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Drama in z< Erzählung voi Mit zwei gelb funkenden Augen flog die Elektrisch« Nr. 4 durch Winter, Sturm und eisiges Nevadunkel. Drin war«s hell. Zwei rosige Jungkommunistinnen diskutierten über die Opposition, eine Dame hatte in einem Körbchen ein winziges Hündchen, einen Dobermann bei sich, der Schaffner unterhielt sich leise mit einem Greis über Gott . Keiner, außer mir. ahnte, daß im nächsten Augenblick alles vergessen sein würde die Opposition, der Hund, Gott, und daß sie alle zu Statisten meiner Erzählung werden, er- regt auf den Schluß eines zehn Minuten währenden Dramas war- ten würden. Den Beginn des Dramas kündete der Schaffner mit dem Ausruf: .Ehemaliger Platz der Verkündigung."Platz der Arbeit." Damit eröffnete sich, wie in einem Prolog, der Grundkonflikt des Dramas: einerseits die Arbeit, andererseits ein augenscheinlich arbeitsfremdes Element in Gestalt des Erzengels Gabriel , der mit unerhoffter Verkündigung vor die Jungfrau Maria hintritt. Der Schaffner öffnete die Wagartür und heveintrat ein schöner junger Mann, eine Nummer der MoskauerIswestija" in der Hand. Er nahm mir gegenüber Platz, zog die Hose von zartestem Perlgrau an den Knien hoch, putzte mit dem Taschentuch die Augen- gläser und setzte sie wieder auf. Es waren natürlich amerikanische Augengläser, rund, mit schwarzem Gestell. Manchen Leuten ver- leiht eine derartige Augenumrahmung das Aussehen eines Doktor Faustus, anderen das von Rennpferden. Der schön« jung« Mann war ein Renner. Ungeduldig stampfte er mit dem lackierten Huf den Boden. Er mußte rechtzeitig bei der Halbjungfrau Maria er- scheinen, doch der Schaffner gab, wie zum Trotz, noch immer nicht dos Fohrtzeichen. Man durfte es dem Schaffner nicht verargen: er koimte die Elektrische nicht weiter fahren lassen, ehe das zweite Element des Dramas zur Stell« war. Endlich erschien es. . Di« in Filzstiefeln steckenden Beine weit gespreizt, blieb er un- sicher mitten in der Elektrischen stehen. Für niemand, außer ihm selbst spürbar, erschütterte ein kaukasisches Erdbeben in vier Stößen den Boden unter seinen Filzstiefeln. Schwankend, im.Kreise sich drehend, verschwammen vor seinen Auge« die schöne Welt, die rosigen Jungkommunistinnen, der winzig« Dobermann. Tjutjka, Tjutjka, Tjutetschek", beugte er sich nieder, um den Dobermann zu streicheln. Doch das Erdbebyi entzog ihm den Boden unter den Füßen. Er schlug neben mir hin direkt vor dem lackierten jungen Mann. N na und... n na, Hab' eben eins geirunken," sagt« er. ..Hab' auch ein voll«? Recht dazu... Da sind sie die Schwielen.,. sind wirklich da schauen Sie mal." Er wies dem Publikum sein« Hände und enthob mich so der Mühe, feine soziale Herkunst zu erläutern. Es ist auch ohnehin alles klar, auch daß dieser schwielig« Nachbar und der lackierte jung« Mann nicht zufällig durch meinen und des Schicksals Willen ein- ander gegenüber sitzen. Es funkelten die Gläser des jungen Mannes, es blitzten die Zähne meines Nachbarn. Di« Zähne waren weiß und kräftig von Roggenbrot, Frost und Lächeln. Er ließ dieses Lächeln über die Gesichter hingleiten, schwebte, kaum merklich schwankend, vorbei an den rosigen Jungkommunistinnen, dem Schaffner, dem Körbchen mit dem Dobermann und macht« halt, angezogen vom Gefunkel der amerikanischen Brillen. Di« Hände auf die Knie stützend, blickt« er lange den in die Brillen gezwängten jungen Mann an, lacht« immer breiter, um zuletzt in höchster Begeisterung hervorzusprutdeln: Bist du aber hübsch, meine Güte! Die Höschen, was die allein schon wert sind! Und die Brillen... und die Stiefelchen! Schau einer... Ein niedliches Kerlchen bist... eh!" Die Jungkommunistinnen brachen in Gekicher aus. Das nied- liche Kerlchen wurde purpurrot, schnellt« empor mitsamt seinen

hn Minuten. I. Gamjattn. Brillengläsern. Doch sofort besann er sich, daß es sich für den> Erzengel vom Berkündigungsplotze nicht schicke, sich mit einem Ar- beitsmann einzulassen. Er knist die Lippen ein und senkte die Guckflächen seiner Augengläser auf die Zeitung nieder. Unoer- wandt starrte der Arbestsmann auf die Brille. Die Welt, die in seinem Hirn kreist«, wie die Erde um die Sonne, hott« ihren Um- lauf vollendet. Schon ging die Sonne unter, war schon versunken. Er hörte mit einem Male zu lachen auf. Seine Zähne wurden dunkel. Einen Augenblick schwieg er wie die Nacht. Hauen werden wir euch, ihr Luder." sagte er plötzlich zu dem schönen jungen Mann.Du, wer bist? Bist ein Mitglied dez Kapitals das bist! Liest die Zeitung, tust, als ob ich für dich nicht da wäre. Aber sieh zu, wenn ich dir eins auf die Brille ver- setz« so wird es schon... auch dos da..." Die Zeitung auf den Knien des schönen jungen Manne? er- zitterte. Er sah dos Glück von Wafsilji Oftrow verloren. Blutend, beulenüberdeckt, würde er nicht vor jeine Maria hintreten dürfen. Zwanzig Stroßenbahnaugen harrten erregt der Lösung des Kon« fliktes. Sie nahte der Arbeitsmann zog die Hand aus der Tasche.... Nun war es an der Zeit, daß im Gang« der Hand- lung eine Pause«intrat, damit die Nerven der Zuschauer sich spannten, gleich einer Biolinseite. Ohne Zögern vermittelte der Schaffner diese Paus«. Er eilt« von der Tür zum Ort der Hand- lung, um sein« Pflicht als Christ und als Haupt der Posiagiere zu erfüllen. Bürger, Bürger, s'ift nicht gestattet," sagte er zum Arbeits- mann. Du... meng dich lieber nicht ein!" wandte sich der Arbeiter zu ihm um. Der Schaffner prallte zurück, schwankte: der Wagen stand. Großer Prospekt, Prospekt des Proletariersieges", murmelte. an die Tür gelehnt, der Schaffner. Der Groß«? Da muß ich aussteigen... doch nei ein, ich steig' noch nicht aus! Ich bin da!" Der Arbeiter beugte sich herab zur amerikanischen Brill« und es ward klar für alle: er wird nicht gehen, ehe er die Spannung durch irgendeine Katastrophe gelöst hat. Di« Dam« mit dem Dober- mann sprang auf, die Jungkommunistinnen sperrten den Mund auf, dieIswestija" auf den Knien bebte. Na, du... heb' mal... das Gesichtchen." sagte der Ar- beiter. Gehorsam hob der schön« Jüngling dos bebrillte Antlitz und blinzelte. Die Elektrisch« stand. Der zu Stern erstarrte Schaffner war nicht imstande, das Klingelzeichen zu geben. Der Arbester be- festigte die Position seiner Filzstiesel auf dem Fußboden und erhob die Hand über dem Mitglied des Kapitals. Na," sagte er,gleich werde ich fortgehen, um dir vielleicht nie wieder zu begegnen. Aber... zum Abschied.. Ohne zu atmen, ohne den Blick abzuwenden, strebte der Schaff- ner der Glocke zu. Daß du nicht wogst!" schrie der Arbeietr,.laß' mich zu Ende kommen!" Der Schaffner war starr. Der Arbeiter schwankte ein« Sekunde lang, als zielte er dann brachte er den Satz zu Ende. Zum Abschied... mein schönes Iungchen nun, ich will dich küssen!" Mit seiner mächtigen Tatze uinfoßt« er den bebrillten jungen Mann, schmatzt? ihn aus die Lippen und verließ den Wagen. Sekundenlange Pause dann brach schallendes Gelächter los. Der ganze Wagen bebte vor Lachen und über die Schwellen hinweg- hüpfend, flog er weiter durch Winter, Sturm und eisige» Neva- (Au, dem Russischen iiiertragen von Sascha Rofenthal.)

Nun?" Wilma warf den Kopf in die Höhe. Sic zwang ein Lächeln auf ihre Lippen: Er kommt Sonntag mittag." ,Db er aber deshalb kommt, um bei uns um deine Hand an- zuhalten?" Natürlich deshalb." Die Mutter setzt« sich in den Sesiel. Sie blickte auf Wilma. Ich will dir ganz aufrichtig sagen... ich und Papa sind von deinem zukünftigen Bräutigam ganz und gar nicht entzückt..." Warum?" Wenn er wenigstens auch noch einen anderen Beruf hätte, irgendeinen anständigen, ernsten Beruf..." Wilmas Blick verdüsterte sich: Schau, Mama, ich muß dir ein Geheimnis verraten..." Ein Geheimnis?" .La, Mama. Ernst spielt wundervoll auf der Geige, er ist aber kein wirklicher Künstler... Und er lebt eigentlich auch gor nicht davon..." Wovon lebt er also?" Er ist Apothekergehilf«.. Di« Mutter sprang aus. Was? Ernst ist ein Apotheker! Dos ist ja herrlich! Wenig- stenz wird Papa jemanden haben, dem er die Apotheke übergeben kann..." Sie sah ihrer Tochter in die Augen. Wilma, sprichst du die Wahrheit?" Wilma senkte den Kopf. Die Mutter war ganz außer sich vor Freude. Sie lief auch gleich in die Apotheke hinüber, um die Nachricht zu überbringen. Wilma aber nahm einen Bogen Briefpapier und warf einige Zeile» darauf. Lieber Ernst! Sie haben recht behalten. Sie kennen die Frauenseele tot- sächlich ausgezeichnet. Jetzt, wo ich so weit von Ihnen entfernt bin, fühle ich, was Sie mir waren. Ich erwarte Sie Sonntag nachmittag auf dem Bahnhof. Bringen Sie auch Ihre Violine mit, denn ich habe mich hier jedem gegenüber damit gebrüstet, wie kunstvoll Sie aus der Geig« spielen. Auf Wiedersehen! Nachschrift: Nur mit Ihrem Familiennamen bin ich nicht zu- frieden. Krupitschek? Nein, lieber Ernst, ändern Sie dringendst Ihren Namen. Um wieoieles schöner würde zum Beispiel klingen: Kassai.... Ernst Kassai..., ja, dieser Name gefällt mir sehr... (Autorisierte llcbcrsetzune, aus dem Ungarischen von Maurus Mezei, Wien .)

Nervosität ist Furcht. Von Vr. Max Langer. r Vom Standpunkt der heutigen Psychiatrie aus betrachtet ist es wohl nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daßNeroosi- tat", die heuttgc Modekrankheit, in der Furchtsamkeit ihre Haupt- sächlichste Wurzel Hot. Menschen, die sich in jedem Augenblick un- sicher fühlen müssen, da sie weder zu sich nach zu der Umwelt jemals wirkliches Vertrauen haben, müssen in ständiger Unruhe und Geschäftigkeit leben und ihre Kräfte vorschn-ll verbrauchen. Recht häufig erlebt man. daß ein Mensch, der in srühen Jahren zir großen Erwartungen Anlaß gab, später nicht einmal mehr in der Loge ist, da» zu erfüllen, was wir als durchschnittliche Leistung eines Menschen glauben voraussetzen zu dürfen. Aus Furcht hat sich dieser Mensch sein Leben verbaut, und nun sieht er keine Möglichkeit mehr, sich zurechtzufinden.- Alle diese Erscheinungen von Furcht bei Erwachsenen haben stiren Ursprung ober in der Kinderzeit. Es leuchtet wohl ein, daß sein Kind, das schon in dem engen Rahmen seiner Verhältnisse sich nicht zurechtfinden konnte, auch später außerhalb des Glashauses der Familie niemals selbständig und erfolgreich oirstretcrr kann. IDie Hauptübel des modernen Menschen gilt es also, bereits in der Kinderstube aufzusuchen und Mittel ausfindig zu machen, um der Furcht bereits dort zu begegnen. Dabei iniereLiert die mehr theoretische Frage hier weniger, ob oll« Erscheinungen von Furcht «Iis eine gemeinsame Wurzel zurückzuführen sind. Von ganz besonderer praktischer Bedeutung ist hingegen die fest- stehende Tatsache, daß Ueberwindung der Furcht in einem Punkt dem Kinde mit der Zeit allgemein« Sicherheit verschossen wird. Nun fragt es sich aber, wie überhaupt die Furcht in das Leben des Kindes hineinkommt. Da muß es einmal deutlich aus- gesprochen werden, daß das zumeist dem schlechten Beispiel der Erwachsenen zu verdanken ist. Wenn«in Kind sieht, daß die Eltern oder älteren Geschwister ängstlich sind, so wird es als ganz selbstverständliche Haltung diese Aengstlichteit auch übernehmen. Neben dem schlechten Beispiel spielen aber auch andere Gründe «ine große Rolle. Angst vor dem Dunkel, eine der vcrbreitetsten Formen der Aengstlichkeit, kann zum Beispiel so entstehen, daß das Kind bemerkt, daß es durch Angstschreie die Mutter oder ander« Personen herbeirufen und an sich fesseln kann. Aus dem anfangs nur liebesbedürftigen Kinde wird dann später ein ängstliches. Do- neben sind auch die Erzählungen und gesuchten Schreckvorstellungen, die die Erwachsenen dem Kinde oft absichtlich beibringen, fast immer von verderblicher Wirkung für das ganz« Leben. Eltern oder Er- zieher, die durch die Geschichten vom Polizisten, vom schwarzen Mann, der dos Kind holen wird, vom bösen Hund, der das un- artige Kind beißen wird, Kinder zur Vernunft bringen wollen, erreichen durch solche Schreckmittel gerade das Gegenteil. Das Kind wird verschüchtert, verliert alles Selbstvertrauen und wird sich mir noch aus Furcht oder Bestechlichkeit so betragen, wie es bei anderen Kindern ganz natürlich der Fall ist. Alles dies, sind nur emige Fälle, wie sich Furcht bei Kindern äußert und wie sie ihnen anerzogen wird. Biel schwieriger ist es. dem Kinde wieder seine Aengstlichkeit abzugewöhnen. Es gibt dazu nur einen einzigen Weg: durch Güte(die durchaus nicht gleich- bedeutend ist mit Weichherzigkeit) und vernünftige Darlegungen, im Kinde wieder Bertrauen zu sich und seiner Umwelt zu erwecken. Das ist allerdings eine mühevolle Arbeit, und sie bedarf der ganzen Umsicht und Hingabe des Erziehers? dieser aber wird sich wohl einer solchen Aufgabe nicht versagen, wenn er bedenkt, daß das spätere Glück und aller Erfolg davon abhängen, daß der heran- machsende Mensch wirklich in dieser Welt lebt und nicht in einer Schottenwelt, die ausgefüllt ist von Gespenstern.

Amerikas größte Industrie. Die Frauen vom Staate Illinois losten sich schon etwas kosten, um schön und jung zu bleiben oder wenigstens zu erscheinen. Wie auf dem Chicagoer Kongreß der Amerikanisclien Kosmetischen Gesell- schast berichte) wurde, gaben die Frauen von Illinois im Jahre 1327 für ihresynthetische Schönheit" rund 150 000 060 Dollar aus, also 4 Millionen Dollar mehr, als der Staat selber für die so notwendigen Strvßenbauten ausgegeben hatte? 40 Proz. der 150 000 000 Dollar wurden von Landfraucn ausgegeben. Es gibt gegenwärtig in den Vereinigten Staaten rund 25 000 Schöicheitssalons", und man schätzt die Zahl ihrer Bosucherinnen auf insgesamt 20 000 000 Frauen. Diese geben im Jahre in den Vereinigte» Staaten die rund« Summe von 1 825 000 000 Dollar aus.

Die Kerzen empor!" Frante verlegt bei Frcmtel ein BnG. Herr Georg Graute verlegt bei GrZntel et« Buch Uber deu Ärteg Tlud beschreibt barin, wie ein ganzes Boll über den Drahtverhau War es ein Todesurteil? War es ein Gottesgericht? fftirg. Der Herr Frauke verzieht ein roeuig sein blasse« Gesicht Tlud spricht: ,3tf gloobe, det war eeur Geuerprobr." Äber er sagt»» nicht tut Berliner Dialekt, Weil ihm der Ekel vor der Gemeinheit tu der-Kehle steckt, Er sagt«» hochdeutsch und gut gekonnt Tlud kämpft natürlich nur au der geistigen Front. .Der-Krieg ist eine Urgewalt, die im Weltplaue liegt", Sagt Herr Graut« und hat uu» damit vollkommen besiegt, Daun holt sich noch der gute Olllauu Zahlreiche Zitat« au» dem Alten Testament heran, Ilm seine These zu beweisen. (Worauf wir scheid euschiegeu!) Daun predigt er setner ihm hilflos ausgelieferten Gemeinde: .Gesiegt hat nur der rein technische Apparat der Grinde, Ohr heimtückisch erprobter Griff au dl«-Kehle, Unbesiegt blieb nnfre unsterbliche Seele!" Zum Schlug flüstert er un»«inen lateinischen Sah ins Dhr: .Die Herzen empört" Und in der Grwighett sein«» strahlenden Stege» Sagt er:.Da» war der tiefere Sinn de»-Kriege»." Da» kommt un» allen sehr bekannt und abgequatscht vor Bon wegen: Di« Kerzen empor! Da» haben dl« Etappenhengste gepredigt, 'Wenn ein R.egiment durch Ta» war erledigt, Wenn die-Kompagnie hundert Tote an einem Tag verlor, Da klang e» brausend: Die Herzen empor! So war e» immer: wir gingen vor, 'Wir hielten stand. Die Etappe hielt egal die Herzen empor Tlud erhielt sich tapfer dem Baterland. Da« ist die Wahrheit, Herr Georg Grankr. Ans Dlimmerm lederhören! Dank«. Ans Lmmerwied erhören, Du fQlann mit dem Buch über den Steg- .Krieg dem Kriegt Krieg dem Krr«g!"»ez Veethel.

Liebesbrief aus dem Lahre-1495. Eine Italienerin schreibt an Dürers Freund. Dürers bester Freund, der Nürnberger Ratsherr Willibald Pirckheimer , ist wegen seiner Neigung für das schöne Geschlecht ost genug von seinem Freunde geneckt worden, und Dürer» Briefe aus Venedig , 1505 1507, sind voll von Anspielungen auf die vielen Schätze Pirckheimers, auch die weniger ehrbaren. Damals war Pirckheimer schon Witwer. Aber auch vor seiner Heirat, al» er in Italien studierte, muß er als echter Humanist auf den Pfaden des Horaz und Ovid in der Liebeskunst gewandelt haben. Einen hübschen Fund hat Oberstudiendireitor Dr. Arnold Reimonn in Berlin auf der Preußischen Staatsbibliothek in der Meusebachschen Handschriftensammlung gemacht. Da liegt ein Brief, den ein« Italienerin aus Pavia am 14. September 1495 an den fernen Freund nach Nürnberg geschrieben hat Dürer ebenso wie Pirckheimer waren damals schon aus Italien in die Heimat zurückgekehrt. Das Schreiben wird jetzt in denFränkischen Monatsheften" verössent- licht. Bernardina so heißt die Schöne aus Pavia schreibt: Mein geliebtester Herr Dilibaldo! Am 13. dieses Monats er- hielt ich durch Euren Herrn' Stephon einen Brief von Euch mit einer veageu(das Wort, läßt sich nicht recht erklären) darin, wofür ich Euch unendlich danke, für diese großmütige Freigebigkeit und daß Ihr Eurer Liebe zu mir nicht vergessen habt. Daraus seh« ich, daß Eure Zuvorkommenheit weitaus größer ist als die meine, doch hoffe ich, meine Nachlässigkeit durch um so größere Herzlichkeit zu ersetzen. Es sind auch allerlei widrige Umstände, die mich am Schreiben verhindert haben. Denn meine Lieb« zu Euch ist wohl kaum zu übertreffen, ich trage Euch unaufhörlich fest in meinem Herzen, und niemals wird sich dies ändern, solange ich lebe. Und was ich Euer Edlen oersprach, das Versprechen werde ich halten, wie ich glaub», daß es Euch einmal besser offenbar werden wird. Ich wünsche mir Glück, daß Ihr eine Frau nehmen wollt, well ich Euer Vergnügen, Euer Glück, ganz als das meine ansehe. Indes, ich Arme, wie gern würde ich Eures lieben Umgangs genießen! Nun bitte ich, mich zu entsämidigen, daß ich meine Schuld nicht gegen Euch abtrage, aber der Graf Giovanni(wahrscheinlich Gian Galeozzo de San Severino , zu dem Pirckheimer auch später Be- Rehungen hatte) ist so plötzlich abgereist, daß ich die Sachen, die ich Euer Edlen schicken wollte, nicht so schnell fertig machen konnte. Aber mit dem ersten getreuen Boten schicke ich Euch zwanzig Tücher und zwei Kopftücher(vielleicht Haarnetze, wie sie die Männer trugen, oder die großen Tücher für Frauen, die damals Mode wurden) und zwei Handschuhe mit Gold gewirkt. Nichts mehr, denn daß ich mich empfehle der Seele und dem Herzen dessen, ohne den ich nicht mehr leben kann. Und ich bitte Euch, wollet mich lieben mit Eurer gewohnten und lange gehegten Liebe, diewell ich es ja auch nicht anders machen könnte. Geschrieben in Pavia am 14. Sep- tember 1495." Die Unterschrift lautet:Cure geliebte Bernordina hat dos ge- schrieben und empfiehlt sich hiermit inständigst." Di« Adresse ist lateinisch:Dem hochberühmten und hochgeachteten Herrn Bilibaldus, dem Deutschen , meinem besten Freunde." Zu einem Wiedersehen ist es offenbar nie gekommen, denn Pirckheimer kam nicht mehr nach Italien , und Bernardina wird die weite Fahrt nach dem Norden wohl auch nicht unternommen haben.