ausreichend vertreten sein muß. Auch über diese Frage haben bereits Besprechungen mit dem Direktor des Internationalen Arbeitsamtes, Albert Thomas , statt- gefunden. Die Frage der Organisierung der Jugendlichen wird der sozialdemokratische Abgeordnete R. Klein- Prag behan- dein. Durch dieses Referat soll erreicht werden, daß die dem internationalen Bund angeschlossenen Verbände sich noch stärker mit der Organisierung der Jugendlichen beschäftigen. Das Thema:Rationalisierung und Angestellte" behan- delt der Vorsitzende des Bundes der technischen Angestellten und Beamten, Genosse Otto Schweitzer- Berlin . Seine Aufgabe wird darin bestehen, zu zeigen, mit welchen sozial- politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen den sozialen Schäden der Rationalisierung entgegengetreten werden muß. Auch bei der Behandlung dieses Themas wird sich zeigen, wie notwendig die internationale Zusammenarbeit ist.

Oeffentlichkeii im Disziplinarverfahren. Sine Verfügung des Iustizministers. Im Hinblick auf die Forderung, die Oeffentlichkeit der Diszipli- narverhandlungcn gegen Richier dadurch praktisch werden zu lassen, daß der Oeffentlichkeit auch die Termine mitgeteilt würden, wird jetzt eine Verfügung des preußischen Iustizministers bekannt, wonach die Oberlandesgerichte nicht nur auf Anfragen nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlungen auch soweit die Anfragen nicht aus den Kreisen der Beamten herrühren Auskunft erteilen sollen, sondern auch den Iustizpressestellen ist von der Anberaumung von Terminen im Dienststrafverfahren gegen richterliche Beamte Mit- tellung zu machen.