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BERLIN Mittwoch, 26. September 1928

Der Abend

Ericheint tåg lich außer Sonntag& Eugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 8,60. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3

Spätausgabe des Vorwärts

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B226 45. Jahrgang.

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Wie der Staat gefchröpft wird.

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Sonderbare Zustände bei der Preußischen Landesauftragsstelle.

Fort mit dieser Stelle"!

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mon Von Franz Künstler, MdR.

Bei Erteilung von Aufträgen bedienen sich gewiffe Mi­nifterien des Reiches und auch des preußischen Staates einer im Jahre 1920 gegründeten Gesellschaft: der Preußischen Auftragsstelle

Die Zustände in dieser Auftragsstelle selbst wie auch in ihrem Verhältnis zu einzelnen Ministerien geben zu den stärksten Bedenken Anlaß. Die produktive" Arbeit der Preußischen Landesauftragsstelle besteht ausschließlich darin, daß fie bei Bergebung von Aufträgen durch Reich und Staat fich eine Mitwirkung gesichert hat.

Die Gesellschaft fordert lediglich die Firmen auf, Angebote ein­zureichen und wälzt alle Verwaltungsfosten auf die in Aussicht ge­nommenen Lieferanten ab. 3wed's weiterer Abdeckung ihrer Un­foften erhebt sie auf die dem Lieferanten vermittelten Aufträge Berwaltungsgebühren( Provifionen), die zwischen ½ bis 1% Prozent schwanken. Damit dieser Gesellschaft auch nicht der fleinste Geminn verlustig geht, hat sie es bei den amtlichen Ver­gebungsstellen nach wiederholtem Drängen durchgesetzt, daß ihr alle Unterlagen der Ausschreibungen zugehen, die sie dann mittels Anschreiben den in Frage tommenden Firmen übersendet. Durch dieses Vorgehen will sie einmal den Firmen gegenüber den An­schein erweden, daß sie nur allein die entscheidende Einwirkung auf die amtlichen Beschaffungsstellen hat, andererseits will sie für die ihr ganz erheblich zufließenden Einnahmen bei den Behörden den Eindrud erweden, als ob sie eine produttive Arbeit im Interesse des Staates leifte. Die Vermittlungsgebühren erhebt diese Gesell. schaft sofort, nachdem die Lieferanten die erste Teilzahlung er­hielten.

Warum nicht liquidiert wurde.

Die Preußische Landesauftragsstelle hat keine Daseins. berechtigung. Die Behörden, die notgedrungen mit ihr ar. beiten müssen, haben die Mitwirkung dieser Gesellschaft als not wendiges llebel hingenommen und sind davon überzeugt, daß diese Hilfe überflüffig sei.

Wiederholt wurde eine Liquidation der Landesauftragsstelle ins Auge gefaßt. Sie ist bisher unterblieben. Sollte das darauf zurückzuführen sein, daß der Direktor in einem verwandtschaft. zurückzuführen sein, daß der Direktor in einem verwandtschaft lichen Berhältnis zu einem Hauptvorstandsmitglied steht? Der Vorstand dieser Gesellschaft besteht nur aus drei Personen, dem ein vom preußischen Handelsminister ernannter Staatsfom miffar zugeteilt ist. Dieser hat jedoch so gut wie feine Einwir fung auf die Geschäftsführung der Landesauftragsstelle, die aus schließlich in den Händen eines Direttors liegt. Der Direttor läßt sich für seine Mühewaltung ein monatliches Gehalt von rund 2300 m. und der Raffendirektor ein solches von rund 2250 M. zahlen. Um diese Gehälter nach außen hin rechtfertigen zu können, wurden den leitenden Personen entsprechende Titel verliehen. Abgesehen von den hohen Gehältern, die fich die Herren Direktoren in dem Dreimännervorstand wohl selbst bewilligten, erhält der erste Direttor monatlich einen Fahrkostenbeitrag von 150 m. Dieser Fahrkostenbeitrag ist bisher damit begründet worden, daß dem Di. reftor fein Auto auf Geschäftsfoften gestellt werden fann, oder richtiger ausgebrüdt, daß bisher das Reich es abgelehnt hat, dem Direktor ein folches zu stellen. An Spesen und Uebernachtungsgeld erhalten die Direktoren auf ihren Reisen pro Tag 40 M.

Besonders erwähnenswert ist die Gehaltsauszahlung. Diese erfolgt für den Vorstand einschließlich der Direktoren zwischen Da dem 15. bis 20. für die fommenden drei Monate im voraus. durch gelangen an ben Zahlungsterminen rund 18 000 bis 20 000 Mert zur Auszahlung und da die Auftragsstelle nie einen solchen Barbestand aufzuweisen hatte, wurden die ihr zufließenden In den der Reichsgelber zur Gehaltszahlung verwendet. RBB. vorgelegten Abrechnungen wurden jedoch andere Beträge aufgeführt, fo daß jede ordentliche Kontrolle unmöglich wurde.

Wer benutzt die Landesauftragsflelle?

Die Behörden, für die die Preußische Landesauftragsstelle heute noch Aufträge vermittelt, find:

Preußisches Justizministerium( Lebensmittellieferungen ausschließ lich Konserven, Fleisch);

Breußisches Finanzministerium( Bapier);

Breußisches Innenministerium( Tuchlieferungen für die Schupo); Reichswehrministerium( außer Spezialaufträge fast sämtliche Lieferungen). ( Fortfegung auf der 2. Seite)

Ausstellung im Gesundheitshaus.

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Half

Juli 1928

in Berlin

3800 Strafverfügungen

gegen

fahrlägige kraftwagenführer

RAILROAD CROSSING

19

An diesem Sonntag

sunglückten in Beedschland dund Kraftwagen über 60 Personen: 7 Tote

28 Schwerverletzte Schluß mit der

200

darom

AutoraSerei

Das Bezirksamt Kreuzberg hat im Gesundheitshaus Kreuzberg, Am Urban 10-11, eine Ausstellung eröffnet, die in ihrer Art etwas in Berlin noch nicht Gezeigtes bietet. Unsere Bilder zeigen u. a. Plakate, die Autolenker vor zu schnellem Fahren warnen.

Die Zuschüttung der Zuider See.

Wie die Kriegsanleihefälscher ihre Forderungen begründeten.

Nußen sein sollten. Sievkamp stellte sich vor als Repräsentant der Société de marbre Caunes und der Société des mines d'or de France und erzählte, daß diese beiden Gesellschaften einem holländi. fchen Konzern erhebliche Beträge schuldeten, die man mit Kriegsanleihe bezahlen wolle. Nun habe er mit dem holländischen Konzern, dem die

Je weiter die Untersuchung in der Kriegsanleihefälschung voran-| hatte gewaltige Pläne, die der deutschen Industrie von ungeheurem schreitet, um so flarer werden auch die Methoden, mit denen die Fälscher gearbeitet haben, um ihr Ziel zu erreichen. Dabei läßt fich schon heute übersehen, daß der Hauptbetrüger Bela Groß, der übrigens in den nächsten Tagen ausgeliefert werden dürfte, recht fart mit Sievkamp zujammengearbeitet hat, da beide, um die Fälschungen zu verschleiern, den Umweg über Politit und Wirtschaft nahmen, um vor den anderen konkurrenten" die Aus­zahlung der von ihnen unrechtmäßig geforderten Summen zu er­reichen.

Bela Groß hatte sich seinen Plan folgendermaßen zurecht gelegt: Durch seine Berliner Agenten wußte er, daß die Bearbeitung der Striegsanleihe anmeldungen durch den Reichskom missar für die Ablösung der Reichsanleihen alten Besizes und die Auszahlung der bewilligten Beträge je nach Lage der Dinge 6 bis 12 Monate dauerte. In dieser langen Zeit tonnte natürlich der Schwindel ans Licht tommen, und so entschloß er sich, das Ber­fahren zu beschleunigen. Er tauchte, nachdem er durch den Rechts­anwalt Nothmann seine zunähft auf 14 Millionen lautenden An sprüche angemeldet hatte, im Ministerium für die beseßten Gebiete auf und behauptete, daß er als Deutschenfreund Gelegenheit hätte, die vom Reich zu zahlenden Gelder auch dem Deutschtum zu erhalten. Er stehe in enger Berbindung mit maßgebenden Dorganisationen des Burgenlandes und fönne dort einer Anzahl deutscher Betriebe das Geld zur Verfügung stellen, ie augenblidlich sich in schwerer Notlage befänden, die man aber bei schneller Durchführung der Zahlungen vor dem Zusammenbruch retten förne. Sein Wunsch gehe also dahin, daß das Ministerium sich beim Reichsfommissar für eine schnelle Auszahlung der Kriegsanleihe aufwertung einfege. dolls sel

Fast gleichzeitig versuchte Herr Sievtamp einen Blan durch zuführen, der entschieden noch raffinierter war als der Plan seines Freundes Bela Groß. Auch er wandte sich zunächst an das Mi nifterium für die befeßten Gebiete, um von dort eine Empfehlung an das Reichswirtschaftsministerium zu erholten, denn Herr Sievtamp

Zuschüllung der Zuider See.

zum großen Teil übertragen sei, ein Abkommen dahin geschlossen, baß er an Stelle der Barzahlungen oder der Berrechnung in Kriegs anleihe aud) Baumaterial für die Zuider See liefern fönne. Gieptamp machte nun den genialen Borschlag, daß die von ihm angemeldeten insgesamt 44 millionen so schnell als möglich nach der Aufwertungsformel ausgezahlt werden sollten, da in diesem Fall das Deutsche Reich das ganze Geld im Lande behalte.

Er verpflichtet sich nämlich, wenn die Angelegenheit innerhalb fechs Wochen erledigt fet, alle vom Reich bezahlten Beträge der Rheinischen Basalt. und Zementindustrie zuzuführen, die dadurch Riefenlieferungen nach Holland erhalten werde. Nun hatten die Anmeldungen Sievtamps einen fleinen Fehler. Als er Anfang De­zember 1926 bei den deutschen Behörden auftaud, te, war die An meldefrist der Kriegsanleihe, die er in Händen hatte, bereits verstrichen. Der Reichstommiffar für die Aufwertung lehnte beshalb zunächst den Antrag Siestamps rundweg ab. aber der Holländer wußte sich zu helfen. Er erklärte, daß der Anmeldungs­termin nur beshalb verpakt worden sei, weil sein Geschäftsführer plötzlich von einer so schweren Krankheit befallen worden sei, daß die gangen Geschäfte ins Stoden geraten wären. Er sei bereit, ein bem­entsprechendes ärztliches Attest beizubringen. Tatsächlich erschien Herr Sievkamp nach einigen Tagen bei den Behörden wieder und legte nicht nur die ärztliche Bescheinigung vor, sondern merkwürdi gerweise auch ein Schriftftüd, das die Stempel einer hohen franzö­fischen Amtsstelle in Berlin trug und in dem die Richtigkeit der An gaben Sievtamps beglaubigt wurden.

Diefes Dokument schlug offenbar auf der ganzen Linie durch,

Heute Beginn des Rennfahrer- Romans

,, Giganten der Landstraße"