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Giganten der Landstraße

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Ein Rennfahrer- Roman von André Reuze. Übersetzt von F. A. Angermayer

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Bimmer 36 muß hier sein!" sagte Maingun. Doch ich nehme A, Sie glat

Gutenberg, Berlin

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,, Sie glauben wohl, ich übertreibe?... Alles schon da­an, fie schlafen noch." gewejen!... Ein kleiner Feilenstrich im Finstern- und tags darauf Ravenelle flopfte ganz leise an die Zimmertür. Eine freudige stehen Sie Kopf!... Wenn nachher unsere Mechaniker die Räder Stimme antwortete: zum Reinigen, Nachsehen und Ueberprüfen auseinandernehmen, merden wir, das habe ich bereits mit Tampier besprochen, persönlich

160 Rennfahrer sind am Start zur großen Tour de France " erschienen. Gleic hinter Paris schlugen die Champions ein mörderisches Tempo ein, um die schwächeren Leute loszu werden. Die Spitzengruppe wird immer kleiner. Gegen Ende der ersten Eiappe lie en nur noch drei Mann vorn: Grimpart, Laboureur, Le Bozec. Eine Anzahl französischer Stadte wird passiert: Montdidier , Abbéville, Amiens , Dieppe , Saint Aubinam ( 5. Fortsetzung.)

Sotteville. Eine Brozession befireut die Wege mit Blumen. Menschengewühl. Gedränge. Berwirrung. 45er Tempo. Le Bozec und Grimpart sind nun allein an der Spize."

,, Blendender Telegrammftil!" sagte Maingun.

,, Diefe Stichworte genügen mir, um das ganze Bild im Kopf zu haben, wenn ich den Bericht ausarbeite. Run, lieber Maingun, lohnt sich das Schauspiel?"

Ich bin einfach hingeriffen! Seit dem Start nichts als ewiger Bechfel. Bo mögen nun die übrigen Fahrer sein?"

,, Die zweite Gruppe dürfte wohl noch ein schönes Stüd zurüd sein. Beim Straßenrennen zählt aber nur, was sich vor den Wagen abspielt, und nur die Fahrer interessieren uns, die sich in der Spize behaupten."

Jäh begann die Straße fieil abzufallen.

,, Vorsicht, Boust, jegt rollen wir nach Fécamp hinunter!"

Tief unten lag die Stadt mit ihren spizzen Türmen, von der grauen Endlosigkeit der See umrahmt. Auf freier Strecke raften nun die drei Spizenreiter in schwindelerregendem Tempo das fteile Gefälle hinab. Die Autos blieben weit zurück.

,, Die brechen sich noch die Hälfe!" rief Maingun. ,, Reine Angst! Das sind Afrobaten!"

Straßen tauchen auf, scharfe Kurven schwangen sich zwischen Häusern, alle Bürgersteige waren von einer fieberhaft erregten Menge belagert. Aus unzähligen Fenstern mehten nadte Frauen­arme. Taschentücher grüßten. Dann fom wieder das Land und die Einsamkeit der Felder. Tiefgrüne Heden umfäumten enggewundene Wege. Das ganze Panorama flog in so raschem Wechsel vorbei, daß einem schwindlig wurde und die Augenlider schmerzten. Alles aber wurde vom Hupengeschrill der Begleitautos überdröhnt, die hinter den drei kleinen, weiterfliehenden Flecken herraften.

Nach einer Weile fah man nur noch zwei dahinstürmende Tret puppen.

Der Mann im tirschroten Trifot stand am Straßenrand und zeigte auf sein im Gras liegendes Rad. Die Autofolonne fegte an ihm vorüber. Unter der auf die Stirn geschobenen Schußbrille sah man das staubschwarze Geficht des Fahrers, in das der Schweiß fleine Rinnen eingegraben hatte. Berstört blidten seine Augen auf die defekte Maschine. Rasch ris er einen Erfagreifen vom Ober­förper, als molle er sich von läftigem Eingeweide befreien. Armer Teufel!"

Die anderen beiden aber jagten wie toll weiter... Ihre schmeißglänzenden Schenkel funfellen in der Sonne. Man sah sie mit der rechten Hand nach den am Rücken liegenden beutel greifen. Mit den Zähnen riffen sie die Schalen der Bananen oder das Seidenpapier eines Reistuchens ab. Ohne die Fahrt zu perlangsamen, begannen sie zu tauen. Ab und zu tafen sie einen fräftigen Schlud aus der Metallflasche, die in weitem Bogen in ben Straßengraben flog, wenn sie leer war. Dann strampelten sie wie Besessene weiter.

Schon tauchten auf der Landstraße neue Zivilradler auf, die bem Rennen entgegenfuhren. Als sie von fern das dahinrasende Spizenpaar gewahrten, sprangen sie, um besser fehen zu fönnen, von den Rädern. Doch die gleich darauf vorüberjausenden Autos mirbelten so große Staubberge auf, daß fie feinen der beiden Spitzen. reiter zu sehen vermochten.

Rechts funfelte die See.

Zur linken Seite zogen sich ganze Billenreihen mit bemalten Faffaden, Ziegeldächern und hellen Fensterläden hin. Das Gewühl Neugieriger wurde immer dichter. Man sah buftige Kleidchen, Bubiföpfe, nadte Arme, Bullovers, Flanellhofen, weiße Strandschuhe, mogende Hände und schreiende Münder... ,, Laboureur!... Laboureur"

Ihm allein galt der ganze Beifall. Der andere, der Jüngere, ben man noch nich tannte, fegte mit gesenttem Kopf hinter ihm her. ,, Schnell zum Ziel. Boust, es ist höchste Beit!"

Als das Auto an den beiden Fahrern vorüberrollte, sah man ihre Gesichter setundenlang aus der Nähe Das eine war von wilder

Energie verzerrt, das andere sah beunruhigt und ängstlich aus. Staum aber war der Wagen an den zwei Helden ber ersten Schlacht vorbeigefegt, schienen fie stehenzubleiben und wieder, wie zwei arme Don Staubwolten verschluckte Hampelinänner, ins Geheimnis ber Landstraße zurückzufallen.

Zwischen zwei menschenwiminelnben Klippen öffnete ſidy ein breiter Weg, der Boulevard François I. , eine ber schönsten Straßen in Le Havre . Auf dem Boden war ein meißer Strich gezogen, und

darüber flatterte, aufgespannt zwischen zmei alten Platanen, ein breites helles Band mit der gtellen Aufschrift:

Ziel

Die Autos hatten sich, einer ungeheuren, non langer Fahri ge. bleichten Herde gleich, im Hintergrund aufgestellt. Neben den fleinen Bielrichtertischchen waren die amtlichen Begleiter gruppiert, um der entscheidenden Bhase der ersten Etappe der Rundfahrt beizuwohnen.

,, Sie fommen!... Sie tommen!"

Uus abertausend Kehlen scholl nur dieser Schrei. Ganz hinten sah man zwet näherflatternde, lärmumtofte Infekten.

Durchs Glas fah man das einsehende Finish.

Mit starren Biden und verzerrten Gesichtern, als hätien sie Schreckliches pot fich, strampelten die zwet Spizenreiter im Wind. Le Bozec!.. Le Bozec! Le Bozect"

In der legten Setunde hatte der Süngere, mit äußerster raj anstrengung, den Vordermann passiert. Segt tauerte er poi ständig erschöpft, mit leblojen Beinen und feuchender Bruft auf der Erde.

Ein Herr im Gehrod, der mit einem Riefenblumenftrauß neben ihm stand, wurde zu einer lächerlichen Figur.

Und über das Menschengewoge schmetterte aufretzende Blech musif. Bor jeder Tür des langen Hotelgarges standen schwarze, niedere Rennfschuhe mit großen Kupferöjen,

Herein!" Chevillard lag noch im Bett. Blanc- Mesnil stand im Pyjama dabei sein! Mögen sich meinetwegen die Pfleger darüber ärgern, Fenster und war eben dabei, sich zu rafieren. mir egal! Ich fahre, doch nicht die Rundfahrt aus Liebe zur Kunst ,, un, Kinder, wie geht's?" mit!"

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,, Dante, nicht schlecht!" antwortete Chevillard. Nur noch vier­zehn Etappen! Das Leben ist doch schön, was?"

Blanc- Mesnil, der das ganze Gesicht eingeseift hatte, bat die Herren, Plaz zu nehmen.

,, Nanu!" meinte Chevillard lachend. Dir is doch deine Popu Larität wichtiger als all den anderen!"

Run nahm der höchft verblüffte Maingun das Wort: Wenn ich Ste richtig verstanden habe, scheinen Sie anzunehmen, daß die Mechaniker imftande wären. Ihr Rad mut millig zu beschädigen, damit Sie stürzen follen!... Aber das wäre doch der reinste Meuchelmord.

Nach einer Weile san man nur noch zwei dahinstürmende Tretpuppen.

Bardon... Beschuldig: habe ich keinen! Die Mechaniker sind durchaus nette Burschen, die ich alle schon lange tenne, aber mer fann's denn der. hindern daß sich nachts jemand in den Räder­Schuppen einschleicht und mir die Karre hinmacht? Sie haben doch selbst erlebt, mie sie mich schon in der allerersten Etappe verladen haben! Wie sie Nägel ausftreuten!... Bir Brillant"-Fahrer wiffen ganz genau, daß die ,, Riva" alles, aber auch alles versuchen wird, um zu siegen! Darum fann mir's feiner übelnehmen, wenn ich meine Vor­fichtsmaßregeln ergreife!..."

Er ging wieder ans Fenster und seifte sich zum zweitenmal die Wangen ein. Wenn Sie gesehen hätten wie wir die Räder hochgebracht haben, hätten Sie sich schiefgelacht, Herr Ravenelle! der Wirt nichts davon wissen wollte, haben mir die Maschinen nachts an einem Geil hochgezogen!"

Bahrhaftig!"

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Spaß beiseite! Unten standen Tampier und der Pfleger Myrtil, banden die sechs Räder an den Strid, und wir zogen sie hoch. Ein Glüd, daß unser Stall im ersten und nicht im sechsten Stoc einquartiert ist!"

,, Glauben Sie nicht, daß Sie die Gefahr ein Sehr erstaunt zeigte Ravenelle auf zwei schmugiggraue und wenig überschäßen?" meinte Maingun. Es scheint mir nämlich staubbedeckte Räder und fragte: undenkbar, daß eine große Fabrit, bedeutende Industrielle, fich zu ,, Was bedeutet das?... Seit mann werden die Räder in die folch verbrecherischen Manövern erniedrigen sollten." 3immer genommen?"

,, Die Idee stammt von dem," antwortete Chevillard grinsend und zeigte auf Blanc- Mesnil. Sie hätten mal den Wirt hören jollen!"

Der Champion zuckte die Achseln und sagte:

Jung, unwissend und naiv!... Kannst mich ruhig ausiachen, Kleiner, eines Tages wirst du mir noch dafür dankbar sein!... Ja wohl, ich will die Räber in meinem Zimmer haben, weil ich miß trauisch bin!... Es gibt ohnehin schon genügend echte Gabelbrüche, und irgendwelchen Manipulationen" möchte ich gerne vorbeugen!" ,, Aber!... Aber!" rief Ravenelle.

,, Sie haben vom Radsport noch menig Ahnung, verehrter Herr Maingun," erwiderte Blanc- Mesnil. Fragen Sie doch einmal Ihren Freund Ravenelle, ob man nicht einmal, bei Paris - Roubair, einem großen Straßenrennen, Rechen ohne Stiel auf den Weg gelegt hatte, mit so langen Stahlzähnen, daß sie jeden Fahrer, der darüber gefallen wäre, glatt aufgespießt hätten! Die Photographie war da mais in allen Zeitungen! Dieser Fall ist also historisch! Fragen Sie auch unseren Manager Bartholin, ob er nicht einmal, bei Mailand­San- Remo, den Revolver ziehen mußte, um Demoulder, dem italie­nische Begleitautos einfach den Weg versperrt hatten, aus der Klemme zu ziehen?... ( Fortießung folgt.)

WAS DER TAG BRINGT.

Blumen und Schmetterlinge.

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Daß zwischen den Kindern Floras und den farbengeschmückten Faltern vertraute Beziehungen bestehen, weiß so ziemlich jeder, der mit offenen Augen die Erscheinungen des Lebens betrachtet. Diese Beziehungen möchte der Verband deutscher Blumengeschäftsinhaber ausnüßen, um den Gefchent an das Bolt", das an einem nod) festzusetzenden Reichsblumentag( oder gar Boche) gratis abgegeben werden soll, etwas ganz Eigenartiges zu verleihen. Da aber nun Der Berband der lebenden Schmetterlinge" es abgelehnt hat, sich zu dem gedachten Zwede zur Verfügung zu stellen, so war man auf den genialen Gedanken verfallen, fünstliche Schmetterlinge her­zustellen, die den mit Recht so beliebten Aufdruck Laßt Blumen sprechen" tragen sollen. Ein großartiges Geschenk, das sicher im nächsten Augenblick nach der Uebergabe an den Beschenkten im Straßenschmuß zu finden sein dürfte, denn die Komik des Anblicks von Hunderten schmetterlinggeschmückten Bersonen wäre über. wältigenb. Man darf nach der Probe von gutem Gefchmad auf der jüngsten Blumenausstellung zu urtellen- noch annehmen, daß biefer metterlingsgebante in dem Stopf desjenigen Blumen Geschäftsinhabers entstanden ist, der die Kühnhelt hatte, burch ausstellung eines blumenbekleideten Flugzeuges in Konkurrenz mit den bekannter Gnomen und Rehen aus Ton( als Rafenschmud) zu treten, die glücklicherweise auf dieser so mustergültigen Aus stellung fehlten.

Zwischenruf.

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Ein Leser schreibt uns: In einer Hafenfreuzrerfammlung wird Mobile als Held gefeiert. Meine Herren," Jagt der Referent, ,, Nobile ftammt aus dem Land, wo die Apfelsinen und Zitronen herkommen." Ruf aus dem Publikum: Und die Feigen!" Toilettenpapier gratis.

auch Ihnen unsere Reklame zusagt, erwarten wir Ihre geft. Rüc antwort und zeichnen hochachtungsvoll Wenn das nicht geht!. Aber, wir haben es immer gesagt:

Sachsen in der Welt voran!

Die Akustik der kurzen Röcke.

Der englische Architett Smith, der die Albert Hall in London umgebaut hat, verlangt aufs Energijdste ein Berbot der furzen Röcke. Er behauptet nämlich, der Widerstand gegen das Echo, den einst lange Stoffmengen abjorbiert hätten, fei jest geringer ge worden und so sei die kurzberockte Mode an der zunehmenden Ber schlechterung der Akustik schuld.

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Der Schuß in der Kirche.

Ein fenfationeller Prozeß spielte vor furzem in den Bereinigten Staaten von Amerika . Im Januar d. 3. schoß der Pfarrer Francis Rorris in der Kirche während des Gottesdienstes den Kaufmann Ripp nieder. Das Bertht sprach den Pfarrer frei; im Urteil hieß es, er habe den Kaufmann in Notwehr getötet. Francis Norris geißelte in feiner Predigt die ungerechten Reichen, die ein unwürbiges Leben führen, und spielte babel auf den Kauf­mann Ripp an, von dem er sagte, daß er durch seine Anwesenheit die Kirche fchände. In d'efem Augenblic erhob sich der also Bezeich nete, einen Revolver in der Hand. Mit Blizesschnelle zog auch der Pfarrer aus der hinteren Tasche seine Baffe und feuerte einen Schuß ab Ripp war als Mensch bekannt, der durch verdächtige. Spekulationen reich geworden war, aber nie auch nur einen Cent für wohltätige 3wede hergegeben hatte. Erst wenige Tage vorher hatte er einen Arbeiter auf die gemeinste Weise mishandelt und sollte vor Gericht erscheinen. Keine alltägl'de Sache: ein Pfarrer, der in der Kirche ein Mitglied seiner Gemeinde niederschießt! Verwechslung.

En fächsischer Reflemevertrieb gibt befannt: ir bringen als Neuheit mit Retiame bedrudtes Toiletten. papier DROM.( in Berbindung mit einem Reflamebefestigungs- chens, alle Zimmer find befest, doch ber Bortier, burch ein reichliches halter DRB. a.) auf Rollen in der Gestalt, daß die jeweilige Relame nur auf den unteren Blottrand zu stehen fommt. Diele Rollen vertenten wir! Und zwar find in Aussicht genommen: die ge. famte Reichsbahn, öffentliche Gebäude, Hotels und alle Gaffstätten, industrielle Unternehmungen usw., die sämtlich für diesen Artikel jährlich beträchtliche Summen aufwenden müssen und fünftig diefer Aufgabe ledig wären. Daß eine derartige Reflame einen sicheren Erfolg hat, ist von großen Unternehmungen, die uns mit ihren Aufträgen betrauten, erkannt worden. Eine wirksamere Reflame auch für Sie ist undenkbar. Diese Reflame ist zurzeit die billigste und wirkungsvollste auf dem Beltmartt. In der Annahme, daß

3. tommt fpät abends zum einzigen hotel eines feiner Stabi Irinigelb dienstbereit geworden, weiß Rat Bissen Sie un Barferre fchläft ein after, tauber General, gehn Sie leise in das Simmer, tegen Sie sich am Dipan nteber und in der Früh komm ich Sie aufmeden" her pergeffen Sie nicht, ich muß mit dem Frühaug melter." Bjält berrii pirb oor hen Morgengrauen geweckt, fchlüpft schlaftrunten in bi lelber und fäuft zum Bahnhof Die wenigen Leute grüßen höflich, am Billettschalter wird ihm eine Starte erster Rlaffe zugeschoben Er ftaunt, als er aber im Spiegel des Bartesaals sieht, daß er die Generals uniform anhat, fchreit er: Jezt hat der Trottel den General aufgewedt und ich fchlaf im Hotel!"

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